16 December 2009

Nach all den Jahren: Der Konflikt über die Bananenmarktordnung ist beigelegt

In den Annalen der Rechtsgeschichte markieren wir den gestrigen Tag als denjenigen, an dem der Konflikt um die Bananenmarktordnung endete. Ein großer Tag, ein bedeutender Tag.

Die Geschichte begann vor fast 20 Jahren: Die EU plante eine Marktordnung, die Bananen aus ehemaligen französischen und britischen Kolonien in Afrika, in der Karibik und im Pazifik gegenüber solchen aus anderen Staaten zollrechtlich privilegierte. Das fanden vor allem die deutschen Obstimporteure nicht gut, weil die so genannten AKP-Bananen als mickrig und unansehnlich galten und sie Umsatzeinbußen befürchteten. Außerdem fanden das die Bananenexporteure aus Mittelamerika und die großen US-Obstkonzerne nicht gut, aus selbsterklärenden Gründen. Es gab einen Riesenärger im GATT (so hieß der damals noch) und später in der WTO, unendliche Verhandlungen, Urteile, Sanktionen und Zetereien.

Das Thema Bananenmarktordnung ist in mehrfacher Hinsicht einzigartig:

  • Mit den Worten von WTO-Generaldirektor Pascal Lamy: “This has been one of the most technically complex, politically sensitive and commercially meaningful legal disputes ever brought to the WTO. It has also been one of the longest running “sagas” in the history of the post-WWII multilateral trading system”.
  • Nach dem Maastricht-Urteil sahen manche deutsche Juristen darin die ideale Gelegenheit, Nägel mit Köpfen zu machen und der EU national-verfassungsrechtliche Grenzen aufzuzeigen: Die Einfuhrregelung schien die Grundrechte der deutschen Bananenimporteure zu verletzen. Das VG Frankfurt legte die Sache dem EuGH und, als dieser erwartungsgemäß keinen Makel an der Marktordnung fand, dem Bundesverfassungsgericht vor, in der Hoffnung, dieser werde die EU-Verordnung als ultra vires und damit verfassungsmäßig kippen. Doch mittlerweile hatte Paul Kirchhof den Zweiten Senat verlassen, und dessen Neigung, einen europäischen Verfassungskonflikt vom Zaun zu brechen, hatte damit deutlich nachgelassen. Der Beschluss, den er 2000 fällte, machte dem verfassungsrichterlichen Euroskeptizismus – wenn auch nur vorläufig – ein Ende.
  • Ausgerechnet Bananen: Everybody was going bananas und fand die Sache total Banane – nie wieder fand man so viele Gelegenheiten für törichte Wortspiele.
  • Wir aßen vorher Chiquita-Bananen, wir aßen währenddessen Chiquita-Bananen, wir essen weiterhin Chiquita-Bananen: Den Verbraucher hat der ganze Schlamassel überhaupt nie erreicht.

Hat Tip dem International Law Professors Blog

Update: Ergebnisse der Einigung siehe hier.


3 Comments

  1. Jens Wed 16 Dec 2009 at 11:17 - Reply

    “Hat Tip dem”?

    Jedenfalls habe ich erst nach dem Aufruf dieses Links kapiert, _wie_ der Konflikt beigelegt wurde: Durch eine Einigung.

  2. Sebastian Wenzel Wed 17 Feb 2010 at 11:39 - Reply

    Beigelegt ist der Konflikt noch nicht, der BFH verhandelt am 23.02.2010 über das Thema: Bananenmarktordnung erneut auf dem Prüfstand – ein ausbrechender Rechtsakt?

    http://www.bundesfinanzhof.de/www/presse/pr2010/PM_15.2010.pdf

  3. Sebastian Wenzel Wed 26 May 2010 at 17:12 - Reply

    Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Bananenmarktordnung ist kein in Deutschland ungültiger sog. ausbrechender Rechtsakt
    PM 47/10 v. 26.05.2010

    http://juris.bundesfinanzhof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bfh&Art=pm&Datum=2010&nr=21564&pos=0&anz=47

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