10 May 2011

EuGH: Homo-Ehe seit 2003 gleichzubehandeln

Hetero-Ehepartnern mehr Versorgungsbezüge zu zahlen als Homo-Ehepartnern, ist eine unmittelbare Diskriminierung derselben. Zu diesem Schluss kommt heute der EuGH und steht dabei in Einheit fest mit den Kollegen aus Karlsruhe, die diese Schlussfolgerung schon 2009 gezogen hatten. Seit 2003, mit dem Ablaufen der Umsetzungsfrist der entsprechenden Antidiskriminierungsrichtlinie, hätte dem Urteil zufolge Homo-Ehepartnern die gleichen Bezüge gezahlt werden müssen wie zweigeschlechtlich Verheirateten.

Keine Lust hatte der EuGH, sich zu der Frage zu äußern, ob das Verbot der Diskriminierung nach sexueller Orientierung ein allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts ist und somit auch ohne irgendeine Richtlinie samt Umsetzungsfrist von den Mitgliedsstaaten zu beachten bzw. von den Gerichten anzuwenden ist.

Mit diesen kühnen Kunstgriff hatte der EuGH bekanntlich im Mangoldt-Urteil einem Alters-Diskriminierten trotz nicht abgelaufener Umsetzungsfrist der Richtnlinie zu seinem Recht auf Gleichbehandlung verholfen, sehr zum Entsetzen vieler Euro-Skeptiker und Verfassungshüter, die darin den schlagenden Beweis für ihre Vermutung sahen, dass der EuGH die Kompetenzen der EU sich so zusammensteckt, wie es ihm gerade passt, und den Mitgliedsstaaten die Herrschaft über die Kompetenzgrenzen längst entwunden hat.

Es wäre interessant gewesen, zu sehen, ob der EuGH das durchzieht und tatsächlich auch die Diskriminierung nach sexueller Orientierung von seinem sekundärrechtlichen Verbot ablöst. Oder wenn nicht, warum nicht.

Er musste dazu nicht Stellung beziehen, weil sich der Fall auch aufgrund der Richtlinie lösen ließ. Also schien es ihm offenbar angezeigt, es zu lassen…


One Comment

  1. Peter Panter Tue 10 May 2011 at 16:44 - Reply

    Es ist in der Tat interessant zu lesen, warum sich der EuGH nicht dazu äußert, ob das Verbot der Diskriminierung wegen der sexuellen Orientierung einen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts darstellt. Der Generalanwalt war genau hiervon noch ausgegangen und hielt es auch für entscheidungserheblich, da sich so begründen ließe, warum Herr Römer bereits vor Ablauf der Umsetzungsfrist einen Anspruch auf Gleichbehandlung hätte, also ab 2001 und nicht erst 2003. Insofern stimme ich Ihrem Urteil, dass die Nichtbehandlung an der Lösungsmöglichkeit durch die Richtlinie allein liegt, nur bedingt zu. Viel mehr sagt der EuGH, dass der Sachverhalt vor 2003 überhaupt nicht im Anwendungsbereich des Europarechts liegt. Unsicher bin ich, ob dies konsistent mit der Rechsprechung des EuGH in anderen Bereichen ist. Wie war das bei Mangold und Kücükdeveci? Warum liegt das dann im Anwendungsbereich des Unionsrechts? Da werde ich wohl noch einmal nachlesen müssen.

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