23 January 2021

Auch Sachverständige tragen Verantwortung für die Gesellschaft und sind Teil der politischen Willensbildung

Meine Antwort auf den Beitrag „Heribert Hirte und die Wissenschaft“ von Stephan Rixen

I. JuristInnen reden gerne über über die Rechtspolitik und VerfassungsjuristInnen naturgemäß gerne über verfassungspolitische Fragen. Deshalb schien es naheliegend, dass ich mich in einem Retweet mit Fragen der wissenschaftlichen Beteiligung von Sachverständigen aus der Rechtswissenschaft im Bereich des Infektionsschutzes auseinandersetze. Tatsächlich aber habe ich mich mit der Beteiligung der Sachverständigen überhaupt nicht auseinandergesetzt, sondern mit einem Artikel in der WELT mit dem Titel: „Verfassungswidrige Corona-Eingriffe? Union und SPD ducken sich weg“. Der Titel fasst den Inhalt des Artikels bereits gut zusammen, was meinen Widerspruch auslöste. Gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Gesundheitsausschusses, Erwin Rüddel, hatte ich im November anlässlich der Diskussion um die Wahrung des Bestimmtheitsgrundsatzes im Infektionsschutz für eine Nachbesserung der gesetzlichen Grundlagen plädiert und mehrere Änderungen des ursprünglichen Regierungsentwurfs zu diesem Punkt auch noch initiiert. Doch in der WELT findet sich kein Wort hierüber.

Kein Wort auch dazu, dass sich neben dem Unterzeichner auch mein Fraktionskollege Sebastian Steineke nachdrücklich kritisch zu der Beschlussvorlage einer der letzten Ministerpräsidentenkonferenzen geäußert hatte. Diese hatte ursprünglich vorgesehen, die Bewegungsfreiheit auf 15 km um den Wohnort bei einer Inzidenz von 100 zu beschränken – ein Vorschlag, der auch wegen der kritischen Stimmen der Rechtspolitiker der Regierungsfraktionen so nicht Beschluss geworden ist.

Kein Wort dazu, dass auch die von den Regierungsfraktionen vorgeschlagenen Sachverständigen Kritik äußerten, die auch nicht aufgegriffen wurde. Vielmehr ist auffällig, dass die WELT vor allem diejenigen Sachverständigen zitiert, die – wie eine einfache Netz-Recherche ergibt – von Corona-Leugnern in besonderer Weise für ihr Anliegen angeführt werden. Solche Zitate liegen nicht in der Verantwortung der WissenschaftlerInnen, und das habe ich auch nie gesagt. Aber es ist bemerkenswert, dass der Zeitungsartikel, auf den ich mich bezog, genau diese WissenschaftlerInnen nennt – und keine anderen.

Man hätte auch diese Zusammenhänge in der WELT herausarbeiten können, und für den Verfassungsblog wäre es eine gute Gelegenheit gewesen, diese einseitige Berichterstattung der WELT anzusprechen. Ein durchaus wichtiges Thema, dabei wäre die Frage gewesen, warum gerade bestimmte WissenschaftlerInnen von der WELT als Kritiker genannt werden – und andere nicht. Genau dies hat der Unterzeichner als einen relevanten Punkt für die politische Auseinandersetzung angesprochen, und dies in seine Erwägungen einzubeziehen ist auch eine Verantwortung von Wissenschaftlern. Denn – um zum Ausgangspunkt zurück zu kommen – Recht und Politik lassen sich nicht trennen, Recht ist „geronnene Politik“, und es sind gerade die Sachverständigen in einer öffentlichen Anhörung, die eben diese Politik beeinflussen können – und wollen –, und damit naturgemäß auch Gegenstand der darüber geführten Auseinandersetzung sind und werden: Auch für Tweets gilt daher der Grundsatz historischer, systematischer und teleologischer Auslegung, und auch im Verfassungsrecht.

Ein paar Gedanken zum „Ort“ der Auseinandersetzung: Auch das eigentlich als Diskursformat, zumindest mit ideellem Blicke, gedachte Netzwerk Twitter leidet unter den Mechanismen einer auseinander driftenden Informationsgesellschaft. Als Politiker ist es (oftmals auch leider) der tagtägliche Wettbewerb, sich im bestmöglichen Lichte zu präsentieren und die politische Konkurrenz eben in einem weniger hellem. Die Neigung zum Affekt charakterisiert aber mittlerweile das allgemeine Kommunikationsverhalten, das mehr einem anachronistischen Gegeneinander verschiedener Bezugsgruppen gleicht als einem großen gesamt- oder teilgesellschaftlichen Informationsaustausch. Der Kollege Pörksen erklärt diese Zusammenhänge in seinem jüngsten Buch „Über den Dialog in Gesellschaft und Politik“ sehr treffend: Statt einen dauerhaften Diskurs zu etablieren, gibt es eine Tendenz hin zur strategischen Positionierung. Jeder Anlass wird genutzt, um gewünschte Selbstbilder und damit Diskurshoheit für sich zu beanspruchen – und so unliebsame Meinungen zu unterdrücken. So blendet beispielsweise der Kollege Rixen aus, dass sich mein Retweet, also das Kommentieren eines anderen Beitrages, auf den Artikel der WELT bezog und nicht auf die wissenschaftliche Redlichkeit der beiden KollegInnen. Dies zumindest zu nennen, wäre Teil der Sorgfaltspflicht, die normalerweise auf dem Verfassungsblog auch Beachtung findet.

Es erfüllt mich mit Sorge, wenn die wissenschaftliche Meinungsfreiheit bereits derart unter Beschuss stehen sollte, dass sich der Kollege nicht mehr anders zu helfen weiß, als in seinem Beitrag auf mich „oder wer auch immer seinen Account betreut“ abzuzielen. Als Randbemerkung: In einer ursprünglichen Version wird Ruprecht Polenz als mein „Fraktionskollege“ bezeichnet, mittlerweile ist dies richtigerweise korrigiert, Polenz ist höchstens ein „ehemaliger Fraktionskollege“, richtiger ein „Parteifreund“. Solche Fehler passieren und sind beispielsweise auf Twitter nicht nachträglich zu tilgen. 

Vielleicht handelt es sich bei Rixens Beitrag auch um ein Musterbeispiel der oben angesprochenen strategischen Positionierung, erscheint es doch einfacher und populärer, von einer vermeintlichen Attacke auf die wissenschaftliche Unabhängigkeit durch einen Politiker zu profitieren als sich mit gesellschaftlichen Erosionsprozessen, der systematischen Fehldeutung von wissenschaftlichen Erkenntnissen und der Selbstreflektion der eigenen Verantwortung als Wissenschaftler für gesellschaftliche Prozesse zu beschäftigen. Vor diesem Hintergrund, liebe KollegInnen: Eine einfache Antwort auf meinen Retweet im Sinne: „Das ist jetzt nicht ihr (fügen Sie hier ein Schimpfwort Ihrer Wahl ein) Ernst?“, anstelle eines (vermutlich) nächtens zusammengeschraubten Beitrages mit der aufgeregt empörten Note, die unsere identitätssuchende Gesellschaft in der transzendentalen Obdachlosigkeit so begehrlich aufgreift, hätte dem Thema schlussendlich besser getan wie auch – und das ist unzweifelhaft  – ein ordentlich recherchierter und sauberer formulierter Tweet meinerseits. 

II. Plakativ wird Rixens Beitrag vom Verfassungsblog auf Twitter mit den Hashtags #Wissenschaftsfreiheit, #Bundestag, #Rechtsausschuss beworben. Aber Gegenstand der Auseinandersetzungen sind Sachverständigenanhörungen im Gesundheitsausschuss zu Gesetzen und Rechtsfragen, bei denen der Rechtsausschuss nur mitberatend zuständig ist. Die „Federführung“ durch ein Ministerium (siehe hierzu § 9 GOBReg) bestimmt auch – jedenfalls im Normalfall (vgl. hierzu § 80 GOBT) – die Federführung im korrespondierenden Ausschuss des Deutschen Bundestages. Das führt – wiederum im Normalfall – dazu, dass dessen Position die maßgebliche Stimme in den weiteren Beratungen auch im Deutschen Bundestag ist, hier also nicht die des Rechtsausschusses. Ein Hinweis auf diese Grundlagen des Parlamentsrechts wäre hilfreich gewesen.

Nun ist es aber nicht so, dass der Rechtsausschuss bei den vielen sich aktuell im Gesundheitsbereich stellenden Fragen untätig war. Er hat vielmehr – fraktionsübergreifend und gerade auch auf meine Initiative  – darauf gedrängt, in den Beratungen des Gesundheitsausschusses Gehör zu finden, im Übrigen erfolgreich. Auf die Stärkung der eigentlich nach der GOBT nur schwachen Position des Rechtsausschusses als eines bloß mitberatenden Ausschusses  hätte man hinweisen können, und wenn man es nicht weiß, hätte man es leicht herausfinden können.

Schaut man in den Beitrag von Rixen, wird es dann richtig schief. Ja, mein Retweet enthielt zwei Tippfehler, und ja, Herr Kingreen war kein Sachverständiger der AfD (wobei sich mein Retweet gar nicht auf die Anhörung am selben Tag bezog, des Weiteren habe ich mich für diese Unterstellung sowohl öffentlich wie auch persönlich bei Prof. Kingreen entschuldigt). Aber ein entschiedenes Nein dazu, dass ich den beiden Sachverständigen irgendeinen Vorwurf machen würde: Vielmehr habe ich das geschildert, was mich in meinem Abgeordnetenpostfach täglich erreicht – und darunter auch, wer sich auf die Meinungen der in der WELT zitierten Sachverständigen beruft. Das ist zunächst einmal eine Tatsachenmitteilung, aber es ist meine Meinung, dass es wichtig ist, darauf hinzuweisen. Ja, es nicht nur meine Meinung, sondern ich sehe es als meine Pflicht an, diesen Hinweis zu geben – im Übrigen auch als Wissenschaftler: Denn Folgenorientierung ist ein Teilaspekt gerade auch wissenschaftlicher Arbeit und Verantwortung. Dass die Sachverständigen eine Verantwortung dafür tragen, was für abstruse Ableitungen in Querfrontkreisen aus ihren Sachbeiträgen geführt werden, habe ich nicht gesagt, auch wenn natürlich versucht wird, mir dies in den Mund zu legen.

Wenn dann Rixen weiter daraus ableitet, Kießling und Kingreen hätten schweigen müssen, würde man meine Kritik ernst nehmen, ist das allerdings ein ungeheuerlicher Vorwurf. Er zeigt die verdrehte Wahrnehmung einiger Staatsrechtler von der Verantwortung und auch vom Rederecht eines Parlamentariers. Denn bei Lichte besehen fordert Rixen wiederum mich auf zu schweigen über das, was ich weiß, weil es – so ist er wohl zu verstehen – negative Auswirkungen auf die Durchsetzungskraft seiner (?) staatsrechtlichen Meinungen haben könnte. Das Verständnis von Meinungsfreiheit, aber auch von Wissenschaftsfreiheit, das hier zum Vorschein kommt, wirft Fragen auf. Ja, es wird noch schlimmer, wenn Rixen sagt: „Man muss die Erkenntnis aushalten, dass andere die eigene Ansicht nicht teilen, weil sie dafür gute Gründe haben. Der stellvertretende Vorsitzende des Rechtsausschusses sieht das offenbar anders.“ Denn was er in der Sache fordert, ist einen von der Öffentlichkeit geschützten Raum für das Staatsrecht, dort Ideen entwickeln zu dürfen, die Politik kritisieren zu dürfen, selbst aber von öffentlicher Kritik verschont zu bleiben. Mein Kollege Marco Buschmann von der FDP bestätigt diesen Verdacht: Denn er wirft mir auf Twitter eine „Rufmordkampagne aus der Union“ vor, letztlich, weil ich sage, was ich sehe und weiß – ein gerade für den Vertreter einer Partei, die auf die Wahrung der Freiheits- und Grundrechte einen so großen Wert legt, bemerkenswerter Akt.

Rixen schreibt, ich hätte nach Hinweisen aus der Twitter-Gemeinde in einem neuerlichen Tweet betont, ich „schätzte ausdrücklich“ die Expertise von Andrea Kießling, weil wir im permanenten Austausch mit der Wissenschaft stünden und auch mehrere Argumente von Frau Kießling bei der Neuformulierung des Infektionsschutzgesetzes aufgegriffen hätten. Zugleich schreibt er: „das Internet ist auch eine Reputationsbeschädigungsmaschine, die fast nichts oder meistens zu spät vergisst.“ Richtig: Rixen und viele andere, die meinen Reweet kritisiert haben, hätten gerade im Internet leicht herausfinden können, was ich bei der nur wenige Monate zurückliegenden Diskussion um den Bestimmtheitsgrundsatz im Infektionsschutzgesetz gesagt habe – und auch von der wissenschaftlichen Kritik aufgegriffen habe. Dass die WELT als Tageszeitung dies nicht recherchiert, ist die eine Sache, dass aber ein Wissenschaftler wie Rixen es auch unterlässt, wirft Fragen nach dem Selbstverständnis von Wissenschaft auf. Dass er durch seine schlechte Recherche meine Reputation beschädigt, ist für einen Staatsrechtler offenbar hinnehmbar. Ich kann dies ertragen: Aber es ist doch ein Teil der Delegitimierung unseres parlamentarischen Systems, gegen die ich kämpfen werde, auch gegen JuristInnen und ProfessorInnen.

Herr Kingreen war in der Anhörung am 13. Januar von der FDP benannt worden, die darauf auch großen Wert legt, wie es Marco Buschmann in einem Tweet zum Ausdruck bringt. Aber ich finde den Hinweis unverändert richtig, dass Kingreen als Sachverständiger in manchen Kreisen große Aufmerksamkeit auf sich zieht, wohl auch deshalb, weil er gesagt hat, der Bundestag hätte die „weitreichendste Selbstentmachtung des Parlaments seit den 1930er Jahren” vorgenommen“. Und ich finde, das Recht darauf hinzuweisen sollte Abgeordneten nicht von der Wissenschaft genommen werden, zudem es auch bereits öffentliche Berichterstattung über diese Tatsache gab.

Rixen lobt zu Recht die Sachverständigenanhörungen in den Ausschüssen des Deutschen Bundestages als „kluge Übung, die Wissenschaft in die parlamentarische Beratung politisch brisanter Themen einzubinden“. Ein Blick in die Rechtsgrundlagen dieser Anhörungen in § 70 GOBT wäre aber auch hier hilfreich gewesen. Denn dort wird deutlich, dass das Recht zur Beteiligung von Sachverständigen ein den Fraktionen zustehendes Recht ist – das im Umfang ihrer Stärke besteht. Wir sind Parlament, nicht Universität, und – um ein Wort des Bundestagspräsidenten Schäuble aufzugreifen – wer Rederecht im Parlament haben will, sollte für den Deutschen Bundestag kandidieren. Das gilt auch für Staatsrechtler, und als Abgeordneter kann ich nur sagen: Es ist ein mühsamer Weg. Was jedoch die Sachverständigen anbelangt: Sie sind (anders als Interessenvertreter) ehrenamtlich tätig, aber sie sind auch nicht zur Teilnahme an einer öffentlichen Anhörung verpflichtet. Aber die Anhörungen sind öffentlich! Und das heißt, sie können live verfolgt werden, und über alles, was gesagt wurde, wird ein – öffentlich zugängliches – Wortprotokoll geführt.

Sachverständige werden damit – natürlich freiwillig – Teil der parlamentarischen Auseinandersetzung und Debatte, und deshalb ist es völlig richtig, ihre Äußerungen einzuordnen, und natürlich auch zu fragen und zu prüfen, was sie andernorts gesagt haben. Gerade einige der Oppositionsfraktionen, die meine hier in Rede stehenden Twitter-Äußerungen kritisiert haben, wollen noch weiter gehen – und die Anhörungen im Rechtsausschuss (um den es hier – zur Wiederholung – allerdings gar nicht ging) live streamen. Insoweit gilt das, was Rixen kritisiert („Wer künftig als Sachverständiger im Deutschen Bundestag auftritt, sollte auf der Hut sein“) schon heute: Wer als Sachverständiger im Deutschen Bundestag mitwirkt, wird Teil des öffentlichen politischen Prozesses und der Auseinandersetzung – und das ist in einer auf Transparenz aufbauenden Demokratie auch richtig so. Folgt man den genannten Forderungen der Opposition, Anhörungen zu streamen, wird diese Öffentlichkeit noch zunehmen.

III. Aber eigentlich ging es ja um die Frage, ob es für die Impfpriorisierung einer gesetzlichen Regelung bedarf. Ich hatte bereits darauf verwiesen, dass ich in anderen Zusammenhängen eine stärkere Beteiligung des Parlaments befürwortet hatte. Wenn die WELT so tut, als ob es dazu in meiner Fraktion keine Diskussion gebe, so ist das – wie ausgeführt – erst einmal falsch. Ich selbst sehe aber angesichts einer sich quasi täglich ändernden Pandemie- und auch Impflage (welcher Impfstoff steht wann und wo in welcher Darreichungsform und in welchen Mengen zur Verfügung) keinen großen Gewinn darin, diese dann notwendig immer noch sehr abstrakten Überlegungen weiter gesetzlich zu konkretisieren. Aber dies wären Gedanken für einen eigenständigen Beitrag.


9 Comments

  1. Maximilian Steinbeis Sat 23 Jan 2021 at 21:38 - Reply

    Wir haben uns gegen unsere sonstige Übung entschieden, diesen Text als eigenen Blogpost zu bringen, anstatt den Autor auf die Kommentarfunktion zu verweisen, weil dieser in dem vorangegangenen Artikel von Stephan Rixen in hervorgehobener Weise kritisiert wurde. Wir haben den Text, wie wir das regelmäßig tun, gründlich redigiert und auf u.E. bestehende argumentative Schwächen hingewiesen. Der Autor hat unsere Einwände nur teilweise akzeptiert, was natürlich sein gutes Recht ist.
    Inhaltlich will ich, zumal wir in dem Text ja auch explizit angesprochen sind, einen Einwand meinerseits explizit machen: Ich halte das Argument, die Interpretation des Tweets als Vorwurf an die beiden Sachverständigen sei „richtig schief“ und sozusagen eine Unterstellung, gegen die er sich zu verwahren habe, für unhaltbar. Mag sein, dass der Autor seine Äußerung anders gemeint hat, als Kritik an der WELT oder als Tatsachenschilderung seines Posteingangs. Was er gemeint hat, kann aber außer ihm selbst niemand wissen, einzig, was er gesagt hat: Kingreen und Kießling „dienen durch die Bank immer vielen Querdenkern als Zitatgeber“. Das Subjekt des umstrittenen Satzes sind Kingreen und Kießling, das Prädikat ist „dienen als Zitatgeber“ und das Objekt ist „vielen Querdenkern“. Diese Verbindung stellt seine Äußerung her, für die niemand verantwortlich ist als er, auch wenn er noch so ein „entschiedenes Nein“ dazu sagt. Das steht da, und wenn es nicht das ist, was der Autor sagen wollte, dann ist es seine Verantwortung, den von ihm erweckten falschen Eindruck zu berichtigen, anstatt sich über diejenigen zu empören, die ihn bei seinem eigenen Wort nehmen.

    • Szczekalla Sun 24 Jan 2021 at 10:59 - Reply

      Sehr geehrter Herr Steinbeis,
      hat Ihre Redaktion auch die teilweise Abweichung vom grammatischen Genus vorgeschlagen & ist diese einmal übernommen worden (“JuristInnen und ProfessorInnen”)? Inhaltlich wird man an beiden Beiträgen nicht mehr vorbeikommen, trotz Ihrer redaktionellen Kritik am Autor … . Sachverständige haben selbstverständlich in den Grenzen des Rechtssystems die regelmäßig alleinige Verantwortung für ihre Texte, sobald sie verfügbar sind (in Text oder zukünftig Videoform).

      • Maximilian Steinbeis Sun 24 Jan 2021 at 11:07 - Reply

        nein, die Entscheidung für bzw. gegen Gendern ist bei uns Sache der Autor_innen

    • Jonas Els Sun 24 Jan 2021 at 14:30 - Reply

      “Wir haben den Text, wie wir das regelmäßig tun, gründlich redigiert und auf u.E. bestehende argumentative Schwächen hingewiesen. Der Autor hat unsere Einwände nur teilweise akzeptiert, was natürlich sein gutes Recht ist.”

      Ich empfinde diese Vor- bzw. Nachbemerkung als störend, sie scheint mir jedenfalls sehr unüblich zu sein. Teilt die Redaktion ansonsten stets die Meinung derjenigen, die einen Beitrag hier veröffentlichen? Warum ist diese Distanzierung erforderlich? Ihre – sehr geehrter Herr Steinbeis – nachfolgenden inhaltlichen Bemerkungen hätten doch vollkommen ausgereicht.

      • Maximilian Steinbeis Sun 24 Jan 2021 at 14:36 - Reply

        Kriterium für die Veröffentlichung ist nicht, ob wir die Meinung teilen, sondern ob wir sie für tragfähig argumentiert halten. Mein Kommentar erklärt, warum wir hier eine Ausnahme machen.

  2. Josef Franz Lindner Sun 24 Jan 2021 at 13:26 - Reply

    Herr MdB Hirte schreibt: “Recht und Politik lassen sich nicht trennen, Recht ist „geronnene” Politik“. Richtig ist an dieser durchaus abgedroschenen Formel allenfalls, dass Politik und Recht oft nicht getrennt werden und politische Entscheidungen in Recht transformiert werden müssen. Im übrigen lassen sich beide “Welten” aber durchaus trennen, wenn man sich Mühe gibt und explizit macht, ob man rechtlich oder politisch argumentiert; Rollentransparenz und Rollenehrlichkeit wären das Gebot der Stunde (übrigens auch für die Virologen und Epidemiologen).
    Die These der Untrennbarkeit von Politik und Recht ist in Wahrheit (und wohl auch im hiesigen Kontext) leider meist ein Instrument von Politikern zur Selbst-Immunisierung gegen (verfassungsrechtliche) Kritik: Dem Verfassungsrechtler, der – individuell oder im institutionellen Kontext – eine bestimmte politische Entscheidung für verfassungsrechtlich angreifbar oder gar verfassungswidrig hält, wird Übergriffigkeit in den politischen Raum vorgeworfen. Das hat in der Wirkung schon etwas von “Maulkorb” an sich.
    Vielleicht besteht die Hoffnung, dass man sich in dieser verfahrenen Diskussion auf folgende einfache zwei Diskursregeln (für beide “Seiten”) verständigen könnte:
    1. Einerseits: Eine politische Entscheidung ist nicht allein deswegen der verfassungsrechtlichen Kritisierbarkeit entzogen, weil es sich um eine politische Entscheidung handelt.
    2. Andererseits: Eine politische Entscheidung ist nicht alleine deswegen verfassungswidrig, weil man sie für politisch falsch hält.

  3. Thorsten Kingreen Sun 24 Jan 2021 at 18:47 - Reply

    Si tacuisses… oder: “Wenn Du sie nicht überzeugen kannst, verwirre sie” (Garfield).

    Ich habe versucht, in meinem Kommentar zum Text “Verfassungsinterpreten” von Max Steinbeis etwas zur Sache zu sagen. Ich ergänze im selbstkritischen Rückblick, dass zugespitzte Formulierungen neue Eskalationsstufen auslösen können; die von dem früheren Kollegen zitierte ist allerdings nicht von mir, sondern er hat sie aus einem Retweet auf seinen (ihm scheinbar nach wie vor nur begrenzt peinlichen) Tweet herauskopiert.

  4. Michael Jung Mon 25 Jan 2021 at 11:38 - Reply

    Sowohl der Ausgangsbeitrag als auch diese sehr lange Replik belegen: Twitter ist keine geeignete Diskussionsplattform für argumentativ differenzierte Auseinandersetzungen. Klar gewinnt man damit (leider) Aufmerksamkeit. ich wünsche mir schon lange, dass Twitter einfach mal eine Woche aussetzt. Vielleicht merken Journalisten dann auch, dass sie vor dem Schreiben mal selber nachdenken sollten und nicht einfach nur das unfiltriert weiterleiten, was andere von sich geben?

  5. Katharina Haas Sun 7 Feb 2021 at 21:40 - Reply

    Sehr geehrter Herr Hirte,

    Sie als Politiker legen, wie Sie selbst eingeräumt haben, viel Wert auf Ihre Reputation. Dabei vernachlässigen Sie leider Ihre Pflicht als Mitglied des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags: das Handeln des Deutschen Bundestags auf Verfassungskonformität hin zu überprüfen.
    Professoren wie Herr Rixen setzten sich genau dafür ein und machen auf (potenzielle) Rechtsverstöße aufmerksam.
    Sie und Herr Schäuble, auf den Sie sich beziehen, haben recht, ein Jurist sollte nicht Bestandteil der Entscheidungsfindung im Bundestag sein. Wenn deren Mitglieder ihrer Verpflichtung nachkommen und ihre Entscheidungen in Übereinstimmung mit Recht und Gesetz treffen, ist das nicht notwendig. Die aktuelle Situation erfordert ein Einschreiten der Professoren als Verfassungshüter. Wichtige staatsrechtliche Grundsätze werden bewusst verkannt.
    Abgeordnete des Deutschen Bundestags verkünden, man könne, müsse sich aber nicht an den Gesetzesvorbehalt halten. Hier liegt ein Irrtum vor, der Gesetzesvorbehalt ist in Art. 20 Abs. 3 GG verfassungsrechtlich verankert. Diese Norm bildet die rechtliche Grundlage staatsrechtlichen Handelns und sollte jedem Politiker vertraut sein. Dass das Thema in Ihrer Partei Gegenstand von Diskussionen ist, erfüllt den Gesetzesvorbehalt keineswegs. Das “Ob” steht nicht zur Disposition, lediglich das “Wie” kann durch die Staatsorgane ausgestaltet werden.
    Dies ist kein rein akademischer Konflikt, es sind nicht nur Professoren und Politiker betroffen. Solche verfassungsrechtlichen Grundsätze haben den Zweck Rechtsunsicherheiten vorzubeugen und den Rechtsfrieden zu sichern.
    Andere öffentlich zu diffamieren ist der falsche Weg und kann einen Ruf nicht wiederherstellen.
    Denen den Kampf zu erklären, die sich gerade für die Legitimierung einsetzen, ist ein Widerspruch in sich.
    Es ist Zeit Verantwortung zu übernehmen. Erfüllen Sie Ihre Pflicht als Mitglied des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags und stellen Sie so Ihren Ruf wieder her.
    Es ist Zeit für (Rechts-)Frieden. Politiker und Verfassungsrechtler sollten nicht im Krieg sein. Wo soll das hinführen?

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