11 March 2015

Transatlantische Investitionsgerichtsbarkeit: Ansätze der Gestaltung eines TTIP-Gerichtshofs

Die öffentliche Auseinandersetzung in Sachen „Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft“ (TTIP) verzeichnet in den vergangenen Monaten, eine erfreuliche Versachlichung. Gleichzeitig verdichtet sich – insb. auch mit dem Konsultationsverfahren der Europäischen Kommission (hierzu kritisch Krajewski) – die verfassungsrechtliche Debatte hinsichtlich des in TTIP zu vereinbarenden Investitionsschutzkapitels. Sie unterteilt sich dabei in drei wesentliche Bereiche. Erstens, die unter dem Stichwort „right to regulate“ diskutierte Anpassung der materiellen Investitionsschutzstandards im Sinne der Sicherung souveräner staatlicher Regelungshoheit. Zweitens, das Verhältnis zwischen völkerrechtlichem Investitionsschutz und nationalem Verwaltungs-/Verfassungsrechtsschutz. Drittens, die institutionelle und verfahrensrechtliche Reform der Investor-Staat-Schiedsgerichtsbarkeit.

Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands und mit ihr der Bundeswirtschaftsminister begegnet der anhaltenden Kritik nun mit dem beachtenswerten Vorschlag eines echten Investitionsschutzgerichtes, einem TTIP-Gerichtshof. Und tatsächlich, ein solcher konsequent umgesetzter Gerichtshof könnte – wie zu zeigen sein wird – die vorgebrachten institutionellen und verfahrensrechtlichen Bedenken (Bereiche zwei und drei der Debatte, siehe oben) aus rechtwissenschaftlicher Perspektive in weiten Teilen entkräften. Ob er politisch tragfähig ist, darf jedoch bezweifelt werden.

Investor-Staat-Schiedsgerichtsbarkeit in der verfassungsrechtlichen Kritik

Die insbesondere aus verfassungsrechtlicher Perspektive geäußerte Kritik gilt zuvorderst der Legitimation nichtstaatlicher Schiedsgerichte sowie der demokratischen Rückkoppelung der ad hoc gebildeten und mit Privatpersonen besetzen Spruchkörper in eigentlich klassisch öffentlich-rechtlichen Regelungsbereichen. Auch wird die nicht immer transparente Zusammensetzung und das Verfahren, die nur teilweise gewährte Öffentlichkeit, die mangelnde Beteiligung Dritter sowie eine fehlenden Konsistenz der Schiedsgerichtspraxis vorgebracht. Auch die ungeklärte Frage nach der Tragung der Prozesskosten wird aufgeworfen.

Berücksichtigt man, dass der Investitionsschutz ursprünglich die Sicherung von Auslandsinvestitionen in rechtsstaatlich defizitären Staaten bezweckte und es sich bei TTIP um ein Abkommen zwischen Entitäten handelt, deren innerstaatliche Gerichtsverfahren insgesamt rechtsstaatlichen Grundsätzen genügen, so lässt sich die geäußerte Kritik umso weniger von der Hand weisen (hierzu Von Bernstorff, Feichtner, Fernandez-Armesto und Hindelang, anderer Ansicht wohl Schill und Tams).

Auf dieser Grundlage stellen sich aus deutscher Perspektive vor allem die Fragen nach der Vereinbarkeit mit dem in Art. 20 Abs. 1 GG geregelten Demokratieprinzip, dem in Art. 20 Abs. 3 GG niedergelegten Rechtsstaatsprinzip sowie dem Justizgewährungsanspruch und der Effektivität des Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG). Auch der aus Art. 92 GG abgeleitete Grundsatz des Funktionsvorbehaltes staatlicher Gerichte (das staatliche „Rechtsprechungsmonopol“) und das in Art. 101 Abs. 1 GG geregelte Recht auf den gesetzlichen Richter gerät in den Fokus (hierzu Flessner).

Des Weiteren muss der an Art. 3 GG angeknüpfte und bisher wenig beachtete Aspekt der Inländerdiskriminierung in den Blick genommen werden. So bedingt der Abschluss einen investitionsschutzrechtlichen Abkommens, wenn auch nicht notwendigerweise auf der Ebene des materiellen Rechts, jedenfalls aber in prozessualer Hinsicht eine deutliche Begünstigung ausländischer Investoren. Denn diesen wird mit der Ermöglichung schiedsgerichtlichen Vorgehens regelmäßig ein zusätzlicher, neben den nationalen Rechtsschutz tretender Rechtsbehelf gewährt, während inländische Investoren auf den nationalen Rechtsschutz allein beschränkt sind.

 

Der Vorstoß des Bundeswirtschaftsministers: Ein TTIP-Gerichtshof

Ob dieser fundamentalen Kritik überrascht es nicht, dass das gegenwärtig sozialdemokratisch geführte Bundeswirtschaftsministerium sich nun an die Spitze eines europäischen Reformvorschlages stellt. So war in den letzten Tagen vielerorts zu vernehmen, der Bundeswirtschaftsminister prüfe die Neuverortung des TTIP-Investitionsschutzes auf der Ebene einer echten übernationalen Gerichtsbarkeit (siehe hier und hier). Dabei ist er sich in dieser Sache mittlerweile im Grundsatz auch mit seinen sozialdemokratischen Kollegen auf europäischer Ebene einig. Auch das Auswärtige Amt hält diesen Ansatz wohl für politisch gangbar. Schließlich könnte auf diesem Wege gleichsam neuer Schwung in den schon vor Jahren gescheiterten Versuch der Schaffung eines multilateralen Investitionsschutzrechts gebracht werden (hierzu Schill). Zwar geht es gegenwärtig noch „lediglich“ um die bilaterale Ebene zwischen der EU und den USA. Dennoch käme einem echten Investitionsschutzgerichtshof zwischen den beiden Wirtschaftsräumen wohl eine nicht zu unterschätzende faktische Sogwirkung zu (hierzu Stoll).

Der Vorstoß des Bundeswirtschaftsministers ist beachtenswert. Und in der Tat könnte ein TTIP-Gerichtshof eine ernstzunehmende Antwort auf die gezeigten verfassungsrechtlichen Kritikpunkte darstellen. Dies gilt jedoch nur dann, wenn bestimmte Anforderungen an die Gestaltung eines solchen Gerichtshofes beachtet werden. Es soll daher der Versuch unternommen werden, die wichtigsten Aspekte des institutionellen Gefüges, der Strukturen sowie der Verfahrensordnung eines solchen Gerichtshofs in diesem Sinne zu entwerfen.

Funktionale Eingliederung und Kompetenzen

Zuvorderst stellt sich die Frage nach der Eingliederung in das Gefüge völkerrechtlichen Investitionsschutzes und nationalen Verwaltungs-/Verfassungsrechtsschutzes. Es spricht einiges dafür, einen TTIP-Gerichtshof als vollfunktionales Rechtsprechungsorgan (und nicht etwa als reine Vorlage- oder Rechtsmittelinstanz) auszugestalten. Er sollte also die Kompetenz erhalten, eine eigene erstinstanzliche Sachentscheidung zu fällen und diese in einer Rechtsmittelinstanz zu überprüfen. Hinsichtlich des angewendeten Rechts sollte es bei einer klaren Trennung zwischen dem in TTIP geregelten materiellen Investitionsschutzrechtes (allein durch den TTIP-Gerichtshof) und des nationalen Rechts (allein durch die nationalen Gerichte) bleiben. Auch wäre dem TTIP-Gerichtshof keine Kompetenz zur Ausurteilung der Rechtmäßigkeit bzw. -widrigkeit oder der Kassation einer staatlichen Maßnahme, sondern lediglich zur Feststellung deren Kompensationsfähigkeit zuzugestehen.

Zur Verhinderung potentieller Konflikte zwischen der Entscheidung eines nationalen Gerichtes und des TTIP-Gerichtshofes in konkreten Einzelfällen wäre diese Vollfunktionalität durch eine weitestgehende Alternativität von investitionsschutzrechtlichem und nationalem Rechtsschutz einzugrenzen. Das hieße, mit Klageerhebung und Rechtshängigkeit wäre der jeweils andere Rechtsweg in dieser Sache dauerhaft ausgeschlossen (strikte „fork-in-the-road“-Klausel). Eine Ausformung, die im Übrigen auch die Problematik der prozessualen Inländerdiskriminierung zumindest abschwächen würde.

Eine solche strikte „fork-in-the-road“-Klausel darf jedoch nicht über die bleibende Gefahr gewisser Grundsatzkonflikte hinwegtäuschen. Darunter wären etwa solche Konflikte zu verstehen, in denen ein nationales Gericht zwar nicht in derselben, aber in einer vergleichbaren Rechtsstreitigkeit anders entscheidet als der TTIP-Gerichtshof. Des Weiteren können Konflikte auch durch Divergenzen zwischen grundsätzlichen nationalen Rechtsprechungslinien (etwa die grundsätzliche Absage des BVerfG an das Prinzip „dulde und liquidiere“) und investitionsschutzrechtlichen Standards zu Art und Umfang des Rechtsschutzes (nach denen „dulde und liquidiere“ mitunter gerade vorgesehen ist) entstehen (hierzu Stoll).

Diese Konflikte sind Folge der Grundentscheidung eines völkerrechtlichen Investitionsschutzes für ausländische Investoren. Sie werden sich auch durch die Schaffung eines TTIP-Gerichtshofes nicht vermeiden lassen. Erwogen werden können lediglich Aspekte einer Optimierung. So wäre etwa an einen institutionalisierten Dialog des TTIP-Gerichtshofes, der europäischen Gerichte (EuGH, mglw. auch EGMR) sowie der nationalen Verfassungsgerichte der europäischen Mitgliedstaaten und der USA zu denken, um hier zu einer größtmöglichen Rechtsprechungskongruenz zu gelangen. Auch könnte letztlich eine Verpflichtung des TTIP-Gerichtshofes zur Berücksichtigung der „Verfassungsidentität“ oder gemeinsamer eigentumsrechtlicher Grundwertungen der TTIP-Mitgliedstaaten erwogen werden.

Strukturen und Geschäftsverteilung

Der Gerichtshof selbst wäre in ein Gericht erster Instanz sowie in eine Rechtsmittelinstanz zu untergliedern. Darüber hinaus bedürfte es eines als Verwaltungs- und Geschäftsstelle fungierenden Sekretariats.

Hinsichtlich der Besetzung wäre denkbar, im erstinstanzlichen Bereich neun Richter vorzusehen, wobei diese je zu dritt eine Kammer bildeten. Eine Überprüfung der Entscheidungen wäre dann entweder durch eine „Große Kammer“ (in der alle neun Richter zusammenwirken) oder aber durch eine selbstständige Rechtsmittelinstanz mit gesondert zu benennenden Richtern (denkbar wären fünf) auszustatten.

Hinsichtlich der Qualifikation der Richter wären Kenntnisse und Erfahrungen im Bereich des internationalen Investitionsschutzrechts, des internationalen Wirtschaftsrechts und des Völkerrechts zu fordern. Ferner sollten potentielle Richter in besonderer Weise ausgewiesen, anerkannt und angesehen sein sowie die Staatsangehörigkeit einer der beteiligten Parteien des TTIP besitzen. Die Benennung sollte gleichberechtigt durch die Parteien des Abkommens mit Ratifikation und dann jeweils später nach Ablauf der vorzusehenden Amtszeiten erfolgen.

Im Interesse der Gewährleistung von Unabhängigkeit und unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Laufzeit der Verfahren wäre eine Amtszeit von acht Jahren mit der Möglichkeit einer einmaligen erneuten Benennung zu erwägen. Dem Interesse an Kontinuität könnte durch anfänglich verkürzte Amtszeiten Rechnung getragen werden.

Die Aufteilung und Zuweisung der Verfahren und die Arbeitsweise sollte im Einzelnen von den Richtern selbst geregelt werden. Dazu wäre im Sinne des „gesetzlichen Richters“ turnusgemäß ein Geschäftsverteilungsplan aufzustellen, aus dem sich schon vor Klageerhebung durch einen Investor die Zuständigkeit der jeweiligen Kammer und ihre konkrete Besetzung ergeben.

Verfahrensordnung

Zur Sicherung der Unparteilichkeit der Richter wäre eine entsprechende rechtliche Verpflichtung der Richter vorzusehen und auf selbige in der zu schaffenden Verfahrensordnung Bezug zu nehmen. Für Zweifeln an der Unparteilichkeit eines Richters in einem konkreten Fall sollte die Möglichkeit eines Befangenheitsverfahrens durch die Verfahrensbeteiligten eingeleitet werden können.

Wesentliche weitere Aspekte beträfen die Öffentlichkeit, die Transparenz und die Beteiligung der Zivilgesellschaft. Hier lässt das Investitionsschutzrecht in jüngster Vergangenheit wichtige und zielführende Entwicklungen erkennen, zu denen insbesondere die neuen Transparenzregelungen der UNCITRAL oder die entsprechenden Regelungen im CETA-Entwurf gehören (Öffentlichkeit der Verhandlungen und Schriftsätze, Beteiligung von amici curiae etc.). Auf diese könnte im vorliegenden Zusammenhang zurückgegriffen werden. Dabei wäre gleichzeitig den berechtigten Interessen an der Wahrung unternehmerischer Geschäftsgeheimnisse in Form konkreter Ausnahmeregelungen Rechnung zu tragen.

Der Verfahrensgang sollte zum Zwecke einer erhöhten Vorhersehbarkeit der Verfahrensdauer – vergleichbar dem Streitschlichtungsmechanismus der WTO – durch festgelegte gerichtliche Tagesfristen in den einzelnen Verfahrensabschnitten gekennzeichnet sein. Außerdem sollte jedem Rechtstreit obligatorisch der Versuch einer außergerichtlichen Beilegung der Streitigkeit im Wege der Mediation vorausgehen.

Hinsichtlich der Kosten sollte generell das Prinzip der Kostentragung durch die unterliegende Partei Anwendung finden. Dies würde dabei für die gesamten Kosten des Verfahrens, also sowohl Gerichtskosten sowie die üblichen Anwaltskosten gelten. Dabei wäre allerdings gleichzeitig darauf zu achten, kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMUs) den Zugang zur Investitionsschutzgerichtsbarkeit nicht zu verwehren. Insoweit scheint es erstrebenswert, die Gerichtskosten möglichst gering zu halten und auf den Ersatz besonderer Auslagen, die etwa im Rahmen der Beweisaufnahme notwendig werden, zu beschränken. Schließlich wäre auch an einen Mechanismus zu denken, KMUs sachlich oder finanziell – etwa über die Möglichkeit eines Prozesskostenhilfeverfahrens – bei der Wahrnehmung ihrer Rechte zu unterstützen.

Rechtsmittelinstanz

Von wesentlicher Bedeutung ist letztlich der Aspekt einer inhaltlichen Überprüfbarkeit der erstinstanzlichen Entscheidungen. Je nachdem, ob man sich für eine gesonderte Rechtsmittelinstanz mit eigenen Richtern oder für eine Art „Große Kammer“ entschiede, wären hier entsprechende Verfahrensregelungen vorzusehen. Die Rechtsmittelberechtigung obläge dabei lediglich der unterlegenen Partei des Rechtsstreites.

Darüber hinaus wäre eine Beschränkung der Überprüfung auf Rechtsfragen vorzunehmen. Der Schaffung von Rechtssicherheit durch Konsistenz im Bereich der investitionsschutzrechtlichen Rechtsprechung würde damit genüge getan. Im Hinblick auf eine mögliche Beanstandung gröbster Tatsachenverkennung wäre die Möglichkeit zur Rückverweisung an die erste Instanz zu erwägen.

Bewertung und Ausblick

Gleicht man die verfassungsrechtliche Kritik zum Verhältnis von völkerrechtlichem Investitionsschutz und nationalem Verwaltungs-/Verfassungsrechtsschutz sowie zur gegenwärtigen institutionellen und verfahrensrechtlichen Lage der Investor-Staat-Schiedsgerichtsbarkeit an den erläuterten Ansätzen der Gestaltung eines TTIP-Gerichtshofes ab, so wird deutlich, dass selbiger tatsächlich das Potential hätte, die geäußerte Kritik in weiten Teilen zu entkräften. Der Vorstoß zur Errichtung eines TTIP-Gerichthofs ist daher aus rechtswissenschaftlicher Perspektive zu begrüßen.

Abzuwarten wird sein, inwieweit die Idee eine darüber hinaus gehende politische Strahlkraft entwickeln kann. Während der Bundeswirtschaftsminister die europäischen Sozialdemokraten hinter sich gebracht zu haben scheint, ist die Haltung der unionsgeführten Bundesregierung gegenwärtig unklar. Doch selbst wenn die Kanzlerin von den rechtlichen Vorzügen eines TTIP-Gerichtshofes überzeugt werden könnte, so ist es nur schwer vorstellbar, die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten in dieser Angelegenheit zu einen. Zu unterschiedlich sind die jeweiligen Interessen an der Gestaltung des TTIP-Investitionsschutzkapitels. Und auch die Haltung des EuGH wäre im Lichte seiner kontinuierlichen Bezugnahmen auf die „Autonomie der Unionsrechtsordnung“ (erst jüngst wieder in seinem Gutachten zum EMRK-Beitritt der EU, siehe hierzu auch den Schwerpunkt auf Verfassungsblog) jedenfalls als schwer einschätzbar zu kategorisieren.

Die größte Hürde aber bliebe ohne Frage der transatlantische Vertragspartner. Es ist nichts Neues, dass die USA sich nicht gerade durch ein gesteigertes Interesse an der Schaffung internationaler Gerichte auszeichnen. Zwar ist nicht abzusehen, zu welchen Kompromissen die USA im strategischen Verlauf des anstehenden Wahlkampfes bereit (oder eben gerade nicht bereit) seien werden, um im Ergebnis ein Investitionsschutzkapitel in TTIP durchzusetzen. Dennoch, ein TTIP-Gerichtshof wäre nicht weniger als eine kleine völkerrechtliche Sensation.


3 Comments

  1. Jessica Lourdes Pearson Thu 12 Mar 2015 at 10:28 - Reply

    Es wäre vielleicht angebracht, die “verfassungsrechtlichen” Bedenken des Herrn Flessner kurz auf ihre Tragfähigkeit zu prüfen, bevor man sie zum Maßstab der eigenen Bewertung macht.

  2. […] Investitionsschiedsverfahren ablösen, denen vielfach rechtsstaatliche Mängel attestiert werden. Till Holterhus hat unlängst die möglichen Vorzüge und Strukturelemente eines TTIP-Gerichtshofs vorgestellt und […]

  3. André Wed 28 Oct 2015 at 11:52 - Reply

    Die Frage ist: gibt es ein legitimes Problem, dass von ISDS oder Investitionsgerichten zu lösen ist?

    Warum sollen ausländische Investoren nicht Regulierungsrisiken tragen? Gibt es überhaupt Belege für eine strukturelle Diskriminierung von auswärtigen Investoren, die eine positive Diskriminierung durch ein Beschwerderecht rechtfertigt (und die staatsrechtliche problematische Diskriminierung von inländischen Investoren, die nicht gleiche Möglichkeiten erhalten)? Was kann state2state Handelsdialog nicht leisten?

    Im Fall von TTIP geben Handelspolitiker offen zu, dass für US-EU die Instrumente nicht gebraucht werden. Vielmehr geht es darum einen Standard mit Hinblick auf andere Parteien und zukünftige Verträge zu setzen.

    Der weitere Punkt ist: Beschwerden/Klagen über ISDS haben nur Signalfunktion für die Handelspolitik, die Entscheidung selbst nach Jahren ist unwesentlich. Einerseits die eigene Handelsaußenpolitik zu beeinflussen, ferner im Zielmarkt dissuasiv auf Handeln zu wirken. Wenn man bedenkt wie sensitiv die Europäische Kommission heute schon bei handelspolitischen Anwürfen der USA ist, ist so ein Instrumentarium politisch brandgefährlich.

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Transatlantische Investitionsgerichtsbarkeit: Ansätze der Gestaltung eines TTIP-Gerichtshofs

Die öffentliche Auseinandersetzung in Sachen „Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft“ (TTIP) verzeichnet in den vergangenen Monaten, eine erfreuliche Versachlichung. Gleichzeitig verdichtet sich – insb. auch mit dem Konsultationsverfahren der Europäischen Kommission (hierzu kritisch Krajewski) – die verfassungsrechtliche Debatte hinsichtlich des in TTIP zu vereinbarenden Investitionsschutzkapitels. Sie unterteilt sich dabei in drei wesentliche Bereiche. Erstens, die unter dem Stichwort „right to regulate“ diskutierte Anpassung der materiellen Investitionsschutzstandards im Sinne der Sicherung souveräner staatlicher Regelungshoheit. Zweitens, das Verhältnis zwischen völkerrechtlichem Investitionsschutz und nationalem Verwaltungs-/Verfassungsrechtsschutz. Drittens, die institutionelle und verfahrensrechtliche Reform der Investor-Staat-Schiedsgerichtsbarkeit.

Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands und mit ihr der Bundeswirtschaftsminister begegnet der anhaltenden Kritik nun mit dem beachtenswerten Vorschlag eines echten Investitionsschutzgerichtes, einem TTIP-Gerichtshof. Und tatsächlich, ein solcher konsequent umgesetzter Gerichtshof könnte – wie zu zeigen sein wird – die vorgebrachten institutionellen und verfahrensrechtlichen Bedenken (Bereiche zwei und drei der Debatte, siehe oben) aus rechtwissenschaftlicher Perspektive in weiten Teilen entkräften. Ob er politisch tragfähig ist, darf jedoch bezweifelt werden.

Investor-Staat-Schiedsgerichtsbarkeit in der verfassungsrechtlichen Kritik

Die insbesondere aus verfassungsrechtlicher Perspektive geäußerte Kritik gilt zuvorderst der Legitimation nichtstaatlicher Schiedsgerichte sowie der demokratischen Rückkoppelung der ad hoc gebildeten und mit Privatpersonen besetzen Spruchkörper in eigentlich klassisch öffentlich-rechtlichen Regelungsbereichen. Auch wird die nicht immer transparente Zusammensetzung und das Verfahren, die nur teilweise gewährte Öffentlichkeit, die mangelnde Beteiligung Dritter sowie eine fehlenden Konsistenz der Schiedsgerichtspraxis vorgebracht. Auch die ungeklärte Frage nach der Tragung der Prozesskosten wird aufgeworfen.

Berücksichtigt man, dass der Investitionsschutz ursprünglich die Sicherung von Auslandsinvestitionen in rechtsstaatlich defizitären Staaten bezweckte und es sich bei TTIP um ein Abkommen zwischen Entitäten handelt, deren innerstaatliche Gerichtsverfahren insgesamt rechtsstaatlichen Grundsätzen genügen, so lässt sich die geäußerte Kritik umso weniger von der Hand weisen (hierzu Von Bernstorff, Feichtner, Fernandez-Armesto und Hindelang, anderer Ansicht wohl Schill und Tams).

Auf dieser Grundlage stellen sich aus deutscher Perspektive vor allem die Fragen nach der Vereinbarkeit mit dem in Art. 20 Abs. 1 GG geregelten Demokratieprinzip, dem in Art. 20 Abs. 3 GG niedergelegten Rechtsstaatsprinzip sowie dem Justizgewährungsanspruch und der Effektivität des Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG). Auch der aus Art. 92 GG abgeleitete Grundsatz des Funktionsvorbehaltes staatlicher Gerichte (das staatliche „Rechtsprechungsmonopol“) und das in Art. 101 Abs. 1 GG geregelte Recht auf den gesetzlichen Richter gerät in den Fokus (hierzu Flessner).

Des Weiteren muss der an Art. 3 GG angeknüpfte und bisher wenig beachtete Aspekt der Inländerdiskriminierung in den Blick genommen werden. So bedingt der Abschluss einen investitionsschutzrechtlichen Abkommens, wenn auch nicht notwendigerweise auf der Ebene des materiellen Rechts, jedenfalls aber in prozessualer Hinsicht eine deutliche Begünstigung ausländischer Investoren. Denn diesen wird mit der Ermöglichung schiedsgerichtlichen Vorgehens regelmäßig ein zusätzlicher, neben den nationalen Rechtsschutz tretender Rechtsbehelf gewährt, während inländische Investoren auf den nationalen Rechtsschutz allein beschränkt sind.

 

Der Vorstoß des Bundeswirtschaftsministers: Ein TTIP-Gerichtshof

Ob dieser fundamentalen Kritik überrascht es nicht, dass das gegenwärtig sozialdemokratisch geführte Bundeswirtschaftsministerium sich nun an die Spitze eines europäischen Reformvorschlages stellt. So war in den letzten Tagen vielerorts zu vernehmen, der Bundeswirtschaftsminister prüfe die Neuverortung des TTIP-Investitionsschutzes auf der Ebene einer echten übernationalen Gerichtsbarkeit (siehe hier und hier). Dabei ist er sich in dieser Sache mittlerweile im Grundsatz auch mit seinen sozialdemokratischen Kollegen auf europäischer Ebene einig. Auch das Auswärtige Amt hält diesen Ansatz wohl für politisch gangbar. Schließlich könnte auf diesem Wege gleichsam neuer Schwung in den schon vor Jahren gescheiterten Versuch der Schaffung eines multilateralen Investitionsschutzrechts gebracht werden (hierzu Schill). Zwar geht es gegenwärtig noch „lediglich“ um die bilaterale Ebene zwischen der EU und den USA. Dennoch käme einem echten Investitionsschutzgerichtshof zwischen den beiden Wirtschaftsräumen wohl eine nicht zu unterschätzende faktische Sogwirkung zu (hierzu Stoll).

Der Vorstoß des Bundeswirtschaftsministers ist beachtenswert. Und in der Tat könnte ein TTIP-Gerichtshof eine ernstzunehmende Antwort auf die gezeigten verfassungsrechtlichen Kritikpunkte darstellen. Dies gilt jedoch nur dann, wenn bestimmte Anforderungen an die Gestaltung eines solchen Gerichtshofes beachtet werden. Es soll daher der Versuch unternommen werden, die wichtigsten Aspekte des institutionellen Gefüges, der Strukturen sowie der Verfahrensordnung eines solchen Gerichtshofs in diesem Sinne zu entwerfen.

Funktionale Eingliederung und Kompetenzen

Zuvorderst stellt sich die Frage nach der Eingliederung in das Gefüge völkerrechtlichen Investitionsschutzes und nationalen Verwaltungs-/Verfassungsrechtsschutzes. Es spricht einiges dafür, einen TTIP-Gerichtshof als vollfunktionales Rechtsprechungsorgan (und nicht etwa als reine Vorlage- oder Rechtsmittelinstanz) auszugestalten. Er sollte also die Kompetenz erhalten, eine eigene erstinstanzliche Sachentscheidung zu fällen und diese in einer Rechtsmittelinstanz zu überprüfen. Hinsichtlich des angewendeten Rechts sollte es bei einer klaren Trennung zwischen dem in TTIP geregelten materiellen Investitionsschutzrechtes (allein durch den TTIP-Gerichtshof) und des nationalen Rechts (allein durch die nationalen Gerichte) bleiben. Auch wäre dem TTIP-Gerichtshof keine Kompetenz zur Ausurteilung der Rechtmäßigkeit bzw. -widrigkeit oder der Kassation einer staatlichen Maßnahme, sondern lediglich zur Feststellung deren Kompensationsfähigkeit zuzugestehen.

Zur Verhinderung potentieller Konflikte zwischen der Entscheidung eines nationalen Gerichtes und des TTIP-Gerichtshofes in konkreten Einzelfällen wäre diese Vollfunktionalität durch eine weitestgehende Alternativität von investitionsschutzrechtlichem und nationalem Rechtsschutz einzugrenzen. Das hieße, mit Klageerhebung und Rechtshängigkeit wäre der jeweils andere Rechtsweg in dieser Sache dauerhaft ausgeschlossen (strikte „fork-in-the-road“-Klausel). Eine Ausformung, die im Übrigen auch die Problematik der prozessualen Inländerdiskriminierung zumindest abschwächen würde.

Eine solche strikte „fork-in-the-road“-Klausel darf jedoch nicht über die bleibende Gefahr gewisser Grundsatzkonflikte hinwegtäuschen. Darunter wären etwa solche Konflikte zu verstehen, in denen ein nationales Gericht zwar nicht in derselben, aber in einer vergleichbaren Rechtsstreitigkeit anders entscheidet als der TTIP-Gerichtshof. Des Weiteren können Konflikte auch durch Divergenzen zwischen grundsätzlichen nationalen Rechtsprechungslinien (etwa die grundsätzliche Absage des BVerfG an das Prinzip „dulde und liquidiere“) und investitionsschutzrechtlichen Standards zu Art und Umfang des Rechtsschutzes (nach denen „dulde und liquidiere“ mitunter gerade vorgesehen ist) entstehen (hierzu Stoll).

Diese Konflikte sind Folge der Grundentscheidung eines völkerrechtlichen Investitionsschutzes für ausländische Investoren. Sie werden sich auch durch die Schaffung eines TTIP-Gerichtshofes nicht vermeiden lassen. Erwogen werden können lediglich Aspekte einer Optimierung. So wäre etwa an einen institutionalisierten Dialog des TTIP-Gerichtshofes, der europäischen Gerichte (EuGH, mglw. auch EGMR) sowie der nationalen Verfassungsgerichte der europäischen Mitgliedstaaten und der USA zu denken, um hier zu einer größtmöglichen Rechtsprechungskongruenz zu gelangen. Auch könnte letztlich eine Verpflichtung des TTIP-Gerichtshofes zur Berücksichtigung der „Verfassungsidentität“ oder gemeinsamer eigentumsrechtlicher Grundwertungen der TTIP-Mitgliedstaaten erwogen werden.

Strukturen und Geschäftsverteilung

Der Gerichtshof selbst wäre in ein Gericht erster Instanz sowie in eine Rechtsmittelinstanz zu untergliedern. Darüber hinaus bedürfte es eines als Verwaltungs- und Geschäftsstelle fungierenden Sekretariats.

Hinsichtlich der Besetzung wäre denkbar, im erstinstanzlichen Bereich neun Richter vorzusehen, wobei diese je zu dritt eine Kammer bildeten. Eine Überprüfung der Entscheidungen wäre dann entweder durch eine „Große Kammer“ (in der alle neun Richter zusammenwirken) oder aber durch eine selbstständige Rechtsmittelinstanz mit gesondert zu benennenden Richtern (denkbar wären fünf) auszustatten.

Hinsichtlich der Qualifikation der Richter wären Kenntnisse und Erfahrungen im Bereich des internationalen Investitionsschutzrechts, des internationalen Wirtschaftsrechts und des Völkerrechts zu fordern. Ferner sollten potentielle Richter in besonderer Weise ausgewiesen, anerkannt und angesehen sein sowie die Staatsangehörigkeit einer der beteiligten Parteien des TTIP besitzen. Die Benennung sollte gleichberechtigt durch die Parteien des Abkommens mit Ratifikation und dann jeweils später nach Ablauf der vorzusehenden Amtszeiten erfolgen.

Im Interesse der Gewährleistung von Unabhängigkeit und unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Laufzeit der Verfahren wäre eine Amtszeit von acht Jahren mit der Möglichkeit einer einmaligen erneuten Benennung zu erwägen. Dem Interesse an Kontinuität könnte durch anfänglich verkürzte Amtszeiten Rechnung getragen werden.

Die Aufteilung und Zuweisung der Verfahren und die Arbeitsweise sollte im Einzelnen von den Richtern selbst geregelt werden. Dazu wäre im Sinne des „gesetzlichen Richters“ turnusgemäß ein Geschäftsverteilungsplan aufzustellen, aus dem sich schon vor Klageerhebung durch einen Investor die Zuständigkeit der jeweiligen Kammer und ihre konkrete Besetzung ergeben.

Verfahrensordnung

Zur Sicherung der Unparteilichkeit der Richter wäre eine entsprechende rechtliche Verpflichtung der Richter vorzusehen und auf selbige in der zu schaffenden Verfahrensordnung Bezug zu nehmen. Für Zweifeln an der Unparteilichkeit eines Richters in einem konkreten Fall sollte die Möglichkeit eines Befangenheitsverfahrens durch die Verfahrensbeteiligten eingeleitet werden können.

Wesentliche weitere Aspekte beträfen die Öffentlichkeit, die Transparenz und die Beteiligung der Zivilgesellschaft. Hier lässt das Investitionsschutzrecht in jüngster Vergangenheit wichtige und zielführende Entwicklungen erkennen, zu denen insbesondere die neuen Transparenzregelungen der UNCITRAL oder die entsprechenden Regelungen im CETA-Entwurf gehören (Öffentlichkeit der Verhandlungen und Schriftsätze, Beteiligung von amici curiae etc.). Auf diese könnte im vorliegenden Zusammenhang zurückgegriffen werden. Dabei wäre gleichzeitig den berechtigten Interessen an der Wahrung unternehmerischer Geschäftsgeheimnisse in Form konkreter Ausnahmeregelungen Rechnung zu tragen.

Der Verfahrensgang sollte zum Zwecke einer erhöhten Vorhersehbarkeit der Verfahrensdauer – vergleichbar dem Streitschlichtungsmechanismus der WTO – durch festgelegte gerichtliche Tagesfristen in den einzelnen Verfahrensabschnitten gekennzeichnet sein. Außerdem sollte jedem Rechtstreit obligatorisch der Versuch einer außergerichtlichen Beilegung der Streitigkeit im Wege der Mediation vorausgehen.

Hinsichtlich der Kosten sollte generell das Prinzip der Kostentragung durch die unterliegende Partei Anwendung finden. Dies würde dabei für die gesamten Kosten des Verfahrens, also sowohl Gerichtskosten sowie die üblichen Anwaltskosten gelten. Dabei wäre allerdings gleichzeitig darauf zu achten, kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMUs) den Zugang zur Investitionsschutzgerichtsbarkeit nicht zu verwehren. Insoweit scheint es erstrebenswert, die Gerichtskosten möglichst gering zu halten und auf den Ersatz besonderer Auslagen, die etwa im Rahmen der Beweisaufnahme notwendig werden, zu beschränken. Schließlich wäre auch an einen Mechanismus zu denken, KMUs sachlich oder finanziell – etwa über die Möglichkeit eines Prozesskostenhilfeverfahrens – bei der Wahrnehmung ihrer Rechte zu unterstützen.

Rechtsmittelinstanz

Von wesentlicher Bedeutung ist letztlich der Aspekt einer inhaltlichen Überprüfbarkeit der erstinstanzlichen Entscheidungen. Je nachdem, ob man sich für eine gesonderte Rechtsmittelinstanz mit eigenen Richtern oder für eine Art „Große Kammer“ entschiede, wären hier entsprechende Verfahrensregelungen vorzusehen. Die Rechtsmittelberechtigung obläge dabei lediglich der unterlegenen Partei des Rechtsstreites.

Darüber hinaus wäre eine Beschränkung der Überprüfung auf Rechtsfragen vorzunehmen. Der Schaffung von Rechtssicherheit durch Konsistenz im Bereich der investitionsschutzrechtlichen Rechtsprechung würde damit genüge getan. Im Hinblick auf eine mögliche Beanstandung gröbster Tatsachenverkennung wäre die Möglichkeit zur Rückverweisung an die erste Instanz zu erwägen.

Bewertung und Ausblick

Gleicht man die verfassungsrechtliche Kritik zum Verhältnis von völkerrechtlichem Investitionsschutz und nationalem Verwaltungs-/Verfassungsrechtsschutz sowie zur gegenwärtigen institutionellen und verfahrensrechtlichen Lage der Investor-Staat-Schiedsgerichtsbarkeit an den erläuterten Ansätzen der Gestaltung eines TTIP-Gerichtshofes ab, so wird deutlich, dass selbiger tatsächlich das Potential hätte, die geäußerte Kritik in weiten Teilen zu entkräften. Der Vorstoß zur Errichtung eines TTIP-Gerichthofs ist daher aus rechtswissenschaftlicher Perspektive zu begrüßen.

Abzuwarten wird sein, inwieweit die Idee eine darüber hinaus gehende politische Strahlkraft entwickeln kann. Während der Bundeswirtschaftsminister die europäischen Sozialdemokraten hinter sich gebracht zu haben scheint, ist die Haltung der unionsgeführten Bundesregierung gegenwärtig unklar. Doch selbst wenn die Kanzlerin von den rechtlichen Vorzügen eines TTIP-Gerichtshofes überzeugt werden könnte, so ist es nur schwer vorstellbar, die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten in dieser Angelegenheit zu einen. Zu unterschiedlich sind die jeweiligen Interessen an der Gestaltung des TTIP-Investitionsschutzkapitels. Und auch die Haltung des EuGH wäre im Lichte seiner kontinuierlichen Bezugnahmen auf die „Autonomie der Unionsrechtsordnung“ (erst jüngst wieder in seinem Gutachten zum EMRK-Beitritt der EU, siehe hierzu auch den Schwerpunkt auf Verfassungsblog) jedenfalls als schwer einschätzbar zu kategorisieren.

Die größte Hürde aber bliebe ohne Frage der transatlantische Vertragspartner. Es ist nichts Neues, dass die USA sich nicht gerade durch ein gesteigertes Interesse an der Schaffung internationaler Gerichte auszeichnen. Zwar ist nicht abzusehen, zu welchen Kompromissen die USA im strategischen Verlauf des anstehenden Wahlkampfes bereit (oder eben gerade nicht bereit) seien werden, um im Ergebnis ein Investitionsschutzkapitel in TTIP durchzusetzen. Dennoch, ein TTIP-Gerichtshof wäre nicht weniger als eine kleine völkerrechtliche Sensation.


2 Comments

  1. […] natürlich nicht alle Probleme lösen, die ein TTIP-Gerichtshof aufwirft: So lässt sich die von Holterhus angesprochene Diskriminierungsproblematik wohl nur vermeiden, wenn entweder tragfähige […]

  2. Maria Anna Dewes Sun 3 May 2015 at 15:25 - Reply

    Vielen Dank für diesen Beitrag. “Dennoch, ein TTIP-Gerichtshof wäre nicht weniger als eine kleine völkerrechtliche Sensation”. Stimmt. Betrachtet man den Gesamtzusammenhang der EU- Handelspolitik, schwindet das Sensationelle daran. – Es sei denn , es ginge um eine Reform der völkerrechtlichen Gerichtsbarkeit generell, die alle Handelsabkommen wie z.B. CETA und TiSA mit einschließt und gleichzeitig einen (längst überfälligen!) völkerrechtlichen Gerichtshof für Umweltrecht und Arbeitsrecht schafft.
    ISDS ist als Instrument aus dem letzten Jahrhundert nicht mehr zeitgemäß und sollte einer kritischen Revision unterzogen werden.
    Ein Herumdoktern allein an einem Handelsabkommen bleibt Flickwerk, ist ein Versuch von Herrn Gabriel einigen Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen und seine Partei bei der Stange zu halten.

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