28 Dezember 2020
Mandat zu Meinungspflege?
Dem so genannten BDS-Beschluss des Deutschen Bundestags vom Mai 2019 kommt zwar als schlichter Parlamentsakt keine rechtliche Verbindlichkeit zu. Er hat aber eine nachhaltige Kontroverse ausgelöst. In diese Debatte hat sich auch der „Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus“ mit durchaus robusten Stellungnahmen eingeschaltet. Dies wirft ungeklärte verfassungsrechtliche Fragen auf. Continue reading >>
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19 November 2020
Verfolgung Strafunmündiger als Erziehungskonzept?
Ein Sechsjähriger wird vom Polizeipräsidenten Berlins "vorgeladen" in einer "Ermittlungssache" – weil er einer Erzieherin auf die Hand geschlagen haben soll. Die Kanonen des Strafrechts auf ein strafunmündiges Kind zu richten, ist nicht nur erziehungspolitisch höchst fragwürdig, sondern sieht auch stark nach einer Straftat im Amt aus: Auf Verfolgung Unschuldiger steht mindestens ein Jahr Freiheitsstrafe. Continue reading >>04 Oktober 2020
Rechtsreferendarin in der Berliner Provinz
In Berlin ist erneut ein Streit über das Kopftuch im Referendardienst entbrannt. Der Präsident des Kammergerichts hat eine Dienstanweisung bekannt gegeben, wonach Rechtsreferendarinnen mit Kopftuch künftig die Anklageverlesung und Sitzungsvertretung übernehmen dürfen, wenn eine Ausbildungsperson sichtbar zugegen ist. Der Hauptrichter- und Staatsanwaltsrat des Landes Berlin meint, dies ohne Weisung des Justizministers für die Staatsanwaltschaften nicht beachten zu müssen. Der Erlass sei zudem verfassungswidrig. Die Abwehrreflexe hängen erkennbar mit Mentalitäten zusammen, die schon das aggressive „Neutralitätsgesetz“ prägten. Ferment dieser Regelung ist eine Melange aus anti-religiösen Ressentiments und einem muffigen Provinzialismus spezifisch Berliner Provenienz. Continue reading >>09 August 2020
Neutrale StrafÂverfolgung und demokratische StrukturÂverantwortung
Kürzlich hat die Generalstaatsanwältin des Landes Berlin die Ermittlungen wegen einer Anschlagsserie in Neukölln gegen Linke und Sozialdemokraten an sich gezogen, weil die bisherige Ermittlungsführung Anlass geben könnte, an der Unbefangenheit eines befassten Staatsanwalts zu zweifeln. Der Fall demonstriert in besonderer Weise, warum es notwendig ist, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte weiterhin sowohl dem internen als auch dem externen Weisungsrecht zu unterstellen. Continue reading >>21 Mai 2020
Herrschaftslegitimation und implizite Identitätskontrolle
Würde sich der Gerichtshof auf die Kritik des BVerfG konstruktiv einlassen und ein Kontrollniveau etablieren, das der demokratischen und rechtstaatlichen Struktur der Union wirklich gerecht wird, wäre er am Ende der eigentliche Gewinner. Auch Reservevorbehalte des BVerfG würden sich dann von selbst erledigen. Continue reading >>19 Januar 2020
Grundrechts-Mobile statt starrer Kompetenzschichten
Die Entscheidungen zum Recht auf Vergessen sind ein Befreiungsschlag zur institutionellen Selbstbehauptung, mit dem das BVerfG im Grundrechtsbereich gegen einen drohenden stillen Bedeutungsverlust ankämpft. Es ist aber auch der Versuch, bei der Formierung der gemeineuropäischen Grundrechtsarchitektur eine aktivere Rolle zu spielen. Institutionelle Konflikte sind hierbei vorprogrammiert. Continue reading >>03 September 2019
Nostalgische Justizstaatsskepsis
Jonathan Sumption ist einer der schillerndsten Intellektuellen des Vereinigten Königreichs. In seinem neuen Buch kritisiert er, wie das „Imperium des Rechts“ immer größere Landgewinne verzeichnet und in immer mehr Bereiche des täglichen Lebens vordringt. „Trials of the State“ ist wie ein Volkshochschulkurs im Granteln über den Traditionsverfall im Recht einer modernen Gesellschaft mit ihrem inhärenten Drang zur Verrechtlichung. Continue reading >>16 Juni 2019
Staatsangehörigkeit in Geiselhaft
Auf den ersten Blick wirkt der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Verlust der Staatsangehörigkeit für Terror-Kämpfer im Ausland als hilfloser Umgang mit Personen, die ein militärisches Gewaltpotential an den Tag gelegt haben. Auf den zweiten Blick offenbart er aber eine Abkehr von der Essenz moderner Staatsangehörigkeit. Sie besteht in der fundamentalen Gleichheit der Staatsbürger, die durch diesen Status formalisiert wird. Continue reading >>27 Mai 2019
Juge d’instruction als gemeineuropäisches Leitbild?
Der EuGH hält deutsche Staatsanwaltschaften für nicht hinreichend unabhängig, um EU-Haftbefehle auszustellen. Der EuGH sieht die formale Unabhängigkeit von politischem Einfluss als entscheidendes Kriterium an, eine neutrale, faire und hinreichend gegen Missbrauch armierte Anwendung des europäischen Rechtshilferechts sicherzustellen. Dies wird jedoch der sehr unterschiedlichen Ausdifferenzierung der nationalen Justizstrukturen innerhalb der EU nicht gerecht. Continue reading >>07 Mai 2019
„Prüffall“ revisited?
Anfang dieses Jahres hatte die AfD eine einstweilige Anordnung des Verwaltungsgerichts Köln gegen die Bundesrepublik Deutschland erstritten, in der dem Bundesamt für Verfassungsschutz untersagt wurde, die AfD öffentlich als "Prüffall" zu bezeichnen. Nach aktuellen Presseberichten zieht die AfD nun wieder vor Gericht, denn u.a. der Staatssekretär im Bundesinnenministerium soll in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage von einem "Prüffall" gesprochen haben. Die fraglichen Äußerungen unterfallen allerdings weder der gerichtlichen Anordnung noch sind sie aus materiellem Recht unzulässig. Continue reading >>
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