14 January 2021

Das Problem mit den Gefälligkeitsattesten

Zieht das OVG Berlin-Brandenburg die Grenze zulässiger Coronamaßnahmen beim Datenschutz von Maskenverweiger*innen?

Rechtspolitisch ist die Lage rund um die Maskenpflicht und die Möglichkeit, sich von ihr befreien zu lassen in mehrfacher Hinsicht problematisch.

Problematisch einerseits, weil (wohl nicht ganz zu Unrecht) der Eindruck besteht, dass es für Menschen, die nicht aus gesundheitlichen, sondern aus politischen Gründen das Tragen der Maske ablehnen, ohne größere Umstände möglich ist, sich per Attest von der Maskenpflicht befreien zu lassen. Problematisch andererseits, weil dieser Anschein dazu führt, dass diejenigen, die tatsächlich aus gesundheitlichen Gründen nicht dazu in der Lage sind, eine Maske zu tragen, unter den Verdacht der Coronaleugnung gestellt werden.

In diese Problemlage greift der Beschluss des 11. Senats des OVG Berlin-Brandenburg vom 04.01.2021 (11 S 132/20). Der Senat setzte eine erst kurz zuvor in Kraft getretene Regelung der brandenburgischen Coronaverordnung, mit der Gefälligkeitsattesten vorgebeugt werden sollte, aufgrund datenschutzrechtlicher Bedenken außer Kraft.

Auf den ersten Blick irritiert die Entscheidung. Ziehen die Richter*innen die Grenze zulässiger Coronamaßnahmen, die zahlreiche Menschen an die Belastungsgrenze bringen und von diversen Gruppen gesellschaftliche Sonderopfer fordert, tatsächlich beim Datenschutz von Maskenverweiger*innen? Eine tiefergehende Analyse zeigt, dass der Beschluss differenzierter ist und Maßnahmen, mit denen Gefälligkeitsattesten vorgebeugt werden soll, nicht zwangsläufig entgegensteht.

Aber der Reihe nach…

Die Maskenverweigerung als Akt des Widerstands

Gegenstand des Verfahrens vor dem OVG war § 2 Abs. 2 S. 2 der brandenburgischen Coronaverordnung, die der Antragsteller außer Kraft setzen lassen wollte. Die Regelung führte der brandenburgische Verordnungsgeber erst am 18. Dezember 2020 durch die 3. SARS-CoV-2-EindV ein. Mit ihr wollte er dem Problem von Gefälligkeitsattesten begegnen , nachdem einige Fälle – freilich nicht nur in Brandenburg – bekannt wurden.

Neben Bayern, wo eine äquivalente Regelung weiterhin gilt, war Brandenburg das einzige Bundesland, das hier einen Regelungsbedarf erkannte und in dem der Verordnungsgeber – wenn auch nur für kurze Zeit geltende – inhaltliche Anforderungen an Befreiungsatteste festsetzte.

Konkret konnte man sich nach der Neuregelung nur noch durch ein ärztliches Attest, das eine Diagnose sowie eine Begründung enthält, aus der hervorgeht, warum von der Maskenpflicht befreit wird, von der Maskenpflicht befreien.

In den übrigen Bundesländern (und zwischenzeitlich freilich auch wieder in Brandenburg) ist die Befreiung von der Maskenpflicht aus gesundheitlichen Gründen lediglich glaubhaft zu machen. Dafür reicht in der Regel ein ärztliches Attest aus, das feststellt, dass das Tragen einer Maske für den/die Betroffene/n aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich ist. Weitere Gründe müssen nicht angegeben werden.

Diese vergleichsweise geringen Anforderungen nutzen Gegner der Coronapolitik zum Teil aus, indem sie sich von politisch gleichgesinnten Ärzt*innen Gefälligkeitsatteste ausstellen lassen.

Obwohl wissenschaftlich nicht ernsthaft bestritten werden kann, dass durch eine Mund-Nasen-Bedeckung der Virus sich weniger schnell verbreitet, kritisieren Querdenker*innen und Co. die Maskenpflicht heftig.

Dabei verweisen sie auf unwissenschaftliche Ausführungen und deuten die Maskenpflicht um: Sie ist dann nicht mehr eine Maßnahme, mit der die Politik versucht, die Pandemie einzudämmen, sondern ein Symbol der Unterdrückung bzw. ein Maulkorb, mit dem die diktatorischen Züge in der Bundesrepublik bewiesen werden. Vor diesem Hintergrund werden Menschen, die sich weigern eine Maske zu tragen, zu „Widerstandskämpfer*innen“. Besonders viele „Widerstandskämpfer*innen“ zeigten sich (bis vor kurzem) auf den Demonstrationen der Querdenken-Bewegung, bei denen, trotz entsprechender Versammlungsauflage, kaum jemand eine Maske trug.

Einen Rechtsverstoß konnte man den Maskenverweiger*innen aufgrund der natürlich notwendigen aber eben leicht zu missbrauchenden Befreiungstatbeständen in den Coronaverordnungen häufig nicht machen bzw. einen entsprechenden Verstoß nicht nachweisen.

Der brandenburgische Verordnungsgeber hatte gefordert, dass Befreiungsatteste eine Diagnose und eine Begründung enthalten müssen. Damit wollte er die Hemmschwelle für Ärzt*innen anheben, Gefälligkeitsatteste auszustellen.

Der zugrundeliegende Gedanke war, dass Ärzt*innen, die eine bewusste und damit nach § 278 StGB strafbare falsche Diagnose stellen, wesentlich leichter überführt werden können, wenn die Diagnose im Attest aufgeführt ist.

Im Verfahren vor dem OVG erklärte die brandenburgische Regierung dementsprechend, dass man durch die Regelung sicherstellen wollte, dass „ärztliche Zeugnisse individuell ausgefertigt und nicht auf Vorrat vorgefertigt würden.“ Ansonsten könnte die Maskenpflicht unterlaufen werden. Dies unterlaufe den Infektionsschutz und sei deswegen nicht hinnehmbar.

Dass dies nicht nur eine unbelegte Hypothese ist, zeigen die vielen Fälle von Gefälligkeitsattesten, die publik wurden, ebenso wie ein Blick in die einschlägigen coronakritischen Gruppen auf telegram.

Zu dieser Gefahr tritt ein weiteres Problem hinzu, das im Verfahren vor dem OVG jedoch nicht berücksichtigt wurde: Es betrifft die Menschen, die in Einrichtungen mit Maskenpflicht aus gesundheitlichen Gründen tatsächlich keine Maske tragen können und denen man die gesundheitlichen Gründe, die sie von der Maskenflicht befreien, nicht unmittelbar ansieht. Da viele Menschen davon ausgehen, dass man auch ohne gesundheitlichen Gründe ärztliche Befreiungsatteste erhält, stehen Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen tatsächlich keine Maske tragen können, häufig zu Unrecht unter Generalverdacht, die Maske aus politischen Gründen abzulehnen oder Corona zu leugnen. Auch vor diesem Hintergrund sollte man Gefälligkeitsattesten vorbeugen. Um den Generalverdacht zu entkräften, muss die Politik (öffentlichkeitswirksamen) klarstellen, dass nicht jede*r, der/die eine entsprechende politische Agenda verfolgt, einen Befreiungsattest erhält, sondern Ärzte die gesundheitlichen Gründe, die von der Maskenpflicht befreien, tatsächlich prüfen.

Gesundheitsatteste und informationelle Selbstbestimmung

Eine Regelung wie die brandenburgische, nach der Befreiungsatteste eine Diagnose enthalten müssen, greift in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen ein. Zumindest greift sie in das Recht derjenigen ein, die sich von der Maskenpflicht aus gesundheitlichen Gründen befreien lassen müssen. (Personen, die gesundheitliche Gründe vorschieben, sich tatsächlich aber aus politischen Gründen befreien lassen, sind hingegen nicht betroffen, da der Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung nicht den Schutz unrichtiger persönlicher Daten umfasst). Zu beachten ist hier, dass durch die Diagnose besonders schutzwürdige Daten offengelegt werden. Gesundheitliche Gründe, die von der Maskenpflicht befreien, sind schließlich nicht nur Atemwegserkrankungen (diese offenzulegen ist vermeintlich unproblematisch). Denn auch aufgrund psychische Probleme, die auf traumatisierende Gewalterfahrungen zurückgeführt werden können, kann die Maskenpflicht für den Einzelnen unzumutbar sein.

Bei dem Rechtsstreit vor dem OVG Brandenburg handelte es sich um ein Eilverfahren (§ 46 Abs. 6 VwGO). Dabei hat der Senat die streitige Regelung weder aufgehoben, noch hat er ihre Rechtswidrigkeit festgestellt. Vielmehr hat er, nach summarischer Prüfung, die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren als offen eingeschätzt. Er hat die Regelung lediglich deshalb außer Kraft gesetzt, weil für ihn die negativen Folgen für den Antragsteller, wenn die Regelung weiterhin gilt, die negativen Folgen für die brandenburgischen Regierung, wenn die Regelung zeitweise außer Kraft gesetzt wird, überwogen.

Sowohl bei der summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache als auch bei der Folgenabwägung war das Recht auf informationelle Selbstbestimmung relevant.

So hielt es der Senat bereits für fraglich, ob das Infektionsschutzgesetz als Rechtsgrundlage genügt, um in die datenschutzrechtliche Freiheit einzugreifen.

Weiter wies der Senat darauf hin, dass die verschiedenen Stellen, denen der Antragsteller die Diagnose seiner Krankheit im Alltag offenbaren muss (ÖPNV, Einzelhandel, Arbeitsstätte etc.), nicht verpflichtet seien, die erhobenen Gesundheitsdaten für sich zu behalten. Daher sei nicht sichergestellt, dass nicht bald das halbe Dorf des Antragstellers wisse, an welcher Krankheit er leidet. Dies war entscheidend für den Entschluss, die Regelung außer Kraft zu setzen.

Der Senat wies explizit daraufhin, dass die Coronaverordnung die entsprechenden Stellen nicht verpflichtet, über die erhobenen Daten zu schweigen. Implizit heißt dies, dass § 2 Abs. 2 S. 2 mittelfristig fortbestehen könnte, wenn man die Stellen entsprechend verpflichtet.

Sicher ist das jedoch nicht. Die Frage der Rechtsgrundlage für den Grundrechtseingriff bleibt für das OVG auch dann offen, wenn man die entsprechenden Stellen verpflichtet, die erhobenen Daten nicht weiterzugeben. Hier müsste ggf. der Bundesgesetzgeber nachbessern.

Somit zeigt sich, dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung Maßnahmen nach brandenburgischen Vorbild nicht per se entgegensteht. (Das wäre bei Blick auf die Sonderopfer, die derzeit u.a. Kulturschaffende und Eltern mit zu betreuenden Kindern zu erbringen haben, auch nicht nachvollziehbar gewesen.) Vielmehr hat der Senat hat den Einzelfall abgewogen und den brandenburgischen Verordnungsgeber dazu aufgefordert, seine Regelung beim Datenschutz nachzubessern.

Zur Zukunft von Gefälligkeitsattesten

Wie es mit der brandenburgischen Regelung jetzt weitergeht, ist ungewiss. Sofern der brandenburgische Verordnungsgeber nicht nachbessert, wird sie der Senat im Hauptsacheverfahren wahrscheinlich aufheben.

Andere Verordnungsgeber sind jedoch gut beraten, den Beschluss nicht falsch zu interpretieren. Er gibt keinen Anlass dazu, sich im Kampf gegen die elendige Praxis der Gefälligkeitsatteste vorschnell von solchen Maßnahmen zu verabschieden. Das gilt unabhängig davon, dass der Beschluss (natürlich) nur den brandenburgischen Verordnungsgeber bindet. Der Senat forderte die brandenburgische Regierung lediglich dazu auf, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung stärker zu berücksichtigen. Damit ist jedoch nicht gesagt, dass Coronaverordnungen keine inhaltlichen Anforderungen an ärztliche Befreiungsatteste enthalten dürfen.


10 Comments

  1. Wilko Zicht Thu 14 Jan 2021 at 14:55 - Reply

    Wenn ich es recht sehe, kann den Bedenken der OVG im Wesentlichen durch eine einfache Korrektur Rechnung getragen werden, die auch ohne Zutun des Bundesgesetzgebers auskommt: Indem man das qualifizierte Attest nur gegenüber ÖFFENTLICHEN Stellen vorzeigen muss. Die Datenschutzbedenken des OVG rühren ja vor allem daher, dass man nach der brandenburgischen Verordnung die gesundheitliche Diagnose gegenüber allen möglichen privaten Stellen (Einzelhandel etc.) offenlegen musste. Eine so weitgehende Regelung scheint mir unnötig zu sein, weil ein unzureichendes Attest ja ohnehin nur vom zuständigen Ordnungsamt als Ordnungswidrigkeit geahndet werden kann.

    • Henrik Eibenstein Thu 14 Jan 2021 at 20:58 - Reply

      Danke für den Beitrag!
      Tatsächlich wird es m.E. ausreichen, wenn eben nicht mehr „vor Ort“ im täglichen Leben die Pflicht zur Vorlage entsprechend dezidierter ärztlicher Bescheinigungen – samt Diagnose – normiert ist. Eine andere Frage ist, wie praktisch-sinnvoll es überhaupt ist, Gewerbetreibenden die bußgeldbewehrte Pflicht aufzuerlegen, mit Ihnen kontrahierungswillige potentielle „Maskenverweigerer“ auf das Vorliegen eines hierzu berechtigten Grundes zu überprüfen, ist doch die Zuwiderhandlung gegen entsprechende Pflichten für den Einzelnen schon bußgeldbewehrt und die Überwachung deren Einhaltung eine originär staatliche Aufgabe.

    • Lukas Mitsch Fri 15 Jan 2021 at 11:58 - Reply

      Wenn man die Regelung so ändern würde, wäre das womöglich rechtmäßig (allerdings wäre bei einer solchen Änderung immer noch nicht sicher, ob das Infektionsschutzgesetz – für das OVG – als Rechtsgrundlage für den Eingriff in das Grundrecht ausreichet).
      Bei einer solchen Regelung würde man mE aber dem Problem der Gefälligkeitsatteste nicht ausreichend vorbeugen. Die meisten Situationen im Alltag, in denen man eine Maske tragen muss, betreffen ja den privaten Bereich (Arbeit, ÖPNV, Einkaufen). Da man bei Ihrem Vorschlag gegenüber diesen Stellen kein qualifiziertes Attest vorzeigen müsste, könnte sich der/die Maskenverweiger*in für diese Situationen weiter einfach ein Gefälligkeitsattest ohne Diagnose ausstellen lassen. Das Supermarktpersonal könnte dann allenfalls das Ordnungsamt rufen, damit die dann auffordern, ein qualifiziertes Attest vorzuzeigen. Aber ist das praktikabel?

  2. Henrik Eibenstein Thu 14 Jan 2021 at 20:59 - Reply

    Danke für den Beitrag!
    Tatsächlich wird es m.E. ausreichen, wenn eben nicht mehr „vor Ort“ im täglichen Leben die Pflicht zur Vorlage entsprechend dezidierter ärztlicher Bescheinigungen – samt Diagnose – normiert ist. Eine andere Frage ist, wie praktisch-sinnvoll es überhaupt ist, Gewerbetreibenden die bußgeldbewehrte Pflicht aufzuerlegen, mit Ihnen kontrahierungswillige potentielle „Maskenverweigerer“ auf das Vorliegen eines hierzu berechtigten Grundes zu überprüfen, ist doch die Zuwiderhandlung gegen entsprechende Pflichten für den Einzelnen schon bußgeldbewehrt und die Überwachung deren Einhaltung eine originär staatliche Aufgabe.

  3. Hans Reinwatz Fri 15 Jan 2021 at 10:40 - Reply

    Mich würde mal interessieren, inwieweit Krankheiten, die einem das Maskentragen unmöglich machen, überhaupt existieren. Genannt werden gelegentlich Lungenkrankheiten, zB COPD. Die Lungenkranken, die mir bis jetzt begegnet sind, würden allerdings trotz gewisser Mühseligkeit den Teufel tun, keine Maske zu tragen, weil sie eine Infektion kaum überleben würden. Angesichts des Umstandes, dass der Sauerstoffanteil der Luft unter der Maske auch nicht merklich niedriger ist, sehe ich auch keinen Anhaltspunkt. Anders mag das vllt bei Hautkrankheiten sein.

    • Lukas Mitsch Fri 15 Jan 2021 at 12:22 - Reply

      Inwieweit Lungenkranke zum Teil keine Maske tragen können, kann ich medizinisch nicht beurteilen. Gesundheitliche Gründe, die dem Tragen entgegenstehen, können aber wohl auch psychischer Natur sein. Bspw. kann es aufgrund eines Traumas unzumutbar sein.

  4. Hako Fri 15 Jan 2021 at 20:36 - Reply

    Das Problem ist in Brandenburg nur ein theoretisches.

    Denn hier wird sich jeder, der keine Maske tragen will, sich auf die Befreiungsvorschrift nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Sars-Cov-2 EindV berufen und sich nicht ein ärztliches Attest (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 Sars-Cov-2 EindV) besorgen.
    (Zumal in Brandenburg ein erheblicher Ärztemangel besteht, der von den Landesregierungen seit Jahren hingenommen wird.)

    Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Sars-Cov-2 EindV sind schwerhörige Personen von der Maskenpflicht befreit.
    Dabei ist der Grad der Schwerhörig nicht näher bezeichnet.
    Es genügt also einfache Schwerhörigkeit, die nicht mal zu einem Grad der Behinderung von 50 oder höher, also einem Recht auf einen Schwerbehinderten-Ausweis führt.
    Da ca. jeder 4. Mensch in diesem Sinne schwerhörig ist, besteht in Brandenburg gar keine Kontrollmöglichkeit bezüglich der Maskenpflicht.

  5. TG Thu 21 Jan 2021 at 14:28 - Reply

    Die Überlegungen, wie der Verordnungsgeber in Brandenburg der OVG-Entscheidung Rechnung tragen könnte, sind theoretisch. Bereits seit dem 9.1.2021 hat die betreffende Regelung folgenden Wortlaut:

    “Das ärztliche Zeugnis nach Satz 1 Nummer 3 muss mindestens den vollständigen Namen und das Geburtsdatum enthalten; im Falle der Vorlage bei Behörden oder Gerichten muss es zusätzlich konkrete Angaben beinhalten, warum die betroffene Person von der Tragepflicht befreit ist. Die oder der nach dieser Verordnung zur Kontrolle befugte Verantwortliche hat Stillschweigen über die erhobenen Daten zu bewahren und sicherzustellen, dass die Kenntnisnahme der Daten durch Unbefugte ausgeschlossen ist. Sofern im Einzelfall eine Dokumentation der Befreiung von der Tragepflicht erforderlich ist, darf die Tatsache, dass das ärztliche Zeugnis vorgelegt wurde, die ausstellende Ärztin oder der ausstellende Arzt sowie ein eventueller Gültigkeitszeitraum des ärztlichen Zeugnisses in die zu führenden Unterlagen aufgenommen werden; die Anfertigung einer Kopie des ärztlichen Zeugnisses ist nicht zulässig. Die erhobenen Daten dürfen ausschließlich zum Zweck des Nachweises der Einhaltung bereichsspezifischer Hygieneregeln genutzt werden. Die Aufbewahrung und Speicherung der erhobenen Daten hat unter Einhaltung der einschlägigen datenschutzrechtlichen Vorschriften zu erfolgen. Die erhobenen Daten sind umgehend zu vernichten oder zu löschen, sobald sie für den in Satz 5 genannten Zweck nicht mehr erforderlich sind.”

    • Lukas Mitsch Thu 21 Jan 2021 at 15:04 - Reply

      Vielen Dank für den Hinweis.
      Die Neuregelung vom 09.01. habe ich übersehen, da ich meine Recherche für den Beitrag bereits am 08.01. abgeschlossen hatte und im Anschluss nicht nochmal die Aktualität der Verordnung überprüft habe. In der Sache wird durch die Neuregelung mE den datenschutzrechtlichen Bedenken des OVG – wie auch hier in den Kommentaren bereits angemerkt – entsprochen. Ich hätte mir – wie bereits gesagt – aber eine Neuregelung gewünscht, nach der auch im Einzelhandel, ÖPNV und bei der Arbeitsstätte ein qualifiziertes Attest vorgelegt werden muss, da ansonsten mE weiterhin die Gefahr besteht, dass in diesen Situationen (die im Alltag wohl die häufigsten sind) auf Gefälligkeitsatteste zurückgegriffen werden kann.

  6. Erkus Sat 20 Feb 2021 at 14:18 - Reply

    Desillusioniert
    Der Artikel und die Kommentare lassen mich an dem Personal unserer Judikative zweifeln. Die Maßnahmen der Rechtsverordnungen entbehren immer wieder einer rechtlichen Grundlage oder versuchen eine solche zu konstruieren. Die Diagnose hat weder den Arbeitgeber, noch die Behörde zu interessieren. Der Schweigepflicht unterliegende Staatsbeamte (oder entsprechende Angestellte) darf eine Diagnose nur interessieren, soweit diese seinen Interessensbereich tangiert, z. B. um Erste Hilfe Maßnahmen einzuleiten (Adrenalinspritze, Beatmung etc.) – darüber hinaus darf nur ein Richter die Diagnose anfordern. Die Verordnungen berufen sich auf Regelungen zu Gutachten. Das Attest ist kein Gutachten! Kosten für Atteste werden von den Krankenkassen übernommen. Gutachten muss der Besteller selber bezahlen. Der Arbeitgeber beauftragt dafür einen Betriebsarzt und bezahlt diesen – auf dem Betriebsarzt-Gutachten hat die Diagnose ebenso NICHTS zu suchen. Genau DAS hat das OVG ja auch klargemacht, denn auch im § 28a IfSG wird “nur” ein Attest gefordert. Entsprechend lassen sich Gefälligkeitsatteste auch mit einer Hausdurchsuchung per Richterbeschluss nicht feststellen, da es sich nicht um Gutachten handelt und eine solche Maßnahme gegen eine Ordnungswidrigkeit unverhältnismäßig ist. Wäre es nicht die Pflicht der Rechtspfleger die Ärzteschaft vor solcherlei Staatsterror zu schützen?

    Gegenfrage als Inhaber einer echten und schwerwiegenden Befreiung: Wer schützt meine Grundrechte und Menschenwürde vor diskriminierenden Teilnahme-/Zutrittsverweigerungen etc? Ist das die Neue Normalität?

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