Das untote Gesetz
Das Zugangserschwerungsgesetz aka “Zensursula” ist inhaltlich ein ziemlich fragwürdiges Stück Verwaltungsrecht. Aber auch prozedural wird die Genese dieses Gesetzes immer sonderbarer. Man muss schon fast an Zombiefilme denken, wo halbverweste Gestalten herumwanken oder weder leben noch sterben können.
Zuerst diese Kompromissformel im Koalitionsvertrag, das Gesetz vorläufig unangewendet zu lassen: Bin ich zwar im Prinzip sehr dafür, aber was soll das eigentlich sein? Wenn das Gesetz gilt und von den Verfassungsorganen in Kraft gesetzt wird, dann gilt es doch, oder nicht? Wo nimmt die Regierung die Befugnis her, geltendes Recht zu suspendieren? Verlangt nicht eigentlich die Verfassung von den Gesetzgebungsorganen, ein Gesetz, das sie nicht in Kraft setzen wollen, nicht in Kraft zu setzen?
Es ist ja auch noch nicht in Kraft, weil von Bundespräsident Köhler noch nicht unterzeichnet und verkündet. Köhler kann, wenn er das Gesetz für verfassungswidrig hält, seine Unterschrift verweigern; dann wäre der Fall wieder klar und die Totengräber könnten zu schaufeln anfangen. Aber das tut er jetzt nach einer SpOn-Meldung auch nicht, sondern bittet die Regierung um “zusätzliche Informationen”.
Na, irgendwann hat das auch ein Ende, und wenn Köhler nicht den Exorzisten macht, dann müssen halt die Ghost Busters aus Karlsruhe ran…
Zum Thema Verfassungsbeschwerde:
Wenn das Gesetz in kraft tritt und per Nichtanwendungserlass nicht umgesetzt wird, muss der Kläger trotzdem innerhalb eines Jahres Verfassungsbeschwerde erheben. Auf die tatsächliche Anwendung kann der Kläger ja gar nicht warten, sonst hat er die Frist des § 93 Abs. 3 BVerfGG versäumt.
Nichtanwendungserlass? Also das, was das BMF immer mit BFH-Urteilen macht, welche nicht genehm sind? Mit Verlaub, lesen Sie doch bitte mal Art. 20 Abs. 3 GG bevor Sie so etwas posten.