14 March 2010

Wir verschenken unsere Stimme an die armen Negerlein

Auf dieses Projekt aus Großbritannien hat mich ein Leser meines letzten Texts aufmerksam gemacht: Giveyourvote.org

Die Idee ist im Kern diese: Wir treten unsere Wählerstimme an all die armen Leute in der Dritten Welt ab, die unter den Taten unserer Regierungen zu leiden haben, aber bei deren Wahl nicht mitstimmen dürfen. Dürfen sie künftig doch: weil wir ihnen einfach unsere Stimme leihen.

Who decides how we address climate change? Who decides how we combat global poverty? Who decides when war is legal? Who decides when migration is a crime? In today’s world where democracy stops at the border, the people who make these decisions are not accountable to the people they affect.Give Your Vote is empowering people in the UK and abroad to directly challenge this lack of accountability, here and now, by sharing one of their most valuable political rights  – the right to vote.

Das ist ja ganz süß. Und an der Beobachtung, dass Wahlen international mächtige Regierungen hervorbringen, aber diese nur national legitimieren, ist sicherlich was dran.

Aber diese sicher lieb gemeinte Idee ist derart offensichtlich ungeeignet, das Problem auch nur ansatzweise zu lösen, dass es mir schwerfällt, nicht sarkastisch zu werden.

Selbst wenn man mal unterstellt, es gelänge, tatsächlich einen nennenswerten Teil der britischen Wählerschaft zum Verleihen ihrer Stimme zu mobilisieren: Wer soll die Stimme dann bekommen? Wer entscheidet denn darüber, und mit welcher Legitimation?

Wenn ich jetzt, Max Steinbeis aus Deutschland, den Finger hebe und sage, ich hätte bitte gern eine Leihstimme, um die Euroskeptiker von der Regierung fernhalten zu helfen – mit welchem Argument will man mir dieses Ansinnen versagen? Dass die Stimmen nur für die armen Negerlein in Afrika gedacht sind, vielleicht?

Das ganze riecht nach Links-Paternalismus und ist ein weiteres Exemplar einer lieben, törichten Wohlfühl-Kampagne à la Unterwäschen-Farbe-Status-Update-against-Breast-Cancer-on-Facebook. This is exactly what gives liberal activism a bad name.


2 Comments

  1. GlobalDemocrat Mon 15 Mar 2010 at 11:40 - Reply

    Natürlich ist das ganze der größte Schwachsinn, aber wenn man über eine UNPA oder eine Weltverfassung zu diskutieren beginnt, dann hängt man erstens fast alle Journalisten und zweitens auch den Durchschnittsbürger ab.

    Das, was das Projekt schaffen kann, ist den Gedanken in die Köpfe der Menschen zu bekommen, dass Demokratie, die NICHT nach dem Prinzip der Subsidiarität, sondern nach dem veralteten Prinzip nationalstaatlicher Souveränität organisiert ist, nicht mehr zeitgemäß ist.

    Da zugegebener Weise eine globale Demokratie, neben einem globalen Demos auch eine globale Öffentlichkeit benötigt, ist es in meinen Augen lobenswert, wenn es über solche Projekte erreicht wird, das auf Time.com und bei REUTERS über diese Themen diskutiert wird.

    Sehr schön finde ich z.B. auch das Fazit auf techpresident.com:

    “British MPs, at the end of the day, represent the people of Leeds, not the people of Accra. (…) If you desire to vote as a citizen of the world, then here’s a way for you to actually know how it is the world would care for you to vote.”

    mfg
    ein Aktivist für Globale Demokratie

    Ich unterstütze:
    http://unpacampaign.org
    http://iccnow.org/

  2. GlobalDemocrat Mon 15 Mar 2010 at 17:48 - Reply

    Sehr geehrter Herr Steinbeis,

    ich will mich für meine unhöflichen Formulierungen entschuldigen: Ich find den Artikel nämlich gar nicht so schlecht und hab mich über ihn gefreut.

    Übrigens ist jetzt die neue Website mit etwas mehr Inhalt online. (Das Projekt wird unter anderem von Desmond Tutu unterstützt: http://giveyourvote.org/supporters)

    Außerdem haben die Aktivisten dieses nette Video produziert:
    http://youtu.be/ivIbZRmuMlQ

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