09 December 2009

BVerfG: Ein neues Asyl-Grundsatzurteil?

Für Griechenland kommt es zur Zeit ganz dick. Offenbar ist nicht nur die Staatsverschuldung dort in einem Zustand, den man in der EU eigentlich nicht für möglich gehalten hätte. Das Asylverfahren scheint in Griechenland so gut wie zusammengebrochen zu sein. Jedenfalls bereitet sich das Bundesverfassungsgericht darauf vor zu überprüfen, was dies für den Status Griechenlands als sicherer Drittstaat i.S.v. Art. 16 II 1 GG bedeutet. Und ob es dabei bleiben kann, dass Asylbewerber in immer größerer Zahl nach Griechenland abgeschoben werden, ohne dass irgend ein Richter sich anschaut, wie es um die Sicherheit dort faktisch bestellt ist.

Das BVerfG hat heute die Abschiebung eines Asylbewerbers nach Griechenland per einstweiliger Anordnung gestoppt. Das hat es in den letzten Monaten schon fünf Mal getan, und zwar in genau den gleichen Worten, weshalb ich zunächst dachte, ist ja nichts Neues und damit nichts für den Verfassungsblog. Ich habe mich eines Besseren besonnen, als ich sah, dass Karlsruhe den Beschluss in einer Pressemitteilung bewirbt. Das tut es sonst nicht bei bloßen Kammerentscheidungen, die sich in nichts von früheren Entscheidungen unterscheiden. Offenbar hat das Gericht wieder mal das Gefühl, dass ihm nicht ordentlich zugehört wird.

Die Entscheidung in der Hauptsache ist für Sommer 2010 angekündigt (ebenfalls per Pressemitteilung, auch ungewöhnlich).

Es könnte dabei auch zu klären sein, ob und welche Vorgaben das Grundgesetz zur Gewährung vorläufigen Schutzes für den Zeitraum trifft, den die Organe der Europäischen Union benötigen, Erkenntnisse über für Asylsuchende bedrohliche tatsächliche oder rechtliche Defizite des Asylsystems eines Mitgliedstaats auszuwerten und erforderliche Maßnahmen durchzusetzen.

Außerdem kündigt die Kammer an, ihr Augenmerk auch auf den “Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts” zu richten, der in Maastricht begründet wurde und die Frage aufwirft, wie es in einem solchen Raum sein kann, dass ein Staat, der das Pech hat, am Mittelmeer zu liegen, unter dem Flüchtlingsansturm schier zusammenbricht und alle anderen munter dort hin abschieben können, ohne dass die Gerichte diesen Zustand auch nur unter die Lupe nehmen dürfen.

Täusche ich mich, oder kann dieses Verfahren den ganzen Asylkompromiss von 1993 ins Rutschen bringen? Nicht dass es darum schade wäre…


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