Demokratische Tragödie in Sachsen
Es hat Elemente eines Déjà-vu. Gerade einmal ein gutes Jahr ist es her, dass der sächsische Verfassungsgerichtshof sich mit der innerparteilichen Kandidatenaufstellung der AfD und ihren Auswirkungen auf die Zusammensetzung des sächsischen Landtags beschäftigen musste und dabei dem Landeswahlausschuss ein verheerendes Zeugnis ausstellte. Bei der letzten Landtagswahl vor fünf Jahren hatte dieser eine Landesliste der AfD zur Wahl zugelassen, obwohl bei der Kandidatenaufstellung die Grundsätze innerparteilicher Demokratie eklatant verletzt worden waren. Nur mit großem juristischen Begründungsaufwand konnte es das Gericht vermeiden, die sofortige Neuwahl des Landtags anzuordnen.
Vielleicht wollte der Ausschuss aus diesem Debakel lernen, als er vor wenigen Tagen nun überraschend die Liste der AfD für die Landtagswahl am 1. September teilweise zurückwies: Nur eine Teilliste mit 18 Kandidaten wurde zur Wahl zugelassen. Eine zweite Teilliste mit weiteren 43 Kandidaten schloss das Gremium hingegen vom weiteren Wahlverfahren aus. Die Auswirkungen dieser Entscheidung sind gravierend: Erzielt die AfD bei der Wahl ein Zweitstimmenergebnis, nach dem ihr mehr als 18 Sitze zustehen, bleiben die weiteren ihr nach dem Zweitstimmenanteil zustehenden Mandate unbesetzt. Der eigentlich 120 Sitze zählende Landtag würde sich dementsprechend verkleinern, die parteipolitischen Mehrheitsverhältnisse würden sich verschieben, falls die AfD nicht einen Großteil der sächsischen Direktmandate erringen sollte. Weitere Verzerrungen könnten sich durch Überhang- und Ausgleichsmandate ergeben. Glaubt man den aktuellen Umfragen, könnte der Effekt der Entscheidung des Lamdeswahlausschusses jedenfalls erheblich sein. Mit einem derzeit prognostizierten Zweitstimmenergebnis von 26 Prozent würde die AfD regulär etwa 32 Mandate erringen. Fielen 14 davon ersatzlos weg, würde sich die AfD-Fraktion auf fast die Hälfte der Größe reduzieren, die ihr bei proportionaler Mandatsverteilung zustünde. Auch für die anderen Parteien würde diese Verschiebung relevant, weil für die Regierungsmehrheit in diesem Fall nur noch 54 und nicht 61 Mandate gebraucht würden.
Eine Entscheidung mit derart schwerwiegenden Konsequenzen für den Parteienwettbewerb kann nur mit sehr validen rechtlichen Gründen getroffen werden. Umso mehr muss überraschen, wie schmallippig die Argumente tatsächlich ausfallen, mit denen die Zurückweisung des zweiten Teils der AfD-Liste nun öffentlich begründet wird. Für die Mitglieder des Wahlausschusses habe nicht sicher festgestanden, so die Landeswahlleiterin, dass es sich bei den Nominierungsparteitagen der AfD, die jeweils im Februar und März die beiden Teillisten beschlossen hatten, um eine einheitliche Versammlung gehandelt habe. Die entsprechenden Zweifel begründet sie vor allem damit, dass die beiden Parteitage von unterschiedlichen Versammlungsleitern geleitet wurden.
Für den Laien mag diese Erklärung wie eine typische juristische Formalie klingen, eine förmliche Hürde, die für den Außenstehenden vielleicht nicht unbedingt verständlich ist, aber trotzdem nun einmal aus rechtlichen Gründen eingehalten werden muss. Tatsächlich lässt sich ein entsprechendes Verbot, eine Landesliste sukzessive auf zwei getrennten Parteitagen aufzustellen, dem geltenden Recht aber gar nicht entnehmen. Der einzige Anhaltspunkt dafür ist eine Regelung im sächsischen Wahlgesetz, die den Versammlungsleiter bei Einreichung des Vorschlags für den Wahlkreiskandidaten verpflichtet, gegenüber der Wahlbehörde an Eides statt zu versichern, dass bei der Kandidatenaufstellung die gesetzlichen Vorschriften eingehalten wurden. Auf die Einreichung von Landeslisten ist diese Vorschrift entsprechend anwendbar. Nun ist es schon juristisch nicht zwingend, aus dieser Formulierung schließen zu wollen, dass der Versammlungsleiter hier tatsächlich nur eine einzige Person sein kann und die Anforderungen nicht auch durch Einreichung von Erklärungen zweier Versammlungsleiter erfüllt werden können. Vor allem ist die Vorschrift, die von dem Versammlungsleiter spricht, eben auf die Aufstellung von Einzelbewerbern in Wahlkreisen zugeschnitten und damit auf Versammlungen, die schon aus praktischen Gründen nicht in mehrere Sitzungen aufgeteilt werden können, weil nur über eine Person zu entscheiden ist. Auf die Aufstellung von Landeslisten ist diese Vorschrift deshalb auch nicht unmittelbar, sondern nur entsprechend anwendbar, das heißt unter Berücksichtigung der Besonderheiten der andersartigen Kandidatenaufstellung bei einer Liste mit vielen Plätzen. Das praktische Bedürfnis, eine solche Versammlung auch in mehreren zeitlichen Abschnitten durchzuführen, gehört aber zweifellos zu diesen Besonderheiten.
Es ist auch schlicht kein sachlicher Grund erkennbar, warum die Zulassung des zweiten Teils der AfD-Landesliste allein von der spitzfindigen Frage abhängen sollte, ob der Parteitag unterbrochen und fünf Wochen später fortgesetzt oder abgeschlossen und fünf Wochen später die Listenaufstellung auf einem neuen Parteitag wiederaufgenommen wurde. Der wesentliche erkennbare Unterschied zwischen beiden Szenarien besteht nämlich tatsächlich nur in der Neuwahl eines Versammlungsleiters für die zweite Versammlung. Warum aber sollte allein die Wahl eines neuen Versammlungsleiters zur Ungültigkeit der restlichen Listenaufstellung führen? Und müsste dies dann nach der Ansicht des Landeswahlausschusses etwa auch gelten, wenn der Versammlungsleiter aus gesundheitlichen Gründen oder bei sonstiger Verhinderung im Lauf der Sitzung ausgetauscht werden muss? Es ist schwer vorstellbar, was für eine solche Argumentation sprechen sollte.
Zweimal hintereinander hat der Landeswahlausschuss in Sachsen also in Bezug auf die AfD Regeln erdacht, die dem geltenden Wahlrecht fremd sind – im ersten Fall zugunsten der AfD, im zweiten Fall nun zu ihren Lasten. Anlass für Häme gegenüber der AfD oder den Gedanken ausgleichender Gerechtigkeit bietet dieses Verhalten gleichwohl nicht. Denn die Zurückweisung des zweiten Teils der AfD-Liste beschädigt grundlegende demokratische Standards.
Zum einen gibt die Entscheidung des Landeswahlausschusses all den Verschwörungstheorien Nahrung, welche die AfD ohnehin über die sogenannten „Systemparteien“ und vermeintlich korrumpierte staatliche Institutionen verbreitet. Wer für derartige Propaganda anfällig ist, wird sich nun allzu sehr bestätigt fühlen.
Zum anderen droht aber auch eine ernsthafte Destabilisierung der Institution des Landtags in Sachsen. Denn gegen die Entscheidung des Landeswahlausschusses sind vor der Wahl alle rechtlichen Schritte ausgeschlossen. Die einzige Kontrollmöglichkeit ist die Wahlprüfungsbeschwerde, die erst nach der Wahl eingereicht werden kann und auch zunächst nicht bei Gericht, sondern beim Landtag erhoben wird. Schon im Fall der AfD-Listenaufstellung bei der letzten Wahl hat der Landtag dieses Verfahren fast drei Jahre lang verschleppt, so dass die nachfolgende Kontrolle durch den sächsischen Verfassungsgerichtshof erst abgeschlossen werden konnte, als die Wahlperiode schon fast vorbei war. Das Gericht stellte dann zwar fest, dass ein schwerwiegender Fehler im Wahlprozess vorgelegen hatte. Es ordnete aber keine Neuwahl an, weil der Fehler nur ein einzelnes Mandat und nicht die politischen Mehrheitsverhältnisse im Landtag berührt hatte und es die Stabilität des Landtags höher gewichtete als die Korrektur des Rechtsverstoßes.
Eine solche jedenfalls auch politisch motivierte Lösung stünde dem Verfassungsgerichtshof bei der in dieser Sache zu erwartenden Entscheidung nicht zur Verfügung. Er müsste vielmehr entweder den Rechtsverstoß des Landeswahlausschusses bagatellisieren, um das Ergebnis der Landtagswahl aufrecht erhalten zu können, oder aber tatsächlich eine Neuwahl des Landtags anordnen und damit in gewisser Weise allen zuvor getroffenen Entscheidungen nachträglich die Legitimität entziehen. Der Schaden für die Demokratie wird in beiden Fällen beträchtlich sein. Die nicht nachvollziehbare Entscheidung des Landeswahlausschusses bedient den Opfermythos der AfD und spielt denjenigen in dieser Partei in die Hände, die die demokratischen Institutionen ohnehin verachten.
Nachtrag:
Ebenso wenig leuchtet im Übrigen ein, dass der Landeswahlausschuss seine Entscheidung offenbar auch darauf gestützt hat, dass der zweite Parteitag die Kandidaten ab Listenplatz 31 aus Zeitgründen durch Blockwahl nominiert hat. Soweit dies unzulässig gewesen wäre, hätte der Ausschuss ohnehin jedenfalls die ersten 30 Plätze zulassen müssen. Tatsächlich sind aber auch gegen den Übergang zur Blockwahl keine rechtlichen Einwände ersichtlich. Die Blockwahl ist als solche durchaus zulässig. Dass der Wechsel von der Einzelwahl zur Blockwahl hier die Chancengleichheit der Bewerber vermindert hätte, ist nicht erkennbar und ergibt sich jedenfalls nicht einfach schon aus der bloßen Tatsache des Wechsels des Wahlverfahrens für die hinteren Listenplätze. Nicht jede tatsächliche Ungleichheit im Wahlverlauf stellt auch eine Verletzung der Chancengleichheit dar. Sonst könnte man etwa mit gleicher Argumentation behaupten, dass auch der jeweilige Wahlgang zu einer für die Aufmerksamkeit der Delegierten günstigeren oder ungünstigeren Uhrzeit die Rechte der Kandidaten verletze.
Der letzte Absatz fehlte in einer früheren Version des Beitrags. Er wurde nachträglich ergänzt (die Redaktion, 09.07.2019 23:22 Uhr).
Ich hätte dazu noch eine Frage: Als weiteren (hier nicht erwähnten) Fehler der AfD wurde ein Wechsel des Wahlverfahrens genannt. Ich zitiere aus der Pressemitteilung des Landeswahlausschusses:
»Der Landesparteitag im Februar 2019 beschloss für die Listenplätze 1 bis 61, also für alle Listenplätze,die Kandidaten im Einzelwahlverfahren zu wählen.Der Landesparteitag im März 2019 befasste sich erneut mit dem Wahlverfahren und änderte den Beschluss vom Februar ab, sodass ab der Listenposition 31 das Blockwahlverfahren zur Anwendung kam.Die notwendige Chancengleichheit aller Bewerberinnen und Bewerber im Verfahren der Kandidatenaufstellung war nach Ansicht des Landeswahlausschusses damit nicht gegeben.«
Ist das denn keine Begründung, darf man das Verfahren einfach so zwischendurch ändern?
Quelle: https://wahlen.sachsen.de/download/Medieninformation/LWL-17-2019.pdf
Grundsätzlich ist es nicht völlig ungewöhnlich, dass die Aufstellungsversammlung einer Partei erst während des Verfahrens erkennt, dass man zeitlich nicht wie geplant hinkommt, und daraufhin das ursprünglich beschlossene Wahlverfahren ändert. Dabei muss man sicherlich auf manche Dinge achten (z. B. darf man nicht die Vorstellungszeit reduzieren, wenn bei den späteren Wahlgängen auch Personen antreten, die zuvor eine längere Vorstellungsrede halten durften), aber per se unzulässig ist das nicht. Jedenfalls müsste konkret begründet werden, inwiefern die Chancengleichheit nicht gegeben gewesen sein soll. Dass die Landeswahlleiterin es auch vier Tage nach der Entscheidung nicht für nötig hält, eine solche Begründung zu liefern, lässt Schlimmes befürchten.
Das geänderte und als solches nicht beschlossene Wahlverfahren scheint mir das ernsthafteste Argument zu sein und es wundert schon, dass die Landeswahlleiterin da nicht nachgehakt.
Zu dem anderen Versammlungsleiter: müssen wir in Zukunft immer Stellvertreter beim Auftakt der Wahlen bestellen?
Auseinandersetzung mit 21 SächsWahlG, der von *einer* Wahlversammlung zur Aufstellung der Kandidaten spricht, fehlt leider. Es ist bereits andernorts darauf hingewiesen, dass die Forderung nach einer Einheitlichkeit der Versammlung die Gleichbehandlung der Parteimitglieder und damit die innerparteiliche Demokratie schützt. Ohne demokratisch aufgestellte Kandidaten keine demokratische Wahl
Wie ich aus Presseberichten entnommen habe (MDR) war ursprünglich auch nur eine Wahlversammlung geplant. Aufgrund des komplizierten Aufstellungsverfahren dauerte die erste Versammlung jedoch sehr lange, so dass man sich darauf einigte, an einem anderen Tag die Versammlung mit den noch offenen Listenplätzen (ab Platz 19) fortzusetzen. Die AfD hat zunächst über jeden Listenplatz einzeln abstimmen lassen, so dass sich unterlegene Bewerber auch für einen niederrangigen Listenplatz zur Wahl stellen konnten. Also wer z.B. Listenplatz 4 haben wollte, aber in der Abstimmung einem Konkurrenten unterlag, konnte jetzt wieder für den Listenplatz 5 kandidieren. Das Beispiel ist übrigens fiktiv um das Prinzip zu zeigen. Diese gesamte Prozedur war jedoch sehr zeitintensiv und möglicherweise deshalb später nicht mehr angewandt. Das gesamte Verfahren soll aber von beiden Versammlungen durch Beschlüsse gedeckt sein, weil am Ende jeder Versammlung sog. “Heilungsbeschlüsse” gefasst worden sein sollen.
Interessant ist aber, dass die eigentlichen formalen Gründe der Ablehnung eigentlich nie direkt kommuniziert worden sind. Es ist fast immer nur zu lesen, dass die AfD gegen formale Bestimmungen verstoßen hat. Zudem ist die Aufhebung der ersten Wahl möglichweise auch nicht unbedingt im Sinne der AfD gewesen, da sie bei einer Neuwahl Frauke Petry losgeworden wäre und möglicherweise noch mehr Sitze hätte erhalten können.
Weder der Wortlaut noch der Sinnzusammenhang lassen darauf schließen, dass „einer“ hier ausnahmsweise nicht als unbestimmter Artikel, sondern als Zahlwort zu verstehen ist.
Eine Liste von 60 Personen, bei der auf fast jedem Platz mehrere konkurrierende Kandidaten antreten, die allesamt ca. fünf Minuten Vorstellungsrede beanspruchen und überdies noch Fragen beantworten müssen, lässt sich nun einmal nicht an einem Tag aufstellen. Mehrtägige Aufstellungsversammlungen, auch an unterschiedlichen Wochenenden, waren beispielsweise bei den Grünen durchaus üblich, bis man dort irgendwann auf elektronische Wahlverfahren umgestiegen ist (die ihrerseits ja nicht unproblematisch sind).
Dass die fehlende Personenidentität der im Wahlgesetz vorgesehenen maßgeblichen Personen (u. a. Versammlungsleiter sowie Personen, die eine eidesstattliche Versicherung abzugeben haben) Indizwirkung für eine Einordnung als zwei getrennte Versammlungen haben soll, halte ich für absurd. Die naheliegende Begründung für die fehlende Personenidentität wäre doch wohl, dass die betroffenen Personen beim zweiten Termin einfach nicht mehr dabei waren, weil sie z. B. keine Zeit hatten.
Nebulös weist die Landeswahlleiterin ansonsten noch darauf hin, dass im Landeswahlausschuss „Formalien wie etwa Angaben zu den Einladungen, zu den Tagesordnungen, den Teilnehmerzahlen und insbesondere zum Ablauf des Bewerberaufstellungsverfahrens erörtert“ worden seien. Hierüber würde man gerne mehr erfahren.
Und wenn es sich tatsächlich um zwei getrennte, aber jeweils für sich formal korrekte Aufstellungsversammlungen gehandelt hätte, dann hätten dem Landeswahlausschuss ja zwei konkurrierende Landeslisten der AfD vorgelegen, so dass erklärungsbedürftig wäre, warum wegen des Verbots der Doppelkandidatur nicht beide Landeslisten für unzulässig erklärt wurden. Siehe dieses Urteil des Berliner Verfassungsgerichtshofs:
http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal/t/sid/bs/10/page/sammlung.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=KVRE316150303&doc.part=L&doc.price=0.0#focuspoint
Nach Meinung von Schönberger/Schönberger soll es also völlig unschädlich sein, dass eine Liste in mehreren Teilen von zwei unterschiedlichen Parteitagen unter völlig unterschiedlichen Voraussetzungen gewählt werden? Das überzeugt mich nicht.
Das Sächsische Wahlgesetz spricht im entsprechend anwendbaren § 21 schon recht eindeutig von einer Versammlung (Singular), mit einem Versammlungsleiter (Singular) und zwei von der Versammlung gewählten Personen, die den Ablauf (Ort, Art und Zeit der Versammlung, Form der Einladung (singular), Zahl (Singular) der erschienenen Mitglieder und Ergebnis der Wahlen) versichern sollen.
Bei der AfD gab es nun offenbar zwei völlig getrennte Parteitage über nur eine Liste, wobei es keinerlei Zusammenhang der beiden Versammlungen mehr gab. Es gab zwei Einladungen, es gab eine längere Zeitspanne von über einem Monat zwischen den zwei Parteitagen,es gab zwei Versammlungsleiter, es gab zweimal zwei gewählte “Zeugen”, der zweite Parteitag hat das vom ersten Parteitag festgelegte Wahlverfahren zwischenzeitlich geändert und schlussendlich waren die Parteitage auch personell unterschiedlich zusammengesetzt.
Diese Situation ist mit Fällen von mehrtätigen Parteitagen (mit demselben Leiter und Vertrauenspersonen) oder ggf. einem während des Parteitags erkrankten Versammlungsleiter kaum vergleichbar. Es macht wohl auch einen Unterschied, ob ein Parteitag von vorneherein beschließt, das Verfahren für die hinteren Plätze anders (z.B. Blockwahl) zu gestalten oder ob ein zweiter Parteitag in vollig anderer Zusammensetzung die Spielregeln ändert.
Denn so ist hinsichtlich der Bewerber*innen keine Chancengleichheit mehr gegeben.
Was soll eine Partei machen, die mit der Wahl nicht fertig wird?
Der zweite Teil des Parteitags muss organisiert werden und die Einladungen dazu rechtzeitig vorher verschickt werden. Die Aufstellung wäre unwirksam gewesen, wenn der zweite Teil kurz danach stattgefunden hätte.
Wäre es rechtens gewesen, den ersten Teil der Liste zu verwerfen und nochmal am Anfang zu beginnen?
§ 21 Abs. 1 S. 1: Als Bewerber einer Partei kann in einem Kreiswahlvorschlag nur benannt werden, wer in einer Mitgliederversammlung zur Wahl eines Wahlkreisbewerbers oder in einer besonderen oder allgemeinen Vertreterversammlung hierzu gewählt worden ist.
Der Wortlaut spricht gerade nicht von einer “einzigen” Mitgliederversammlung. Und im Gesamtkontext kann man nur ein Regelungsgehalt dahingehend erkennen, welches Organ über die Kandidatenliste entscheiden darf, zumal die organisatorische Durchführung der Partei überlassen bleibt (vgl. Abs. 4 letzter HS: … “sowie über das Verfahren für die Wahl der Bewerber regeln die Parteien durch ihre Satzungen.”).
Hier geht es nicht um Wahlkreisbewerber, sondern um Listenbewerber. Die Vorschriften sind hier nicht unmittelbar, sondern nur entsprechend anzuwenden. Das dürfen Sie nicht einfach ausklammern.
Der § 21 SächsWahlG wird – unmittelbar, ohne Analogie und weitere Nennung eines Absatzes, geschweige eines Satzes – von dem von dem Landeswahlausschuss in ihrer Presseerklärung vom 8.7.2019 angeführt [https://wahlen.sachsen.de/download/Medieninformation/LWL-17-2019.pdf]. Auf die Fragestellung, ob § 21 unmittelbar Anwendung findet oder ob die Aufstellung von Landeslisten so wesentlich ist, dass sie eine spezialrechtlichen Regelung bedarf und sich damit etwa eine analoge Anwendung des § 21 SächsWahlG verbietet, wollte ich weder eingehen noch wollte ich mich diesbezüglich festlegen. Meine Erwiderung ging auf die Auffassung von Pascal ein, § 21 SächsWahlG spräche von einer einzigen Versammlung. Nur in diesem Kontext ist meine Erwiderung zu lesen.
Analog oder nicht – das ganze kann auch dahingestellt bleiben. Wenn das Gesetz in seiner unmittelbaren Anwendung mehrere Versammlungen zulässt, dann sind auch analog mehrere Versammlungen zulässig.
Zitat: „Hier geht es nicht um Wahlkreisbewerber, sondern um Listenbewerber. Die Vorschriften sind hier nicht unmittelbar, sondern nur entsprechend anzuwenden“
Doch, §27 Abs. 5 SächsWahlG (zu Landeslisten) verweist explizit auf §21 (Aufstellung von Parteibewerbern).
Als Schweizer musste ich beim letzten Satz lachen.
Repräsentative Demokratie ist wie gepanschter Wein.
In einer echten Demokratie kann man jeden Mitbürger wählen der alt genug ist.
Die Schweiz ist also erst seit 1990 “echte Demokratie” in Ihrem Sinne?
21 SächsWahlG betrifft die Aufstellung von Einzelbewerbern in Wahlkreisen
Die Stellungnahme wirkt leider etwas “opferanwaltlich”, weil sie sich z.B. nicht mit Fragen wie etwa dem unverzüglichen Mängelschreiben des Landeswahlausschusses und wohl nicht erfolgten Reaktion der AfD belastet (vgl. https://www.wahlen.sachsen.de/download/Medieninformation/LWL-17-2019.pdf).
Andererseits aber schwerer wiegt, dass auf den materiellen Gehalt nicht vertieft oder positionsübegreifend eingegangen scheint, soweit vor allem die Funktion des einheitlichen Parteitags als kommunikativ-deliberative Plattform einer (vereins- und öffentlichrechtlich) _einheitlichen_ (Vor-)Wahlentscheidung und manipulationsfreien Gesamtmeinungsbildung über die Liste, und anderseits den formalen Anforderungen zu dessen Absicherung als Wahlvorfeld, namentlich in der Rspr. des BVerfG (man denke nur bspw. an BVerfGE 89, 243) nicht vertieft eingegangen wird. So bleibt ein etwas unbefriedigendes und “unvollkommenes” Bild beim Betrachter, das so jedenfalls einige Rückfragen hervorrufen kann. Insofern könnte sich auch die Frage stellen, auf welcher Seite der Begriff der “Bagatellisierung” in den Raum zu führen wäre, der sicher abr richtigerweise hier gänzlich zu vermeiden ist – nicht zuletzt im hinblick auf die bereits genannte Entscheidung des BVerfG, deren Begründung und Facetten höchst lesenswert bleiben.
„Wohl nicht erfolgte Reaktion“? In dem verlinkten Dokument steht doch ausdrücklich, dass am 25.6. und 27.6. Unterlagen nachgereicht wurden.
Außerdem wird dort erwähnt, dass die AfD zunächst mehr als zwei Vertrauenspersonen benannt hatte. Dies wäre in der Tat ein fataler Formfehler. Da er im Rahmen der Entscheidung des Landeswahlausschusses aber nicht mehr erwähnt wird, kann man wohl davon ausgehen, dass dieser Fehler von der AfD fristgerecht geheilt wurde. Auch dies spricht dagegen, dass es seitens der AfD „wohl keine Reaktion“ auf das Mängelschreiben der Landeswahlleiterin gegeben habe.
ernsthaft? erst werden vier personen als vertrauenspersonen genannt (und haben wohl auch unterschrieben) – und dann, auf einmal, als “heilung”, gibt es doch wieder nur zwei vertrauenspersonen?
diese vertrauenspersonen werden von einer versammlung gewählt! die kann man nicht einfach nur mal benennen oder “nachschieben”. wer also von den vier vertrauenspersonen hat eine falsche, eidesstattliche versicherung abgegeben. mein tipp: keine von ihnen. sie wurden jeweils auf den parteitagen gewählt. upps, seit wann gibt es mehr als zwei vertrauenspersonen, die die korrektheit der aufstellung bezeugen müssen? bisher nicht. nur in der afd welt. folge: zwei parteitage mit zwei komplett verschiedenen listen. welche ist nun die korrekte? war nett vom landeswahlausschuss, eine für zu rechtens zu erklären…
Die ursprüngliche Behauptung der Landeswahlleiterin, sie habe ein Mängelschreiben an die AfD versendet und dann bis zum Ende der Einreichungsfrist nichts mehr von der AfD gehört, hat sie zwischenzeitlich selbst als Lüge eingeräumt. In der SPD-eigenen LVZ gibt sie inzwischen zu, dass “in Folgeterminen am 25. Juni 2019 und am 27. Juni 2019 von der Partei zahlreiche weitere Unterlagen eingereicht wurden. Teile der Mängel wurden durch diese nachgereichten Unterlagen behoben. In allen Terminen fanden umfassende Erörterungen zur Sach- und Rechtslage zwischen den Vertretern der Partei und dem Büro der Landeswahlleitung statt.” Das ist ja wohl doch das Gegenteil von “nichts gehört”.
Wenn in diesem Blog, der durchaus juristische Wertschätzung erfährt, das entscheidende Argument des Landeswahlausschusses, die Veränderung des Wahlverfahrens in der 2. Versammlung, die einen Eingriff in die zwingend geforderte Gleichbehandlung der Kandidaten darstellt, keine Würdigung ferfährt, so muss man dem Beitrag ein Maß an Oberflächlichkeit bescheinigen, die der Qualifikation der Autorin nicht würdig erscheint.
Eher als die Personenidentität der Versammlungsleitung erscheint mir letztlich von Bedeutung, dass die Teilnehmer der ersten Versammlung beschlossen haben, alle Listenplätze im Einzelwahlverfahren zu bestimmen, auf der zweiten Versammlung dann aber beschlossen wurde, ab Platz 31 das Blockwahlverfahren einzusetzen. Zugleich sind in der Zwischenzeit fünf Wochen vergangen, in denen sich die Zusammensetzung der wahlberechtigten Mitglieder durchaus erheblich hätte ändern können.
Es ist bekannt, dass die Blockwahl das Wahlrecht einschränkt, weil die Möglichkeit wegfällt, jeden einzelnen Kandidaten zu wählen bzw. nicht zu wählen (siehe zum Vereinsrecht etwa BayObLG FGPrax 2001, 82; KG Rpfleger 2012, 550). Dass das Verfahren bei der Aufstellung von Landeslisten akzeptiert wird, ist eine Sache. Aber die Teilnehmer der 1. Versammlung haben die Plätze 1-18 in der Annahme besetzt, dass sie die weiteren Plätze ebenfalls einzeln besetzen können. Beispiel: Kandidat X hätte aus der Sicht eines Teilnehmers der 1. Versammlung ja möglicherweise Chancen gehabt, einzeln auf einen der hinteren Plätze gewählt zu werden, weswegen er auf den vordersten Plätzen noch nicht zum Zuge kam. Die von der 1. Versammlung möglicherweise erheblich abweichende 2. Versammlung hätte die Chancen von X dann aber zunichte machen können, indem sie über ihn als Teil eines Blocks mit dem umstrittenen Kandidaten Y entscheidet. Dies war für die Teilnehmer der 1. Versammlung nicht absehbar (sie hätten X dann möglicherweise auf Position 18 plaziert) und auch nicht abwendbar, weil sie bei der Abstimmung über die Änderung des Wahlverfahrens auf der 2. Versammlung möglicherweise nicht mehr über denselben Einfluss verfügten.
Welche Folge man daraus ableitet, sei mal dahingestellt.
Die hier beschriebene Ausprägung des Blockwahlverfahrens, bei der man nicht die Möglichkeit hat, für oder gegen einzelne Kandidaten zu stimmen, wäre schon für sich genommen sehr bedenklich. Der Schreiber hält sie für unzulässig (Rdnr. 21b zu § 27). Seitens der Landeswahlleiterin gibt es aber bisher keinerlei Andeutungen, dass die AfD ein solches Verfahren angewandt hätte.
In der Wahlordnung der AfD ist unter § 6 Absatz 3 ein Blockwahlverfahren beschrieben, für das diese Bedenken nicht gelten:
https://www.afd.de/wp-content/uploads/sites/111/2018/09/AfD-Wahlordnung-Stand-vom-1.-Juli-2018.pdf
Ich kann auch nicht erkennen, welche gravierenden Gleichheitsprobleme sich auftun sollen, wenn erst während der Versammlung auf ein solches Verfahren umgestellt wird.
Erneut ist zu konstatieren, dass wir uns im Bereich der Spekulation bewegen müssen, weil die Landeswahlleiterin noch immer wesentliche Informationen der Öffentlichkeit vorenthält.
§ 6 Abs. 3 S. 1: “Vor dem Beginn der Wahl beschließt die Versammlung, ob und ggf. welche Positonen in einem oder mehreren Blöcken gewählt werden.”
Damit ist die Blockwahl auch hinsichtlich einzelner Positionen (etwa Listenplätze 19-61) ausdrücklich zugelassen, allerdings nur vor Beginn der Wahl.
Woher nimmt der Wahlausschuss aber die Kompetenz, Satzung und Wahlordnung von Parteien und deren Einhaltung zu überprüfen (über “das Nähere” im Sinne von § 21 Abs. 4 Wahlgesetz hinaus)?
“Ereignen sich hingegen bei der Kandidatenaufstellung der Parteien Verstöße gegen Regeln, die nach diesem Maßstab [Kernbestandes an Verfahrensgrundsätzen eines demokratischen Wahlvorgangs] nicht elementar sind, so berührt dies die Voraussetzung einer “Wahl” im Sinne des § 21 Abs. 1 BWahlG nicht und scheidet daher von vornherein als Wahlfehler aus.” (BVerfG 2 BvC 2/91).
Zum einen scheint Ihnen das Gruppenwahlverfahren nicht bekannt zu sein. Demnach entscheidet die auf die einzelnen Kandidaten entfallende Stimmenzahl über die Reihenfolge und Wahl bzw. Nichtwahl der Kandidaten. In Ihrem Beispiel hätte also sehr wohl auch in der Gruppenwahl Kandidat X anstatt Y gewählt werden können. Zum anderen hätte nach Ihrer Ansicht die 2. Versammlung nicht darüber entscheiden dürfen, das Wahlverfahren auf Gruppenwahl umzustellen. Einmal angenommen, ein solcher Antrag wäre auf der 2. Versammlung gestellt worden und der Versammlungsleiter hätte den Antrag mit dieser Begründung gar nicht zur Abstimmung gestellt. Meinen Sie, der Landeswahlausschuss hätte darin keine Verletzung der demokratischen Wahlgrundsätze gesehen?
Sind den Autor*innen die first-hand-accounts über die beiden AfD-Aufstellungsversammlungen durch den Korrespondenten Kai Kollenberg (Freie Presse Chemnitz; Herr Kollenberg war fast die ganze Zeit in Markneukirchen anwesend) bekannt?
https://www.freiepresse.de/nachrichten/sachsen/interner-streit-um-landesliste-bestimmt-parteitag-der-afd-artikel10442603
https://www.freiepresse.de/nachrichten/sachsen/afd-waehlt-stunde-um-stunde-tag-um-tag-artikel10470899
https://www.freiepresse.de/nachrichten/sachsen/die-afd-und-das-wahl-chaos-von-markneukirchen-artikel10557246
Da entstehen doch auch materiellrechtliche Fragen – es geht beileibe nicht “nur” ums “Formale”.
Angesichts fehlender Aktenkenntnis hätte man sich mindestens eine Auseinandersetzung mit den Feststellungen in der Pressemitteilung der Landeswahlleiterin gewünscht.
https://wahlen.sachsen.de/download/Medieninformation/LWL-17-2019.pdf
Die Bewertungen der Vorgänge durch die Autor*innen scheinen mir gerade vor dem Hintergrund fehlender Aktenkenntnis mindestens vorschnell.
Schade!
Mir scheint, dass der Beitrag die Bedeutung der verkürzten Landesliste überschätzt: Die Plätze auf der Landesliste kommen ja erst zum Zuge, nachdem alle Direktmandate vergeben sind. Wenn die AfD nach Zweitstimmen – wie oben angenommen – tatsächlich 32 Mandate erringen sollte, dann reichen die 18 Personen auf der Landesliste aus, um alle Mandate zu besetzen, sofern die AfD nur 14 der insgesamt 60 Direktmandate – also nicht mal ein Viertel – erringen kann. Da dafür wie im Bund die relative Mehrheit im Wahlkreis ausreicht, ist dies mehr als wahrscheinlich, um nicht zu sagen quasi sicher, denn die AfD dürfte je nach Umfrage stärkste oder zweitstärkste Fraktion werden und demnach auch eine erhebliche Anzahl Erststimmen auf sich vereinigen.
Zum Wahlrecht Sachsens vgl.
https://www.landtag.sachsen.de/de/mitgestalten/wahlen/wahlverfahren-147.cshtml
Es liegt angesichts der Umfrageergebnisse sogar nicht fern anzunehmen, dass die AfD mehr als die Hälfte der Direktmandate erringen könnte. Dann entstünden Überhangmandate, und die kurze Liste würde sich überhaupt nicht auswirken.
Der Beitrag der Eheleute Schönberger geht daher m.E. bei der doch arg dramatisierenden politischen Bewertung der Entscheidung von falschen Prämissen aus.
Das Problem dürfte sein, dass die Teilnehmer der ersten Plätze der Landesliste auch zum Teil Direktkandidaten sind.
Wenn die AfD knapp die Hälfte die Wahlkreise direkt gewinnen würde, hielte sich ihr Schaden tatsächlich in Grenzen. Aber: Bis zur Wahl wird sich in den wackligen AfD-Wahlkreisen herumsprechen, dass eine Direktstimmen-Niederlage der AfD zu einem Mandatsverlust der AfD führen würde. Das ist eine völlig andere Situation als sonst, wo bei einem AfD-Wahlkreissieg lediglich ein AfD-Listenkandidat durch einen AfD-Wahlkreiskandidaten ausgetauscht wird. Von daher ist überhaupt noch nicht absehbar, in welchem Maße diese Situation zu taktischem Wahlverhalten bei der Direktstimme (im Bund „Erststimme“ genannt) führen wird. Es könnte jedenfalls durchaus die Konsequenz haben, dass die AfD deutlich weniger Wahlkreise als bisher erwartet gewinnt und die 18 Listenkandidaten (abzgl. der gleichzeitigen Wahlkreissieger) bei weitem nicht ausreichen, um alle AfD-Sitze zu besetzen.
Gegen den Erfolg einer solchen Strategie spricht eigentlich nur, dass die Anti-AfD-Wähler in den meisten betroffenen Wahlkreisen ihre Direktstimme der CDU geben müssten, was wiederum zu Überhangmandaten der CDU führen würde. Und Sachsen gehört zu den wenigen Ländern, in denen Überhangmandate nicht vollständig durch Ausgleichsmandate ausgeglichen werden, so dass die CDU ganz erheblich von dieser Taktik profitieren würde.
Leider werden die anderen Parteien es verstehen, nach “Görlitzer Art” erfolgreiche Blaue Direktkandidaten zu verhindern. Das Projekt “Stärkste Kraft” ist damit gestorben.
Jüngste Erhebungen sehen die AfD bei 28 und die CDU nur noch bei 24 Prozent ! Jezt erst recht !
Joa, mir ist eigentlich extrem Wumpe, wie Faschisten in den Parlamenten verhindert werden. Das Verhindern ist die Hauptsache. Das bürgerliche Aufjaulen über die dafür verwendeten Mittel ist da nicht mehr als eine Demonstration des weißen, bürgerlichen Privilegs, nicht (oder zumindest nicht als erstes) Opfer von Faschisten an der Macht zu werden.
Hier mal eine Zusammenfassung des MDR, der auch etwas mehr Licht in die Abläufe der Aufstellungsversammlungen bringt:
https://www.mdr.de/nachrichten/politik/regional/kuerzung-afd-landesliste-sachsen-100.html
Das Problem, das ich mit der Entscheidung des Landeswahlausschusses habe, ist, dass er keine umfassenden Sachverhalt darstellt, auf dessen Grundlage man sich ein eigenes Urteil bilden kann. Auch die Kommentare zeigen, dass wir uns derzeit vor allem im Bereich von Vermutungen bewegen.
Im Hinblick auf die große Bedeutung von Wahlen in einer Demokratie und der Folgen der Entscheidung erwarte ich eigentlich eine ausführliche Begründung mit einer umfassenden Sachverhaltsdarstellung und rechtlichen Bewertung.
Die Landeswahlleiterin hat gestern eine umfassende Information herausgegeben, in der auch noch mal auf die Mängel eingegangen wird: https://wahlen.sachsen.de/download/Medieninformation/LWL-17-2019.pdf
Da steht letzlich keine nachvollziehbare juristische Begründung drin. Ganz im Gegenteil. Die Landeswahlleiterin versucht krampfhaft, eine solche (letztlich auch nicht mögliche) Begründung zu vermeiden und auf Allgemeinfloskeln auszuweichen.
Es ist sehr ärgerlich, dass hier auf Basis offensichtlich nur sehr oberflächlicher Kenntnis des Sachverhalts eine meinungsstarke Position verfasst wurde. Nun ist die Sachverhaltsunkenntnis den Autoren nicht anzulasten – anders als bei Gerichtsurteilen veröffentlichen Wahlausschüsse eben keine umfassenden schriftlichen Entscheidungsbegründungen – aber etwas mehr Zurückhaltung wäre schon angebracht, wenn man nicht selbst bei der Sitzung des Wahlausschusses anwesend war.
In der Sache ist ein Punkt herauszuheben: Der zentrale Angelpunkt der Entscheidung ist die Feststellung des Ausschusses, dass es sich bei den beiden Aufstellungsversammlungen, die an einem Feburarwochenende (3 Tage) und an einem Märzwochenende 5 Wochen später (erneut 3 Tage) stattgefunden haben, um zwei getrennte statt der gesetzlich geforderten einen einheitlichen Veranstaltung gehandelt hat. Dass das Gesetz eine einheitliche Versammlung fordert, wird übrigens auch von der AfD bisher nicht bestritten, die Position der Partei ist vielmehr, dass diese 2×3 Tage eine einheitliche Veranstaltung waren. Dagegen spricht aus Sicht des Ausschusses eine Vielzahl von Indizien, wobei es nicht das eine, entscheidungstragende Indiz gibt. So ist die “zweite Veranstaltung” (so hat der AfD-Landesvorsitzende unklugerweise mehrfach den Märzparteitag bezeichnet) gesondert einberufen worden. Da es sich nicht um eine Delegierten-, sondern eine Mitgliederversammlung handelte, ist bei 5 Wochen Differenz auch ein vollständig anderer Teilnehmerkreis anzunehmen. Die zweite Veranstaltung hat sich dann neu konstituiert, durch Wahl einer neuen Versammlungsleitung (die Versammlungsleitung der ersten Veranstaltung war bei der zweiten nicht einmal zugegen), Wahl neuer Personen zur Versicherung an Eides statt, Wahl neuer Schriftführer, Beschluss einer Tages- und einer Geschäftsordnung. Wer schon einmal einen mehrtägigen Parteitag erlebt hat, weiß, dass bei einem solchen nicht jeden Tag eine Neukonstituierung stattfinden, sondern nur einmal zu Beginn des Parteitages. Schließlich wurde dann auf der zweiten Veranstaltung auch noch ein neues Wahlverfahren beschlossen. Die AfD konnte hingegen als einziges (I kid you not!) Indiz für eine einheitliche Versammlung vorweisen, dass bei der zweiten Versammlung die auf der ersten Versammlung gewählten 18er Liste auf Monitoren eingeblendet wurde. Selbst die Nachfrage, ob es am Ende der zweiten Veranstaltung wenigstens eine Schlussabstimmung über die gesamte Liste gegeben hat, musste die AfD verneinen.
Schließlich muss man noch wissen, dass die AfD von der Problematik wissen musste: Neben der Causa Samtleben 2014, bei der die AfD vom SächsVerfGH einen schweren Wahlfehler attestiert bekam, hat die sächsische AfD bereits bei der Aufstellung der Liste zur Bundestagswahl 2017 genau die gleiche Situation produziert wie in diesem Jahr. Seinerzeit hatte man sich aber rechtzeitig an die Landeswahlleitung gewandt und dann – in den Worten der damaligen Landesvorsitzenden Petry “um auf Nummer sicher zu gehen” eine erneute Versammlung einberufen, die einen Beschluss über die gesamte, vorher in Teilen erstellte, Liste gefasst hat. Insofern wäre erwartbar gewesen, dass die AfD in diesem Jahr nach dem Sitzungsabbruch im Februar, spätestens aber nach Ende der zweiten Versammlung Ende März, Kontakt mit der Wahlleiterin aufnimmt, um die Situation zu klären. Stattdessen hat man fast 3 Monate verstreichen lassen, zwei Wochen vor Fristende Unterlagen eingereicht, die von AfD-Vertretern später selbst als “Entwurfsfassung” bezeichnet wurden und noch eine Handvoll weiterer Mängel aufwiesen und dann natürlich keine Möglichkeit mehr hatte, die begangenen Fehler zu heilen.
Nachdem doch nun klar ist, dass die Landeswahlleiterin das Recht zumindest falsch angewandt hat, wenn nicht sogar gebeugt hat, weil es bei entsprechender Anwendung der Vorschrift auf Listenwahlen ganz klar zu konstatieren ist, dass der Wahlparteitag über mehrere nicht zusammenhängende Tage gehen darf und dabei auch die Versammlungsleitung wechseln darf, ist die Frage, ob die Fehlentscheidung des Landeswahlausschusses nicht unbedingt vor den Wahlen gerichtlich korrigiert werden sollte, um teuere Neuwahlen zu verhindern. Das sächsische Wahlgesetz sieht keinen Rechtsbehelf vor. Wie sind die Chancen der AfD, noch vor den Wahlen im Rahmen einer einstw. Anordnung durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit zu ihrem Recht zu kommen und dadurch diesen Schaden am demokratischen Rechtsstaat wenigstens einigermaßen zu heilen
Ich finde nicht, dass bereits Klarheit herrscht. Unabhängig davon sind die Chancen der AfD, die Entscheidung des Landeswahlausschusses noch vor der Wahl zu kippen, äußerst gering.
Christian Rath meint zwar, der Verfassungsgerichtshof sollte auch bei geltender Rechtslage einen entsprechenden Eilantrag der AfD als zulässig bewerten:
https://taz.de/Kommentar-AfD-Liste-Sachsen/!5605956/
Noch 2014 hatte der Verfassungsgerichtshof aber bekräftigt, dass derartige Wahlfehler erst im Nachhinein durch eine Wiederholungswahl korrigiert werden können:
https://www.justiz.sachsen.de/esaver/internet/2014_056_IV/2014_056_IV.pdf
In Berlin hat man aufgrund dieser Problematik dem dortigen Verfassungsgerichtshof ausdrücklich das Recht eingeräumt, derartige Fehler noch vor der Wahl zu korrigieren:
http://gesetze.berlin.de/jportal/?quelle=jlink&query=VerfGHG+BE+%C2%A7+42a&psml=bsbeprod.psml&max=true
In Sachsen gibt es so eine Regelung aber nicht.
Zur Causa Samtleben ließe sich noch ergänzen, dass Landeswahlausschuss und Landeswahlleiter damals auf ganzer Linie versagten, weil ihnen alle relevanten Informationen vorlagen, sie aber aufgrund einer irrigen Rechtsauffassung eine völlig falsche Entscheidung trafen.
Natürlich ist es megadumm, nach so einer turbulenten Listenaufstellung nicht frühzeitig Kontakt zur Landeswahlleiterin aufzunehmen.
Grundsätzlich muss es einer Partei aber möglich sein, eine Aufstellungsversammlung einige Wochen später fortzusetzen, wenn man es nach drei Tagen nicht geschafft hat, alle Plätze zu besetzen. Die fehlende Personenidentität hinsichtlich Versammlungsleitung, eidesstattlicher Versicherungen und Teilnehmenden halte ich grundsätzlich für unbeachtlich, weil das jeweils zwangsläufige Folge einer Vertagung ist.
Somit bliebe noch die unnötige Neukonstituierung zu Beginn des zweiten Wochenendes. Aber das finde ich etwas dürftig, um eine getrennte Versammlung anzunehmen. Offensichtlich hat man doch am zweiten Wochenende mit der Aufstellung von Platz 19 weitergemacht, ohne dass irgendjemand Anlass hatte anzunehmen, es würde wieder komplett von vorne bei Platz 1 losgehen.
Niemand bestreitet, dass die Partei die Möglichkeit hatte, die Versammlung fortzusetzen. Das Problem ist, dass sie nicht fortgesetzt hat, sondern bspw. durch Neukonstituierung, Neubestimmung der Versammlungsleitung und Wechsel des Wahlverfahrens zum Ausdruck gebracht hat, dass es sich um eine andere Versammlung handelt. Zumal vollkommen klar sein muss, dass ein Versammlungsleiter, der bei derersten der beiden Versammlungen gar nicht da war, nicht an Eides Statt versichern kann, dass da alles korrekt gelaufen ist. Aber genau das verlangt das SächsWahlG. Selbst Urban hat im Ausschuss ständig von “zweiter Versammlung” gesprochen. Denen war der Fehler also durchaus bewusst. Nur geheilt haben sie ihn eben nicht mehr.
Eine Neubestimmung der Versammlungsleitung kann auch bei einer eintägigen, ununterbrochenen Versammlung erfolgen, wenn der Versammlungsleiter plötzlich unpässlich wird oder man für unfähig hält. Auch ein Wechsel des Wahlverfahrens ist bei einer eintägigen, ununterbrochenen Versammlung denkbar, wenn man feststellt, dass man mit dem ursprünglich beschlossenen Verfahren zeitlich nicht hinkommt.
Unabhängig davon, ob eine Neubestimmung der Versammlungsleitung und ein Wechsel des Wahlverfahrens zulässig sind, sind diese Umstände daher jedenfalls nicht dafür geeignet, um die Fiktion einer „anderen Versammlung“ begründen zu können.
Die zweite Versammlung wurde einberufen, nachdem die erste Versammlung nach drei Tagen und Listenplatz 18 unterbrochen werden musste. Bei der zweiten Versammlung hat man dann ab Platz 19 weitergemacht. Was soll die zweite Versammlung also anderes sein als die Fortsetzung der ersten Versammlung innerhalb eines einheitlichen Listenaufstellungsverfahrens?
Es ist ja offenbar grundsätzlich durchaus möglich, eine Wahlversammlung an mehreren Tagen fortzusetzen. Man kann auch eine Versammlung so gestalten, dass alle Einzelwahlen zunächst nur einen Vorschlag erstellen, über den dann in einer Schlussabstimmung formal und verbindlich abgestimmt wird – die Grünen lassen z.B. so zum Teil alle Mitglieder ungeachtet der wahlrechtlichen Vorschriften über ein Meinungsbild abstimmen, bevor am Ende die rechtsgültige (Schluss-) Abstimmung entsprechend der Wahlgesetze stattfindet.
Die AfD hat es ja wie von anderen bereits geschrieben offenbar selbst schon einmal hinbekommen, die auf einer ersten Versammlung aufgestellte (Teil-)Liste auf der zweiten Wahlversammlung zu bestätigen. In funktionierenden Parteien wäre das eine reine Formsache, auch wenn natürlich das Risiko besteht, die schon “gewählten” Plätze bei so einer Bestätigungswahl nochmal neu aufzumachen.
Warum diese Möglichkeit zur Heilung diesmal nicht genutzt wurde muss man die AfD fragen. Sie wird schon ihre Gründe gehabt haben…
Das wichtigste Signal, welches der sächsische Wähler als Antwort auf diese Entscheidung geben sollte, ist eine überragendes Zweitstimmenergebnis für Blau (gegen 30 Prozent) bei gleichzeitig spürbarer Distanzierung von Schwarz ! Leider können alle AfD-Sympathisanten den Erststimmen-Erfolg nur bedingt beeinflussen.
Ist eigentlich bekannt, welches Mitglied des Wahlausschuß-Gremiums FÜR die Zulassung der gesamten AfD-Liste gestimmt hatte ? Und mit welcher Begründung ?
Meines Wissens nicht. Aber da die AfD selbst ein Mitglied des Wahlausschusses stellt, liegt es sehr nahe, dass dieses die Ja-Stimme abgegeben hat.
Meines Wissens nach gab es keine Stimme für die Zulassung, sondern nur 6 dagegen und eine Enthaltung
Fünf dagegen und eine Enthaltung.
Je eindrucksvoller das AfD-Zweitstimmenergebnis ausfallen wird, desto höher wird bei etwaiger späterer Anfechtung die Hemmschwelle sein, die damit eintretende Verfälschung des Wählerwillens tatsächlich zu ignorieren !
Ein Wahlausschuss ist kein Gericht, das scheint der eine oder andere Jurist zu verwechseln.
Auch wird niemand bestraft oder zu Schadensersatz verurteilt, es geht lediglich darum die Wählbarkeit und den Wählerwillen festzustellen und die Voraussetzungen zu prüfen, die zur Zulassung notwendig sind.
Durch Spitzfindigkeiten die Zulassung zur Wahl zu verhindern, ist nicht Sinn eines Wahlausschusses.
Die Fortsetzung von Parteitagen zu einem anderen Datum ist ein normaler Vorgang dort, wo Kandidaten ausreichend Raum zur Darstellung gegeben wird. Der zeitliche Abstand ist schon wegen der Ladungsfristen (14 Tage) und der Planung der Teilnehmer erforderlich.
Der Wählerwille der AfD Mitglieder ist eindeutig. Widerspruch durch einen Kandidaten oder Benachteiligung gibt es nicht.
Die Lise wurde in freier und fairer Wahl, und zwar fairer und mit mehr Aufwand zur Selbstdarstellung der Kandidaten als bei jeder anderen Partei gewählt.
Demokratisch also mustergültig. Das Problem mit Wahlausschüssen ist, dass Wettbewerber über die Zulassung entscheiden.
Das ist als wenn vor Gericht der Täter Recht spricht. Vielleicht macht dies Juristen klarer, dass ihre juristischen Dehnübungen unangebracht sind, weil die Verhältnisse und der Sinn der Sitzung nicht den Voraussetzungen eines Gerichtsverfahrens entsprechen.
Aber seis drum, während in Gerichtsverfahren gilt: “In Dubio pro Reo”, scheint hier eher “In Dubio contra Reo” das Motiv.
Und nochmal: Das ist nicht Aufgabe des Ausschusses!
Der hat zu prüfen ob es sich um eine Partei mit vollständigem Vorstand und einem Programm handelt, das der Wahl entspricht.
Ob ausreichend Unterstützung im Volk vorhanden ist, was durch Unterstützungsunterschriften oder durch eine bereits erfolgreiche Wahl belegt wird.
Ob es begründeten Widerspruch gegen die Teilnahme oder gegen die Liste gibt usw. Er hat nicht die Aufgabe Sachverhalte wie ein Kaninchen aus dem Hut zu zaubern, sondern wohlwollend im Sinne des Wählerwillens zu prüfen.
Während die Listenwahl demokratisch einwandfrei war, ist weder die Ausschusszusammensetzung noch die Entscheidung, noch wird der künftige Landtag demokratisch einwandfrei sein und er wird nicht und das ist der Sinn der ganzen Übung einer Wahl, dem Wählerwillen entsprechen.
Die Behauptung, parteiliche Mitbewerber würden über den Wahlausschuss de facto Konkurrenz entsorgen, ist Unfug. Niemand bestreitet, dass die Partei die Möglichkeit hatte, die Versammlung fortzusetzen. Das Problem ist, dass sie nicht fortgesetzt hat, sondern bspw. durch Neukonstituierung, Neubestimmung der Versammlungsleitung und Wechsel des Wahlverfahrens zum Ausdruck gebracht hat, dass es sich um eine andere Versammlung handelt. Selbst Urban hat im Ausschuss ständig von “zweiter Versammlung” gesprochen. Denen war der Fehler also durchaus bewusst. Nur geheilt haben sie ihn eben nicht mehr.
Ach , Herr Dudzak, machen Sie sich mit Ihren Spitzfindigkeiten doch nicht weiter lächerlich: “Selbst Urban hat im Ausschuss ständig von “zweiter Versammlung” gesprochen. Denen war der Fehler also durchaus bewusst.” Natürlich war es die zweite Versammlung dieser einen Wahlaufstellungsversammlung im Sinne des Sächsischen Wahlgesetzes.
So eindeutig, wie Sie das schildern, ist das ja nun wahrlich nicht. Zu der zweiten Veranstaltung wurden erneut alle Mitglieder der Partei geladen, nicht nur die Teilnehmer der ersten Veranstaltung. Es gab einen anderen Versammlungsleiter, andere Zeugen und damit keine Identität der maßgeblichen Personen, teilweise ein anderes Wahlverfahren etc.
Das sind alles Umstände, die schon zuvor im juristischen Schrifttum als Indizien dafür benannt wurden, dass es sich nicht lediglich um die Fortsetzung der früheren Veranstaltung handelte.
Der Artikel hat mehrere Schwachstellen, wenn er fragt, wie so eine “Formalie” dazu führen kann, dass weite Teile der Liste gestrichen werden. Zum Beispiel:
a) Was passiert, wenn der Versammlungsleiter nicht anwesend sein kann bei einer zweiten Veranstaltung? Plötzliche Abwesenheit durch Krankheit oder ähnliches? Das ist eben kein Argument, denn dann unterschreibt einfach: Der stv. Versammlungsleiter. Wenn die Versammlung einen solchen bestimmt und der Versammlungsleiter nicht da ist bei der zweiten Veranstaltung, dann kann diese Person einspringen und gemeinsam mit den ebenfalls (im Nachhinein zu bestimmenden und nicht zu wählenden) Personen an Eidesstatt versichern, dass die Versammlung formal korrekt abgelaufen ist. Das gesetzt schreibt die Unterschrift dieser drei Personen unter der Liste vor. Mehrere VersammlungsleiterInnen für getrennte Veranstaltungen sind nicht vorgesehen. Wie auch, sie sollen das rechtmäßige Zustandekommen DER GESAMTEN LISTE bezeugen, denn der Landeswahlausschuss muss nach Aktenlage entscheiden, weil er selbst nicht auf der Veranstaltung anwesend ist.
b) Es ist eben nicht nur dieser Verstoß. Entscheidend ist auch, dass zur Beschleunigung des Verfahrens auf der zweiten Versammlung bei der Konstituierung (die gar nicht notwendig wäre, wenn es “nur” eine Fortsetzungsversammlung wäre) ein anderes Wahlverfahren gewählt wurde. Das allerdings verneint die Frage, ob es tatsächlich für alle transparent und die geleich Möglichkeit gab, zu kandidieren. Wenn man im laufenden Verfahren das Verfahren ändert, dann ist das eben zu verneinen. Genau deshalb legt man Verfahrenswechsel i.d.R. vorher fest. DIE LINKE. Sachsen bspw. hat in ihrem Wahl- und Versammlungsbeschluss genau zwei Verfahrenswechsel drin gehabt: Von Einzelwahl (Platz 1) auf Blockwahl (Platz 2-36) auf Listenwahl (37-60). Das ist alles möglich, sofern man sich vorher dazu entscheidet und allen TeilnehmerInnen das transparent ist.
c) beide Punkte gehören zu den wesentlichen Mindestbedingungen, die das Wahlgesetz definiert. Alles innerhalb dieser Grenzen kann eine Partei frei definieren. Allerdings: Werden diese Formalien verletzt, gilt sofort §28 Abs. 1. Nr.1 SächsWahlG. Die Liste – zumindest der Teil ab 19, eigentlich müsste man auch über 1-18 reden – war zwingend zurückzuweisen. Aber genau das fehlt in der Diskussion des Artikels.
Dass so ein Artikel auf einer Seite wie dem Verfassungsblog erscheint, kann dann nur noch verwundern. Der normierende Charakter der einschlägigen Paragraphen zur chancengleichen und transparenten Aufstellung und Teilnahme verschiedener parteilicher Akteure scheint den Autoren offensichtlich nicht hinreichend bewusst zu sein.
Wie kommen Sie auf die komische Idee, die Chancengleichheit der Kandidaten würde verletzt, wenn mitten in der Wahlversammlung beschlossen wird, das Wahlverfahren zu ändern. Die Personen, die bisher gewählt wurden, wurden bereits einzeln gewählt und die weiteren Personen haben im neuen Wahlvervahren untereinander wieder die gleichen Chancen. Das Argument trägt überhaupt nicht und schein mir tatsächlich nur aus den Fingern gesaugt. Dass ein Versammlungsleiter durch demokratische Wahl wechseln kann, ist sowieso klar.
Ad 1: Der Versammlungsleiter kann – sofern entsprechende Regelungen in Satzung oder Versammlungsbeschluss vorhanden – sicherlich ausgetauscht werden. Darüber brauchen wir nicht diskutieren. Wenn aber ein Versammlungsleiter an Eides Statt versichern soll, dass die Wahlprinzipien des SächsWahlG eingehalten worden sind – für die gesamte Versammlung, wohlgemerkt -, so ist seine Anwesenheit über die gesamte Versammlung zwingend. Man kann nichts an Eides Statt versichern, dessen Wahrheit man nicht bezeugen kann. Waren aber in diesem Falle die jeweiligen Versammlungsleiter nicht. Die formale Anforderung des § 21 Abs. 5 Satz 2 SächsWahlG kann ich aber schlecht für die gesamte Liste erfüllen, wenn ich zwei Versammlungsleiter habe, die bei der jeweils anderen Veranstaltung gar nicht da waren. Sollte hinreichend verständlich sein.
Ad 2: Nein. Der Wechsel des Wahlverfahrens muss zu Beginn einer Versammlung klar sein, weil die ständige Rechtssprechung unterstellt, dass die Entscheidung von Bewerbern zur Kandidatur auch davon abhängt, wo und wie sie sich im Lichte des Wahlverfahrens Chancen einräumen. Und Ein Blockwahlverfahren ist nunmal etwas gänzlich anderes als ein Einzelwahlverfahren. In einem Blockwahlverfahren sind “Kampfkandidaturen” zwischen Bewerbern nicht möglich. Man verdrängt maximal durch bessere Stimmausbeute eine Person von einem Platz, aber die Wähler in der Versammlung können nicht die Entscheidung Person A gegen Person B treffen. Genau deshalb ist der Wechsel eines Wahlverfahrens in einer laufenden Versammlung ein nicht trivialer Eingriff in den Ablauf der Versammlung und in diesem Falle sogar Grund der Zurückweisung.
Und um es mit dem BVerfG aus dem Jahr 1993 zu sagen:
„Die Aufstellung der Wahlkreiskandidaten bildet die Nahtstelle zwischen den von den Parteien weitgehen autonom zu gestaltenden Angelegenheiten ihrer inneren Ordnung und dem auf die Staatsbürger bezogenen Wahlrecht. Nicht allen Maßnahmen der Parteien im Zusammenhang mit der Kandidatenaufstellung kommt wahlrechtliche Bedeuteutung zu. So ist die Beachtung der in den §§ 21 Abs. 1 bis 4 und 6, 27 BWahlG enthaltenen Vorschriften wahlrechtlich erheblich, nicht aber die Einhaltung der daneben nur nach der Parteisatzung für die Kandidatenaufstellung geltenden Bestimmungen (…). Die §§ (…) sehen vor, dass die Kandidaten in einer Mitglieder- oder Vertreterversammlung gewählt werden (…). Aus der Funktion der wahlrechtlichen Regelung (…) ergibt sich jeoch, dass der § 21 Avbs. 1 BWahlG mit der Anforderung einer >Wahl< nicht allein die geheime Abstimmung verlangt, sondern weiter die Einhaltung eines Kernbestandes an Verfahrensgrundsätzen, ohne den ein Kandidatenvorschlag schlechterdings nicht Grundlage eines demokratischen Wahlvorgangs sein kann.“
Und weiter: "Halten die Parteien die ihnen vom Bundeswahlgesetz abverlangten Mindestregeln einer demokratischen Kandidatenaufstellung nicht ein, so entspricht der so zu stande gekommene Wahlvorschlag nicht den Anforderungen des § 21 BWahlG und muss durch den Kreis- oder Landeswahlausschuss gemäß §§ 26, 28 BWahlG zurückgewiesen werden."
Genau das hat der Landeswahlausschuss verfahrensgleich auf die landesgesetzlichen Regelungen angewendet.
Es ist die Versammlung die über das Wahlverfahren demokratisch entscheidet.
Kommt sie im Verlauf der Veranstaltung mit 2/3 Mehrheit zu dem Entschluss das Verfahren zu ändern, ist das der Wählerwille und um den geht es bei Wahlen nicht um Ihre Auslegung.
Eine Benachteiligung geht vom Wahlverfahren nicht aus, dann wäre es unzulässig per se.
Die Plätze vor der Blockwahl sind ja bereits vergeben und stehen damit nicht mehr zur Wahl, daraus einen Nachteil zu konstruieren ist aus der Luft gegriffen. Sie stünden ja auch bei fortgesetzter Einzelwahl nicht mehr zur Wahl.
Der Kandidat, der sich bei der Blockwahl durchsetzt entspricht genauso dem Wählerwillen, wie der, der es bei der Einzelwahl schafft.
Es geht im übrigen bei Wahlen nicht darum einen Kandidaten beste Ausgangslagen zu verschaffen sondern nur Gleiche.
Es geht vor allem darum, der Versammlung die beste Wahlmöglichkeit zu bieten.
Wahlen sind nämlich harte Selektionsprozesse, die nicht der zu Wählende sondern der Wähler entscheidet.
Und nicht zu vergessen, um “Wahlkreiskandidaten” geht es in Landeslisten überhaupt, diese werden in den Wahlkreisen entschieden.
Landeslisten werden durch Landesversammlungen gewählt.
Ihr angeführtes BVerfG Urteil aus 93 trifft also genau gar nicht zu.
Vielleicht muss man sich zuerst mit der Verfasstheit des Staates, hier Parteiengesetz beschäftigen und verstehen das hier kein Prozess stattfindet sondern ein Verwaltungsakt der dem Wählerwillen den Weg zu bereiten hat, sonst nichts.
Die Parteilichkeit der Besetzung lässt hier schon besondere Zweifel zu. Insbesondere da 3 von Parteivertretern CDU Mitglieder sind.
Wahlkreiskandidaten und Listenkandidaten werden nach den gleichen Verfahrensgrundsätzen der Wahlgesetze gewählt. Bei Listenkandidaten referenziert das Wahlgesetz auf Wahlkreiskandidaten und ergänzt lediglich in einem Punkt. Erst lesen, dann schreiben.
Die Regelung der Änderung von Verfahren mit 2/3-Mehrheit kennt das Wahlgesetz nicht.
Über die Zulässigkeit von Blockwahlverfahren bei der Aufstellung der Listen gibt es sehr lange juristische Auseinandersetzungen. An der Zulässigkeit zweifelt man immer weniger, aber auf Grund der Argumentation verbietet sich ein intransparenter Wechsel.
Und nein, einmal getroffene Beschlüsse in Versammlungen sind nicht umstößlich. Wir sind hier nicht mehr im Binnenrecht der Parteien, sondern im Wahlrecht. Aber vielleicht lesen Sie einfach noch mal die grundsätzliche Einordnung des BVerfG und kommentieren dann.
Zu 1: Verstehe ich Sie richtig, dass man einen kranken Versammlungsleiter zwar ersetzen darf, der kranke Versammlungsleiter aber trotzdem bis zum Ende der Versammlung da bleiben muss, um eine eidesstattliche Versicherung bezogen auf die gesamte Versammlung abgeben zu können? Oder meinen Sie, dass der Ersatz-Versammlungsleiter auch schon während der gesamten Amtszeit des ersten Versammlungsleiters anwesend gewesen sein und dann auch die eidesstattliche Versicherung bezogen auf die gesamte Versammlung abgeben muss?
Beides fände ich nicht überzeugend. Aus der Zulässigkeit eines Versammlungsleiter-Tausches folgt meines Erachtens, dass beide Versammlungsleiter die Niederschrift und die eidesstattliche Versicherung unterschreiben müssen – aber jeweils nur für den Teil der Versammlung, den sie geleitet haben. Denn sie sollen die Unterschriften ja gerade als Versammlungsleiter leisten und nicht als jemand, der erst nur irgendwie dabei war und später dann zum Versammlungsleiter wurde (oder umgekehrt).
Zu 2: Können Sie für die von Ihnen erwähnte Unterstellung der ständigen Rechtsprechung einen Beleg anführen? Ich vermute, der Beleg wird nicht wirklich zum vorliegenden Sachverhalt passen.
Ad 2: Die AfD Sachsen hätte einen Wechsel des Wahlverfahrens nicht im Voraus ankündigen dürfen, weil lt. deren Wahlordnung die Versammlung selbst über das Wahlverfahren entscheidet, §5(2):
“(2) Wahl der Listenkandidaten
Bei der Wahl der Listenkandidaten entscheidet die Aufstellungsversammlung welches der folgenden Wahlverfahren zur Durchführung kommen soll…”
Eine Änderung des Wahlverfahrens während der Wahlversammlung wird dort nicht ausdrücklich zugelassen, jedoch kann man dies – wohlwollend – aus der Formulierung “Bei der Wahl” schließen, während u.a. für die Wahl von Direktkandidaten “Vor der Wahl” verwendet wird.
Inwieweit die Kandidaten damit hinreichend auf einen Wechsel des Wahlverfahrens vorbereitet sind, vermag ich als juristischer Laie nicht zu beurteilen.
Eine “Blockwahl” ist lt. AfD-Wahlordnung nicht zulässig, jedoch eine “Gruppenwahl” in Blöcken, welche sich davon grundlegend unterscheidet.
Die LWL bezieht sich jedoch auf ein angebliches “Blockwahlverfahren”, deren Anwendung die AfD in ihren Stellungnahmen bestreitet. Daß die LWL den begrifflichen Unterschied zwischen “Block-” und “Gruppenwahlverfahren” nicht kennt, ist kaum vorstellbar. Denkbar ist u.a. ein Protokollierungsfehler der AfD, der aber im Zuge des Zulassungsverfahrens leicht hätte korrigiert werden können.
Und zur Ergänzung: Es gilt immer das Wahlgesetz in Verbindung mit Wahlordnung sowie innerparteilichen regelungen. In diesem falle dürfte die Wahlordung der AfD zur Anwendung gekommen sein. Diese sieht in §6 explizit eine Bestimmung des Wahlverfahrens zu Beginn einer Versammlung, also nicht erst im Verfahren vor. Wegen: Verfahrensgleichheit und Transparenz. Wenn es sich also um eine Fortsetzung der Wahlversammlung gehandelt haben soll, so wäre der Wechsel des Wahlverfahrens ebenso ein Verstoß gegen die Wahlordnung der Partei gewesen.
Auch falsch. Die Wahlordnung sieht logischer Weise vor Beginn der Wahlen das Verfahren festgelegt wird. Eine eigentlich überflüssige Binse.
Da steht nichts davon, dass dieses nicht später mit Mehrheit wieder geändert werden kann.
In meinem vorigen Post fehlt im ersten Satz ein “nicht”, also:
“Wahlkreiskandidaten” geht es in Landeslisten überhaupt NIVHT.
Die Regelungen zur Aufstellung von Wahlkreiskandidaten werden im SächsWahlG rechtsgleich für Listenkandiaten festgelegt mit einer Ergänzung. Das SächsWahlG referenziert hier explizit darauf. Kennen sie das Gesetz überhaupt?
Und doch, genau darum geht es: Ein einmal vereinbartes Wahlvergfahren im Rechtsraum des Wahlgesetzes kann nicht mehr geändert werden. Glauben Sie mir, wir haben da hinlänglich Erfahrungen mit. Es geht um Trandsparenz und Vertrauensschutz. Bei jeder ernstzunehmenden Partei steht deshalb im regieplan der Aufstellungsversammlungen drin, dass bei dem Beschluss des Wahlverfahrens besondere Aufmerksamkeit von den VersammlungsteilnehmerInnen erfordert wird, weil diese Verfahrensgrundsätze nachträglich nicht mehr geändert werden können. Woher ich das weiß? Aus der Rechtsberatung der Landeswahlleitung, die jeder Partei offen stand. Ich habe sie genutzt. Aber gut, Sie müssen das nicht anerkennen, aber sich dann später gerne durch den Sächsischen Verfassungsgerichtshof eines besseren belehren lassen.
Soweit man aus Internet-Quellen ersehen kann, sind zumindest einige der 18 zugelassenen Listenkandidaten wiederum Wahlkreisbewerber. Die angesprochene “Lösung” durch Addition der Wahlkreisbewerber und der Listenbewerber wird nicht funktionieren. Durch die zahlreichen Doppelnominierungen erscheint ausgeschlossen, dass jedenfalls im Ergebnis das Stimmergebnis der Wahl einigermaßen durch die errungenen Sitze abgebildet wird.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Sie schreiben im letzten Absatz Ihres Blogs: “Eine solche jedenfalls auch politisch motivierte Lösung stünde dem Verfassungsgerichtshof bei der in dieser Sache zu erwartenden Entscheidung nicht zur Verfügung. Er müsste vielmehr entweder den Rechtsverstoß des Landeswahlausschusses bagatellisieren, um das Ergebnis der Landtagswahl aufrecht erhalten zu können, oder aber tatsächlich eine Neuwahl des Landtags anordnen”
Insbesondere die Formulierung “Er müsste vielmehr entweder den Rechtsverstoß des Landeswahlausschusses bagatellisieren” halte ich nach meinem Eindruck für sprachlich bedenklich, da sie beim Leser den falschen Eindruck erweckt, dass die Entscheidung des sächsischen Wahlausschusses in jedem Falle und definitiv rechtswidrig war. Das in diesem Zusammenhang benutzte Verb “bagatellisieren” unterstreicht diesen schiefen Eindruck beim Lesen noch zusätzlich und kommt damit einer Art Vorfestlegung (nämlich auf die Unrechtmäßigkeit dieser Entscheidung) gleich. Mir ist hingegen bislang nicht bekannt, dass die Entscheidung des sächsischen Wahlausschusses in der Zwischenzeit bereits von anderer, höherinstanzlicher Stelle offiziell als rechts- bzw. verfassungswidrig eingestuft worden wäre. Insofern halte ich die gebrauchte Formulierung für tendenziös und in der Rechtssache für unangebracht präjudizierend. Sie konterkariert damit die zuvor unparteiische und ausgewogene Darstellung des für Laien ohnehin komplexen juristischen Sachverhaltes unnötig und schmälert damit den Informationswert sowie die fachliche Expertise, die zumindest anfänglich von den Autoren erhoben wurde, des Artikels leider nachteilig.
Mit freundlichen Grüßen
Markus V.
Frau Schönberger hat die Rechtslage richtig erfasst. Es handelt sich um Rechtsbeugung. Wenn das Verfassungsgericht diese Rechtsbeugung trotzdem durchlässt, dann geht das eben nur durch Bagatellisierung. Da können jetzt hier in dieser Kommentarfunktion teilweise Parteivertreter anderer Parteien (die tlw. Mitglieder des Wahlausschusses waren) diese falsche Entscheidung schönschreiben, wie sie wollen.
Sollten die Richter dem Rechtsbeugevorwurf der AfD bestätigen, wäre das ein fatales Signal an alle, die sich in solchen Gremien und Ausschüssen engagieren. Denn dann würde es keiner mehr machen wollen.
Von Rechtsbeugung ist in diesem Blogpost nirgends die Rede, und jeder, der auch nur ein bisschen was von Strafrecht versteht (und nicht anderweitig Interesse daran hat), wird sich hüten, hier mit solchen Tatbestände um sich schmeißen.
Die Entscheidung des Wahlausschusses ist sehr wohl nachvollziehbar, wie Halina Wawzyniak hier darlegt:
https://blog.wawzyniak.de/die-sache-mit-den-aufstellungsversammlungen/
Der AfD ihre Fehler durchgehen zu lasssen, ist, als ob man beim Fußball ein Tor geben würde, weil die Situation “beinahe kein Abseits” gewesen wäre, oder einen Strafstoß nicht zu geben, weil es “beinahe kein Handspiel” gewesen sei.
Der Blog Wawzyniak scheint mir doch mehr ein Blog für weniger begabe Juristen zu sein, denen es wegen ihrer schlechten Juranote nicht möglich, das Richteramt auszuüben.
Ist es Ihnen vielleicht möglich, auch ohne Angriffe ad personam auszukommen?
Dieser Angriff ist um so dümmer, da Halina Wawzyniak auf praktische Erfahrungen aus ihrer politischen Arbeit zurückgreifen kann.
Zum Posting von Schönberger/Schönberger hat sie hier eine Erwiderung verfaßt:
https://blog.wawzyniak.de/die-sache-mit-den-aufstellungsversammlungen-teil-2/
Es wird immer deutlicher, dass sich der Landeswahlausschuss nicht auf seine Prüfaufgaben nach den §§ 27 und 28 des Sächsischen Wahlgesetzes beschränkt hat, sondern zusätzlich, ohne viel Ahnung von Recht, Gericht gespielt hat und materielles Recht in einer Art falsch ausgelegt hat, um eigene politische Interessen durchzusetzen, indem man einen Mitbewerber, die AfD, durch Rechtsbeugung schach-matt setzt. Und jetzt freut man sich auch diebisch, dass die AfD, anders als bei Gericht, keine Rechtsmittel hat. Kann man den demokratischen Rechtsstaat noch mehr verletzen?
Nun, frage ich mich, wie man als Hochschullehrer so dermaßen daneben hauen kann? Und dann noch zu zweit?
Das gravierende Fristversäumnis vom 27.Juni 2019 18.00 h wird noch nicht einmal erwähnt und es wird auch nicht die Frage erörtert, dass der “Fortsetzungsparteitag” in seiner zusammensetzuing identisch hätte sein müssen.
Hat den Artikel ein HiWi geschrieben?
Die wichtigsten Termine und Bestimmungen siehe hier:
https://www.dnn.de/Region/Mitteldeutschland/Sachsens-Landeswahlleiterin-erklaert-die-Streichung-der-AfD-Liste
Nach der Lektüre der Pressemitteilung des Sächsischen Wahlausschusses ergeben sich bei mir als juristischem Laien zwei Fragen:
1.) Der Wahlausschuss erklärt, dass es im Kern um die Frage gegangen sei, “ob es sich bei den verschiedenen Landesparteitagen vom Februar und März 2019 um eine einheitliche Aufstellungsversammlung handelte.” Er argumentiert dann weiter, dass der Umstand, dass das nicht der Fall gewesen sei, bedeute, dass die “zwingenden Voraussetzungen” des §21 des Sächsischen Wahlgesetzes nicht erfüllt seien. In §21 SächsWahlG wird aber nirgends vorgeschrieben, dass die Aufstellung der Kandidaten in einer einheitlichen Aufstellungsversammlung erfolgen muss (siehe hier: https://www.revosax.sachsen.de/vorschrift/2876-Saechsisches-Wahlgesetz#p21)
Diesen Punkt verstehe ich daher nicht. Kann mich darüber ein Jurist bitte aufklären?
2.) Der Wahlausschuss argumentiert weiter, dass durch die Änderung des Wahlverfahrens von Einzelwahl auf Blockwahl “die notwendige Chancengleichheit aller Bewerberinnen und Bewerber im Verfahren der Kandidatenaufstellung” nicht gegeben gewesen sei. Das Argument finde ich eher nachvollziehbar, auch wenn in §21 SächsWahlG nirgends explizit gesagt wird, dass eine Änderung des Wahlverfahrens im Widerspruch zum Erfordernis der Chancengleichheit für alle Bewerber steht.
Wenn es aber der Fall ist, dann ist für mich unverständlich, warum der Landeswahlausschuss nicht die Liste bis Platz 30 zugelassen hat, denn die Plätze 1-30 wurden nach demselben Verfahren bestimmt (Einzelwahl) und erst ab 31 wurde zur Blockwahl übergegangen.
Auch hier bitte ich um Aufklärung durch einen Juristen. Mit leuchtet das erstmal überhaupt nicht ein.
Kurz gesagt: Wenn Argument (1) die ausschlaggebende Begründung der Entscheidung sein soll, wäre Argument (2) gar nicht mehr nötig gewesen. Warum führt der Landeswahlausschuss es dann an?
Wenn Argument (2) die Begründung sein soll, dann ist nicht klar, warum die Liste nicht bis Platz 30 zugelassen wurde. Mir erscheint das alles doch etwas ungereimt.
Zu 1. Das hat mit den eidesstattlichen Erklärungen zu tun (s. §21 Abs. 5 SächsWahlG). Wenn die Verantwortlichen, die an Eides statt versichern, bei Parteitag 2 andere sind als bei Parteitag 1, können sie Beachtung der Anforderungen gemäß Absatz 3 Satz 1 bis 3 auf Parteitag 1 nicht versichern.
Zu 2.Die Düsseldorfer Verfassungsrechtlerin Heike Merten sagte der NZZ, dass eine Änderung des Verfahrens „frist- und satzungsgemäss“ angekündigt werden muss, d. h. zu Beginn des 1. Parteitags. Andernfalls handele es sich um einen „gravierende[n] Verstoß gegen das Wahlrecht“ (siehe https://www.nzz.ch/international/afd-wahlliste-in-sachsen-juristen-streiten-ueber-kuerzung-ld.1494762 ).
Laut mdr wurde der Beschluss der Verfahrensänderung aber erst auf dem 2. Parteitag gefasst (vgl. https://www.mdr.de/nachrichten/politik/regional/kuerzung-afd-landesliste-sachsen-100.html)
Zitat: „Wenn Argument (2) die Begründung sein soll, dann ist nicht klar, warum die Liste nicht bis Platz 30 zugelassen wurde. Mir erscheint das alles doch etwas ungereimt.“
Weil die Liste mit den zugelassenen 18 Kandidaten auf der 1. Versammlung gewählt wurde. Alle Kandidaten ab Platz 19. wurden auf der 2. Versammlung gewählt, für die wohl eine 2. Liste erstellt und zusammen mit einer 2. Niederschrift eingereicht wurde.
Sowohl die erste Versammlung als auch die damit einhergehende Erstellung der Liste mit den ersten 18 Kandidaten ist für sich genommen regelkonform: Ein einheitliches Verfahren und dasselbe Personal, d. h. derselbe Versammlungsleiter und dieselben Personen, die eidesstattliche Erklärungen abgeben.
Zitat: „Kurz gesagt: Wenn Argument (1) die ausschlaggebende Begründung der Entscheidung sein soll, wäre Argument (2) gar nicht mehr nötig gewesen.“
Wieso sollen nicht beide Gründe genannt werden, die gegen die Rechtmäßigkeit der eingereichten Listen sprechen?
Erwähnenswert erscheint mir noch, dass ja der Sächsische Verfassungsgerichtshof in dem Urteil zur AfD-Landesliste der Landtagswahl 2014 ausdrücklich eine Konstellation benannt hat, in der eine erneute, von der ersten Versammlung getrennt zu betrachtende Aufstellungsversammlung erforderlich ist, nämlich bei der Änderung eines Wahlvorschlags nach § 24 SächsWahlG. Gerade weil zur Streichung des Kandidaten Samtlebens keine zweite Versammlung durchgeführt wurde, hätte der Landeswahlausschuss damals die Streichung nicht akzeptieren dürfen, so der Verfassungsgerichtshof.
Der Verordnungsgeber hat diese Rechtsprechung im Januar 2019 in der Landeswahlordnung umgesetzt, wo es nun in § 35 Abs. 4 heißt:
„Eine eingereichte Landesliste kann bis zum Ablauf der Einreichungsfrist durch gemeinsame schriftliche Erklärung der Vertrauensperson und der stellvertretenden Vertrauensperson geändert werden, wenn die Änderung zuvor von der Mitglieder- oder Vertreterversammlung nach § 21 Absatz 1 in Verbindung mit § 27 Absatz 5 des Sächsischen Wahlgesetzes beschlossen worden ist. Der geänderten Landesliste ist eine Ausfertigung der Niederschrift über die Beschlussfassung der Mitglieder- oder Vertreterversammlung nach dem Muster der Anlage 15 mit den entsprechenden eidesstattlichen Versicherungen nach dem Muster der Anlage 15A gemäß § 21 Absatz 5 in Verbindung mit § 27 Absatz 5 des Sächsischen Wahlgesetzes beizufügen.“
Im Falle einer Änderung des Wahlvorschlags soll eine Partei nach dem Willen des Verordnungsgebers also einfach eine zweite Aufstellungsversammlung durchführen und einen zweiten Satz Unterlagen einreichen. Selbstverständlich ist es dabei nicht erforderlich, dass die zweite Versammlung von der gleichen Person geleitet wird wie die erste Versammlung oder dass die gleichen zwei Personen eidesstattliche Versicherungen abgeben.
Es wäre also zweifellos zulässig, wenn eine Partei zunächst eine Landesliste mit 18 Personen beschließt und dann nach einigen Monaten auf die Idee kommt, wegen guter Umfragewerte die Landesliste noch um einige Personen zu ergänzen, und zu diesem Zweck eine zweite Aufstellungsversammlung einberuft.
Auch unter diesem Gesichtspunkt erscheint es wenig überzeugend, die angebliche Notwendigkeit einer einheitlichen Versammlung zu betonen und diesbezüglich hohe Anforderungen an den Wahlvorschlagsträger zu stellen.
Interessanter und auf den ersten Blick jedenfalls plausibler Punkt. Warum sollte für das “Streichen aus” etwas anderes als für das “Hinzufügen zur” Landesliste gelten?
Weil das “streichen aus” nicht durch die Versammlung, sondern durch Vertrauensleute vorgenommen wurde. Während das hinzufügen durch die Versammlung, also den Wähler entschieden wird.
Erkennen Sie den Unterscheid und mehr noch erkennen Sie, wie Sie und andere das Wahlgesetz zur Waffe definieren. Das ist aber nicht sein Zweck.
Das Wahlgesetzt soll Wahlen ermöglichen, nicht verhindern. Und nochmal, weil es manchem Juristen schwer zu fallen scheint zwischen einem PARTEIISCH besetztem Verwaltungsakt und einem Prozess zu unterscheiden: 3 der 6 Parteivertreter sind CDU Mitglieder und im juristischen Sinne, wenn man denn so konstruieren will, Antragsgegner und Richter in einem.
Das müsste doch wohl jedem Juristen auffallen.
§ 35 der Wahlordnung (https://www.revosax.sachsen.de/vorschrift/3733#p35) spricht aber auch wieder nur von der (einen) Landesliste, mit der (einen) Niederschrift über die Wahlversammlung, die die Bewerber aufgestellt und die Reihenfolge festgelegt hat. Es wird festgelegt, dass und wie die leinmal eingereichte Liste geändert werden kann. Das ist aber gerade nicht unser Fall.
Die AfD hat ja offenbar gerade nicht eine (ggf geänderte) Liste eingereicht, sondern eben gleichzeitig zwei getrennte Listen von zwei unterschiedlichen Aufstellungsversammlungen. Wie die AfD das hätte rechtssicher hinkriegen können ist eine spannende Frage, aber hier lief es eben offensichtlich falsch.
Nein, im Änderungsverfahren nach § 35 Abs. 4 muss eindeutig eine zweite Niederschrift eingereicht werden (die erste liegt ja bereits beim Landeswahlleiter). Das ergibt sich auch aus der Anlage 15, wo man ankreuzen soll, ob es sich um eine Versammlung „zur Aufstellung einer Landesliste“ oder um eine Versammlung „zur Änderung einer Landesliste“ handelte. Bei der ersten Versammlung muss das Kreuz an der einen, bei der zweiten Versammlung an der anderen Stelle gesetzt werden. (Das heißt freilich noch lange nicht, dass eine Landesliste zurückzuweisen ist, nur weil das Kreuzchen an der falschen Stelle gesetzt wurde.)
Interessant ist aber, dass selbst in § 35 Abs. 4 noch die Rede ist von „DER Mitglieder- oder Vertreterversammlung nach § 21 Absatz 1 in Verbindung mit § 27 Absatz 5“. Der Verordnungsgeber geht also davon aus, dass selbst eine zweite Versammlung, die Monate nach der ersten zum Zwecke der Änderung der Landesliste einberufen wird (und die logischerweise einen anderen Leiter und ein anderes Wahlverfahren haben darf), im Rechtssinne immer noch gleichermaßen DIE (eine) Mitglieder- oder Vertreterversammlung ist, ebenso wie die erste Versammlung.
Die Diskussion um Formulierungen wie “eine Versammlung”, “der Wahlleiter” und “zwei Teilnehmer” ist doch reine Rosinenpickerei.
In 21 Abs. 5 heißt es …Eine Ausfertigung der Niederschrift über die Wahl des Bewerbers mit Angaben über Ort, Art und Zeit der Versammlung, Form der Einladung, Zahl der erschienenen Mitglieder und Ergebnis der Wahlen ist mit dem Kreiswahlvorschlag einzureichen. Hierbei haben der Leiter der Versammlung und zwei von der Versammlung bestimmte Teilnehmer gegenüber dem Kreiswahlleiter an Eides statt zu versichern…
DES BEWERBERS (nicht der Liste) heißt nichts anderes, dass jeder Bewerber auf getrennten Veranstaltungen nach verschiedensten Wahlverfahren aufgestellt werden kann. Dazu legt nicht der Landeswahlausschuss sondern die Parteien das Wahlverfahren fest. §21 Abs. 4 …Das Nähere über die Wahl der Vertreter für die Vertreterversammlung, über die Einberufung und Beschlussfähigkeit der Mitglieder- oder Vertreterversammlung sowie über das Verfahren für die Wahl der Bewerber regeln die Parteien durch ihre Satzungen. …
In § 21 geht es gar nicht um Landeslisten, sondern um Wahlkreisbewerber.
Bei manchem Kommentar merkt man die Zugeneigtheit zu konkurrierenden Parteien und den Wusch wider die FDGO, eine erstarkende Opposition Einfachheitshalber zu verbieten, so lief es ja auch im Wahlausschuss.
Dieses Land entfernt sich mit Riesenschritten von einem demokratischen Rechtsstaat hin zu einem Totalitarismus und ich finde es erschreckend, wie viele Menschen das nicht nur hinnehmen sondern sogar gutheißen.
Als Beispiele mögen Vorkommnisse dienen wie die kurzfristige Änderung der Geschäftsordnung des Bundestages zur konstituierenden Sitzung.
Die nicht der GO entsprechende Zusammensetzung des Präsidiums im Bundestag und damit bestehende, aber ignorierte Handlungsunfähigkeit.
Die Verschleppung des Samtleben Einspruchs durch den sächsischen Landtag bis zum Ende der Legislatur.
Die Wahlabsprache von Görlitz.
Der fortlaufende Bruch von 16a GG.
Der Bruch von Art. 3 GG durch den sog. und undefinierten “Kampf gegen Rechts”, der ein verbrämter Kampf gegen das Recht der Opposition ist und der eine paramilitärische Antifa mit 116 Mio. aus dem Familienministerium finanziert. Zzgl. Diverser Töpfe in den Ländern.
Ich beende hier mal die nicht enden wollende Aufzählung permanenten Rechtsbruches.
Diesem Land fehlt, was die Deutschen Medien an den USA so bewundern, der Amtsankläger Muller, der den Präsidenten angeht. In Deutschland gilt da, kein Kläger kein Richter, kein Staatsanwalt mit Auftrag.
Des Weiteren scheint es manchem Juristen schwer zu fallen, zwischen einem Prozess und einem Verwaltungsakt, der dem Wählerwillen die Möglichkeit der Verwirklichung schaffen soll, zur unterscheiden.
Ein Wahlausschuss ist nicht dazu da unliebsame Opposition mit durchschaubaren Tricksereien und inkonsistenter Argumentation zu verhindern. Da ist der Wunsch Vater des Gedankens. Die Aufgabe ist Wahlen und den Wählerwillen zu ermöglichen.
Es zeichnet den begabten Juristen natürlich aus, dass er sofort die Begründung für seine Position und oder die seines Mandaten (CDU) zur Durchsetzung eigener oder Mandatsinteressen darstellt.
Um diese Eigeninteressen geht es hier aber nicht, sondern um Demokratie, nicht um Demokratieverhinderung.
Es zeichnet den begabten Juristen also nicht aus, wenn er mitgerissen trunken von eigenem Streben und der eigenen Genialität den Unterschied zwischen FDGO, wohlwollend zielführendem Verwaltungsakt und streitigem Prozess nicht versteht. Vielleicht ist das noch mit der Fixierung des Juristen auf den streitigen Wettbewerb zu erklären, es ist aber vorrangig ein Mangel an demokratischer Bildung, der durch fachliche Qualifikation nicht ausgeglichen werden kann.
Kein hier geäußerter Kommentar kann darüber hinwegtäuschen, daß es sich bei dieser Wahlausschuß-Entscheidung in Kamenz um einen durchschaubar politisch motivierten Willkürakt ohne Beispiel handelt. Bei keiner anderen Partei oder einer lediglich bei 10 Prozent veranschlagten AfD wäre diese durchaus im Ermessensspielraum liegende Entscheidung derart möglich gewesen !
Wenn das wirklich Ihre Meinung ist, scheinen Sie mir unter einem erheblichen Mangel an politischer Urteilsfähigkeit zu leiden. Die Annahme eines planvollen Vorgehens im Bewusstsein dessen, dass das eigene Handeln rechtswidrig ist, ist im vorliegenden Fall völlig lebensfern. Alle Mitglieder des Landeswahlausschusses wissen, das am Ende nicht ihre Ansicht ausschlaggebend ist, sondern die der Richterinnen und Richter des Verfassungsgerichtshofs. Wer der AfD Böses tun will, gibt ihr nicht die Gelegenheit, gegen eine juristisch wacklige Entscheidung einen Triumph vor Gericht zu erzielen. Für jemanden, der die Absicht hat, die rechtlichen Regeln so hinzubiegen, dass der AfD möglichst großer Schaden entsteht, wäre es zudem ein Leichtes gewesen, aufgrund des Vorliegens zweier Listen eine komplette Nichtzulassung der AfD zu beschließen. Derart finstere Motive unterstellt, macht es gar keinen Sinn, sich darauf zu beschränken, „nur“ ein paar Hinterbänkler aus der AfD-Fraktion fernzuhalten.
Wer anderen Menschen nicht zutraut, in bester Absicht Fehler zu begehen, neigt oft selber zu bösen Absichten.
Da ist er wieder, der Jurist, der glaubt Demokratie ist, was Gerichte und Juristen entscheiden:
“..das am Ende nicht ihre Ansicht ausschlaggebend ist, sondern die der Richterinnen und Richter des Verfassungsgerichtshofs..”
Ausschlaggebend bei Wahlen und deren Zulassung ist der Wählerwille und dessen Zulassung.
Demokratie und Juristerei sind zwei verschiedene Welten.
Wäre es anders, wozu bräuchten wir Juristen, wir könnten Prozesse ja per Abstimmung durchs Volk entscheiden und je mehr solcher Beiträge von Juristen ich lese, die sich scheinbar dem Wahl-Volk übergeordnet empfinden, desto mehr komme ich zu der Überzeugung, dass dies vielleicht bessere Urteile ergäbe.
Sie scheinen indes davon auszugehen, dass die Einhaltung von Regeln unbeachtlich und nur der “Volkswille” maßgeblich ist.
Ich empfehle eine Auseinandersetzung mit den Wahlrechtsgrundsätzen und damit den Gründen dafür, warum das Wahlrecht von einem strikten Formalismus geprägt.
a) Es liegt auf der Hand, dass durch eine geschickte Terminierung neuer Versammlungen und Übergang von einem Wahlverfahren zum anderen die Chancen bestimmter Kandidaten zumindest gemindert werden können. Soll ein Kandidat auf einen bestimmten Listenplatz verhindert werden, der zwar mehr Stimmen erhielte, als sein Konkurrent, der aber von großen Teilen der Partei abgelehnt wird, würde zum Akzeptanzwahlverfahren übergegangen.
b) Daher ist es richtig, dass Gesetz so zu interpretieren, dass es nur eine Versammlung geben darf. Diese muss m.E. nicht am selben Tag stattfinden, es genügt, wenn die Nämlichkeit der Versammlung gewahrt bleibt, was nicht der Fall ist, wenn das Wahlverfahren nach Beginn und vor Ende der Wahl geändert wird. Es steht einer Partei aber frei, insgesamt das Wahlverfahren zu ändern und vollständig neu zu wählen- denn dann ist die Chancengleichheit gewahrt. Hiervon wurde aber trotz Hinweises kein Gebrauch gemacht.
Zwei Autoren, die ich eigentlich schätze, haben hier einen relativ schwachen und gleichzeitig dramatisierenden Artikel verfasst. Bereits der Umstand, dass die wichtige Frage des Wechsels des Wahlverfahrens erst in einem Nachtrag, anscheinend als Reaktion auf den ersten Kommentar, behandelt wurde, wirft kein gutes Licht auf den Artikel.
Er ist denn auch argumentativ in dieser wichtigen Frage der Chancengleichheit der Bewerber dünn. Die Chancengleichheit der Bewerber, aber auch die gleichen Mitwirkungsrechte der Versammlungsmitglieder sind durch die nachträgliche Änderung des Wahlverfahrens beeinträchtigt, denn das Wahlverhalten bei der Besetzung einer Listenposition kann von den Chancen bestimmt werden, die man auf einer Position weiter unten auf der Liste sieht. Diese Chancen stellen sich aber beim Blockwahlverfahren anders als beim Einzelwahlverfahren dar.
Schaut man genauer hin, so trifft die Kritik der Autoren denn auch nicht den Wahlausschuss, der nach dem Wahlgesetz eine gebundene Entscheidung zu treffen hatte, sondern den Gesetzgeber, der keine Möglichkeit offenließ, auf der Seite der Rechtsfolgen Verhältnismäßigkeitserwägungen einfließen zu lassen, die aus der vom Autorenpaar eingenommenen demokratietheoretischen Perspektive zwar sinnvoll scheinen mögen, aber eben auch Wertungsspielräume eröffnen, die im demokratischen Wettbewerb problematisch sind.
Eine genauere Beurteilung der Vorgänge – auch das zeigt der seltsam schwebende Beitrag, der wenig auf die tatsächlichen Abläufe eingeht – ist aber nur möglich, sobald die Fakten auch umfassend bekannt sind, wobei die Landeswahlleiterin vielleicht helfen könnte. Bis dahin sollte man sich wohl abschließender Beurteilungen enthalten.
Viele Argumente wurden ausgetauscht. Im Kern geht es aber, wie die Landeswahlleiterin in der Pressemitteilung 17/2019 vom 8. Juli 2019 noch einmal gesagt hat, (allein) um § 21 SächsWahlG und die Frage,”ob es sich bei den verschiedenen Landesparteitagen vom Februar und März 2019 um eine einheitliche Aufstellungsversammlung handelte”. Die weiteren Aspekte, die in diesem Zusammenhang genannt werden, wie die fehlende Personenidentität der Versammlungsleiter und der Personen, die eine eidesstattliche Versicherung abgegeben haben sowie der Übergang von der Einzel- zur Blockwahl während des zweiten Termins, sind nur Indizien dafür, dass es sich um zwei unterschiedliche Versammlungen gehandelt hat und nicht Beispiele für weitere Rechtsverstöße. Aber was sagt das Gesetz zur Zulässigkeit von “einer” oder “mehrerer” Versammlungen? § 21 Abs. 1 SächsWahlG, der direkt nur für die Wahlkreisvorschläge gilt, aber nach § 27 Abs. 3 SächsWahlG entsprechend auf die Listenbewerber anzuwenden ist, spricht von “einer” Mitgliederversammlung. Jede/Jeder möge die Vorschrift lesen und sich selbst ein Bild machen, ob an dieser Stelle und in diesem Zusammenhang das Wörtchen “einer” als Zahlwort oder als unbestimmter Artikel gemeint ist.
Ich denke der Satz 1 in §21 soll nur klarstellen, daß keine sonstigen Parteigremien Bewerber aufstellen dürfen. Der unbestimmte Artikel wäre dann eher als “mindestens einer” statt als “genau einer” zu interpretieren. Selbst wenn man für den Wahlkreisbewerber in §21 die Vorgabe genau einer Aufstellungsversammlung annimmt, bleibt die Frage, wie die entsprechende Anwendung für Landeslisten aussehen soll.
Nur eine Mitgliederversammlung pro Bewerber, oder pro alle Bewerber? Was von der spitzfindigen Frage abhinge, ob “Bewerber” in §21 Absatz 1 Satz 1 in der Entsprechung Plural würde oder Singular bliebe.
In der Tat sehr merkwürdig, dass sich die Autoren nicht mit § 21 des sächsischen Wahlgesetzes befassen, der sedes materiae ist. Damit wird ihre Stellungnahme letztlich unbrauchbar. In der Kommentierung zum insoweit gleichlautenden hessischen Wahlrecht (Lammers, Das Landtagswahlrecht in Hessen (PdK-Hessen A 26), Stand: Mai: 2018, Ziff. 7.2.2) heißt es: “Das Gesetz spricht zwar von „einer“ Versammlung, doch setzt die Vorschrift nicht die Aufstellung der Bewerber und Ersatzbewerber an einem einzigen Tag voraus. Unterbrechungen der Aufstellungsversammlung sind zulässig, sofern es sich in rechtlicher Hinsicht noch um die gleiche Versammlung handelt. Ob dieses im Fall einer Unterbrechung der Fall ist, richtet sich nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls. (…)” Man kann dem sächsischen Wahlausschuss damit keineswegs vorwerfen, hier irgendeine Sonderregelung für die AfD erfunden zu haben.
Das scheint mir ein wichtiger Hinweis, denn das bedeutet ja, dass die Kommentatoren des Hessischen Wahlgesetzes das “ein” in “eine Versammlung” als Zahlwort und nicht als unbestimmten Artikel auslegen.
Aber ist das denn überhaupt zwingend oder einfach eine arbiträre Auslegung ohne weitere Begründung? Rein grammatikalisch kann man ja beide Auslegungen vertreten. Wird die Auslegung von “ein” als Zahlwort also weiter begründet? Wird das im Kommentar irgendwie verfassungsrechtlich irgendwie hergeleitet (etwa aus dem Prinzip innerparteilicher Demokratie oder dem der Chancengleichheit).
Denn wenn das nicht der Fall ist, müsste das sächsische Landesverfassungsgericht ja eigentlich in der verfassungsrechtlichen Würdigung den demokratietheoretischen Erwägungen, wie sie auch in dem Artikel von Schönberger und Schönberger angestellt werden, Vorrang einräumen (denn es würden ihnen dann ja keine anderen verfassungsrechtlichen Prinzipien entgegenstehen).
Sehe ich das dann richtig, dass das sächsische Landesverfassungsgericht dann zum einen prüfen müsste, ob es sich bei den beiden Versammlungen tatsächlich um im rechtlichen Sinn verschiedene Versammlungen gehandelt hat.
Und dass es zweitens prüfen müsste, ob das Erfordernis, dass es sich um eine (im Sinn des Zahlworts) Versammlung handelt, sich überhaupt aus dem sächsischen Wahlgesetz herleiten lässt?
Hinter der Frage nach der richtigen Auslegung der sächsischen Wahlvorschriften steht letztlich der Konflikt zwischen Demokratie im staatlichen und Demokratie im innerparteilichen Raum, wobei auch dies bei der Aufstellung von Kandidaten für staatliche Wahlen einen engen Bezug zur demokratie im staatlichen Raum hat. Anders gesagt: Der Verfassungsgerichtshof hätte einiges an verfassungsrechtlichem Abwägungsmaterial zur Verfügung.
(1) Zur Auslegung des hess. Wahlgesetzes: Ja, der Kommentar geht von dem von Ihnen geschilderten Verständnis aus, ohne eine andere Deutung anzusprechen (anders die Kommentierung in PdK zum brandenburgischen Wahlrecht, die eher das von der AfD praktizierte Verfahren stützt; Noble in PdK Br A-26, Stand: Mai 2019, Ziff. 11.6.2:
“Die Bestimmung der Bewerber muss nicht in einer einzigen Nominationsversammlung erfolgen. Wird die Versammlung – etwa wegen fortgeschrittener Zeit – unterbrochen und bereits am nächsten Tage fortgesetzt, ist eine gesonderte Ladung nicht erforderlich; die Niederschrift wird weitergeführt. Liegt jedoch ein größerer Zeitraum zwischen den Versammlungen, muss erneut zur Nominationsversammlung einberufen werden und eine gesonderte Niederschrift geführt werden.”
Das LG Saarbrücken wiederum scheint vom grundsätzlichen Erfordernis einer einzigen Aufstellungsversammlung auszugehen (LG Saarbrücken, Urt. v.1.6.2017 – 15 O 78/17 unter II 1 b).
Hinzuweisen ist, wie schon oben geschehen, auch auf § 35 Abs. 4 der sächs. Landeswahlordnung, der offenkundig ebenfalls nur von einer (“der”) Aufstellungsversammlung ausgeht.
(2) Meines Erachtens kommt es auf eine verfassungsrechtliche Herleitung dieses Auslegungsergebnisses zunächst nicht an, solange es verfassungsrechtlich nicht gänzlich unvertretbar ist. Und es gibt zumindest legitime Gründe für eine solche – derart verstandene – gesetzliche Regelung. Der Landeswahlausschuss ist ja zunächst auch an das geltende Recht gebunden.
(3) Das sächsische Verfassungsgericht wird sich, wenn es die Zulässigkeit der eingelegten Rechts wohl damit auseinander setzen, ob die Auslegung durch den Landeswahlausschuss gänzlich unvertretbar (willkürlich) ist und ob das so verstandene Gesetz verfassungsrechtlichen Vorgaben entspricht.
Vielen Dank für die weiteren Hinweise, Herr Mützel! Das wird ja immer spannender.
Ich würde hinsichtlich der von Ihnen unter Punkt (2.) und (3.) vorgebrachten Argumente allerdings doch noch einen Zweifel anmelden. Die Diskrepanz zwischen den Kommentaren zum hessischen und zum brandenburgischen Wahlgesetz zeigt ja zumindest, dass das “eine” in “eine Versammlung” unterschiedlich ausgelegt werden kann.
Im konkreten Fall nun führt die eine Auslegung (Hessischer Kommentar und Landeswahlausschuss Sachsen) zu einer Situation, die verfassungsrechtlich und demokratietheoretisch zumindest problematisch ist, weil sie dazu führen würde, dass sich im sächsischen Landtag der Wählerwille nicht adäquat abbilden würde und einer Reihe von Personen das passive Wahlrecht vorenthalten würde, während die andere Auslegung (Brandenburger Kommentar) nicht zu einer solchen problematischen Situation führen würde.
In dieser Konstellation scheint es mir dann doch relevant zu sein zu fragen, ob für diejenige Auslegung, die zu verfassungsrechtlich problematischen Ergebnissen führt, ihrerseits gute verfassungsrechtliche Argumente sprechen oder nicht. Wenn nicht, dann würde den verfassungsrechtlichen Bedenken, die bei der hessisch-sächsisch-saarländischen Auslegung entstehen, ja keine gleichwertigen oder höherrangige verfassungsrechtliche Erwägungen entgegenstehen.
Zudem scheint der sächsische Verfassungsgerichtshof im Fall Samtleben ja, wie Herr Zicht ausführt, im Fall Samtleben ja selbst eine zweite Versammlung gefordert zu haben, was nur unter der Maßgabe möglich ist, dass er eine solche für formal korrekt hält. Damit scheint er sich doch eigentlich implizit selbst schon auf die “brandenburgische” Auslegung festgelegt zu haben.
Bitte das doppelte “im Fall Samtleben” streichen! Das kommt davon, wenn man schneller denkt als schreibt …
Es ist aber auch nicht so, dass die Auslegung des brandenburgischen Kommentars die unter sächsischen Auspizien korrekte und verfassungsrechtlich gebotene Sichtweise darstellt. Man muss ja alles eingehend analysieren: die Gesetzesmaterialien, anderweitige Vorschriften (wie die LWO), Rechtsprechung, Schrifttum etc.
Zur Samtleben-Entscheidung des sächs. VerfGH: Die Entscheidung lässt sich nicht in dem von Ihnen geschilderten Sinne verstehen. Vielmehr sagt das Gericht (Rn. 35):
“Bis zum Ablauf der Einreichungsfrist des § 19 SächsWahlG sind personelle Änderungen des Wahlvorschlags grundsätzlich jederzeit und aus jedem Grund durch gemeinsame Erklärung der Vertrauenspersonen möglich; sie erfordern aber eine vorausgegangene entsprechende (erneute) Entscheidung einer Aufstellungsversammlung iSd § 21 SächsWahlG (…)”.
Das lässt sich auch so verstehen, dass auf der Aufstellungsversammlung über den gesamten (geänderten) Listenwahlvorschlag neu befunden werden muss.
Die Gesetzesbegründung (Drs. 1/3112), auf der LT-Homepage etwas schwer zu finden (S. 15 f. der Begründung), verweist übrigens allein auf § 21 BundeswahlG. Jetzt müsste man also Rechtsprechung und Schrifttum zu dieser Vorschrift studieren.
Bitte beim Zitieren des LG Saarbrücken, Urt. v.1.6.2017 – 15 O 78/17 auch angeben, dass es sich um eine einstweilige Verfügung handelt. Das Aktenzeichnen lässt dies nicht erkennen. Und bitte bei auch den Verfahrensgang angeben – letztinstanzlich: OLG Saarbrücken, 12.07.2017 – 1 U 80/17
Soweit ich das OLG-Urteil (flüchtig) überflogen habe, scheint das Gericht über einen vollkommen anderen Sachverhalt entschieden zu haben. Es passt damit nicht und darf insoweit auch nicht zitiert werden. Der für die einstweiligen Verfügung des OLG tragende Punkt war wohl, dass das ein falsches Organ i.w.S. abgestimmt hat. Es wurde ein Delegiertenparteitag abgehalten und nicht die erforderliche Mitgliederversammlung.
Das OLG schreibt unter Punkt II. 2.,1) b. aa.:
Die durchgeführte Versammlung fand als Delegiertenparteitag und nicht als
Mitgliederversammlung i. S. d. § 21 Abs. 1 Satz 2 BWahlG statt.
bb. Ebenso wenig handelt es sich um eine besondere Vertreterversammlung im
Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 3, …
….
[Es werden – nach flüchtigem Überfliegen – noch weitere Überlegungen bzw. Ausführungen gemacht, ob aus anderen rechtlichen Gründen die Versammlung rechtswirksam entscheiden konnte]
PS: Wenn ich das Urteil zu schnell überflogen haben, bitte unter genauer Angabe der Fundstelle dies melden.
Sehr guter Beitrag, sehr gute Diskussion im Kommentarbereich. Tatsächlich werden hier die Fragen zum Thema diskutiert, die ich mir nach lektüre des Sächs. Wahlgesetzes nebst WO auch schon gestellt habe, in den verschiedenen Tageszeitungen leider aber gar nicht beachtet werden.
Offen bleibt für mich aber weiterhin, ob der Wahlausschuss überhaupt in dieser Weise die parteiinternen Vorgänge beim Zustandekommen einer Landesliste zu prüfen hat, ohne das hierfür ein äußerer Anlaß besteht. Im Fall Samtleben hat er dies lt. eines Spiegelberichts sogar trotz vorliegender Beschwerde verneint, was jedoch vom LVerfG als Verstoß gewertet wurde, da die Streichung Samtlebens aus der Liste offensichtlich nicht dem Wahlgesetz entsprach. Muß er nun aber auch ohne Beschwerde die ganzen Interna durchprüfen? Nach meinem Verständnis hat er zunächst nur formal zu prüfen, das sind das Vorliegen einer (einzigen!) Landesliste, die durch die vorgesehenen eidesstattlichen Versicherungen beglaubigt ist. Eine vollständige sachliche Prüfung, die auf sicheren juristischen Füßen steht, kann so ein Ausschuß doch gar nicht leisten.
Ja, natürlich hat der Wahlausschuss das zu prüfen: Wenn das Gesetz die Aufstellung in einer einzigen (ggf. nur unterbrochenen) Versammlung verlangt, hat der Ausschuss dies zu prüfen (vgl. § 28 Abs. 1 Nr. 2 iVm § 21 Abs. 1 sächs. Wahlgesetz). Dem Ausschuss stehen durchaus Prüfungsmöglichkeiten zu. Er kann eine Beweiserhebung durchführen (§ 24 LVwVfG).
Eine faire Beurteilung der Vorgänge in Sachsen. Allerdings hätten Sie sich die Begriffe “Opfermythos” und “Verschwörungstheorie” einfach sparen können.
Warum wurde eigentlich der erste Teil der Liste akzeptiert und nicht der zweite, also der ab Platz 18?
Selbst wenn man sich die Begründung des Wahlausschusses zu eigen macht, erscheint es willkürlich, die erste Liste zuzulassen. Statt dessen hätte auch die Liste ab Platz 19 bis 62 zu gelassen werden können.
Die erste Veranstaltung war – trotz der in der “Freien Presse” geschilderten Verfahrenspannen – ja auf jeden Fall “eine einzige” Sitzung, auf die die Voraussetzungen zutrafen. Von der gesamten zweiten Sitzung hat der Wahlausschuss nicht annehmen können, dass sie die Fortsetzung der ersten darstellt. Nach seiner Interpretation von § 21 sächs. Wahlgesetz wäre dies aber erforderlich gewesen. Da dies nicht der Fall war, konnte der Ausschuss – insoweit folgerichtig – alle dort nominierten Kandidaten nicht mehr zulassen (§ 28 I Nr. 2 sächs. WahlG).
Ich bin nicht mal ansatzweise Jurist, aber entweder ist die Liste der/des 2.Veranstaltung(steils) die Fortschreibung der Liste der/des 1.Veranstaltung(steils). Dann wäre offenkundig zum Ausdruck gebracht, dass die 2. Veranstaltung die Fortsetzung der 1. ist.
Oder es gibt 2 Listen, die jeweils auf einer einzigen Veranstaltung erstellt wurden und damit beide mit gleicher Priorität in Frage kämen.
Nein, wenn die zweite Veranstaltung als irregulär anzusehen ist im Gegensatz zur ersten, dann sind die in der zweiten Veranstaltung nominierten Personen von der Liste zu streichen. Das ist im Prinzip ganz einfach. Die entscheidende Frage ist: War die zweite Veranstaltung irregulär?
Da niemand bezweifeln kann, dass die 2. Veranstaltung die Fortsetzung der 1. war. weil bekanntgegeben wurde, dass die Listenplätze ab 19 zu wählen sind, sind beide Tagungstage als ein Wahlparteitag zu werten. Da braucht man kein Jurist sein, um das erkennen. Hier hat Rechtsbeugung stattgefunden, die den demokratischen Rechtsstaat weiter aushöhlt.
Naja, Herr Freid, Sie kennen sich, glaube ich, weder mit dem Verfassungs-, noch mit dem Wahl- oder gar dem Strafrecht aus, um hier solche gravierenden Anschuldigungen in den Raum zu stellen.
“Da niemand bezweifeln kann, dass die 2. Veranstaltung die Fortsetzung der 1. war. weil bekanntgegeben wurde, dass die Listenplätze ab 19 zu wählen sind (…)”
Wenn man der Rechtsansicht des Landeswahlausschusses (und zumindest Teilen des wahlrechtlichen Schrifttums) folgt, dass die zweite Veranstaltung die Fortsetzung der ersten sein muss, dann reicht das natürlich bei Weitem nicht aus, denn dann könnte ja ganz andere Personen als in der ersten Veranstaltung in einem anderen Wahlverfahren unter anderen Voraussetzungen über die restlichen Kandidaten entscheiden, weil es nach ihrer Ansicht allein darauf ankäme, dass die Veranstaltung als Fortsetzungsveranstaltung deklariert ist und die Kandidatenzählung fortgesetzt wird. Vielleicht kennen Sie ja den alten Grundsatz “falsa demonstratio non nocet”.
Der Landeswahlausschuss in Sachsen hat die Frage über drei Stunden lang beraten. Meinen Sie, dessen Mitglieder schließen so mal eben große Teile einer Liste von der Wahl aus, um sich später dann möglicherweise ihre Entscheidung vom Verfassungsgericht um die Ohren hauen zu lassen?
Mir erschliesst sich nicht warum es keine 2. Wahlveranstaltung geben darf.
Angenommen eine Partei nominiert 10 Listenplätze, was nach allen Erfahrungen und Umfragewerten völlig ausreichend ist. Zwei Monate vor der Wahl bricht sich plötzlich eine ungeähnte Begeisterung für diese Partei Bahn, woraufhin anzunehmen ist, dass sie 30 oder mehr Abgeordnete stellen kann.
Es muss doch möglich sein diese vor der Wahl in einem weiteren Wahlgang nachzunominieren.
Das wäre auch möglich: Legt man die Ansicht des Wahlausschusses zugrunde, müsste eine (komplett) neue Aufstellungsversammlung durchgeführt werden, auf der alle Kandidaten, ggf. nochmals, nominiert werden. Damit würde die vorherige Aufstellungsversammlung “überschrieben” werden.
Sie haben vollkommen recht. Das hat sich der Landeswahlauschuss aus den fingern gesogen. Von den Gesetzen ist das nicht gedeckt.
Ihre Behauptung trifft nicht zu. Ich empfehle eine Auseinandersetzung mit den hier in der Diskussion genannten Argumenten, mit der einschlägigen Rechtsprechung und dem Schrifttum, die Sie – wie Ihre wiederholten Äußerungen in diesem Fachforum zeigen – allesamt nicht kennen.
Dass der führende Parteienrechtler Deutschlands, Martin Morlok die Entscheidung für richtig hält, widerlegt Ihre Behauptung ebenfalls. Ebenso die Äußerung des Leipziger Staatsrechtlers Jochen Rozek, der zwar meint, die Auslegung von § 21 sächsisches Wahlgesetz sei nicht “glasklar”. Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass er die Ansicht des Wahlausschusses zumindest nicht für unvertretbar hält.
Sie gehen jetzt bitte mal ein paar Stunden in eine Bibliothek, machen sich schlau und melden sich erst dann hier wieder. Was halten Sie davon?
Die von Frau Schönberger vorgebrachte Rechtsauffassung ist so glasklar, dass auch der Verfassungsgerichtshof nicht darüber wegsehen kann. Ihre Rechtsauslegung ist einfach die einzig Richtige. Lesen sie doch einfach und denken dann nach.
Die Auffassung der Autoren ist alles andere als glasklar. Mir liegt jetzt der führende Kommentar zum Bundeswahlgesetz vor (das dem Landeswahlgesetz insoweit entspricht). Dazu unten mehr.
“Tatsächlich lässt sich ein entsprechendes Verbot, eine Landesliste
sukzessive auf zwei getrennten Parteitagen aufzustellen, dem geltenden Recht aber gar nicht entnehmen.”
Die Autoren haben wohl offenbar die Anlage 15 der Landeswahlordnung übersehen: “Niederschrift über die Mitglieder/Vertreterversammlung zur Aufstellung der Bewerber für die Landesliste”. Es gibt also doch eine Regelung ausdrücklich für die Landesliste. Selbstverständlich ist sie Bestandteil der Landeswahlordnung und damit geltendes Recht. In dieser Anlage 15 gibt es nur “die Mitglieder/Vertreterversammlung”. Wenn der sächsische Gesetzgeber hätte regeln wollen, dass die Landesliste einer Partei auch in zwei Vertreterversammlungen aufgestellt werden kann, dann hätte er das in dieser Anlage 15 zum Ausdruck bringen müssen. Für einen anderen Fall, nämlich für die Änderung der Landesliste, hat er eine klare Regelung getroffen: Eine Mitglieder/Vertreterversammlung ist zur Aufstellung, oder zur Änderung, der Landesliste einzuberufen – dies ist in der Niederschrift anzukreuzen.
Es gab doch eine Mitgliederversammlung zur Wahl der Listenkandidaten. Sie fand an den 2 nicht zusammenhängenden Tagen statt. Wo sehen Sie hier ein Problem.
Ich verstehe die intellektuelle Diskussion nicht. Haben Sie, Frau Professor Schönberger, einen plausiblen und sinnvollen Vorschlag, wie man zu einer vernünftigen und rechtlich halbwegs korrekten Lösung des Problems kommen kann? Wenn ja, dann geben Sie bitte den AfD-Verantwortlichen einen Tipp.
So wie ich das sehe, wissen das die AfD-verantwortlichen schon. https://www.facebook.com/AfD.Sachsen/photos/a.322068014589056/2116294005166439/?type=3&comment_id=2116777138451459¬if_id=1562785227130534¬if_t=feedback_reaction_generic&ref=notif
Interessant. Na dann AfD: Viel Erfolg.
Mir als Nichtjurist ist bekannt, dass Gerichte oft Formalien für ausschlaggebender halten als inhaltlich und sinnprüfende Erwägungen. Aber was ist mit dem juristischen Prinzip der Verhältnismäßígkeit? Einerseits: unterstellt man tatsächlich eine benachteiligende Wirkung des evtl. formal fehlerhaften Verfahrens auf einzelne Bewerber bzw. Gegenkandidaten, ist dies aber nicht andererseits erheblich weniger gewichtig als eine grundlegende Aushebelung der Wählerwillens im gesamten Land? – Ich käme absolut nicht auf die Idee, diese unappetitliche Partei zu wählen. Aber gibt man ihr dadurch nicht geradezu die Möglichkeit sich wieder als Opfer zu präsentieren? Und kann nicht sogar die Wirkung eintreten, dass manche Wähler anderer Parteien (oder sonstige Nichtwähler) aus Mitleid nun den Wahlkreiskandidaten die Stimme geben, ohne die Landesliste zu wählen? – Andererseits hat es die Nichtzulassung von Parteilisten bei Kommunalwahlen schon öfter mal gegeben: ich erinnere mich in Hessen an Wiesbaden und Usingen, wo es meiner Erinnerung in beiden Fällen SPD-Listen waren. Die hat diesen Rechtsnachteil dann halt akzeptiert und sich nicht als Opfer dargestellt. – Vielleicht müsste man künftig den Parteien eine angemessene Nachfrist nach einer Zurückweisung von Listen geben um eventuelle Formfehler heilen zu können?
Es geht doch darum, dass die AfD alles richtig gemacht hat und der Landeswahlausschuss Recht gebrochen hat. Wenn man das jetzt einfach aktzeptiert, ist der demokratische Rechtsstaat ausgehöhlt.
Nein, der Landeswahlausschuss hat kein Recht gebrochen. Gerichtsentscheidungen, die sich mit der maßgeblichen Frage befassen, liegen nicht vor, also hat, wie das üblich ist, der Landeswahlausschuss die ganz herrschende Meinung im Schrifttum seiner Entscheidung, ob es sich um eine “eine einzige” Versammlung handeln muss zugrunde gelegt. Dazu unten mehr.
Die Bürgerschaftswahl 1991 in Hamburg musste wegen der Wahllistenaufstellung der CDU, die den Anforderungen des örtlichen Gesetzes in punkto demokratischer Partizipation nicht entsprach, 1993 wiederholt werden. Mit der Folge, dass die SPD ihre absolute Mehrheit verlor, die FDP aus der Bürgerschaft flog, die CDU massiv Stimmen einbüsste und einmalig die Statt-Partei mit knapp über fünf Prozent in die Bürgerschaft einzog. Der grosse Gewinner waren die Grünen, damals noch unter Grün-Alternative-Liste-Hamburg fungierend. Die äusserste Rechte legte ebenfalls stark zu und die Republikaner verpassten nur knapp den Einzug in die Bürgerschaft, weil sich die Republikaner und die DVU gegenseitig kanabalisierten, zusammen aber gut 7.5 Prozent Wähleranteil holten, was über sechs Prozent mehr, als bei der letzten Wahl bedeutete. Für eine Wahl Anfang der neunziger Jahre, waren dies schon massive Verschiebungen. Die Landeswahlleitungen haben eine hohe Verantwortung. Muss eine Wahl wiederholt werden, weil eine Partei einen gravierenden Fehler begangen hat oder die Landeswahlleitungen, bedeutet dies, dass es zu gravierenden Wählerverschiebungen kommen kann, wie die Wahl von 1993 in Hamburg eindrücklich bewiesen hat. Im Fall von Sachsen, dürfte wohl die AfD oder im schlimmeren Fall, sogar die NPD die grossen Nutznießerin sein. Die AfD war wohl schon naiv, denn ein spezialisierter Wahlrechtsexperte hätte bei frühzeitiger Konsultation, die AfD warnen können. In Deutschland sind die Anforderungen an eine Wahllistenaufstellung hoch und da ist jede Partei angehalten, sich gut und gründlich rechtlich beraten zu lassen. In der Schweiz wäre so eine Wahllistenaufstellung, wie sie die AfD in Sachsen gemacht hat, ohne Folgen geblieben. In fast allen Kantonen erstellen die Bezirksparteien die Wahllisten für das Kantonsparlament und es müsste gravierendes vorfallen, dass eine Wahlliste nicht zugelassen werden würde, solange sie die notwendigen Unterstützungsunterschriften hat und die einzelnen KandidatInnen ihrer Nomination zugestimmt haben. Würde man den deutschen Masstab an eine typische schweizerische Parlamentswahl stellen, punkto demokratischer Kandidatenaufstellung und Wahlkampffinanzierung, wären alle Wahlen seit sicher über fünfzig Jahren nicht gültig gewesen.
Ich habe mir jetzt den führenden Kommentar zum Bundeswahlgesetz, das in diesem Punkt mit dem sächsischen Landeswahlgesetz übereinstimmt, besorgt. Darin heißt es (Hahlen (= ehem. Bundeswahlleiter) in Schreiber, BWahlG, 10. Aufl. 2017, § 21 Rn. 12; Hervorhebung von mir):
“Erfolgt die Kandidatenaufstellung in einer Mitgliederversammlung (…) muss diese eine gemeinsame EINZIGE Versammlung (…) sein. Getrennte (geteilte) Mitgliederversammlungen (…) sind unzulässig.”
§ 27 Abs. 5 BWahlG verweist für Listenaufstellungen auf § 21 Abs. 1 BWahlG (und ebenso verweist § 27 Abs. 5 sächs. WahlG auf § 21 Abs. 1 sächs. WahlG, der mit § 21 Abs. 1 BWahlG insoweit übereinstimmt).
Als Belege für seine Aussage gibt der zitierte Kommentar an (Fn. 51):
Seifert, Bundeswahlrecht, 3. Aufl. 1976, § 21 BWahlG Rn. 5; ders., Die politischen Parteien im Recht der Bundesrepublik Deutschland, S. 371 (Fn. 94).
Festzuhalten ist damit, dass der sächsische Landeswahlausschuss seiner Rechtsansicht die mindestens herrschende Meinung zugrunde gelegt hat.
Wird dieses Erfordernis im Kommentar denn auch irgendwie begründet?
Von Hahlen nicht. Seiferts Kommentar, auf den Hahlen verweist, stellt auf den Wortlaut der Vorschrift (“eine Mitgliederversammlung”) ab.
Ein Verweis auf den Wortlaut kann aber keine Begründung dafür sein, dass eine von zwei gleichberechtigt möglichen Auslegungen des Wortlauts richtig ist.
Ich meinte zudem eine tragfähige verfassungsrechtliche Begründung, die ihrerseits die einfachrechtliche Bestimmung tragen würde.
In der Tat kann man hier bezweifeln, ob der Wortlaut eine eindeutige Aussage enthält.
Mag ja sein, dass Sie eine tragfähige verfassungsrechtliche Begründung meinten. Die kann ich Ihnen aber nach meinem gegenwärtigen Kenntnisstand aus der Literatur nicht liefern. Ich könnte Ihnen nur einen eigenen Begründungsansatz liefern.
Ihre Auslegung ist völliger Unsinn. Es wurden schon von allen Parteien, insbesondere auch von den Grünen viele mehrtägige Wahlversammlungendurchgeführt, ohne dass sich jemals jemand daran gestört hätte. Kandidatenaufstellungen über mehrere Tage, die auch unterbrochen sein dürfen, sind immer als eine Kandidatenaufstellung zu werten.
Ihnen möchte ich die Rückkehr zu einer sachbezogenen Debatte empfehlen. Dass mehrtägige Veranstaltungen und Unterbrechungen möglich sind, ist vollkommen unumstritten und wurde auch vom sächsischen Landeswahlausschuss überhaupt nicht in Abrede gestellt.
Im Übrigen habe ich hier nicht “meine Auslegung” zum Besten gegeben, sondern dass einschlägige Schrifttum, hier die Erläuterungen zu der Vorschrift durch einen früheren Bundeswahlleiter.
Bis zu diesem Punkt hatte ich Ihre Beiträge hier als angenehm sachlich empfunden, auch wenn Sie zu anderen Ergebnisse kommen als ich. Die Art und Weise, wie Sie nun den Schreiber zitieren, finde ich aber erschreckend, denn sie ist schlicht unseriös. Ohne sinnentstellende Kürzung lautet das Zitat wie folgt:
„Erfolgt die Kandidatenaufstellung in einer Mitgliederversammlung […], muss diese eine gemeinsame (einzige) Versammlung der Mitglieder der Partei im Wahlkreis sein. Getrennte (geteilte) Mitgliederversammlungen im Wahlkreis zur Wahl des Wahlkreiskandidaten (z. B. auf Ortsvereins- oder Ortsverbandsebene/Gemeinde-, Stadtverbandsebene) sind unzulässig.”
Unzulässig sind laut diesem Schreiber-Zitat also nicht etwa zeitlich oder durch unterschiedliche Versammlungsleiter/Wahlverfahren „getrennte“ Mitgliederversammlungen, sondern ÖRTLICH getrennte Mitgliederversammlungen für verschiedene Teile des Wahlgebiets. Es geht an jener Stelle um das bei Bundestagswahlkreisen praktisch hoch relevante Problem, dass es für die Gewinnchancen konkurrierender Bewerber ganz entscheidend darauf ankommt, in welchem Teil des Wahlkreises die Mitgliederversammlung stattfindet. Offensichtlich hat man diesem Problem in früheren Jahrzehnten (daher die sehr alten Fundstellen in der Fußnote) dadurch zu entgegnen versucht, dass man mehrere Mitgliederversammlungen an verschiedenen Orten durchgeführt hat, deren Ergebnisse man anschließend zusammengerechnet hat. Dadurch erklärt sich auch, warum der Schreiber diese Aussage lediglich auf Mitgliederversammlungen bezieht, nicht aber auf Vertreterversammlungen. Bei Vertreterversammlungen ist nämlich bereits durch den Delegiertenschlüssel sichergestellt, dass alle Teilgebiete des Wahlkreises angemessen beteiligt sind, so dass hier niemand auf die Idee käme, mehrere örtlich getrennte Versammlungen durchzuführen.
Zum vorliegenden Thema, der (Teil-)Zulassung der AfD-Landesliste zur sächsischen Landtagswahl, vermag das Zitat aus dem Schreiber nichts beizutragen.
Hallo Herr Zicht, § 21 BWahlG betrifft die Aufstellung von Wahlkreiskandidaten. Darauf und damit auf einzelne Wahlkreise beziehen sich demgemäß auch die von Ihnen korrekt wiedergegebenen Äußerungen Hahlens
Hier hatte der Landeswahlausschuss über die Zulassung der Landesliste zu entscheiden. Dafür gelten – wie ich oben angegeben habe – gem. § 27 Abs. 5 sächs. LWahlG (entspricht § 27 Abs.5 BWahlG) die Regelungen von § 21 Abs. 1 ENTSPRECHEND. Insoweit ist sind meine Ausführungen vollkommen korrekt.
Im Übrigen trifft das von der h.M. herangezogene Wortlautargument (“eine Mitgliederversammlung”) ja unzweifelhaft für beide Konstellationen (Wahlkreisvorschlag/Listenaufstellung) zu.
Dass Sie hier keinen Fehler einräumen mögen, finde ich irritierend und enttäuschend.
Wenn ich Sie richtig verstehe (Schreiber = herrschende Meinung?), scheinen Sie nun sogar zu behaupten, Hahlen hätte die zitierte Aussage mit dem Wortlaut „eine Mitgliederversammlung“ begründet. Wahr ist, dass sich bei Schreiber/Hahlen eine solche Begründung nicht findet. Und viel naheliegender wäre doch wohl, dass Hahlen das Verbot getrennter Versammlungen für Teilgebiete des Wahlkreises aus § 21 Abs. 1 Satz 2 ableitet. Wenn es eine Versammlung für Teilgebiet A und eine Versammlung für Teilgebiet B gibt, fehlt es nun einmal schlichtweg an einer Versammlung der Mitglieder des Gesamtgebiets. Wenn man dies, wie Hahlen, feststellt, ist noch nichts darüber gesagt, ob sich die Versammlung auch mehrmals an verschiedenen Tagen und mit unterschiedlichen Versammlungsleitern treffen darf.
Ich verstehe nicht, worauf Sie hinaus wollen. Für die Aufstellung von Landeslisten verweist § 27 Abs. 5 auf § 21 Abs. 1, wonach diese (u.a.) “in einer Mitgliederversammlung” zu erfolgen hat. Für § 21 Abs. 1 verlangt Hahlen, dass es sich um eine einzige Mitgliederversammlung handeln muss.
Im Übrigen möchte ich Sie bitten, meine Ausführungen korrekt wiederzugeben. Auf die Nachfrage eine Lesers habe ich oben angegeben, dass Hahlen keine Begründung für seine Interpretation liefert, aber auf die Kommentierung von Seifert, die Ihnen als Wahlrechtsexperte sicherlich vorliegt, verweist. Seifert wiederum beruft sich auf den Wortlaut der Norm.
Hallo Herr Mützel, das kommt darauf an, ob Sie den §21(1) aus Sicht des Kandidaten “entsprechend” anwenden wollen oder aus Sicht der in §27 korrespondierenden, aber sachlich verschiedenen Entität Landesliste.
Aus Sicht der Landesliste wird §21(1) bei mehreren Landesparteitagen nicht “entsprechend” zur Kür eines Wahlkreiskandidaten angewendet.
Aus Sicht eines Kandidaten wird der §21(1) für die Landeslistenerstellung selbst dann “entsprechend” angewendet, wenn es für jeden Listenplatz einen gesonderten Landesparteitag gibt.
Anläßlich des Falls Samtleben hat das Sächsische Verfassungsgericht auch schon explizit klargestellt, daß bei Änderungen einer Landesliste innerhalb der Einreichungsfrist eine weitere Wahlversammlung nicht nur möglich, sondern sogar verpflichtend ist. De facto ist eine Ergänzung einer Landesliste um weitere Listenplätze ja auch nichts anderes als eine Änderung iSd §24.
Ist aber die Kandidatensicht einzunehmen, dann ist der einzige Bezug des Hahlen/Schreiber-Kommentars (so wie er von Hrn. Zicht zitiert wird, habe die Quelle nicht) zu dem Verfahren mit Landeslisten das Verbot von nach dem Verfahren der Zusammenstellung konkurrierenden Wahlversammlungen.
Da Bezugspunkt des § 27 BWahlG (= § 27 sächs. LWahlG) die Landesliste ist (“Landeslisten können nur von Parteien eingereicht werden. (…) Landeslisten müssen den Namen der einreichenden Partei (…) enthalten. (…) Die Namen der Bewerber müssen in erkennbarer Reihenfolge aufgeführt sein.”) kommt es nach Ihrer Terminologie, Anonymer Politalkoholiker, auf die Sichtweise der Landesliste an.
Pardon, Ihr Hinweis auf Seifert war mir entgangen. Eine diesbezügliche h. M. vermag ich dennoch nicht zu erkennen.
Der Punkt, auf den ich hinaus will, ist, dass der Schreiber entgegen Ihrer Darstellung kein Erfordernis einer Einheitlichkeit der Versammlung in dem vom Landeswahlausschuss vertretenen Sinn kennt. Angesichts der Ähnlichkeit der Gesetzeslage zwischen Sachsen und dem Bundeswahlgesetzes und des insoweit auf Vollständigkeit angelegten Konzepts des Schreibers ist das ein bemerkenswerter Befund.
Das sehe ich nicht so, Herr Zicht. Nach Schreiber/Hahlen ist im unmittelbaren Anwendungsfall von § 21 Abs. 1 BWahlG eine einzige Veranstaltung im Wahlkreis zur Aufstellung des Wahlkreiskandidaten erforderlich. Für die Listenwahl, für die § 27 Abs. 5 BWahlG, auf § 21 Abs. 1 BWahlG verweist und diesen für “entsprechend” anwendbar erklärt, muss dies in konsequenter Anwendung dieser Lehre bedeuten, dass es nur eine einzige Veranstaltung auf Landesebene geben darf.
Was schreibt Schreiber denn zu § 27 Abs. 5 BWahlG? Ihnen liegt der Kommentar doch vor.
Politoholiker, lieber Herr Mützel, bitte keine Beleidigungen!
Ich bitte um Pardon, falls meine Terminologie nicht immer ganz der Üblichen entspricht, ich bin hier nur als juristisch interessierter Laie unterwegs und bringe das, so glaube ich, erkennbar durch die Wahl meines Nicks zum Ausdruck.
Ihr Argument ist aber nachvollziehbar und wenn der Bezugspunkt tatsächlich nicht strittig ist zwischen Ihnen und Herrn Zicht, neige ich mangels Kenntnis weiterer qualifizierter Fachpositionen dazu, Ihnen recht zu geben. Obwohl mir die Position von Herrn Zicht deutlich sympathischer ist, denn mir erschließt sich die gesetzgeberische Absicht bei Gültigkeit Ihrer Auslegung nicht, außer dem Aufbau rein formaler Hürden für die Aufstellung von Landeslisten. Das Argument von der Chancengleichheit überzeugt mich in diesem Zusammenhang nicht.
Wenn Sie mir aber jetzt noch sagen könnten, wie eine Änderung einer Landesliste nach §24 SächsWahlG S.1 (Umkehrschluß) vor Ende der Einreichungsfrist möglich sein kann, ohne Bezugnahme auf mindestens zwei Versammlungen und ohne daß eine komplette Neuwahl von Platz 1 an notwendig wäre (die bloße Übernahme eines Teilergebnisses aus der vorherigen, wg. §21 zu verwerfenden Versammlung wäre dann ja wg. Chancengleichheitsprinzip eine unzulässige Blockwahl!), dann hätten Sie mich vollends überzeugt.
Wie schon dargelegt, beziehen sich die Ausführungen von Hahlen zur „einzigen“ Versammlung (denen ich mich übrigens vollumfänglich anschließe) allein auf den Ausschluss von mehreren Aufstellungsversammlungen für verschiedene Teilgebiete des Wahlkreises bzw. (bei entsprechender Anwendung auf die Landesliste) des Landes.
Sie wollen es nicht verstehen, oder?
Es ist überhaupt gar kein Problem, eine Aufstellungsversammlung an mehreren Tagen durchzuführen. Nur muss es dann eben eine Versammlung sein, die am einen Tag unterbrochen und am anderen Tag fortgesetzt wird. So machen das z.B. auch die Grünen, insbesondere gibt’s dann weiterhin das anfangs gewählte Präsidium, den anfangs gewählten Versammlungsleiter und die selben Zeugen, und natürlich gilt auch weiter dieselbe anfangs beschlossene Wahlordnung. Das spricht dann sehr für eine Fortsetzung.
Hier wurde aber ja offensichtlich gerade keine Versammlung fortgesetzt, sondern zwei verschiedene durchgeführt. Warum es gute Gründe gibt das so anzunehmen wurde hier rauf und runter diskutiert.
Das ist falsch. Es dürfen auch Tage dazwischen sein. War bei anderen Parteien auch schon oft. Sie saugen sich das aus den Fingern, das Ihnen gerade reinpasst. Solcher Schwachsinn ist durch keine Vorschrift zu belegen.
Bitte lesen Sie die Kommentare. Auch dass Tage zwischen den Teilen einer Veranstaltung liegen dürfen, hat nie jemand bestritten. Dass sich jemand etwas aus den Fingern saugt, ist ebenfalls widerlegt worden. Auf den Wortlaut der einschlägigen Norm, auf die sich auch der Landeswahlausschuss beruft, sind Sie bereits mehrfach hingewiesen worden. Ob die Auslegung durch den landeswahlausschuss zutreffend ist, darüber mag man streiten. Aber es handelt sich jedenfalls nicht um Aspekte, die nicht auch schon zuvor m Schrifttum als maßgeblich erachtet wurden. Der Landeswahlausschuss hat hier nicht Neuland betreten und irgendeine obskure Theorie zulasten der AfD erfunden.
Das reimen Sie sich, wie der Landeswahlausschuss, so zuammen, wie es Ihnen politisch reinpasst. Ob der demokratische Rechtsstaat beschädigt wird, ist Ihnen dabei völlig egal. Lesen sie doch nochmals die Ausführungen von Frau Schönberger durch, Sie ist Rechtsspezialistin auf diesem Gebiet.
Das hier ist ein juristisches Fachforum. Da müssen Sie es schon hinnehmen, dass die Teilnehmer nicht auf Ihre plumpe Meinungsmache, die auf sachliche vorgetragene Argumente nicht eingeht, reinfallen.
To be fair, das Verschwörungsgegrunze kommt von der AfürD immer, völlig unabhängig wie sie behandelt wird, völlig unabhängig davon worum es geht.
als absoluter laie leuchtet mir nur ein, dass unterschiedliche wahlverfahren, einzel/block-wahl für kandidaten und auch die wählenden einen unterschied darstellen.
als einzelkandidat kommt es mehr auf die attribute des einzelnen an, während er bei einer blockwahl teil der anderen wird und seine individuellen eigenschaften an bedeutung verlieren.
oke, wenn aber nun das wahlrecht blockwahlen zulässt, dann ist doch der einzige logisch nachvollziehbare punkt aus sicht des späteren “wählers” irrelevant geworden.
oder klingt das jetzt doch zu laienhaft?
denn was jetzt als argument noch übrig bliebe, wäre, dass die veränderung des wahlverfahrens ab platz 20 speziell dazu gedacht war,
bestimmte personen bis platz 19 zu schützen und bestimmte unliebsame personen durch blockwahl ab platz 20 zu schwächen, bzw. auch liebsame personen zu stärken.
also ich habe leider zu wenig phatasie um mir solch ein szenarium praktisch vorstellen zu können.
auch weiss ich gar nichts über die zusammenstellung der blöcke.
wer legt die denn fest?
diese argument könnte man übrigens “dann” auch benutzen für eine einheitliche wahl entweder einzeln oder nach blöcken.
man will also z.bsp. blockwahl, weil man das benutzen will für pro/contra einzelner kandidaten und die schwächung/stärkung deren individueller eigenschaften.
es geht also “dann” bei der afd allen ernstes nur noch darum, dass man unterstellt, dass “man” ab einem bestimmten platz durch änderung des wahlverfahrens einfluss nehmen will – von wem auch immer –
auf das ergebnis der kandidaten.
das würde aber vorausetzen, dass die partei vorausehen hätte müssen, wie lange das ganze prozedere dauert…
denn es war ja zu beginn nicht beabsichtigt, sozusagen zwei wahltermine anzusetzen.
nä, entschuldigung, aber das klingt für mich nicht nachvollziehbar.
als laie sieht es für mich eher danach aus
(ja, hier geht wohl um jura – bin wohl falsch als wähler und vor allem als eigentlicher “auftraggeber”),
dass die afd einen formfehler aus unvermögen begangen hat und die materie aber leider doch auch ziemlich kompliziert ist.
wenn dem so ist. denn stellt sich für mich eine abschliessende frage.
genügen also formfehler ohne “konkrete auswirkungen” sowohl für die späteren wähler als auch die kandidaten der afd,
um die wählbarkeit einer partei so drastisch zu reduzieren wie stimmungen und prognosen jetzt erahnen lassen?
kann es also sein, dass ein formfehler ohne konsequenzen evtl. darüber entscheidet, ob eine partei 28% oder 14 % anteil erhält?
kann es sein, dass nur formfehler ohne konsequenzen darüber entscheiden, welche regierung die sachsen erhalten?
oder ist die höhe des entstehenden schadens völlig irrelevant?
wird nicht das wahlrecht völlig ad absurum geführt, wenn,
– sollte die streichung der liste so durchgehen –
die gefahr eines direktkandidaten der afd die anderen parteien dazu veranlasst,
taktisch zu wählen?
(das gab es auch bei der zweitstimmenkampagne von CDU/FDP, ich weiss, aber hier liegt der fall anders.)
ist das noch im sinne der demokratie, wenn plötzlich wähler der CDU und der linkspartei sich einigen auf einen kandidaten nur um den kandidaten der afd zu verhindern?
inwiefern wird mir dadurch als potentieller wähler der afd die wertigkeit meiner stimme teilweise genommen?
denn sollte sich eine partei nicht auf dem boden der verfassung bewegen, kann/muss man sie verbieten.
würde ich das ohne die kappung der kandidaten akzeptieren, kann man doch aber beide szenarien jetzt nicht mehr trennen.
es geht nämlich nicht nur um die streichung der liste ab platz 20, sondern auch darum, durch kollektive absprachen die afd “dann” daran zu hindern,
über die direktmandate ihr ergebnis halten zu können.
(schon die bürgermeister wahl in görlitz öffnete eine ganz gefährliche flasche.)
das wahlergebnis wäre somit in einem gefährlichen ausmass auch das ergebnis von evtl. gewünschten stimmungen, die keinem demokratischen prozess mehr unterliegen.
beispiel einfluss finanzstarker investoren auf die verlage.
ein wahlergebnis ist immer auch das ergebnis von stimmungen. ich weiss.
aber es ist die summe der gründe und die abläufe, die diesen fall dadurch zu etwas neuem gefährlichen für die demokratie an sich machten.
geht es also nur ums “prinzip”?
auch bei der frage ob es eine veranstaltung war oder zwei und das entscheidet ggf. je nach ausgang der wahl im september darüber, wie und in welche richtung das land regiert wird?
verselbstständigt sich hier das recht nicht in einem gefährlichen ausmass von seiner eigentlichen aufgabe?
es mag bei unzähligen anderen vorgängen eher nachrangig sein, aber bei einer wahl mit solch einer sprengkraft mit evtl. auswirkungen auf die regierungskoalition?
darf die wichtigkeit einer entscheidung überhaut einfluss haben auf ein evtl. urteil?
handelt die justiz dann überhaupt noch im sinne dessen, wofür sie mal gedacht war?
ist das überhaupt noch recht und vor allem “wessen” recht?
entschuldigung, falls ich hier gestört habe – ein laie
Ihr Rechtsempfinden als Laie trifft auch die tatsächliche Gesetzeslage. Es steht der Verdacht der Rechtsbeugung im Raum. Wenn diese Entscheidung bestehen bleiben sollte, ist der demokratische Rechtsstaat schwer beschädigt. Leider nehmen des viele der hier schreibenden Gesetzeslaien gerne hin, weil es ihrem politischen Interesse entspricht. Bleibt zu hoffen, dass der Verwaltungsgerichtshof den Schaden durch eine gesetzeskonforme Entscheidung vor der Wahl noch eindämmt. https://www.tag24.de/nachrichten/sachsen-afd-landtagswahl-lsitenstreichung-vorgehen-beschwerde-bundesverfassungsgericht-1132701
Subsumieren Sie das Verhalten des Landeswahlausschusses doch mal unter den Begriff “Rechtsbeugung”!
Einen “Verwaltungsgerichtshof” gibt es in Sachsen übrigens nicht und die Verwaltungsgerichtsbarkeit ist in dieser Sache weder zuständig noch von der AfD angerufen worden. Wer das nicht weiß, sollte sich vielleicht zur angeblichen Gesetzeslage nicht näher äußern.
Ich halte die Entscheidung des Landeswahlausschusses bekanntlich für falsch, aber alle Umstände sprechen eindeutig dafür, dass der Landeswahlausschuss hier einer irrtümlichen Rechtsauffassung erlegen ist, nicht aber bewusst Recht brechen wollte.
Und wenn sich der Verfassungsgerichtshof (nicht Verwaltungsgerichtshof) gesetzeskonform verhält, muss er die Verfassungsbeschwerde der AfD leider zurückweisen und die AfD auf das Wahlprüfungsverfahren vertrösten. Diese Rechtslage mag man bedauern, aber sie ist eindeutig. Und der Verfassungsgerichtshof hat diese Rechtslage zuletzt 2014 für verfassungskonform erklärt; ausdrücklich im Bewusstsein, dass man damit unter Umständen sehendes Auges in eine rechtswidrige Wahl schlittern muss.
Vermutlich ist das die Rechtslage, aber ich würde es begrüßen, wenn der VerfGH doch einen Weg fände schon vor der Wahl inhaltlich zu entscheiden.
Rechtspolitisch hielte ich folgende Punkte für wünschenswert:
1. Vollständige Abkopplung des Landeswahlausschusses von den im Landtag vertretenen Parteien, die de lege Latte bei der Besetzung der Beisitzerposten zu berücksichtigen sind, zumindest aber, wie beim Bundeswahlausschuss die Aufnahme von Verwaltungsrichtern.
2. Verpflichtung zur umfassenden Begründung von (teilweise) ablehnenden Entscheidungen des Bundeswahlausschusses und Verpflichtung zur Veröffentlichung der Entscheidungen.
3. Schaffung eines Rechtswegs vor der Wahl. Gegebenenfalls muss dann eine summarische Prüfung genügen.
Wünschenswert wäre ferner, wenn Sitzungen von Landeswahlausschüssen wie beim Bundeswahlausschuss per Livestream übertragen würden und das so entstehende Video in einer Mediathek verfügbar wäre.
de lege lata (Fehler, wie auch anderen Stellen, durch Autokorrektur).
Wobei man zu Punkt 3 sagen kann, dass an der Entscheidung des sächs. Landeswahlausschusses mit dem von der AfD entsandten Mitglied Dr. Scheffler ein Verwaltungsrichter mitgewirkt hat, der sich bei der in Rede stehenden Entscheidung enthalten hat …
“…aber alle Umstände sprechen eindeutig dafür, dass der Landeswahlausschuss hier einer irrtümlichen Rechtsauffassung erlegen ist, nicht aber bewusst Recht brechen wollte.” Wie kommen Sie darauf. Der Landeswahlausschuss wurde von der AfD auf diese Fehler hingewiesen.
Wenn man begründeterweise einer anderen Rechtsansicht folgt oder einen Sachverhalt, wiederum begründet, anders bewertet, begeht man keine Rechtsbeugung. So einfach ist das. Es ist nun wahrlich nicht so, dass die Auffassung des Landeswahlausschusses unvertretbar gewesen wäre. Das aber wäre für eine Rechtsbeugung erforderlich. Sie gehen in Ihrer, Entschuldigung, naiven Sichtweise davon aus, dass die Entscheidung von Rechtsfragen einem Schwarz-Weiß-Schema folgt. So ist das aber nicht.
Oft gibt es in der Juristerei aber mehrere vertretbare Rechtsauffassungen. So auch hier.
Im Übrigen steht die Fehlleistung des Landeswahlausschusses in keinem Verhältnis zum Versagen der Verantwortlichen der sächsischen AfD. Nach allem, was wir wissen, hat es die AfD am 18. Juni, also drei Monate nach der zweiten Versammlung und neun Tage vor Ablauf der Einreichungsfrist, allen Ernstes zu Stande gebracht, bei der Landeswahlleiterin zwei unterschiedliche Ausführungen der Anlage 13 einzureichen, auf der auch noch jeweils unterschiedliche Vertrauenspersonen benannt waren.
Das ist ein so dermaßen grotesk falsches Vorgehen, dass es für eine geradezu sagenhafte Inkompetenz der bei der sächsischen AfD handelnden Personen spricht. Selbst eine bedeutungslose Kleinstpartei, die so etwas zum ersten Mal machen muss, würde für ein derart dilettantisches Vorgehen ausgelacht werden. Dass sich der sächsische Landesvorstand der AfD dann auch noch hinstellt und behauptet, man hätte NICHTS falsch gemacht, ist an dreister Realitätsverleugnung kaum zu überbieten.
Ja, das Fehlen der in § 21 und § 27 genannten Anforderungen, so hat es das Bundesverfassungsgericht festgestellt, begründen einen Verstoß, der, unabhängig von konkreten Auswirkungen, zum (teilweisen) Ausschluss von der Wahl führen muss, selbst wenn der entsprechende Fehler innerparteilich nicht gerührt wird.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 20.10.1993 – 2 BvC 2/91 (nochmals der Hinweis, dass §§ 21 u. 27 BWahlG weitgehend den hier diskutierten §§ 21 u. 27 sächs. WahlG entsprechen):
“Die Aufstellung der Wahlkandidaten bildet die Nahtstelle zwischen den von den Parteien weitgehend autonom zu gestaltenden Angelegenheiten ihrer inneren Ordnung und dem auf die Staatsbürger bezogenen Wahlrecht. Nicht allen Maßnahmen der Parteien im Zusammenhang mit der Kandidatenaufstellung kommt wahlrechtliche Bedeutung zu. So ist die Beachtung der in den §§ 21 Abs. 1-4 und 6, 27 BWahlG enthaltenen Vorschriften wahlrechtlich erheblich, nicht aber die Einhaltung der daneben nur nach der Parteisatzung für die Kandidatenaufstellung geltenden Bestimmungen (…). Aus der Funktion der wahlrechtlichen Regelung in den §§ 21, 27 BWahlG, die personale Grundlage einer demokratischen Wahl zu schaffen, ergibt sich jedoch, daß § 21 Abs. 1 BWahlG mit der Anforderung einer ´Wahl´ nicht allein die geheime Abstimmung verlangt, sondern weiter die Einhaltung eines Kernbestandes an Verfahrensgrundsätzen, ohne den ein Kandidatenvorschlag schlechterdings nicht Grundlage eines demokratischen Wahlvorgangs sein kann. Hieraus folgt: Halten die Parteien bei der Wahl der Vertreterversammlung oder der Wahlkreis- und Listenkandidaten diese elementaren Regeln nicht ein, so begründet das die Gefahr der Verfälschung des demokratischen Charakters der Wahl bereits in ihrer Grundlage und damit einen Wahlfehler.”
Im Ergebnis: Derartige Fehler auf Nominierungsveranstaltungen können später zur erfolgreichen Anfechtung der Landtagswahl und zu deren Wiederholung führen.
was ist ein “kernbestand an verfahrensgrundsätzen”?
ich als laie und sozusagen “endbenutzer” eines systems stelle mir dabei vor, dass dieser kernbestand dafür sorgen muss,
dass eine wahl demokratisch ausfällt.
entschuldigung, wenn das überhaupt nicht juristisch klingt.
es geht also final darum, dass meine stimme als wähler gleichwertig ist und dass die aufstellung der kandidaten nicht das ergebnis düsterer partei hinterzimmer intrigen sind.
der wechsel von einzelwahl auf blockwahl kann keine missachtung des wählerwillens darstellen,
da ja die wahl “nur” nach blöcken ausdrücklich erlaubt wird.
es geht also beim fall der afd erstrangig darum, dass ab platz 20 gewechselt wurde.
mir als endbenutzer eines systems fehlen aber erkenntnisse, warum eine wahl generell nach blöcken erlaubt wird,
aber der wechsel ab platz 20 eine verletzung des “kernbestandes an verfahrensgrundsätzen” darstellen soll.
ich dramatisiere jetzt ein szenario um es einleuchtender zu machen, was ich meine.
angenommen, die afd würde relativ sicher erwarten können, dass sie 60% erhält.
angenommen, die erste liste hätte nur 10 kandidaten enthalten und die zweite liste das maximum an zu vergebenden sitzen.
durch einen verfahrensfehler, der aber nicht am “kernbestand an verfahrensgrundsätzen” rührt,
kann nun die mehrheit der bevölkerung nicht mehr ihr demokratisches recht wahrnehmen.
die demokratie unterliegt jetzt “formalen” juristischen fragen.
inwieweit dieses “formale” zur wahrung der demokratie als solches notwendig ist, spielt keine rolle mehr.
es wird also noch nichtmals festgestellt, ob die umstellung des wahlverfahrens ein kernbestand ist und doch wird entschieden, dass die mehrheit ihr entscheidungsrecht verliert.
ich würde also verstehen, dass “man” zur wahrung der prozesse hin zu einem demokratischen ergebnis generell verbieten würde, blockwahlen abzuhalten.
wer dagegen verstösst, wird ausgeschlossen. kein problem.
aber so leuchtet mir das überhaupt nicht mehr ein, da ich aus der sicht des endbenutzers argumentiere.
ich kann mir also schon vorstellen, dass eine partei in gestalt führender figuren unerlaubt in einen prozess eingreift, um damit ihre eigene entscheidungskraft zu stärken
und die der wähler damit zu schwächen.
dazu muss aber doch zumindest ein beweis dazu geführt werden, inwiefern dilletantische umsetzungen von formalen regeln tatsächlich wahlrelevant sind.
der verweis auf die hamburg wahl wird meiner einschätzung als laie übrigens nicht der bedeutung der sachsen wahl gerecht.
bei der sachsen wahl geht es zum teil um wirklich grundsätzliche entscheidungen, wohin sich sachsen und indirekt auch die gesamte bundesrepublik entwickelt.
auch hier messe ich der “bedeutung” etwas zu, welches ein jurist vielleicht nur mit kopfschütteln beantwortet.
wenn ich als “endbenutzer” aber keinen logisch nachvollziehbaren punkt erkenne, der es rechtferigt, dass mir als wähler ein teil meiner macht genommen wird,
verringert sich mein verständnis für die juristerei, da diese zusehends ein eigenleben zu führen scheint.
dies scheint mir auch der grund zu sein, dass “man” vermeiden wollte, die afd vollständig auszuschliessen.
das würde mir aber als endbenutzer viel mehr einleuchten.
denn wenn der “kernbestand an verfahrensgrundsätzen” verletzt wurde, dann muss die partei ganz von der wahl ausgeschlossen werden.
denn “wahl 1” war ja angeblich eigenständig so wie “wahl 2” auch.
“man” glaubte aber wohl, dass solch eine massnahme zu offensichtlich sei.
– ich weiss, spekulation. aber auch die spekalation des sich getäucht fühlenden wählers ist ein wert an sich,
so lange man nicht beweisen kann, dass die demokratie als solches durch formfehler wirklich beschädigt wurde. –
also versucht man – aus der sicht von mir, dem endbenutzer – nun herum zu tricksen.
der schaden, so glaubt man, der verhinderung der kandidaten ab platz 20 sei gerade noch so verkaufbar,
ohne dass ein schaden für die demokratie als solches entsteht, den niemand mehr beiseite wischen kann.
so, und jetzt kommt, wovon ich selber nicht weiss, ob das zu weit führt.
denn “man” glaubt ja nur deswegen, dass der demokratische schaden nicht ein grundsätzlicher ist, weil man ja jetzt “noch” sagen kann,
“ja aber die afd kann es ja über die direktkandidaten versuchen und vielleicht erhält sie ja genug direktkandidaten, um die gestrichenen listenplätze auszugleichen.”
ein teil der wucht wird dadurch jetzt erstmal aus der geschichte heraus genommen.
denn noch kann man ja sagen, die streichung der liste bliebe vielleicht ohne folgen.
wäre dass der hintergedanke gewesen, die beiden listen nicht komplett zu streichen, wäre das schon bedenklich “perfide”.
denn jetzt wird es natürlich völlig absurd.
denn jetzt geht es plötzlich nicht mehr um den “kernbestand an verfahrensgrundsätzen”.
das heisst die liste wird zusammen gestrichen wegen dem fehlen des “kernbestandes an verfahrensgrundsätzen”,
aber über die direktkandidaten holt die partei doch die sitze.
das heisst, für mich als endbenutzer wird seitens der juristerei überhaupt nicht im sinne des ganzen argumentiert.
für mich sieht es also aus, als ob formale “nicht relevante” unstimmigkeiten/verletzungen benutzt werden, um dem wähler einen teil seines rechtes zu nehmen.
und leider spielt unter diesen voraussetzungen die wertigkeit meiner stimme jetzt doch noch eine rolle.
denn wenn es bei der afd zur hälfte um die direktkandidaten geht und die anderen sich zusamenschliessen gegen die afd,
haben wir doch jetzt folgendes ergebnis.
– unter anderem deshalb, zur wiederholung, weil ja angeblich kernbestände der verfahrensgrundsätze verletzt wurden, die partei aber diese verletzung über die direktkandidaten quasi nichtig machen kann.
für mich als wähler ist also die gesamtheit der wahl, bestehend aus liste und direktwahl, bewertungsmassstab zur legitimität. –
bin ich also ein wähler sagen wir mal der CDU oder der GRÜNEN, dann genügt in der regel ein ergebnis um die 30% um die regierung anzuführen und somit den wählerwillen beträchtlich umzusetzen.
bin ich jedoch ein wähler der afd, genügt das eben nicht. ich brauche derzeit über 50% stimmenanteil.
jetzt kann man ja argumenteiren, dass die afd sich so positioniert, dass die anderen partout nicht mit dieser partei zusammenarbeiten können.
die gründe, warum sie dies nicht können, werden jetzt sehr interessant.
sind es nämlich gründe, die in einer verfassungsmässig verankerten und daher legitimen abneigung liegen und somit berechtigt sind –
– aber warum wird diese partei dann nicht verboten? –
oder geht es hier um weltanschauliche gründe?
werden also weltanschauliche gründe angeführt, bekommen plötzlich institutionen eine viel grössere bedeutung, als anfangs gedacht.
institutionen entscheiden also massgeblich darüber, was weltanschaulich noch im grünen bereich ist.
verändert sich der zeiteist, verändert sich der grüne bereich ohne logisch nachvollziehbare universelle entscheidungskriterien.
alleine die zuweisung des roten bereiches reicht schon, um einer diskussion aus dem wege gehen zu können.
entscheidet dieser grüne bereich aber darüber, ob meine stimme ganz konkret seine wertigkeit verliert,
dann wird das oberste demokratieprinzip verletzt.
entschuldigung, wenn das so klingt, als habe es nichts mit dem konkreten regelverstoss der afd zu tun.
aber die bedeutung dieses falles macht es unumgänglich, genau zu beleuchten, worum es “eigentlich” geht.
dazu zählt auch die option, “naja, dann versucht es halt über die direktkandidaten”.
dummerweise kann sich aber das parteienspektrum ausserhalb der afd jetzt zusammenschliessen und bedient sich jetzt plötzlich auch des grünen bereiches.
somit ist meine afd stimme nicht mehr als gleichwertig anzusehen
es geht also darum, dass mein recht als wähler nicht verletzt wird.
das steht über allem.
ja, und ich als laie sage auch, das steht über dem urteil des bundesverfassungsgerichtes.
denn das bundesverfassungsgericht ist auch zu einem wesentlichen teil ausdruck eines zeitgeistes und auch über umwege ausdruck der wahlergebnisse der parteien…
wenn parteien nicht mehr vollständig demokratischen prinzipien folgen, aber durch wahlergebnisse darüber mitbestimmen können,
wer höchster richter wird, dann haben wir doch wieder denselben salat wie schon einmal.
nur das undenkbare unserer heutigen realität lässt doch diese varainte als spinnerei abtun.
aber krisenfest schliesst eben echte krisen mit ein.
echte gesellschaftsbedrohende krisen haben wir seit 45 nicht mehr erlebt. ja und…
es geht also immer auch um die interpretation von gesetzen und nie nur um die gesetze an sich.
insofern kann das bundesverfassungsgericht niemals die letzte instanz sein.
ich weiss, sowas kann nur ein laie sagen.
ich habe auch keine lösung.
erstmal ist es nur mein job als auftraggeber, darauf hinzuweisen, dass auch die rolle des bundesverfassungsgerichtes eben dem zeitgeist unterliegt
und entscheidungen nicht nur beweisbar logischen prinzipien gehorchen.
aber ich habe aus der geschichte gelernt, dass alle institutionen in frage gestellt werden sollen.
ich weiss auch, dass dann nicht “ich” einspringen darf als vertreter.
es geht mir nur darum, dass man irgend etwas bräuchte, um die macht des bundesverfassungsgerichtes einzuhegen oder deren bestallung transparenter zu machen.
wird also mir als wähler mein wahlrecht zum teil genommen durch ein urteil des bundesverfassungsgerichts,
welches ich insbesondere bzgl. das wahlverfahresn überhaupt nicht mehr nachvollziehen kann und mir auch nicht mehr erklärt wird,
wird grosser schaden angerichtet an mir,
dem eigentlichen auftraggeber der gerichte.
wäre ich nur ein einzelkritiker, könnte man das als spinnerei abtun.
ich bin aber evtl. teil eines drittels der sachsen z.bsp.
was übrigens nicht heisst, dass zwei drittel dagegen sind.
ich wiederhole daher nochmals meine kritik.
ich würde hier nicht schreiben, wenn man mir darlegen könnte, dass durch die umstellung des wahlverfahrens wirklich gravierende grundsätze einer wahl verletzt wurden.
alle anderen punkte nämlich wirken auf mich konstruiert und sind reine formale regelverstösse aus unkenntnis oder meinetwegen auch aus dummheit heraus.
nur die umstellung des wahlverfahrens ist aus meiner sicht wirklich ein punkt, der es rechtfertigt, die ausstellung ab platz 20 ungültig zu machen.
aber da blockwahl ausdrücklich erlaubt wird, muss bewiesen werden, dass “die umstellung” ein schaden an der demokratie darstellt.
ich bin also der meinung, dass die wichtigkeit eines ereignisses darüber bestimmt, welche wertigkeit details bekommen.
und meines wissens nach darf es in der juristerei auch darum gehen, welche bedeutung etwas hat, oder irre ich da als zugeben nicht sehr intelligenter laie?
Ich kann Teile des Artikels nicht so recht nachvollziehen. In meinen Augen ist es sonnenklar, dass die AfD einen unerlaubten, zweiten Parteitag abgehalten.
Das hat die AfD im übrigen auch genau so (!) auf ihrer Internet-Präsenz angekündigt – auch, wenn die Seite mittlerweile gelöscht ist. Webcache:
https://webcache.googleusercontent.com/search?q=cache:UP6pczQp9kUJ:https://afd-dd.de/events/2-listenparteitag-der-afd-sachsen/
aber es geht doch um eine einheitliche sache.
nämlich die erstellung der liste zur sächsischen landtagswahl..
drei tage waren zu wenig. man kam nur bis platz 19.
also neuer termin.
wenn sie so wollen, zweiter parteitag. aber das ist doch nur eine formulierung.
sie können doch nicht eine formulierung, die vielleicht unpräzise gemacht wurde,
weil nicht absehbar, was dies für folgen hat, dazu benutzen, um die sache an sich falsch darzustellen.
egal, was wo angekündigt wurde.
es ist doch eindeutig, dass es um die vervollständigung der liste ging.
mittlerweile hat sich diese geschichte ja weiter entwickelt.
interessant, dass meine bedenken als laie bestätigt wurde.
dass heisst also, genau dass, was ich als triftigen grund ansehen würde für diese heftigen schritte,
gerät in den focus.
es geht also zusehends gar nicht darum, ob der “zweite” parteitag ein forsetzungsparteitag war oder ein eingenständiger,
sondern darum, dass behauptet wird, die umstellung des wahlverfahrens verletze die gleichen chancen der bewerber.
und dieser punkt ist nicht stichhaltig, da ein wechsel der wahlverfahren ausdrücklich erlaubt wird, wie ich jetzt erfahren habe.
also entgegen meiner ersten annahme ist sogar der WECHSEL innerhalb des prozesses erlaubt.
siehe den link zum rechtgutachten.
was jetzt noch übrig bleibt, ist also wirklich nur der punkt, dass man behauptet, ja aber das waren zwei parteitage.
und selbst das scheint erlaubt zu sein.
siehe gutachten.
sie wollen also allen ernstes die liste kürzen, weil in ihrem cache von einem zweiten parteitag die rede ist?
eine falsche formulierung reicht ihnen also aus, massivsten schaden an der demokratie als solcher zu tolerieren?
wenn noch nichtmals klar ist, ob sehr wohl zwei parteitage zulässig sind?
schon jetzt ist massivster schaden entstanden.
man braucht nicht viel phatasie, um sich vorzustellen,
was in einem wähler der afd jetzt vorgeht.
es gibt da ja sehr interessante szenarien.
z.bsp. das selbst wenn die afd alle wahlkreise direkt gewinnen würde, sie keine mehrheit bekäme.
ich selber bemerke sogar an mir selber ganz ungute entwicklungen.
ich bin ja kein sachse.
aber mich widert das dermassen an, dass ich, wäre ich ein sachse, jetzt afd wählen würde.
obwohl ich kein anhänger dieser partei bin.
https://www.afdsachsen.de/presse/pressemitteilungen/rechtsgutachten.html
Danke für den Link. Ich finde aber, der dort zu findende Einladungstext stützt eher die These, dass es sich nicht um eine neue, getrennt zu betrachtende Versammlung handelte, sondern schlicht um die Fortsetzung der ersten Versammlung.
Das wird sowohl durch die Überschrift „Aufstellungsversammlung (…) zur Wahl der Landesliste (…) ab Listenplatz 19“ deutlich, als auch durch den ersten Satz:: „Die Aufstellungsversammlung wird am 16. und 17. März 2019 am gleichen Ort (…) fortgesetzt.“
Nachdem die Landeswahlleiterin in ihrer Stellungnahme darauf hinwies, dass der Landeswahlausschuss seiner Entscheidung auch die Einladungstexte zugrunde gelegt hätte, war ich eigentlich davon ausgegangen, dass die AfD bei der Einladung gerade NICHT hinreichend deutlich gemacht hätte, dass es sich um eine Fortsetzung der bei Listenplatz 18 unterbrochenen Versammlung handelte.
Wobei dieser Text auf der Internetseite nicht unbedingt identisch sein muss mit der förmliche Einladung, die den Mitgliedern per Brief oder E-Mail zugegangen sein müsste und die insoweit ausschlaggebend ist.
guten tag!
vielleicht lesen sie meinen “einwand” ja doch noch nach so langer zeit…
ich las auch den text im google-cache und stutzte sofort, weil ja ausdrücklich von “fortsetzung” die rede ist. aber wenn man genauer hinschaut, erkennt man (unser beider) irrtum: da ist die rede davon, das der parteitag zur listenaufstellung, welcher am 15. beginnt!, am 16. und 17. fortgesetzt wird.
nirgends dagegen ist die rede davon, dass es sich bei der versammlung, beginnend am 15., bereits um eine fortsetzung der vorherigen listenaufstellung handelt.
diese einladung widersprich also der landeswahlleiterin gerade nicht.
Sie haben natürlich Recht, das hatte ich tatsächlich übersehen. Danke für den Hinweis!
Wie ich aber ja schon an anderer Stelle ausgeführt habe, kommt es auch nicht entscheidend darauf an, ob es sich um eine Fortsetzungsversammlung oder eine Änderungsversammlung handelte. Immerhin ist in der Einladung von der Aufstellung „ab Listenpatz 19“ die Rede, so dass zumindest hinreichend klar war, dass es sich nicht um eine Versammlung handelt, die eine neue bzw. zweite Liste aufstellen sollte.
“Immerhin ist in der Einladung von der Aufstellung „ab Listenpatz 19“ die Rede, so dass zumindest hinreichend klar war, dass es sich nicht um eine Versammlung handelt, die eine neue bzw. zweite Liste aufstellen sollte.”
darum geht es meines erachtens nicht, ob eine neue bzw. zweite liste erstellt werden sollte. es geht zentral darum, ob eine zweite sitzung den kandidatinnen die gleichen chancen gab. durch änderung des wahlverfahrens und durch änderung der zusammensetzung des parteitages. jedes mitglied ist wahlberechtigt. waren also beim zweiten parteitag andere personen wahlberechtigt – weil z.b. mehrere neue eintraten und eingeladen waren? bei einer fortsetzung und schon gar nicht bei einem delegiertenparteitag, wäre dies nicht der fall. und, natürlich, entscheiden ein paar stimmen mehr oder weniger über die positionen…
Nicht jede Veränderung der Chancen ist ein Verstoß gegen die Chancengleichheit. Die mit der Zusammensetzung der Versammlung zusammenhängenden Chancen der Kandidaten sind auch davon abhängig, wer gerade auf Toilette ist, vor der Tür raucht, im Nebenzimmer die Stimmen auszählt oder vorzeitig abreisen musste, weil er keine Zeit mehr hatte. Das sind alles in der Natur der Sache liegende Umstände, die keine Verletzung der Chancengleichheit darstellen. Was Personen angeht, die während eines mehrtägigen Aufstellungsvorgangs wahlberechtigt werden (was ja auch bei einer „eintägigen“ Versammlung um Mitternacht passieren kann), so haben diese Personen immerhin das gesetzlich verbriefte Recht, an der Kandidatenaufstellung mitwirken zu dürfen. Eine noch darüber stehende Pflicht der Partei, der Person dieses Recht zu verweigern, kann ich nicht erkennen. Mag schon sein, dass die Partei aus organisatorischen Gründen nicht verpflichtet ist, solchen Personen ab Eintritt der Wahlberechtigung während einer laufenden Versammlung dieses Recht auch tatsächlich einzuräumen. Einen Wahlfehler darin zu erkennen, wenn eine Partei entsprechend agil handelt, finde ich aber nicht überzeugend.
Schon gar nicht wird man bei einer Änderungsversammlung einer Person, die seit der Aufstellungsversammlung wahlberechtigt geworden ist, verbieten dürfen, an der Änderungsversammlung teilzunehmen. Ich weise erneut darauf hin, dass auch Änderungsversammlungen zulässig sind.
Da steht in der Überschrift „2. Listenparteitag der AfD Sachsen“ und als Zeitraum wird der „15. März 2019 – 17. März 2019“.
Der Satz „Die Aufstellungsversammlung wird am 16. und 17. März 2019 am gleichen Ort (…) fortgesetzt.“ bezieht aber nicht den 15. März ein, sodass davon auszugehen ist, dass der 15. März als der Beginn dieser Veranstaltung anzusehen ist – anstatt eines Datums im Februar.
Als juristischer Laie bleibt mir nur das Unverständnis zu äußern, weshalb viele,ausserhalb des Blogs, davon ausgehen können es gehe nur um den Wählerwillen am Wahltag. Das passive Wahlrecht ist genauso schützenswert in einer Demokratie und der Listenkandidaten hat den Anspruch in einer allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahl gewählt zu werden. Sogleich auch die Delegierten die die Kandidaten wählen.
Sehr überzeugend der Vortrag der AfD: https://www.youtube.com/watch?v=tHkAuRe63jY&feature=youtu.be&fbclid=IwAR1NLCeBUxjrTv2WDw1tp_MCA-t4KpYLF1Vor1h7NTboJaWpaiWDirEDvw0
Das juristische Problem, vor dem der Landeswahlausschuss stand, war letztlich die Subsumtion der beiden Zusammenkünfte unter § 21 Landeswahlgesetz analog. Letztlich hat das Gesetz einen Fall wie hier (Aufsplittung in zwei Veranstaltungen) nicht eindeutig geregelt. Klar dürfte nur sein, dass eine Versammlung unterbrochen werden darf. Entsprechend allgemein verhält sich die Kommentarliteratur dazu.
Dabei erscheinen erst einmal – gerade angesichts der nur entsprechenden Anwendung der Norm – zwei Lösungen vertretbar:
1. Die vom Ausschuss gewählte enge Auslegung des § 21 – oder 2. eine weite, die die beiden Zusammenkünfte der AfD im Rechtssinne als einheitlichen Vorgang qualifiziert. Für beide Varianten gibt es gute Argumente (Wortlaut, Systematik, Teleos usw.), wobei mich die 1. Lösung im Ergebnis weitaus weniger überzeugt.
Rechtlich “möglich” oder “richtig” muss noch nicht “klug” bedeuten. Demokratie beginnt und endet nicht bei der Wahlaufstellung. Die jetzt gewählte Lösung ist sicherlich die am wenigsten demokratische. Sie ist zudem politisch misslich. Wenn nicht gar dumm. Der Ausschuss hat sich im Ergebnis recht kleingeistig in formalen Fragen verheddert, die das Gesetz so gar nicht stellt.
Sehr schön zusammen gefasst und auf den Punkt gebracht.
Der Gesetzgeber hat ganz klar getrennte Teilversammlungen zugelassen.Das sächsische Wahlgesetz ist vom Bundeswahlgesetz abgekupfert. In Drucksache 7/3371 der 7. Wahlperiode des Bundestags heißt es: “Der Ausschuss geht davon aus, dass Abs. 1 (des BWG) die Wahl von Delegierten der Vertreterversammlungen sowohl in einer Mitgliederversammlung als auch in mehreren teilversammlungen zuläßt.”
Das sehe ich wie Rüdiger. Eher ein Schwachpunkt in der Argumentation des Gutachters.
Etwas erstaunt bin ich darüber, daß das Gutachten, das sich i.Wstl. auf Schönberger/Schönberger stützt, mit keinem Wort auf die Protokolle der beiden Veranstaltungen eingeht, jedoch auf der PK zum Gutachten von den AfD-Vertretern behauptet wurde, daß die 1. Veranstaltung mit der protokollierten Ankündigung schloß, daß die Aufstellungsversammlung am 15.3. “fortgesetzt” werde. Aber das wäre ja gerade der entscheidende Punkt!
Die den Journalisten während der PK versprochene Bereitstellung der Protokolle ist bisher anscheinend auch nicht erfolgt, jedenfalls nicht über die Website der Sachsen-AfD.
Während der PK verwickeln sich die AfD-Vertreter auch noch in Widersprüche, so wird zunächst behauptet, man hätte über die Gesamtliste der 61 gegen Ende der 2. Veranstaltung noch einmal explizit abgestimmt, später wird eine implizite Abstimmung daraus (auf Nachfrage des VL wurden keine Einwände gegen das “Abstimmungsergebnis” von den Delegierten vorgebracht).
Keiner der Anwesenden wußte, ob die Gruppenwahl ab Nr. 31 in Blöcken à 5 oder á 10 oder insgesamt durchgeführt wurde!
Insgesamt kein vollständig überzeugender Auftritt, ich bin sehr im Zweifel über die Qualität der Versammlungsprotokolle. Es bleibt spannend.
@Anonymer Politoholiker
Zitat: „Während der PK verwickeln sich die AfD-Vertreter auch noch in Widersprüche, so wird zunächst behauptet, man hätte über die Gesamtliste der 61 gegen Ende der 2. Veranstaltung noch einmal explizit abgestimmt, später wird eine implizite Abstimmung daraus (auf Nachfrage des VL wurden keine Einwände gegen das ,Abstimmungsergebnis‘ von den Delegierten vorgebracht).“
Was zumindest eindeutig aus der Darstellung der Schlussabstimmung auf der Pressekonferenz hervorgeht (etwa Min 00:56:33) ist, dass sie entgegen §17 PartG nicht geheim erfolgte. Damit kann sie nicht als heilend für den Verstoß gegen §6 Abs. 3 Satz 1 der AfD-Bundeswahlordnung (keine frist- und satzungsgemäße Ankündigung des Verfahrenswechsels) angesehen werden.
Die zitierte BT-Drs. betrifft aber die Wahl von Vertretern der Vertreterversammlungen durch die Mitglieder, nicht den Fall hier. Dennoch: Eine Unterbrechung bzw. Durchführung durch mehrere Teilversammlungen (auch mit mehreren Versammlungsleitern) muss möglich sein. Ich entnehme § 21 jedenfalls kein Gebot, die Versammlung ununterbrochen vorzunehmen. Genauso ist auch eine “entsprechende” Anwendung des Unterschriftserfordernisses vorzunehmen, sobald mehrere Versammlungsleiter beteiligt waren.
Daraus ergibt sich auch, dass eine Umstellung auf ein anderes (dem Grunde nach zulässiges) Wahlverfahren möglich sein muss.
Normalerweise klärt man sowas im Vorfeld und verhandelt einen gangbaren Weg. Erst am Ende drei Stunden zu diskutieren, das bringt nichts. Zumal ich annehme, dass man hier im Zweifel (Art. 21 GG) die Liste zulassen sollte, die eine Partei ohne Verletzung elementarer demokratischer Grundsätze aufgestellt hat.
Nochmal: natürlich ist eine Unterbrechung und Fortsetzung der (einen) Versammlung zulässig. Ebenso ist es zulässig, die ersten Plätze einzeln zu wählen und die hinteren dann im Block, wenn man anfangs so ein Verfahren beschließt.
Schwierig wird es, wenn nicht die erste Versammlung fortgesetzt wird, sondern es über einen Monat später eine zweite, andere Versammlung gibt, mit neuen Personen und neuen Wahlregeln. Selbst das wäre noch nicht das Problem, wenn die zweite Versammlung innerhalb der Einreichungsfrist die erste Versammlung ersetzen sollte und die erste damit “überschrieben” würde, indem die ersten Plätze explizit geändert oder bestätigt würden. Aber auch das hat die AfD offenbar versäumt.
Das Gutachten der AfD finde ich übrigens wirklich enttäuschend. Selbst als bestelltes Parteigutachten könnte man zumindest so tun, als würde man eine Rechtsfrage offen prüfen statt nur eine empörte Aneinanderreihung unterschiedlichster Anwürfe aneinanderzureihen. Das wäre schon als Schriftsatz der Partei nicht besonders gut. Schade, dass sich Professoren für so etwas hergeben.
Gesetzeslage:
Das von Ihnen und dem Landeswahlausschuss proklamierte Erfordernis einer einheitlichen Versammlung lässt sich dem Gesetz aus den im Artikel genannten Gründen (Wortlaut, Zweck, Systematik (§27 -> § 21) des Gesetzes) nicht entnehmen und dies auch auf den ersten Blick erkennbar nicht entnehmen; diese in das Gesetz hineinzuinterpretieren wäre eine Auslegung “praeter legem”. Warum hat der Landeswahlaussschus wohl 3 Stunden gebraucht, auf eine für jeden Juristen sofort erkennbare Rechtsfrage? Mit dem Erfordernis einer einheitlichen Versammlung entfällt natürlich auch das Erfordernis einer “Überschreibung.
Sachverhalt:
Die AfD sieht in den beiden Veranstaltungen aufgrund verschiedener in der Pressekonferenz genannter Fakten eine Versammlung. Wie Krah (AfD) in der Pressekonferenz richtig anmerkte, wäre eine einheitliche Versammlung aber gar nicht nötig (siehe oben Rechtslage).
Das Rechtsgutachten ist zwar enttäuschend (genauso wie der Aufsatz von Robert Hotstegs in der LTO vom 10.07.2019), da aber die Auslegung des Landeswahausschusses bereits bei erster Lektüre des Gesetzes aus den im Artikel genannten Gründen unhaltbar wird, ist der Sprung “medias in res” durchaus verständlich. Angesichts der sicher von Anfang an geplanten Veröffentlichung auch für Laien sind Layout und Aufbau schlecht gewählt.
Die Argumentation des Wahlausschusses ist an Absurdität kaum zu überbieten. Denn selbst wenn man der Argumentation des Wahlausschusses folgt, die meines Erachtens rechtlich überhaupt nicht haltbar ist, ist die Entscheidung des Wahlausschusses falsch. Die massive Kürzung der AfD-Liste,und damit die Verletzung des Demokratieprinzips, ist nämlich viel gravierender als die behauptete Beeinträchtigung der Chancengleichheit der Kandidaten.
Abgesehen davon, dass die Chancengleichheit der Kandidaten bei einem Wechsel des Wahlverfahrens oder durch eine behauptete zweite Versammlung gar nicht negativ beeinträchtigt wird, ist es absurd, diese angebliche Problematik dadurch heilen zu wollen, dass man einen Großteil der Liste für ungültig erlärt. Es wird nun nämlich ein Parlament gewählt, das nicht den Wählerwillen repräsentiert. Das ist das Problem und nicht eine gar nicht vorhandene Benachteiligung von Kandidaten.
Selbst wenn es eine geringfügige Benachteiligung von Kandidaten durch den Wechsel des Wahlverfahrens geben würde, was nicht der Fall ist, ist diese Problematik von viel geringerem Gewicht als ein Parlament, das nicht den Wählerwillen repräsentiert.
Die juristische Argumentation von Frau Schönberger teile ich völlig. Seltsam finde ich jedoch, dass sie in ihrer juristische Argumentation auch Argumente bringt, die überhaupt nichts mit der Rechtsfrage zu tun haben.
So beklagt sie z.B., dass die Entscheidung des Wahlausschusses den “Opfermythos” der AfD verstärken würde. Abgesehen davon, dass es meines Erachtens für die Klärung der Rechtsfrage völlig irrelevant ist, ob die Entscheidung des Wahlausschusses einen angeblichen “Opfermythos” der AfD stärkt oder nicht – ist die AfD tatsächlich Opfer, wenn zu ihren Lasten entschieden wird.
“Denn selbst wenn man der Argumentation des Wahlausschusses folgt, die meines Erachtens rechtlich überhaupt nicht haltbar ist, ist die Entscheidung des Wahlausschusses falsch.”
Nein, insoweit ist die Entscheidung des Ausschusses vollkommen konsequent (vgl. auch § 28 Abs. 1 Nr. 2 LWahlG).
Wirklich? Konsequent wäre m.E. gewesen, wenn die LWL überhaupt keine AfD-Landesliste zugelassen hätte. Zumal die LWL in ihrer Pressemitteilung argumentiert, daß nach dem Stichtag keine Mängelbeseitigung mehr zulässig war, weil kein an sich gültiger Wahlvorschlag i.S.d. §25(2) SächsWahlG vorgelegen hätte. Zur Begründung fehlender An-Sich-Gültigkeit beschränkt sie sich jedoch nicht auf die Kriterien des §25(2), sondern zieht bemerkenswerterweise jene des §21 (!) heran, die – nach meinem Verständnis – über die An-Sich-Eigenschaften einer LL weit hinausgehen.
Eine an sich ungültige Liste hätte die LWL aber gem. §28(1)Zf.2 in toto zurückweisen müssen anstatt gem. §28(1)S.3 nur zu kürzen.
Außerdem ergibt sich aus der Teilzulassung der Liste ein so kräftiger Hebel in Bezug auf ein negatives Stimmgewicht, daß das Zustandekommen einer verfassungsgemäßen Wahl fast unmöglich wird. Auch das hätte mMn die LWL erkennen müssen.
Oh pardon, ich habe in §25(2)Nr.3 den Verweis auf §21 überlesen. Die “Nachweise des §21” beziehen sich auf den Absatz 5 – somit wäre in der Lesart der LWL die Liste an sich ungültig, weil mehr als 1 Versammlungsleiter und 2 Vertrauensleute unterschrieben haben.
Wie gesagt, bliebe die Liste dann aber in toto zurückzuweisen.
Ich erinnere mich noch ziemlich gut an die Kandidatenaufstellung der GAl in den 80ern. Die wurde (weil es so lange dauerte) oft auf zwei Versammlungen durchgefuehrt, die z.T. zwei Wochen auseinander lagen. Und es wurde auch oft ab einem bestimmten Listenplatz auf Blockwahl umgestellt. Andererseits wurde immer penibel darauf geachtet das die 2. Versammlung eine Fortsetzungen der erstens ist. D.h. die erste wurde am Abend vom Versammlungsleiter nicht beendet sondern formel ‘unterbrochen’. Die Einladung zur zweiten war immer mit ‘Fortsetzung der Mitgliderversammlung’, die Versammlungsleitung war immer identisch, oder wenn es aus praktischen Gruenden nicht ging (Urlaub kam mal vor, nicht sicher ob auch Krankheit), wurde von den uebriggebliebenen Teilen der Versammlungsleitung eine Nachwahl durchgefuehrt.
Oder anders gesagt, es sagt auch was ueber die AfD aus dass denen sowas entweder egal ist oder sie es nich hinbekommt. Ob Doofheit ein Ausschlussgrund ist wenn schon klar ist was gemeint ist, ist natuerlich eine andere Frage. Ich denke irgendwo muss schon eine Grenze gezogen werden, aber schon hier?
Dass der Wechsel der Versammlungsleitung für die Fortsetzungsversammlung verboten ist, sind reine Spitzfindigkeiten, die in keiner Vorschrift so ausgelegt werden kann.
Daran allein hat der Landeswahlausschuss sein Urteil auch nicht festgemacht, sondern aus einer Gesamtschau von Umständen, die für ihn Indizwirkung hatten.
Das ist ja gar nicht. Die sollen endlich sagen, was genau nicht stimmt (und vor allem gegen welche Vorschrift es verstößt) und nicht immer so allgemein von geheimnisvollen Indizien reden.
Gibt doch zahlreiche Medienberichte dazu. Müssten Sie sich nur raussuchen.
Zm Beispiel hier: https://www.mdr.de/nachrichten/politik/regional/kuerzung-afd-landesliste-sachsen-100.html und
hier: https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/die-afd-in-sachsen-muss-wegen-formfehlern-auf-43-listenplaetze-verzichten-16270853.html
Vom ZDF wurde eine Stellungnahme des Staatsrechtlers Prof. Jörn Ipsen, ehemaliger Präsident des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs ins Netz gestellt.
Er stützt zum einen die Argumentation der Landeswahlleiterin, verweist aber zum anderen – mMn zu recht – darauf, daß ohne Kenntnis der Protokolle kein abschließendes Urteil möglich ist.
https://www.zdf.de/nachrichten/heute/zu-frueh-fuer-ein-urteil-gastbeitrag-professor-joern-ipsen-100.html
Bezüglich der Protokolle habe ich bereits weiter oben darauf hingewiesen, daß die Darstellungen der LWL und der AfD in wesentlichen Punkten (Wahlverfahren ab Platz 31, angeblicher Fortsetzungsbeschluß) divergieren, die AfD bisher aber anscheinend nicht willens oder in der Lage ist, diese Protokolle der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Protokolle sind nicht allein entscheidend. Man kann auch Zeugenaussagen einholen. Es war doch wohl jedem Menschen in dieser Welt klar, dass die 2 Wahlversammlung die Fortsetzungsversammlung für die Plätze ab 19 war. Wer hier anderes konstruieren will, ist extrem böswillig.
Unter “extrem” und “böswillig” geht es natürlich nicht. eine Fortsetzung zeichnet sich nicht nur dadurch aus, dass alle davon ausgehen und die Veranstaltung als Fortsetzung bezeichnet wird, sondern dass es OBJEKTIV auch eine Fortsetzung ist.
Das ist richtig. Sie sprechen damit aber noch ein weiteres Problem an, das bislang noch kaum thematisiert wurde:
Gesetzt nämlich den Fall, es gäbe wirklich ein Erfordernis, dass die Aufstellung der Kandidatenliste durch eine rechtlich gesehen einheitliche Versammlung erfolgen muss, was wären dann überhaupt die objektiven Kriterien dafür, dass eine Versammlung im rechtlichen Sinn “eine” ist und wo wären die eigentlich so eindeutig formuliert, dass eine Partei sich rechtssicher daran orientieren kann?
Genauso ist es. Gerade deshalb kann man sich nicht einfach etwas aus den Fingern saugen, nur um der AfD zu schaden. Da beginnt der Verdacht der Rechtsbeugung.
Im Prozess der Kandidatenaufstellung gibt es in der Tat offenbar einige Unwägbarkeiten. Erinnern kann man an das wegweisende Urteil des Hamburgischen Verfassungsgerichts, wonach die fehlende Möglichkeit eines Kandidaten, sich in der Nominierungsveranstaltung (der CDU) vorzustellen, einen schweren Verstoß gegen den Grundsatz innerparteilicher Demokratie darstellt und als Verletzung der allgemeinen Wahlrechtsgrundsätze anzusehen ist. Die angefochtene Bürgerschaftswahl musste wiederholt werden.´
Dagegen finde ich das hier im Raum stehende Problem, wann eine unterbrochene Aufstellungsversammlung als einheitlich zu werten ist, relativ einfach zu beantworten: Wenn die Agierenden und das Nominierungsverfahren im Wesentlichen identisch sind.
Herr Mützel, wo steht das?
Die Antwort überzeugt mich noch nicht ganz. Wie wir aus der Vergangenheit wissen, führt ein bloßer Wechsel im Nominierungsverfahren üblicherweise nicht dazu, dass die Veranstaltung als “nicht-eine” gilt.
Und was die Agierenden angeht, handelte es sich bei den Wahlberechtigten an beiden Tagen um die Mitglieder der sächsischen AfD. Dass die Wahlberechtigten dieselben sein müssen (jedenfalls formal, nicht hinsichtlich der konkreten Personen), ist so einleuchtend, dass es in der Tat nirgend explizit festgelegt sein muss.
Gewechselt hat offenbar die Versammlungsleitung, aber da fehlt mir dann ein evidenter Grund dafür, dass ein Wechsel auf dieser Ebene die Veranstaltung zu einer “nicht-einen” macht.Deshalb müsste das m.E. wirklich irgendwo explizit festgelegt sein, um als Kriterium herangezogen werden zu können.
@ Erik Freid
“Herr Mützel, wo steht das?”
Das steht auch irgendwo (z.B. im Kommentar zum hess. Wahlrecht), aber was soll es denn sonst bedeuten, wenn es sich um eine Fortsetzungsveranstaltung handelt?
Und wie gesagt, dass alle Kandidaten die Möglichkeit haben müssen, sich vorzustellen, steht auch nirgendwo und ist trotzdem ein erheblicher Umstand (s.u.).
Ich verstehe aber, worauf sie hinauswollen. Allerdings kannte die AfD das Prinzip ja offenbar, weil sie vor der letzten Landtagswahl wegen eines solchen Fehlers die Nominierung wiederholte.
@Philipp Mützel Ob eine Versammlung eine Fortsetzungsveranstaltung ist, weiss und bestimmt allein der Veranstalter, also die AfD. Da haben andere überhaupt nicht reinzuschnüffeln und zu bestimmen. Die AfD hat das aber auch nach außen kommuniziert, dass die Wahlliste ab Platz 19 bestimmt wird. Außerdem haben alle Kandidaten sich der Versammlung vorstellen können, auch da gab es keine Benachteiligungen und es hat auch diesbezüglich kein Kandidat irgendwelche Beschwerde eingelegt. Die Ablehnungsgründe sind allesamt juristisch nicht haltbar.
@ Erik Freid:
Das ist Ihre Meinung.
Mal sehen, was beim Wahlprüfungsverfahren in vier Jahren herauskommt. Solange müssen wir uns beide gedulden.
@Erik Freid: Laut Ipsen steht das tatsächlich nicht im Gesetz und braucht auch nirgendwo zu stehen, sondern folgt bereits aus der “Rechtsnatur von Wahlen als ‘demokratischer Momentaufnahmen’“, d.h. offenbar übergeordneten Rechtsgrundsätzen.
Diese Ansicht aus der Feder eines ehemaligen Präsidenten des Nds. Staatsgerichtshofs ist zumindest von Gewicht.
Da eine Landesliste jedoch nicht “gewählt”, sondern “aufgestellt” wird, indem in einer oder mehreren voneinander unabhängigen Wahlen je Listenplatz ein Kandidat bestimmt wird, kann ich mir bei der Anwendbarkeit dieses Arguments auf Landeslisten auch andere Ansichten vorstellen.
Bzgl. der Protokolle möchte ich daran erinnern, daß diese Teil des Wahlvorschlags sind und daß über deren Inhalt in 2 Punkten von AfD und LWL einander widersprechende Angaben gemacht wurden. Die Ansicht, daß mindestens eine dieser beiden Parteien eine teilweise unzutreffende Darstellung des Sachverhalts abgegeben hat, ist sicherlich nicht “böswillig”, sondern folgt zwingend nach den Gesetzen der Logik. Ohnehin helfen hier solche Kategorien der Moral nicht weiter.
@Philipp Mützel, 20:28:
Zum Hamburger Urteil: Wäre es dann nicht jetzt so, daß die kommende Sachsen-Wahl in jedem Fall zu wiederholen wäre? Schließlich hat die 2. Veranstaltung aus Sicht des Wahlausschusses quasi nicht stattgefunden, somit hatten zahlreiche Kandidaten keine Gelegenheit erhalten, sich vorzustellen.
Zum Nominierungsverfahren als Indiz für Einheitlichkeit: Ipsen argumentiert mit den Satzungsbestimmungen (die er für die AfD jedoch falsch wiedergibt). Falls die Satzung die Änderung des Nominierungsverfahrens während der Versammlung erlaubt, entfiele demnach dieses Indiz.
@Philipp Mützel Eine Entscheidung nach mehr als 2 bis 3 Monaten nach der Wahl wäre der Supergau für Rechtsstaat und Demokratie in Sachsen. Freue Sie sich etwa auf so etwas?
@ Anonymer Politoholiker, Mi 17 Jul 2019 / 02:02:
Gemäß § 28 Abs. 1 S. 2 sächs. WahlG sind (nur) die Kandidaten zu streichen, für die die gesetzlichen Anforderungen (hier nach Ansicht des Wahlausschusses: Nominierung in der einzigen Aufstellungsversammlung) nicht vorliegen.
Was die Satzung angeht: Es wurde hier, glaube ich, schon diskutiert. Grundsätzlich können die Parteien alles autonom regeln. Im Hinblick auf die Wahlrechtsgrundsätze und insbesondere die Vorgaben in §§ 21 und 27 sächs. WahlG gilt das aber nicht. Die Parteien können es zwar in ihre Satzungen schreiben, gleichwohl führt eine Verletzung von Wahlrechtsgrundsätzen und der Vorgaben zur Nichtzulassung der Kandidaten.
Beispiel: Sieht die Satzung Nominierungsveranstaltungen vor, ohne dass sich die Kandidaten vorstellen können, ohne die Möglichkeit zu Gegenkandidaturen oder mit offener Wahl vor, wird die so zustande gekommene Liste nicht zugelassen.
In der AfD-Pressekonferenz sind ja Jörg Urban und Maximilian Krah darauf herumgeritten, dass die Liste am Ende der zweiten Sitzung nochmals “per Akklamation” (so Krah) zur Abstimmung gestellt wurde (“Gibt es Einwände gegen die Liste?” oder so ähnlich). Dieser Vorgang ist vollkommen unbeachtlich (vgl. § 27 Abs. 5 i.V.m. § 21 Abs. 3 S. 1 sächs. WahlG) und zeigt angesichts der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung die erschreckende Ahnungslosigkeit der Versammlungsleitung. Die in der Pressekonferenz monstranzartig vorgetragene Behauptung (man könnte auch von Framing sprechen), es habe nicht den klitzekleinsten Formfehler gegeben, fällt schon damit wie ein schlecht zubereitetes Soufflé in sich zusammmen.
Wg. Hamburger Urteil: Das ist nicht die Antwort auf meine Frage, Herr Mützel. Mit der weiter unten um 10:51 kann ich aber diesbezüglich mehr anfangen.
Wg. Nom.Verfahren: Das habe ich auch so in Erinnerung, daß Sie (oder wer auch immer) bereits den Vorrang des SächsWahlG und übergeordneter Rechtsnormen in diesem Punkt vorgebracht haben. Jedoch argumentiert Ipsen eben mit (einem falschen Wortlaut) der Satzung. Ipsen mag den Ansatz falsch gesetzt haben oder auch nicht.
Mit dem Rest Ihres Posts kann ich nichts anfangen, da fehlt mir der Bezug.
@philipp mützel
“Was die Satzung angeht: Es wurde hier, glaube ich, schon diskutiert. Grundsätzlich können die Parteien alles autonom regeln. Im Hinblick auf die Wahlrechtsgrundsätze und insbesondere die Vorgaben in §§ 21 und 27 sächs. WahlG gilt das aber nicht. Die Parteien können es zwar in ihre Satzungen schreiben, gleichwohl führt eine Verletzung von Wahlrechtsgrundsätzen und der Vorgaben zur Nichtzulassung der Kandidaten.”
da gibt es doch ein wunderbares beispiel für: die quote bei den grünen. bei einer listenaufstellung könnte (entgegen der internen regeln) jederzeit ein mann auf den ungeraden plätzen antreten und die versammlungsleitung wäre dämlich, würde sie dagegen vorgehen. schwierig bzw. lustig wird die sache aber dann, wenn man betrachtet, dass dies dann eigentlich auch für delegiertenwahlen (für listenaufstellungen) gelten müsste.
So dämlich waren aber wohl die Grünen in Sachsen-Anhalt. Das LVerfG hat das trotzdem akzeptiert. (Ich bezweifle, dass das BVerfG auch so entscheiden würde.)
@mq86mq
Könnten sie vielleicht zum Nutzen aller ausführen, inwiefern die grünen sachsen anhält da dämlich waren?
Die Versammlungsleitung ist gegen die Kandidatur eines Manns auf Frauenplätze vorgegangen, siehe Randnummer 4 in LVG 3/17: https://verfassungsgericht.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Bibliothek/Politik_und_Verwaltung/MJ/MJ/lvg/LVerfG-LSA_20171025_03-17_Wahlpruefung_redaktKorr.pdf
@mq86mq
na, da haben sie aber was ausgegraben. sind sie selber dieser “spezielle” kandidat? in ihrem verlinkten, sehr interessantem text geht es ja um viel mehr, als um die quote. da will ja offensichtlich jemand gleich mal die welt aus den angeln heben mit seiner wahrnehmung von realität. aber, egal, zu meiner vertretenden sache:
“Dabei habe er seine Kandi-datur für die ungeraden Plätze 7, 9 und 11 der Landesliste erklärt, sei aber nicht zu-gelassen worden.”
tja, das war dann dumm von der sitzungsleitung. für korrekt halt ich das nicht. als alter, weißer mann, der seit ’86 bei den grünen ist. einfach unsouverän. da er eh keine chance gehabt hätte, hätte man ihn gewähren lassen sollen.
aber, so oder so, der ganze “einwand” gegen die wahl geht ja viel weiter, als um die eigene kandidatur bei den grünen. der ist also bei den grünen angetreten? und hat das riesenfaß nach der wahl aufgemacht, warum und weshalb alle verbrecher sind, gerade gegenüber der afd…nun, im netz nennt man so jemanden troll…
p.s.: wie gerne würde ich wissen, ob der mensch überhaupt mitglied der grünen war. denn da, bei den grünen, kann bei der listenaufstellung tatsächlich jeder mensch kommen und sagen, er/sie/es/* kandidiere auf platz xyz. hätten sie nicht gedacht, oder?
Ich bin das nicht, aber die Sache ist schon interessant. Das BVerfG hat ihn in vorhergehenden Wahlprüfungsbeschwerden mehr oder weniger dazu aufgefordert, das zu machen, dass sie in der Sache was entscheiden können.
Nichtmitglieder dürfen in der Regel schon gesetzlich kein Vorschlagsrecht haben, und ich geh davon aus, dass sich die Grünen insofern an die Wahlgesetze halten. Bei dem, der jede Wahl wegen Verstoß gegen das Wahlgeheimnis bei der Aufstellung anficht, weiß ich übrigens sicher, dass er Mitglied der Grünen ist.
Nun wie sich jetzt erweist hatte der Forist mit der Bewertung “extrem böswillig” ins Schwarze getroffen und es erweist sich auch, dass Sie Herr Mützel hier Ihr Massenposting mit vergleichbarer Intension veranstaltet haben.
Gut, dass der durch die gleichen Parteien besetzt Verfassungsgerichtshof klar und eindeutig auf die rechtswidrige Entscheidung des Wahlausschusses hinweist.
Der vorläufige Entscheid weist auf ein salomonisches Urteil zum Schutze der Demokratie hin. Dies halte ich auch für geboten, obwohl dieser dreiste Versuch Wahlen zu manipulieren eigentlich strafrechtliche Konsequenzen haben müsste, geht hier wohl das Gemeinwohl vor.
Es geht jetzt nur noch darum, die Wahlfälscher vor Verfolgung zu schützen, wie fast immer in unserer nicht ganz so perfekten Demokratie.
“Nun wie sich jetzt erweist hatte der Forist mit der Bewertung “extrem böswillig” ins Schwarze getroffen und es erweist sich auch, dass Sie Herr Mützel hier Ihr Massenposting mit vergleichbarer Intension veranstaltet haben.
Können Sie mir da mal auf die Sprünge helfen und einen Beitrag von mir nennen, aus dem sich eine “extrem böswillige” bzw. vergleichbare Intention ergibt?
@Erika – Angenommen es ist so, wie Sie behaupten (d. h. es handelte sich bei der 2. Versammlung um eine Fortsetzung der 1.), warum argumentiert dann Hr. Elicker, ganz anders, nämlich in dem Sinne, dass zwei Aufstellungsversammlungen zulässig sind?
Überdies hätte dann nur eine Liste eingereicht werden dürfen. Tatsächlich wurden zwei Listen und zwei Niederschriften eingereicht.
Die Einreichung zweier Listen stellt in der Tat einen groben Formfehler dar. Er wurde allerdings nach allem, was wir wissen, fristgerecht geheilt.
Die Einreichung von einer Liste mit zwei Niederschriften kann hingegen zulässig sein. Das ergibt sich schon daraus, dass in dem Muster zwischen Aufstellungs- und Änderungsversammlung unterschieden wird. Falls es eine Änderungsversammlung gab, ist zwingend auch die Niederschrift der Aufstellungsversammlung einzureichen.
Dass das Problem mit den zwei Listen geheilt wurde. ist mir nicht bekannt, mag aber stimmen.
Wenn die 2. Veranstaltung ein Änderungsversammlung gewesen sein sollte, dann hätte man ja noch einmal über die ersten 18 Listenplätze abstimmen müssen.
Dann wär es ja eine neue Aufstellung gewesen und gerade keine Änderung.
Eben. Man dürfte ja auch gar nicht einfach mal so eben über die 18 Plätze noch einmal abstimmen, sondern müsste erneut alle Teilnehmern bei jedem einzelnen Platz die Gelegenheit zur Kandidatur einräumen und jedem einzelnen Kandidaten erneut die Gelegenheit geben, sich und sein Programm der Versammlung vorzustellen. Wenn der Gesetzgeber ein solch absurd redundantes Vorgehen bei Listenplätzen hätte verlangen wollen, die von der Änderung überhaupt nicht betroffen sind, hätte er das deutlich ins Gesetz schreiben müssen.
@ Romat:
“Wie wir aus der Vergangenheit wissen, führt ein bloßer Wechsel im Nominierungsverfahren üblicherweise nicht dazu, dass die Veranstaltung als “nicht-eine” gilt.”
Hier gab es aber den entscheidenden Umstand, dass der Wechsel des Wahlverfahrens nicht von vornherein feststand, sondern erst (spontan) während der zweiten Veranstaltung erfolgte.
Was die teilnehmendem Mitglieder angeht: Es wurde, glaube ich, vom Landeswahlausschuss problematisiert, dass zu der zweiten Veranstaltung erneut alle Mitglieder eingeladen wurden (und nicht nur die Teilnehmer der ersten Versammlung).
Ipsen Stellungnahme hilft auch ansonsten kaum weiter, da ihm ein entscheidender Fehler unterläuft: Er geht davon aus, dass es sich bei den AfD-Aufstellungsveranstaltungen um Delegiertenparteitage gehandelte habe (obwohl es in diesem Fall nur eine Veranstaltung geben dürfe). In Wirklichkeit handelte es sich aber um Mitgliederversammlungen/-Parteitage, wie es das Gesetz grds. auch zulässt (vgl. § 21 I sächs. LWahlG).
Oh je, wie kann einem renommierten Staatsrechtler nur so ein kapitaler Fehler unterlaufen?
Was ich allerdings aus der Lektüre der Stellungnahme gelernt habe ist, dass die Argumente für das Erfordernis einer rechtlich gesehen einheitlichen Versammlung bei einem Delegiertenparteitag tatsächlich überzeugend wären. Es hat sich bei der AfD-Versammlung aber eben nicht um einen solchen gehandelt.
Auch eine Delegiertenversammlung darf an getrennten Tagen stattfinden. Da gibt es keinen Unterschied.
Bestreitet ja auch keiner.
@Philipp Mützel @Romat
Warum sollte es für die Bewertung PRO/CONTRA Erfordernis eines einheitlichen Parteitags einen Unterschied machen, ob es ein Parteitag von Delegierten oder ein Parteitag von Mitgliedern ist?
Die Fragestellungen sind doch diesselben, nämlich Problematik unterschiedlicher Abstimmungskreis etc. Im Gegenteil erscheint beim Mitglieder-Parteitag das Risiko der Fluktuation höher als bei bereits gewählten Delegierten
Weil die Argumentation Ipsens lautet:
“Einem Wahlparteitag gehören die ihrerseits gewählten Vertreter der Parteiuntergliederungen an, deren Legitimation sich auf die bevorstehende Wahl bezieht. Hieraus folgt zwingend, dass eine Landesliste nur von einem Parteitag beschlossen werden kann, weil sich schon die Wahl der Delegierten auf die Auswahl der Wahlbewerber bezieht und hierauf auch begrenzt ist.”
Und dieses Argument zieht nicht, wenn die Mitglieder selbst im Parteitag sitzen.
Einziges Rechtsmittel gegen die sich immer mehr herauskristallisierende Falschentscheidung des Landeswahlausschusses ist die Wahlprüfungsbeschwerde “nach” der Wahl. Hier wurden jedoch Grundrechte (etwa das passive Wahlrecht der Listenplätze 19 -60) verletzt. Muss der Verfassungsgerichts deshalb noch vor der Wahl die Entscheidung des Landeswahlausschusses korrigieren?
Vermutlich nicht (auch wenn ich das bedauere). Denn stets ist ja das passive Wahlrecht der Kandidaten (was aber kein Grundrecht, sondern ein grundrechtsgleiches Recht ist) betroffen und gleichwohl sehen Art. 45 Sächs. Verfassung § 48 Sächs. WahlG und das Sächs. Wahlprüfungsgesetz nur Rechtsbehelfe nach der Wahl vor.
Es geht noch vor der Wahl weiter:
https://www.dnn.de/Region/Mitteldeutschland/Muendliche-Verhandlung-in-Leipzig-zur-Kuerzung-der-saechsischen-AfD-Landesliste
Sehr gut. es kann doch nicht sein, dass man sehenden Auges in eine Wahlwiederholung rast.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sagt doch überhaupt nichts darüber aus, ob der Verfassungsgerichtshof sich auch inhaltlich mit der Entscheidung des Landeswahlausschuss befasst. Eher ist es wahrscheinlich, dass das Gericht wegen der Regelung in der sächsischen Landesverfassung die Verfassungsbeschwerden schon als unzulässig zurückweist.
Dann braucht er die Parteien nicht zu einer “mündlichen” Verhandlung einzuberufen. Hier wird mit Sicherheit materiell verhandelt.
Angesichts der Regelung des § 30 Abs. 7 des Sächsischen Verfassungsgerichtshofsgesetzes halte ich es auch für nicht unwahrscheinlich, dass der Gerichtshof in der Sache zu entscheiden beabsichtigt.
Immerhin sieht der Gerichtshof die Verfahren wohl nicht als offensichtlich unbegründet bzw. offensichtlich unzulässig an, sonst hätte es einen entsprechenden Kammerbeschluss gegeben.
Ich zitiere aus dem Interview mit Sophie Schönberger im aktuellen SPIEGEL (S. 27):
SPIEGEL: “In Berlin kann der VerfGH schon vor der Wahl entscheiden, wenn zu erwarten ist, dass die Wahlen später ganz oder teilweise für ungültig erklärt werden.”
Schönberger: “Eine solche Regelung wäre sicher auch in Sachsen sinnvoll. Aber das Gesetz sieht dies nicht vor, und der sächs. VerfGH wird sich darüber vermutlich auch nicht hinwegsetzen.”
VerfGH Sachsen, Beschluss v. 28.8.2014 – Vf. 56-IV-14:
“Nach diesen Grundsätzen ist im (…) durch das Wahlprüfungsverfahren
einschließlich der Beschwerde zum Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen
die Erhebung der Verfassungsbeschwerde ausgeschlossen. Die Entscheidung des Landeswahlausschusses
über die Zulassung von Landeslisten gemäß § 28 SächsWahlG ist eine im
Rahmen der Vorbereitung der Wahl ergehende, sich unmittelbar auf das Wahlverfahren
beziehende Einzelentscheidung. Im Wahlprüfungsverfahren kann der einspruchs- und ggf.
beschwerdeberechtigte (vgl. § 2 Abs. 2 Alt. 1 SächsWprG; § 32 Satz 2 Nr. 2 SächsVerfGHG)
Beschwerdeführer hinreichend effektiv geltend machen, die Wahl sei gemäß § 1
Abs. 2 a) oder b) SächsWprG für ungültig zu erklären, weil die Landesliste der AfD nicht
zur Landtagswahl hätte zugelassen bzw. der Beschwerdeführer nicht von dem Wahlvorschlag
hätte gestrichen werden dürfen. Die Beseitigung der behaupteten Rechtsverletzungen
im Wahlprüfungsverfahren kann ggf. durch eine vom Verfassungsgerichtshof angeordnete
Wiederholungswahl (vgl. § 43 SächsWahlG) erreicht werden.”
Die von Herrn Mützel zitierte Rechtsprechung des SächsVerfGH ist mir bekannt. Hiernach wäre die Verfassungsbeschwerde recht eindeutig unzulässig. Entsprechend wäre eigentlich eine Entscheidung nach § 24 BVerfGG iVm. § 10 I SächsVerfGHG zu erwarten. Dass stattdessen eine mündliche Verhandlung angesetzt wurde, könnte darauf hindeuten, dass der Gerichtshof von der zitierten Rechtsprechung abzuweichen gedenkt. Ein Argument könnte dabei sein, dass es 2014 nur um ein einzelnes Mandat ging, während es im jetzigen Fall um eine Entscheidung geht, die die Zusammensetzung des Landtags tiefgreifend beeinflussen könnte.
Möglich ist natürlich auch, dass der Gerichtshof die mündliche Verhandlung angesetzt hat, weil er schlicht die Sache für zu bedeutsam erachtet, um ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden. Es bleibt jedenfalls spannend. Nächsten Donnerstag wissen wir mehr.
Von der eigenen Rechtsprechung müsste der VerfGH nicht abweichen. Er hat 2014 mehrfach lediglich von einem “Grundsatz” gesprochen, der “im Fall des Beschwerdeführers” anwendbar ist. Das BVerfG drückt sich da strikter aus.
Zum Stil des sog. Gutachtens von Herrn Elicker gab es ja bereits eine Anmerkung hier im Forum.
Ich habe mir auch die Pressekonferenz angehört, die bei YouTube abrufbar ist. Ich fand das Auftreten von Herrn Elicker hochgradig verstörend, da es fernab meiner bisherigen Wahrnehmung von Gutachtern / Rechtsberatern ist.
Um nicht missverstanden zu werden, es geht mir nur um den Stil und nicht darum, dass er die AfD berät, das ist das gute Rechte von ihm und auch der Partei. Das haben vor ihm auch schon renommiertere Köpfe wie etwa Murswiek gemacht.
Mir geht es alleine um die Unsachlichkeit des Vortrags und die Beteiligung an der Verbreitung des Gerüchtes, dass die Ausschussmitglieded sachfremden Erwäggründe gefolgt seien, bis hin zur unverblümten Andeutung, dass die gar dafür bezahlt wurden.
Beim Anhören der PK war mein erster Gedanke, dass ich als Ausschussmitglied eine Verleumdungsklage nicht nur gegen Herrn Elicker anstreben würde.
Bin ich da zu sensibel oder fanden andere die PK und das Auftreten von Herrn Elicker ebenso befremdlich?
“die Ausschussmitglieder sachfremden Erwäggründe gefolgt seien” kann man oben auch bei Schönberger / Schönberger herausdeuten. Da die vorgebrachten “Indizien” des Landeswahlausschusses durch keine Vorschrift des Sächsischen Landeswahlgesetzes und der Wahlordnung gedeckt sind, kann man schon auf die Idee kommen, dass es da “sachfremde Erwägungen” gab.
Herr Freid,
Ich bin nicht verwundert, dass Sie als erster antworten. Sehen Sie es mir nach, dass ich mehr an der Meinung neutraler und sachkundiger Beobachter interessiert bin als an der Ihren, die durchgängig von einseitiger Stellungnahme gekennzeichnet ist.
Es handelt sich natürlich um keine Willkürentscheidung, was auch bereits die Länge der Diskussion hier im Forum zeigt.
Auch Prof. Rozek kommt zu dem Schluss, dass es sich nicht um eine Willkürentscheidung handelt.
https://www.mdr.de/sachsen/politik/wahlen/landtagswahl/interview-verfassungsrechtler-rozek-landeswahlausschuss-afd-liste100.html
Herr Elicker ist Mitarbeiter der AfD-Fraktion Sachsen (AfD-Landtagsfraktion, Pressemitteilung vom 9.4.2019 – “Sächsische AfD-Fraktion erstattet Strafanzeige wegen Untreue gegen früheres Bundeskabinett”):
“Dieser Vorgang wurde durch den in der sächsischen AfD-Fraktion tätigen Juristen Prof. Dr. Michael Elicker bei Forschungen zum Thema Strafbarkeit der Ämterpatronage bekannt.”
Das sollte man vielleicht noch wissen.
In der Tat fand ich das Auftreten des Herrn Elicker ziemlich unseriös und sein Gutachten vergleichsweise schwach, insbesondere aufbautechnisch. Wie sowohl der Blogeintrag hier als auch die Kommentare zeigen, bietet die Entscheidung des Landeswahlausschusses in der Sache genügend Angriffspunkte. Das einzige Neue, was Elicker gebracht hat, ist das historische Argument. Ich frage mich auch, warum die AfD nicht z.B. wieder Murswiek oder einen anderen seriösen Staatsrechtler beauftragt hat. Für so eine interessante und grundlegende Rechtsfrage sollte sich doch da jemand finden lassen.
Und mit Vorwürfen wie Rechtsbeugung, Willkür etc. sollte man als Jurist nur dann um sich werfen, wenn man valide Anhaltspunkte dafür hat, dass es sich nicht einfach nur um eine Entscheidung aufgrund einer nicht überzeugenden Rechtsauslegung handelt. Solche Anhaltspunkte hat aber die Pressekonferenz der AfD nicht aufgezeigt.
Die Frage der persönlichen Integrität Elickers finde ich an dieser Stelle eher OT. Da bewegen wir uns weg von der sachlichen Diskussion hin zum Propagandakrieg, was die Lesbarkeit des Forums sehr erschwert.
Bereits der AfD-Vorwurf der Rechtsbeugung gehört in diesen Bereich.
Dafür gibt’s doch schon die Leserkommentarbereiche der Tageszeitungen ;-)
Da ging es mir ganz genau so. Herr Elicker hat mühelos das Kunststück geschafft, dass Herr Krah neben ihm geradezu auffallend seriös wirkte.
Leider fehlt jegliche Spezifizierung, an welcher Stelle bzw. an welchen Stellen entsprechende Aussagen von Prof. Elicker getätigt wurden, etwa anhand der Zeitangaben zu dem vom Landesvergand der AfD ins Internet gestellten Videomitschnitts der Pressekonferenz vom 12.07.2019.
Auch Tag24 weisst etwas süffisant auf die Tätigkeit von Herrn Elicker hin:
“”Doch ich bin kein AfD-Mitglied”, betonte der 49-Jährige. Er arbeite an der Uni Saarbrücken. Immer wieder wird seine Qualifikation als Staatsrechtler betont. Die AfD Sachsen berate er nur hin und wieder.
“Elicker ist hier als Parlamentarischer Berater der AfD geführt”, erfährt dagegen, wer beim Landtag anruft. Der Professor hat dort den Angaben zufolge ein eigenes Büro und eine eigene Telefonnummer. Selbst eine Namens-E-Mailadresse mit Landtagskennung findet sich.”
Das aber auch nur als Randbemerkung, da es weder für noch gegen die Entscheidung der Landeswahlleiterin spricht, aber eventuell die Vehemenz des Auftretens erklärt.
https://www.tag24.de/nachrichten/dresden-sachsen-nach-listendebakel-afd-rechtsgutacher-stellt-landeswahlausschuss-ultimatum-1133192
Interessant in der Pressekonferenz war, dass Elicker mehrfach darauf verwies, dass die Linke während ihres Nominierungsverfahrens die Abstimmungsmethode (Einzel- zu Blockwahl) verändert habe.
Maßgeblich war für den Ausschuss aber, und darauf wies Tino Moritz von der Freien Presse Chemnitz sehr anschaulich hin, dass bei der AfD (anders als offenbar bei der Linken) der Wechsel nicht von vornherein beschlossen worden war, sondern erst während der laufenden Abstimmungen erfolgte und so Auswirkungen auf das taktische Verhalten von Kandidaten haben konnte.
Das Unterschlagen solcher relevanter Fakten kommt sicherlich nirgendwo gut an.
Sind das wirklich relevante Fakten? Schönberger sieht das wohl anders. Und wo sehen Sie genau eine Benachteiligung?
Schauen Sie sich das Video der Pressekonferenz etwa bei Min. 27 (Frage Tino Moritz) an.
Natürlich ist das ein Unterschied. Ob das zur Nichtzulassung führen darf, ist eine Frage.
ist eine andere Frage
Klar ist es ein Unterschied, ob der Beschluss zur Änderung des Wahlverfahren am Versammlungsbeginn oder mitten in der Versammlung gefasst wird. Relevant ist jedoch allein, ob dadurch irgendwie Kandidaten benachteiligt werden. Das kann ich mir jetzt unter keinem Gesichtspunkt vorstellen.
Selbstverständlich ist es ein – auch rechtlich – relevanter Umstand, weil der Landeswahlausschuss offenbar maßgeblich auf diese Differenzierung abgestellt hat.
Eine Benachteiligung durch die spätere Umstellung ist sehr wohl denkbar, weil sie als Kandidat nicht mehr für Listenplatz 31 kandidieren können, sondern nur für den entsprechenden Block und dann möglicherweise auf Platz 35 landen.
Erstaunlicherweise konnten die AfD-Vertreter, u.a. der Landesvorsitzende, ein Stellvertreter und der Generalsekretär, auf der Pressenkonferenz zum Umfang der jeweiligen Blöcke, also ob es sich um 5er-Schritte (so die Erinnerung des stv. Landesvorsitzenden) oder sonstige Einzelschritte oder um eine Abstimmung über den Gesamtblock (so die Erinnerung des Landesvorsitzenden) keine genaue Auskunft geben, obwohl auch das ja zweifelsohne kein unwichtiger Fakt ist.
@Philipp Mützel Wenn während der Versammlung aus der Mitte der Versammlungsteilnehmer der Antrag auf Blockabstimmung ab Platz 31 gestellt wird und die Versammlungsleitung stellt dies zur Abstimmung und es wird so abgestimmt, dann ist dies doch eine von der Versammlungsleitung zu akzeptierende demokratische Entscheidung. Ein Übergehen dieser Entscheidung würde dann erst richtig die Wahlliste ungültig machen. Deshalb erscheint mir dieses Argument nicht relevant.
Da es sich bei diesem Sachverhalt anscheinend um einen Verstoß gegen die Satzung der AfD handelt (§ 7 Abs. 2 in der Bundeswahlordnung der AfD, die gem § 15 Abs. 4 der Satzung der sächs. AfD auch für Landeswahlversammlungen gilt)*, ist die Frage, was das Gesetz zu solchen Satzungsverstößen sagt.
Ich denk da an folgende Sätze aus dem BVG-Urteil von 1993, das bereits weiter oben in den Kommentaren zitiert wurde: „Aus der Funktion der wahlrechtlichen Regelung in den §§ 21, 27 BWahlG, die personale Grundlage einer demokratischen Wahl zu schaffen, ergibt sich jedoch, daß § 21 Abs. 1 BWahlG mit der Anforderung einer ´Wahl´ nicht allein die geheime Abstimmung verlangt, sondern weiter die Einhaltung eines Kernbestandes an Verfahrensgrundsätzen, ohne den ein Kandidatenvorschlag schlechterdings nicht Grundlage eines demokratischen Wahlvorgangs sein kann. Hieraus folgt: Halten die Parteien bei der Wahl der Vertreterversammlung oder der Wahlkreis- und Listenkandidaten diese elementaren Regeln nicht ein, so begründet das die Gefahr der Verfälschung des demokratischen Charakters der Wahl bereits in ihrer Grundlage und damit einen Wahlfehler.“
Letztendlich muss der Wahlausschuss sicherstellen, dass die Listenaufstellung nicht angreifbar ist. Und da dies mit einem Verstoß gegen die Parteisatzung möglich wäre, ist der Einwand des Wahlausschusses berechtigt: Die Entscheidung für eine Änderung des Wahlverfahrens hätte von vornherein beschlossen werden müssen.
*Wortlaut aus der Bundeswahlordnung der AfD: „Vor dem Beginn der Wahlen beschließt die Versammlung, ob und ggf. welche Positionen in einem oder mehreren Blöcken gewählt werden.“
Insoweit ist die Satzung ja befolgt worden, da das nur für das Akzeptanzwahlverfahren gilt. Nicht ausdrücklich vorgesehn ist halt eine Kombination der 3 satzungsgemäß zulässigen Verfahren.
Mit der Nichtzulassung von Landeslisten ist der Landeswahlausschuss auch keinesfalls auf der sicheren Seite. Damit greift er in die harten Wahlrechtsgrundsätze ein und nicht nur in deren Kernbestand, der bei der Aufstellung gesichert sein muss. Dafür muss es schon sehr gute Gründe geben.
Eine Änderung des Wahlverfahrens auf ein von der Versammlung zu beschließendes findet übrigens satzungsgemäß bei den Grünen statt, wenn auf einen Frauenplatz keine Frau gewählt worden ist. Das wird auch so praktiziert, meines Wissens bisher unbeanstandet.
mq86mq:
Nach Ihrer Darstellung steht aber die Konstellation, in der es bei den Grünen zu einem Wechsel des Wahlverfahrens kommt, von vornherein fest – weil es in der Satzung beschrieben wird. Alle können sich darauf einstellen.
Das war hier anders.
Dass es dazu kommen wird, steht aber genauso wenig fest wie das weitere Wahlverfahren an sich, das in Kenntnis der bisherigen Wahlergebnisse beschlossen werden kann (übrigens nichtmal mehrheitlich, sondern mit Vetorecht der Frauen).
@mq86mq – Stimmt. Allerdings gibt es im Abschnitt zur „Herkömmliche(n) Einzel- und Gruppenwahl“ (§6 Abs. 3, Satz 1) eine ähnliche Formlulierung: „Vor dem Beginn der Wahl beschließt die Versammlung, ob und ggf. welche Positionen in einem oder mehreren Blöcken gewählt werden.“
Die schon weit vorlaufende Berichterstattung über den Ausgang der Verhandlung vor dem Wahlausschuss von Timo Moritz, wird wohl auch noch Thema der nachlaufenden Klärung sein müssen.
Denn auch diese Berichterstattung weist auf eine im Hintergrund laufende Absprache hin, die Liste der AfD rechtswidrig zu beschneiden und damit gezielt Wahlen zu manipulieren.
@Hans Neumann
Zitat: „Die schon weit vorlaufende Berichterstattung über den Ausgang der Verhandlung vor dem Wahlausschuss von Timo Moritz, wird wohl auch noch Thema der nachlaufenden Klärung sein müssen.
Denn auch diese Berichterstattung weist auf eine im Hintergrund laufende Absprache hin, die Liste der AfD rechtswidrig zu beschneiden und damit gezielt Wahlen zu manipulieren.“
Der oben erwähnte Redebeitrag von Hr. Moritz auf der Pressekonferenz ab Min. 27 bzw. 28 weist überhaupt nicht darauf hin, dass es Versuche gegeben hätte, „die Liste der AfD rechtswidrig zu beschneiden und damit gezielt Wahlen zu manipulieren“.
Er weist darauf hin, dass der zweite Einwand von Hr. Elicker anfänglich falsch aufgefasst wurde.
In der Tat dürfte das der einzige Punkt sein, der überhaupt als Rechtfertigung der Entscheidung des Wahlausschusses diskutabel ist. Dennoch dürfte er m.E.n. nicht zur (teilweisen) Nichtzulassung der Liste führen.
Man muss sich vor Augen führen, dass das BVerfG stets betont, dass die Wahllistenaufstellung grundsätzlich innere Angelegenheit der Parteien ist. Sie muss (nur) wegen der Verzahnung mit der eigentlichen Wahl ” eine[m] Kernbestand an Verfahrensgrundsätzen, ohne den ein Kandidatenvorschlag schlechterdings nicht Grundlage eines demokratischen Wahlvorgangs sein kann” genügen. (BVerfGE 89, 243) Verstöße gegen Satzungsrecht der Partei und selbst weniger gewichtige Verstöße gegen Gesetze führen NICHT zum Erfolg von Wahlprüfungsverfahren. Nichts anderes kann auch für eine Entscheidung des Landeswahlausschusses über die Listenzulassung gelten.
Beispielhaft die zitierte Entscheidung BVerfGE 89, 243: Verkürzung der Redezeit für einen einzelnen Kandidaten von 10 Minuten auf 3 Minuten durch die Mitgliederversammlung UND Verstoß gegen § 21 Abs. 1 S. 2 BWahlG durch versehentliche Nichteinladung eines Teils der teilnahmeberechtigten Parteimitglieder zur Versammlung genügen NICHT.
Demgegenüber ein Verfahren, in denen ein Rechtsfehler von ausreichendem Gewicht festgestellt wurde:
Hamburgisches Verfassungsgericht 3/92 – “Blockwahlvorschlag” des Parteivorstandes für sämtliche Listenplätze ohne Möglichkeit der Einflussnahme auf die einzelnen Listenplätze, nur Kandidatur “gegen die ganze Liste” möglich. Verstoß gegen das Demokratieprinzip.
Angesichts dessen erscheint es mir mehr als fraglich, ob der Wahlausschuss wegen eines von der Mehrheit der Mitgliederversammlung der AfD beschlossenen Wechsels des Wahlverfahrens überhaupt von einem Rechtsverstoß ausgehen durfte (immerhin gibt es keine Regelung, die dem entgegensteht). Und selbst wenn man darin eine Beeinträchtigung der Chancengleichheit erblicken wollte, dürfte diese nur geringes Gewicht iSd. Entscheidung BVerfGE 89, 243 haben und daher nicht die Zurückweisung der Liste begründen können.
Zum weiteren Argument der zwei Versammlungen hat ja Herr Zicht schon ausführlich und erschöpfend ausgeführt.
Nun ist es aber auch so, dass das BVerfG explizit sagt, dass die Vorgaben in §§ 21, 27 wahlrechtsrelevant sind. Und wenn man aus dem Wortlaut von § 21 Abs. 1 (“eine”) das Erfordernis einer einzigen Versammlung herausliest, worüber man ja streiten kann, dann ist das ein wahlrechtsrelevanter Umstand.
@ Philipp Mützel: Abgesehen davon, dass mich diese Auslegung nicht überzeugt (s. Ausführungen von Herrn Zicht) bleibt dennoch der von mir angeführte Punkt aus BVerfGE 89, 243: Inwiefern sollte ein solcher Verstoß gewichtig für den demokratischen Charakter (“Kernbestand”) der Listenaufstellung sein? Vielmehr schiene es mir dann eher ein Verstoß zu sein, der denen aus BVerfGE 89, 243 nahe käme.
Dass Sie die Auslegung nicht überzeugt, ist Ihr gutes Recht.
Aus der von Ihnen zitierten Entscheidung des BVerfG (sub II 1 b):
“Nicht allen Maßnahmen der Parteien im Zusammenhang mit der Kandidatenaufstellung kommt wahlrechtliche Bedeutung zu. So ist die Beachtung der in den §§ § 21 I-IV und VI, 27 BWahlG enthaltenen Vorschriften wahlrechtlich erheblich (…)”
§ 21 I sächs. WahlG entspricht § 21 BWahlG.
Korrekt. Und doch hat das BVerfG in dieser Entscheidung einen Verstoß gegen § 21 Abs. 1 S. 2 BWahlG für nicht ausreichend gewichtig erachtet. Die von Ihnen zitierte Passage, dass §§ 21 I-IV und VI, 27 BWahlG “wahlrechtlich erheblich” seien, meint also ganz offenbar nicht, dass ein Verstoß hiergegen stets die Aufhebbarkeit der Listenaufstellung bewirken würde (und entsprechend den Wahlausschuss zur Nichtzulassung berechtigen würde).
Noch eine Ergänzung. Das “elementar” in der BVerfG-Entscheidung bezieht sich auf das Merkmal “Wahl” (um das es hier aber nicht geht):
“Aus der Funktion der wahlrechtlichen Regelung in den §§ 21, 7 BWahlG, die personale Grundlage einer demokratischen Wahl zu schaffen, ergibt sich jedoch, daß § 21 I BWahlG mit der Anforderung einer “Wahl” nicht allein die geheime Abstimmung verlangt, sondern weiter die Einhaltung eines Kernbestandes an Verfahrensgrundsätzen, ohne den ein Kandidatenvorschlag schlechterdings nicht Grundlage eines demokratischen Wahlvorgangs sein kann. Hieraus folgt: Halten die Parteien bei der Wahl der Vertreterversammlung oder der Wahlkreis- und Listenkandidaten diese elementaren Regeln nicht ein, so begründet das die Gefahr der Verfälschung des demokratischen Charakters der Wahl bereits in ihrer Grundlage und damit einen Wahlfehler. Ereignen sich hingegen bei der Kandidatenaufstellung der Parteien Veestöße gegen Regeln, die nach diesem Maßstab nicht elementar sind, so berührt dies die Voraussetzung einer “Wahl” i.S.des § 21 I BWahlG nicht und scheidet daher von vornherein als Wahlfehler aus.”
Um es noch mal auf den Punkt zu bringen: Das BVerfG hat entschieden (BVerfGE 89, 243), dass ein Verstoß gegen § 21 Abs. 1 S. 2 BWahlG durch versehentliche Nichteinladung eines Teils der Parteimitglieder zur Versammlung nicht hinreichend gewichtig ist. Grund: Es handelte sich um so wenige Mitglieder, dass eine Änderung des Abstimmungsergebnisses durch die Teilnahme einiger der versehentlich nicht Eingeladenen nicht zu erwarten wäre.
Hier wurde also ein Verstoß gegen § 21 Abs. 1 S. 2 BWahlG, der sogar tatsächlich Auswirkungen auf die Abstimmung über die Kandidatenliste hätte haben können, als nicht hinreichend gewichtig erachtet.
Angesichts dessen, dass die Frage, ob die Listenaufstellung in einer oder in zwei Versammlungen stattfindet, gar keinen mir ersichtlichen Einfluss auf die Abstimmung über die Kandidatenliste hat, fiele es mir sehr schwer, einen solchen Verstoß gegen § 21 SächsWahlG (wenn es denn einer sein sollte) für hinreichend gewichtig zu erachten, um die teilweise Nichtzulassung der Liste zu rechtfertigen.
Ob Ihre Behauptung zu den Ausführungen von Prof. Elicker (” Unterschlagen solcher relevanter Fakten”) zutrifft, kann jeder anhand des auf youtube eingestellten Videos der Pressekonferenz vom 12.07.2019 überprüfen:
Prof. Elicker sagt dort (inkl. Frage ab 25:25-26.38): “Das ist natürlich nicht identisch. Es gibt keinen Grundsatz, dass eine Aufstellungsversammlung das Wahlverfahren nicht während der Versammlung ändern dürfe. Die Mitgliederversammlung ist stets das höchste Organ der Partei und gewissermaßen allzuständig und mit der Mehrheit der Stimmen der Wahlversammlung kann das Wahlverfahren umgestellt werden. Da ist auch deswegen irrelevant, weil hier ja behauptet wird, es wäre die Unterschiedlichkeit der Wahlverfahren die zu einer Ungleichbehandlung der Kandidatenaufstellung geführt hätte. Wann, wo und wie man das beschossen hätte, ist für dieses Argument völlig irrelevant.”
Der entsprechende Passus in der ebenfalls öffentlich im Internet zugänglichen Medieninformation der Landeswahlleiterin vom 08. Juli 2019 (S. 3/3) lautet: “Im Kern ging es um die Frage, ob es sich bei den verschiedenen Landesparteitagen vom Februar und März 2019 um eine einheitliche Aufstellungsversammlung handelte. Auf der Grundlage des Akteninhaltes wurden Formalien, wie etwa Angaben zu den Einladungen, zu den Tagesordnungen, den Teilnehmerzahlen und insbesondere zum Ablauf des Bewerberaufstellungsverfahrens erörtert. Der Landesparteitag im Februar 2019 beschloss für die Listenplätze 1 bis 61, also für alle Listenplätze, die Kandidaten im Einzelwahlverfahren zu wählen. Der Landesparteitag im März 2019 befasste sich erneut mit dem Wahlverfahren und änderte den Beschluss vom Februar ab, so dass ab der Listenposition 31 das Blockwahlverfahren zur Anwendung kam. Die notwendige Chancengleichheit aller Bewerberinnen und Bewerber im Verfahren der Kandidatenaufstellung war nach Ansicht des Landeswahlausschusses damit nicht gegeben.”
Die Behauptung falscher Tatsachen kommt sicher nirgendwo gut an.
Er sagt es aber eben erst auf Nachfrage, das war mein Punkt, nachdem er sich furchtbar über die Ungleichbehandlung empört hat (die aber eben gar keine war). Auch später wird eine solche Ungleichbehandlung insinuiert, etwa damit, dass die anderen Parteien möglicherweise Informationen zu bei ihnen stattgefundenen Blockwahlen aus dem Internet entfernt hätten.
Der Landeswahlausschuss ist an das Gesetz gebunden.
In § 28 I 1 Nr. 2 sächs. WahlG heißt es:
“Der Landeswahlausschuss (…) hat Landeslisten zurückzuweisen, wenn sie (…)
2. den Anforderungen nicht entsprechen, die durch dieses Gesetz und die Landeswahlordnung aufgestellt sind.
Sind die Anforderungen nur hinsichtlich einzelner Bewerber nicht erfüllt, so werden ihre Namen aus der Landesliste gestrichen (…).”
Wenn man § 21 I nun so versteht, dass darin die Vorgabe der Aufstellung in einer einzigen Versammlung enthalten ist, dann kann man doch bei Nichterfüllung dieser Anforderung einen Anwendungsfall von § 28 I 1 Nr. 2 annehmen.
Da haben Sie in der Tat einen Punkt. Diese einfachgesetzliche Regelung steht in einem gewissen Spannungsverhältnis zu den vom BVerfG aufgestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen, da sie dem Ausschuss bei angenommenen Gesetzesverstößen kein Ermessen einräumt.
Dann ist es aber m.E.n gerade geboten, die einfachgesetzlichen Anforderungen vor dem von mir dargelegten verfassungsrechtlichen Hintergrund auszulegen. Das bedeutet, von zwei möglichen Wortlautauslegungen müsste dann jedenfalls in Fällen, in denen keine Verletzung des “Kernbestandes” demokratischer Verfahrensweisen bei der Listenaufstellung in Rede steht, die großzügigere Auslegung gewählt werden.
Sonst würde man zu dem wenig nachvollziehbaren Ergebnis kommen, dass der Landeswahlausschuss eine Wahlliste nicht zulässt, die zu bei Zulassung aber zu einem im Wahlprüfungsverfahren nicht zu beanstandenden Wahl geführt hätte.
Ergänzend kann man aber auch noch darauf hinweisen, dass der Wahlausschuss seine Auslegung, dass es nur eine Veranstaltung geben darf, auch auf § 21 Abs. 5 sächs. WahlG stützt:
“Hierbei haben der Leiter der Versammlung und zwei von der Versammlung bestimmte Teilnehmer gegenüber dem Kreiswahlleiter an Eides statt zu versichern, dass die Anforderungen gemäß Absatz 3 Satz 1 bis 3 beachtet worden sind.”
Dann kam hinzu, dass die AfD gegenüber dem Landeswahlleiter zunächst zwei Vertrauenspersonen und zwei Stellvertreter genannt hat, obwohl es unbestrittenermaßen nur jeweils eine Person geben darf. Wenn ich es recht sehe, gab es auch vier Zeugen nach § 21 Abs. 5 S. 2. Auch das deutet darauf hin, dass die Partei von zwei statt einer Veranstaltung ausging. Im Nachhinein kann der daraus entstehende Anschein (anders als die Formalien) natürlich nicht mehr “geheilt” werden.
Wenn man bei § 21 Abs. 1 SächsWahlG zu der Auslegung gelangt, dass zwei Listenwahlversammlungen zulässig sind (was der Wortlaut hergibt und was wohl auch verfassungsrechtlich geboten sein dürfte, s.o.), dann können selbstredend auch für jede dieser Versammlungen eigene Personen nach § 21 Abs. 5 SächsWahlG benannt werden.
Der Ausschuss hat diesen Umstand ja auch nur zur Begründung dessen herangezogen, dass es aus seiner Sicht zwei Versammlungen waren und nicht eine an einem anderen Termin fortgesetzte Versammlung. Und nicht zur Begründung der Auslegungsfrage, ob es denn zwei Versammlungen geben dürfe.
Dann müsste es auch mehrere Vertrauenspersonen geben dürfen (arg. e § 22 Abs. 1 S. 2 WahlG). Und wie würde in Ihrem Fall die Absetzung der Vertrauensperson nach § 22 Abs. 3 WahlG erfolgen? Kurzum: Ihre Auslegung ist, glaube ich, insoweit nicht mehrheitsfähig.
Die Vertrauenspersonen haben nichts mit der Aufstellungsversammlung und auch nichts mit der Niederschrift zu tun. Die werden explizit oder implizit von den Unterzeichnern der Landesliste bestimmt, die unstrittig in jedem Fall als Einheit einzureichen ist (jedenfalls im ersichtlichen Ergebnis, wenn nicht dem Muster der Anlage 13 LWO gefolgt wird).
Dass es an sich mehrere Versammlungen mit entsprechend mehreren Niederschrften geben kann, wird zwar öfters übersehn, sollte aber auch unstrittig sein, weil eine weitere Versammlung eine bereits eingereichte Landesliste gemäß § 35 Abs. 4 LWO ändern kann. (Das bedingt ziemlich zwangsläufig auch eine nachträgliche Änderung des Wahlverfahrens für die zu ändernden Teile der Liste.)
Ich finde, hieran zeigt sich auch eine Schwäche des Verfahrens der Listenaufstellung (Entscheidung eines mit Parteivertretern besetzten Ausschusses über Listenzulassung ohne eingene Möglichkeit der Nachprüfung; Prüfung erst nachgelagert in einem seinerseits sehr defizitären Wahlprüfungsverfahren).
Angesichts der erschwerten gerichtlichen Kontrolle über die Entscheidungen der Wahlausschüsse kann man sich durchaus vorstellen, dass sich da überstrenge und formalistische Gesetzesauslegungen Bahn brechen, die den verfassungsrechtlichen Hintergrund aus dem Blick verlieren und gegen die die Betroffenen sich kaum zur Wehr setzen können. Von daher wird man vielfach bei “Vorabstimmungen” mit dem Wahlausschuss dessen Anforderungen schlicht “schlucken, mag das Gesetz sie nun erfordern oder nicht. Dies war hier nun nicht mehr möglich, weil die AfD mit den Listen so spät dran war.
Ein unabhängigeres Zulassungsgremium und eine gerichtliche Überprüfbarkeit vor der Wahl täte da Not, wie ich meine.
Ja, da haben Sie Recht. Dafür habe ich oben auch plädiert.
Der Vertrauensmann der AfD Dr. Keiler hat nunmehr eine weitere Stellungnahme für die AfD abgegeben, die insofern interessant ist, daß sich hier erstmals jemand äußert, der der Wahlausschußsitzung für die AfD beiwohnte:
https://www.afdsachsen.de/presse/pressemitteilungen/vertrauensmann-dr-keiler-fuer-die-landesliste-der-afd-tritt-der-gegen-darstellung-des-landesvorsitzenden-bei.html
Neue Aspekte darin:
– Der AfD-Delegierte im Wahlausschuß habe für die Einheitlichkeit der Liste plädiert wg. Unwesentlichkeit von möglichen Formfehlern und Vorrang der Satzungsautonomie. Er führte dazu das Handbuch von Behl, Sächsisches Wahlgesetz und Landeswahlordnung, sowie das bekannte Samtleben-Urteil an.
– Der Mitgliederbestand zwischen beiden Versammlungen sei identisch gewesen.
– Ergänzend führt Keiler Art. 3 erstes Zusatzprotokoll EMRK sowie zwei Urteile des EGMR an.
– Einen “rechtstechnisch sauberen Weg zur Korrektur” gebe BVerfGE 82,159 an.
P.S.: Falls das irgendetwas ändert an den hier geäußerten fachlichen Bewertungen, möge der- oder diejenige das gerne kundtun. Aber bitte keine Wiederholungen von längst Geschriebenem! Die Diskussion bewegt sich inzwischen doch arg im Kreise und sogar in Richtung OT.
war der herr keiler denn vertrauensmann bei beiden listenaufstellungen?
kein wort in dem ganzen text zum entscheidenden problem: die änderung des wahlverfahrens. ah, doch: es wird behauptet sowas läge in der autonomie der partei. nö.
m.e. sollte die afd lieber nicht darauf bestehen, dass es sich um einen parteitag handelt: am ende wird noch die ganze liste gekippt, weil ja die ganze liste komprimitiert ist wegen der nachträglichen(!) änderung des wahlverfahrens. na, man wird sehen…gott…see…irgendwie sowas ;-)
Das wäre für die AfD egal, weil eine Entscheidung ohnehin erst nach der Wahl zu erwarten ist und dann entweder abgewiesen oder neu gewählt wird.
Da die Beschwerdeführer die Entscheidung des Landeswahlausschusses nur insoweit angreifen werden, wie darin eine Zurückweisung der Liste erfolgt ist, kann eine darüberhinausgehende Entscheidung durch den VerfGH nicht erfolgen.
Nur ganz kurz zu Keilers Stellungnahme:
(1) “In unserem Fall hat die Mitgliederversammlung der Wahlberechtigten, deren Homogenität zwischen den Versammlungswochenenden nicht verändert war, entschieden.”
Wenn ich das richtig sehe, war der Ausschuss von der Homogenität der Teilnehmer, auf die es ihm wohl ankam, nicht überzeugt (ob solche Zweifel genügen, steht im Raum).
(2) In BVerfGE 82, 159 geht es um gruppennützige Sonderabgaben und um die Vorlagepflicht deutscher Gerichte an den EuGH. Es gibt keinerlei Bezug zum vorliegenden Problem. Im Übrigen umfasst der Entscheidungsabdruck in der Amtlichen Sammlung nahezu 40 Seiten. Da wäre die Angabe einer konkreten Fundstelle sehr hilfreich.
(3) Zu Art. 3 ZP I zur EMRK hat der EGMR entschieden (EGMR (Große Kammer), Urt. vom 8.7.2008, Az. 10226/03 – Yumak und Sadak/Türkei, hier Zitat von Ls. 3 in NVwZ-RR 2010, 81):
“Art. 3 Zusatzprotokoll zur EMRK garantiert individuelle Rechte, darunter das aktive und das passive Wahlrecht. Diese Rechte sind nicht absolut, sondern unterliegen ungeschriebenen Einschränkungen, hinsichtlich derer die Vertragsstaaten einen weiten Ermessensspielraum haben. Doch müssen solche Einschränkungen den Grundsätzen des Rechtsstaats und den allgemeinen Zielen der Konvention entsprechen: sie müssen ein berechtigtes Ziel verfolgen und dürfen weder willkürlich noch unverhältnismäßig sein. Beim passiven Wahlrecht gelten engere Einschränkungen als beim aktiven Wahlrecht.”
Die konventionsrechtliche Lage ist damit keine andere als die nach nationalem deutschen Recht.
Insgesamt handelt es sich um eine wenig überzeugende Stellungnahme. Insbesondere würde man ja Ausführungen dazu erwarten, wie der Ausschuss nach seiner Entscheidung noch selbst korrigieren konnte.
Danke.
Über BVerfGE 82, 159 habe ich mich auch gewundert und erst gedacht, da handelt es sich um einen Zahlendreher o.ä.
Ich rätsele noch, aber vermute, es geht Keiler hier nur um den rechtstechnischen Weg, zu einer Anrufung des EMGR zu kommen, wenn kein Rechtsbehelf innerhalb der nationalen Gerichtsbarkeit mehr möglich ist. Was normalerweise frühestens nach abschlägigen Bescheiden des Wahlprüfungsausschuss und des Sächs. Staatsgerichtshofs relevant wäre.
Seinen Brief schreibt Keiler indes an eine Behörde, für die überhaupt keine Vorlagepflicht an ein Gericht denkbar ist. Und dann betrifft die BVerfG-Entscheidung die Vorlagepflicht an den EuGH (nicht den EGMR), die auch ausdrücklich geregelt ist (nunmehr Art. 267 UAbs. 3 AEUV). Eine Vorlagepflicht (oder auch nur ein Vorlagerecht) an den EGMR gibt es nicht.
Würde sich der Ausschuss nach Keilers Vorschlag richten, handelte er auf jeden Fall rechts- und sogar verfassungswidrig.
Alles sehr merkwürdig!
Juristisch sicherlich merkwürdig, jedoch wird sich, wer mit dem Rücken zur Wand steht, an jeden Strohhalm klammern. Dann verständlich.
Den Begriff “unveränderte Homogenität” habe ich wahrscheinlich mit “identisch” falsch übersetzt – soll wohl eher heißen, es fand keine Veränderung in nennenswertem Umfang statt. Eigentlich ist der Begriff hier unpassend und nichtssagend – würde jedenfalls ein Physiker sagen.
“Wenn ich das richtig sehe, war der Ausschuss von der Homogenität der Teilnehmer, auf die es ihm wohl ankam, nicht überzeugt (ob solche Zweifel genügen, steht im Raum).”
worin sollen denn die zweifel an der homogenität begründet sein? doch wohl nur hinsichtlich des umstandes, dass es sich bei den parteitagen nicht um delegierten versammlungen sondern um mitgliederversammlungen handelt?
es ist offensichtlich: bei einem parteitag mit delegierten dürften bei einer fortsetzung des vorherigen parteitages KEINE neuen delegierten gewählt werden.
handelt es sich um eine mitgliederversammlung, so sind zwar die gleichen personen eingeladen. aber alle mitglieder, abzüglich der ausgetretenden und verstorbenen. zuzüglich von neumitgliedern? oha, da wird es wirklich problematisch, gerade, weil die afd mehr als 18 mandate bekömmen könnte. denn so entscheiden auf der zweiten sitzung (der angeblichen fortsetzung) also neue mitglieder über platz 19 aufwärts? also, z.b. 20 neue mitglieder, die dann eine person unterstützen, die nur wegen dieser 20 neuen mitglieder gewinnt bei der listenaufstellung?
ein fortsetzungsparteitag verlangt sicher nicht, dass wieder nur die gleichen menschen anwesend sind oder gar abwesend. wer eingeladen wurde zur ersten versammlung wird mit recht auch auf der zweiten dabei sein dürfen (außer eben: ausstritt oder tod). doch neue mitglieder ebenfalls zu zu lassen entspricht der neuwahl von delegierten – für einen angeblichen fortsetzungparteitag? geht gar nicht. auch dies ein grund, die zweite versammlung als weitere zu werten…
Wenn für diese Wahlversammlungen nach dem Wahlgesetz und den Wahlordnungen Mitgliederparteitage ausdrücklich erlaubt sind und bei diesen Wahlveranstaltungen Fortsetzungsparteitage ebenfalls ausdrücklich erlaubt sind, liegt es in der rechtlichen Logik, dass für die Fortsetzungsparteitage wieder alle Mitglieder eingeladen sind, aber natürlich andere kommen können als bei der 1. Versammlung. Da die Partei nicht bestimmen und auch nicht durchsetzen kann, wer beim Fortsetzungsparteitag erscheint, muss deshalb unschädlich sein, wenn der erschienene Personenkreis nicht zu 100% identisch ist. Es ist auch bei einem Delegiertenparteitag ja so, dass manche Delegierte beim Fortsetzungsparteitag nicht mehr dabei sind. Man kann auch von der AfD nicht Unmögliches verlangen.
Der Regelfall einer unterbrochenen Aufstellungsversammlung dürfte die Fortsetzung am nächsten Tag sein (was natürlich nichts über die Zulässigkeit einer längeren Unterbrechung aussagt). Auch wenn es, wie selbst bei eintägigen Versammlungen, immer eine gewisse Fluktuation unter den Teilnehmern geben wird (sonst müsste man die Teilnehmer ja in ein Konklave schicken), wird doch im Regelfall eine weitgehende Identität der Teilnehmerschaft gegeben sein.
Die Frage ist, ob es auch einen entsprechenden (ungeschriebenen) Rechtssatz gibt. Die Kommentierung von Lammers zum hessischen Wahlrecht (PdK-He A 26, 2. Bearbeitung, Mai 2018, Ziff. 7.2.2) geht davon aus:
“Indizien für eine bloße Fortsetzung sind insbesondere ein ausdrücklicher Beschluss der Mitglieder oder Vertreter für eine Unterbrechung und Fortsetzung der Versammlung an einem neuen Tag, ein im Wesentlichen gleicher Kreis der Mitglieder oder Vertreter und – sofern ein längerer Zeitraum zwischen den Aufstellungsversammlungen liegt – eine gesonderte Einladung, in der auf den Umstand der Unterbrechung und Fortsetzung ausdrücklich hingewiesen wird.”
Nichts ist so beständig wie die Veränderung der Zusammensetzung einer Wahlversammlung und sei es nur, weil sich einer draußen einen Kaffe holt und drei zur Toilete gehen, während drinnen gewählt wird.
Die hier aufgezeigten Kosntrukte sind allesamt genau das: Konstrukte zur Verhinderung demokratischer Wahlen, schlimmstenfalls beschieden durch einen parteiischen Wahlausschuss – und damit rechtswidrig, weil ein massiver Verstoss gegen demokratische Grundsätze.
Interessant übrigens auch dieser Bericht zu ähnlichen Problemen bei Aufstellung der AfD-Kandidaten für die Bundestagswahl 2017:
https://www.freiepresse.de/nachrichten/sachsen/wahlleitung-empfiehlt-afd-neuwahl-ihrer-liste-artikel9838164
sie schrieben nix anderes als ich bereits ausführte, daher zitiere ich es nochmals:
“ein fortsetzungsparteitag verlangt sicher nicht, dass wieder nur die gleichen menschen anwesend sind oder gar abwesend. wer eingeladen wurde zur ersten versammlung wird mit recht auch auf der zweiten dabei sein dürfen (außer eben: ausstritt oder tod).”
sie ignorieren aber dann das entscheidende problem: was ist mit mitgliedern, die zwischen den zwei parteitagen eintraten in die partei? bei einem fortsetzungsparteitag haben diese natürlich kein stimmrecht. werden diese dennoch eingeladen (und das macht man, wenn man einen zweiten parteitag ausruft) und können abstimmen, ist dies m.e. ein klarer verstoß gegen die chancengleichheit aller kandidaten.
das schrieb ich auch deutlich genug, daher nochmals zitat:
“doch neue mitglieder ebenfalls zu zu lassen entspricht der neuwahl von delegierten – für einen angeblichen fortsetzungparteitag? geht gar nicht. auch dies ein grund, die zweite versammlung als weitere zu werten…”
also, warum ignorieren sie den kern der angelegenheit?
Mindestens in Niedersachsen sind schon laut Wahlgesetz Neumitglieder mitten im laufenden Wahlverfahren für einen einzelnen Listenplatz neu teilnahmeberechtigt (Stichwahl zu Bürgermeisterwahlen u.Ä. bei zwischenzeitlichem Überschreiten des Wahlalters). Ich seh keinen Grund dafür, bei Aufstellungen einen strengeren Maßstab als unabdingbares Minimum zu postulieren.
@mq86mq
“Mindestens in Niedersachsen sind schon laut Wahlgesetz Neumitglieder mitten im laufenden Wahlverfahren für einen einzelnen Listenplatz neu teilnahmeberechtigt (Stichwahl zu Bürgermeisterwahlen u.Ä. bei zwischenzeitlichem Überschreiten des Wahlalters). Ich seh keinen Grund dafür, bei Aufstellungen einen strengeren Maßstab als unabdingbares Minimum zu postulieren.”
ich muss sagen, da verstehe ich gerade nix: was soll das heißen, für einen einzelnen listenplatz sind die wahlberechtigt? und wie paßt das beispiel stichwahl da rein? bei einer stichwahl werden doch keine neuen kandidaten aufgestellt. und was hat das mit dem wahlalter (also vermutlich des amtsinhabers) zu tun.
ihr posting ist für mich nicht verständlich. sry!
Wer zwischen Hauptwahl und Stichwahl 16 wird, ist in Niedersachsen zur Stichwahl wahlberechtigt, obwohl er es zur Hauptwahl nicht gewesen ist. Das ist also so, als ob man eine Versammlung mitten bei der Aufstellung von Platz 18 abgebrochen hätte und mit neuen Teilnehmern ein paar Wochen später direkt bei der Stichwahl zu Platz 18 weitermacht.
Das BVerfG hat über die Verfassungsbeschwerde der AfD entschieden.
Sie ist unzulässig. Besonders frappant:
“Sie genügt jedenfalls nicht den Anforderungen an die Begründung einer Verfassungsbeschwerde (…)”
Ohne mich zu sehr aus dem Fenster zu lehnen, wird man wohl sagen können, dass der AfD bzw. ihrem Verfahrensbevollmächtigten,d er selbst Staatsrechtslehrer ist, trotz des unbestritten großen zeitlichen Drucks bei der Erstellung der Verfassungsbeschwerde schwere handwerkliche Fehler unterlaufen.
Aus dem Beschluss des BVerfG:
Rn. 13: “Außerdem trägt die Beschwerdeführerin nicht zu der Frage vor, ob und in welcher Form sie ein Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen betreibt oder betrieben hat. Da aber nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Länder den subjektivrechtlichen Schutz des Wahlrechts bei politischen Wahlen in ihrem Verfassungsraum grundsätzlich allein und abschließend gewährleisten (…), hätte es eines dahingehenden Vortrags bedurft, um überprüfen zu können, ob der aus § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG sich ergebende Grundsatz der Subsidiarität vorliegend anwendbar und gegebenenfalls beachtet ist.”
Rn. 14: “Jedenfalls hat die Beschwerdeführerin nicht alle für die verfassungsrechtliche Prüfung der von ihr vorgetragenen Rügen erforderlichen Unterlagen vorgelegt. Notwendig wäre insbesondere gewesen, die in der Medieninformation erwähnten Niederschriften der Landesparteitage, das Mängelschreiben der Landeswahlleiterin und die von der Beschwerdeführerin beim Landeswahlausschuss eingereichten weiteren Unterlagen vorzulegen. Ohne diese Dokumente können das dem Verfahren zugrundeliegende Geschehen und die seitens der Landeswahlleiterin erhobenen Einwände gegen die Listenaufstellung der Beschwerdeführerin schon in tatsächlicher Hinsicht nicht abschließend nachvollzogen werden.”
wenn man ahnt, dass man in der sache eh nicht recht bekommen wird, wozu sich mühe geben?
die “klage” hatte doch nur das politische ziel, erneut das thema in die schlagzeilen zu bringen und zu zeigen, dass das system ganz gemein zur afd ist.
gleiches wird doch auch passieren beim landesverfassungsgericht.
@Rainer Landele Woher wissen sie das alles und können Sie das belegen?
meinen sie ernsthaft, die afd ist so dämlich, nicht zu wissen, dass ihr antrag vor dem bundesverfassungsgericht keine chance haben würde? nicht wegen der fehlenden zuständigkeit sondern auch wegen fehlender dokumente…
muss man sich mal vorstellen!
da ich davon ausgehe, dass die da nicht juristisch dämlich gehandelt haben, unterstelle ich ein politisches motiv. welches: schlagzeilen für ihre sache zu generieren. nebenbei kann (und macht man es ja bereits in den einschlägigen foren) man dann auch wieder den volxzorn auf das verruchte system schüren…
aber, anstatt über diese nebensächlichkeit zu schreiben, könnten sie ja vielleicht auch zum kernproblem schreiben, welches ich oben erwähnte: die änderung der listenaufstellenden mitglieder.
“Der angegriffene Hoheitsakt sowie alle zu seinem Verständnis notwendigen Unterlagen müssen in Ablichtung vorgelegt oder zumindest ihrem Inhalt nach so dargestellt werden, dass eine verantwortbare verfassungsrechtliche Beurteilung ohne weitere Ermittlungen möglich ist.” Wie soll das die AfD machen, wenn dieser Verwaltungsakt entgegen allen Verwaltungsverfahrensvorschriften nicht in Form eines schriftlichen Bescheids mit Begründung durch die Entscheider (Landeswahlausschuss) ergeht und zudem die Unterlagen nicht herausgegeben werden. Das Ganze ist alles andere als nachvollziehbar und vor allem rechtsstaatlich.
“Wie soll das die AfD machen, wenn dieser Verwaltungsakt (…) nicht in Form eines schriftlichen Bescheids (…)”
Das hat das BVerfG doch auch gar nicht bemängelt.
nachdem ihnen hier ja einige argumente für die entscheidung des landeswahlausschusses gelesen haben, bleiben sie da eigentlich bei ihrem vorwurf der rechtsbeugung?
Zur Rn 13: Das ist bereits etwas merkwürdig. Das Subsidiaritätsprinzip verlangt m.W. nur den Nachweis, daß der Beschwerdeführer über die Rechtswegeerschöpfung hinaus versucht, seine Interessen durch anderen fachgerichtlichen Rechtsschutz durchzusetzen.
Daß dies nicht möglich ist, folgt ja bereits aus dem Gegenstand der Beschwerde, s. SächsWahlG.
Fehlende Rechtswegeerschöpfung entfällt hier ebenfalls als Abweisungsgrund, weil es sich um Beschwerde gegen ein formelles Gesetz handelt.
Zur Rn 14:
Das wäre mir neu, daß das BVerfG bei der Zulässigkeitsprüfung von Beschwerden auch inhaltlich prüft. Der Beschwerdeführer hat seine Beschwerde zwar zu begründen, jedoch muß er lt. §23(1)BVerfGG die “erforderlichen Beweismittel” nicht beifügen, sondern lediglich “angeben”.
Kann mir das mal jemand erklären?
Zu Rn. 13: Es versteht sich wohl von selbst, dass man dem BVerfG mitteilt, ob und wo man ggf. sonst noch um Rechtsschutz in gleicher Sache nachsucht.
Zu Rn. 14: Was insoweit zu geschehen, weiß eigentlich jeder Jurastudent. Vgl. Lenz/Hansel, BVerfGG, 2. Aufl. 2015, § 23 Rn. 14, 16:
“Die praktische Bedeutung der Begründung kann insbesondere bei der Verfassungsbeschwerde gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Gerade an dieser Zulässigkeitsvoraussetzung lässt das Bundesverfassungsgericht die meisten Verfassungsbeschwerden scheitern und nimmt sie nicht zur Entscheidung an.”
“Zu einer ordnungsgemäßen Begründung des Antrags gehört stets, dass der Antragsteller diejenigen Tatsachen vollständig darlegt, die für eine sachgerechte verfassungsgerichtliche Beurteilung erforderlich sind. Die Begründung muss aus sich heraus, also insbesondere ohne Beiziehung der Akten eines vorangegangenen fachgerichtlichen Verfahrens, verständlich, vollständig und nachvollziehbar sein. Das bedeutet bei der Verfassungsbeschwerde nicht zuletzt, dass in der Regel die angegriffenen Hoheitsakte und alle sonstigen maßgeblichen Unterlagen in Kopie vorzulegen sind (…)”
Den entscheidenden, eigentlich unfaßbaren Fehler (noch nicht einmal ein handwerklicher!) der AfD findet man in Rn 16f. dargestellt:
“aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gewährleisten die Länder den subjektivrechtlichen Schutz des Wahlrechts bei den Wahlen zu ihren Parlamenten und den kommunalen Vertretungen des Volkes grundsätzlich allein und abschließend (vgl. BVerfGE 99, 1 ; BVerfGK 15, 186 ; 16, 31 ). Aus diesem Grund kann im Anwendungsbereich der speziellen wahlrechtlichen Gleichheitssätze der Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht nicht auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zurückgegriffen werden (vgl. BVerfGE 99, 1 ; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Juli 2008 – 2 BvR 1223/08 -, Rn. 5).
Hiermit setzt sich die Beschwerdeführerin in keiner Weise auseinander.”
Das ist auch völlig richtig so, IMHO. Die Brechung des subjektivrechtlichen Schutzes des Wahlrechts auf Länderebene wäre nur über eine Verletzung Art. 38 iVm Art. 28 GG überhaupt denkbar.
Das Subsidiaritätsprinzip erwähnt die Kammer eigentlich nur rein hypothetisch, da haben Sie uns alle auf die falsche Spur geführt.
P.S.: Das BVerfG möchte in der Entscheidung offensichtlich soviele Hinweise als möglich machen dafür, wie man es richtig macht.
Das erschwert die Lesbarkeit zwar, jedoch ist jeglicher Zweifel an der Integrität der Kammer bzgl. dieses Verfahrens schon aus diesem Grund offensichtlich abwegig.
Die “ständige Rechtsprechung” ist aber noch ziemlich neu. Früher ist das über Art. 3 Abs. 1 GG durchaus gegangen.
Ob sich das von selbst versteht oder nicht, das sei mal dahingestellt.
Tatsache ist, daß weder Subsidiaritätsprinzip noch Rechtswegeerschöpfung hier eine Rolle spielen können. Und da würde ich Sie dann doch bitten, konkreter zu werden.
Auch der 2. Teil Ihrer Antwort geht an der Sache vorbei, Sie antworten leider nur allgemein und in der Form leider – wieder einmal – etwas despektierlich. Sie zitieren richtig: “aus sich heraus”, “ohne Beiziehung der Akten” (das dürfte nicht nur für – hier begreiflicherweise nicht existierende – “fachgerichtliche Akten” gelten). Jedenfalls geht aus der Rn14 mit keinem Wort hervor, weshalb irgendeine der von Lenz/Hansel genannten Voraussetzungen nicht erfüllt wären.
Wenn Sie mit der Nennung dieser Randnotizen im BVerfG-Entscheid aber nur belegen wollen, wie schlecht die Beschwerde doch vorgetragen wurde, bitte ich um Entschuldigung – das interessiert mich nämlich nicht, ist wohl auch OT. Führen Sie dann aber doch bitte die Leser nicht auf die falsche Spur!
Jedoch würde ich gerne wissen, weshalb das BVerfG die Beschwerde denn nun tatsächlich abgewiesen hat!
Um das auch mal klar zu sagen: Was hier geschieht, das geht für mich an die Grundfesten des Rechtsstaats! Und ich hänge nun einmal an diesem Rechtsstaat, wir hatten davon nicht soviele in unserer leidvollen Geschichte. Es ist mir egal, ob solche Vorgänge die AfD, die Linke oder die FDP betreffen – das geht einfach nicht an! Und wenn ein Jurist mir erklären will, warum das doch in Ordnung ist, dann muß schon ein bißchen mehr kommen als “das weiß jeder Jura-Student”, ich bin ja nicht blöde, sorry!
Bedenken Sie: Diese Angelegenheit haben die meisten Wähler bis heute überhaupt nicht auf dem Schirm! Erst am Wahltag werden die Leute sich wundern, wieso die AfD nur so wenige Mandate erhält und werden sich betrogen fühlen. Es wird die Leute dann überhaupt nicht mehr interessieren, wie die Rechtslage tatsächlich ist, der gewöhnliche Mensch bildet sich seine Meinung nach moralischen Kriterien. Was glauben Sie, was dann auf der Straße los sein wird?
Die Ziele der AfD verabscheue ich im Übrigen ebenso wie eine auf selbstgerechtem Moralismus basierende Aushebelung des Rechtsstaats, eine Tendenz, die ich in den letzten Jahren immer häufiger beobachte. Teufel und Beelzebub! Beide Strömungen werden über kurz oder lang zum Totalitarismus zurückführen.
Und es ist ein ganz schlechtes Zeichen für den Zustand unserer Gesellschaft, daß man das überhaupt erwähnen muß, um nicht in irgendeinen billigen Verdacht zu geraten.
“Tatsache ist, daß weder Subsidiaritätsprinzip noch Rechtswegeerschöpfung hier eine Rolle spielen können. Und da würde ich Sie dann doch bitten, konkreter zu werden.”
Doch, natürlich. Dass BVerfG ist nach seiner eigenen Rechtsprechung für derartige Fragen gar nicht zuständig, sondern das LVerfG. Die AfD hätte also dartun müssen, warum hier ausnahmsweise doch das BVerfG zuständig. Und dazu gehört dann eben auch die Angabe, ob man beim LVerfG vorstellig geworden ist oder nicht. Denn wenn man dort vorstellig geworden ist, kann ja denklogische eine Ausnahme von der Rechtsprechung des BVerfG nicht vorliegen.
Zum Begründungserfordernis ist alles, lesen Sie einfach den letzten Satz der von mir zitierten Kommentarpassage.
“Was hier geschieht, das geht für mich an die Grundfesten des Rechtsstaats!”
Hier ist ein mangelhaft begründete Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen worden – wie Zigtausend andere im Jahr.
“Jedoch würde ich gerne wissen, weshalb das BVerfG die Beschwerde denn nun tatsächlich abgewiesen hat!”
Mir ist nicht klar, worauf Sie hinauswollen. Der Beschluss des BVerfG ist frei zugänglich.
“Es wird die Leute dann überhaupt nicht mehr interessieren, wie die Rechtslage tatsächlich ist, der gewöhnliche Mensch bildet sich seine Meinung nach moralischen Kriterien.”
Und nach moralischen Kriterien ist die AfD im Recht? Wer legt denn diese moralischen Kriterien fest?
OMG
Jedoch würde ich gerne wissen, weshalb das BVerfG die Beschwerde denn nun tatsächlich abgewiesen hat!
Um das auch mal klar zu sagen: Was hier geschieht, das geht für mich an die Grundfesten des Rechtsstaats! Und ich hänge nun einmal an diesem Rechtsstaat, wir hatten davon nicht soviele in unserer leidvollen Geschichte. Es ist mir egal, ob solche Vorgänge die AfD, die Linke oder die FDP betreffen – das geht einfach nicht an! Und wenn ein Jurist mir erklären will, warum das doch in Ordnung ist, dann muß schon ein bißchen mehr kommen als “das weiß jeder Jura-Student”, ich bin ja nicht blöde, sorry!
Ich bin so froh, dass es noch Menschen gibt wie Sie, die erkennen können, dass der Rechtsstaat gefährdet ist, wenn Recht auslegt, wie es gerade opportun ist.
Wissen Sie, wieviele Verfassungsbeschwerden jährlich vom BVerfG abgewiesen werden?
2018 wurde von 5.678 genau 98 Verfassungsbeschwerden stattgegeben. Der Rest wurde nicht zur Entscheidung angenommen (5.740) bzw. zurückgewiesen.
Das ist nun auch der AfD passiert. Mit einer Begründung wie sie für das BVerfG absolut üblich ist. Es ist also ein ziemliches starkes Stück, wenn Sie dem Gericht in diesem Fall eine an Opportunitätserwägungen ausgerichtete Rechtsprechung vorwerfen.
Ob das Recht hier tatsächlich nach Opportunitätkriterien ausgelegt wird, weiß ich nicht. Darauf kommt es in den zu erwartenden politischen Folgen auch nicht an, sondern ob eine hinreichend große Masse des Volkes das so empfindet.
Die Argumentation von Herrn Mützel überzeugt mich allerdings überhaupt nicht mehr, denn da ist zu offen erkennbar der Wille, eine einseitige Schuldzuweisung an der verfahrenen Situation in Sachsen zu suggerieren, und wenn jemand sich nicht damit zufrieden gibt, dann wird’s persönlich und dann bleibt es auch nicht aus, daß absichtlich mißverstanden wird. Das entwertet einiges, was er hier ansonsten durchaus in der Sache Hilfreiches postet, und da hört auch jeder konstruktive Diskurs auf.
Sie müssten bitte einmal erläutern, was Sie mit Ihrer Frage
“Jedoch würde ich gerne wissen, weshalb das BVerfG die Beschwerde denn nun tatsächlich abgewiesen hat!”
meinen.
Erstens “muß” ich gar nichts. Zweitens ist meine Frage in klarem Hochdeutsch geschrieben, an dem es nichts zu deuteln gibt.
Ich empfehle mich.
“Darauf kommt es in den zu erwartenden politischen Folgen auch nicht an, sondern ob eine hinreichend große Masse des Volkes das so empfindet.”
ah, da haben wir also endlich das kriterium für recht und unrecht: das volksempfinden. hätten sie ja auch gleich schreiben können, dann würden viele worte erspart bleiben…
Quatsch. Ich habe davon geredet, was die Leute EMPFINDEN, nicht, was richtig ist. Und übrigens ist das, was Sie da schreiben, eine glatte Verleumdung der allerübelsten Sorte. Pfui Teufel!
gängiges Kontrollkriterium für die Endkontrolle: Billigkeitsempfinden
Die Entscheidung (Beschluss der 3. Kammer des 2. Senats des BVerfG vom 18. Juli 2019 – 2 BvR 1301/19) ist im Internet abrufbar. Mir erschließt sich vor dem Hintergrund des Rechtsgutachtens von Elicker und eines anzunehmenden inhaltsähnlichen Schriftsatzes nicht die Notwendigkeit der Vorlage der Unterlagen, deren fehlende Beifügung das BVerfG bemängelt.
Die Nichtannahme durch das BVerfG war angesichts des grundsätzlich gegebenen Rechtsweges zum LVerfG Sachsen (Aktenzeichen: Vf. 76-IV-19 (HS)/77-IV-19 (e.A.) und Vf. 81-IV-19 (HS)/82-IV-19 (e.A.)) zu erwarten. Ob sich dieses zur Sache äußert, kann mit Spannung erwartet werden.
PS Im Übrigen haben mehrere Versuche ergeben, dass die Beachtung der Regeln von Klein- und Großschreibung dem Lesefluss förderlich ist. Was der Schreiber an Aufwand bei einmaliger Beachtung der Regeln reinsteckt, spart die Menge der Leser vielfach beim Lesen. Konsequente Kleinschreibung ist nichts anders als eine Misschtung der Interessen der Leser und eine Unhöflichkeit diesen – und in Form der kleingeschriebenen Höflichkeitsanrede auch gegenüber den Mitkommentatoren – gegenüber.
@ius m.e.a.:
Ich zitiere §90(3) BVerfG:
“(3) Das Recht, eine Verfassungsbeschwerde an das Landesverfassungsgericht nach dem Recht der Landesverfassung zu erheben, bleibt unberührt.”
Das klingt für mich insofern ziemlich eindeutig.
Tatsächlich hat sich das BVerfG auch gar nicht auf Rechtswegerschöpfung und/oder Subsidiaritätsprinzip berufen, sondern darauf, daß die Beschwerdeführerin wg. des subjektivrechtlichen Schutzes des Wahlrechts durch die Länder nicht auf die Grundrechte berufen kann, die sie als verletzt ansieht.
Namentlich Art. 2(1) (Persönlichkeitsschutz), Art. 3(1), (Gleichheitsgebot) und Art. 19(4) (Rechtsweggarantie).
Ein Beschwerdeführer könnte sich in Wahlsachen demnach auch dann nicht auf diese Grundrechtverletzungen berufen, wenn er bereits ein abschlägiges Verfahren vor einem Landesverfassungsgericht durchlaufen hätte.
Das ist sogar noch in der zugehörigen Pressemitteilung mißverständlich dargestellt.
Und das ist im Übrigen auch die Antwort auf meine Frage, die der sympathische Herr Mützel nicht verstehen wollte! Warum ist das eigentlich so schwer?
Zum Teil der inhaltlichen Begründung der Beschwerde läßt sich sagen, daß es mir in Kenntnis des Volltexturteils möglich erscheint, daß diese mangelhaft war. Jedenfalls dann, wenn die als fehlend beanstandeten Dokumente nicht nur fehlten, sondern auch nicht hinreichend inhaltlich dargestellt wurden.
Vieles weitere, was ebenfalls vom BVerfG als fehlend beanstandet wurde, erscheint mir jedoch grotesk. Theoretisch-rechtstaatlich ist das alles völlig i.O., der §90(1)
“Jedermann kann… die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erheben.”
muß mit solch hohen Hürden jedoch gelesen werden
“Jedermann, der Volljurist ist und einen IQ größer als 150 hat, kann…”.
Das sollte man mal überdenken.
Das Entscheidende ist aber ohnehin die grundsätzlich fehlende Zuständigkeit.
“Jedoch würde ich gerne wissen, weshalb das BVerfG die Beschwerde denn nun tatsächlich abgewiesen hat!”
sie sind nicht einmal in der lage, die presseerklärung des gerichtes zu dieser sache zu finden und zu lesen?
und unterstellen erneut, da würde nicht rechtstaatliches handeln stecken?
ohne die begründung zu kennen? ah, die typische frechheit von leuten, die die fakten, realität, wahrheit nicht interessiert und auch nicht danach suchen.
Auch das ist schlimme, persönliche Hetze. Ich bin nicht davon ausgegangen, daß das Urteil bereits im Netz ist. Und ich gehe davon aus, daß Herr Mützel – wie jeder andere hier – in der Lage ist, den Link zum Urteil hier einzustellen, um den Mitdiskutanten die Suche zu ersparen. Entschuldigung, aber ich habe auch noch andere Dinge zu tun!
Mäßigen Sie bitte Ihren Diskussionston! Und noch einen Hinweis zum Vorpost: Es ging um die “politischen Folgen”, nicht um juristische Korrektheit! Und auch Sie machen hier mit solchen Posts auch nur auf Moral (und zwar Ihre höchsteigene), anstatt rational zur Sache beizutragen. Was unterscheidet Sie denn dann bitte von den “gewöhnlichen Menschen”, auf die ich mich bezog (s. mein Post 16:04)? Oder von so dubiosen Staatsrechtlern wie Elicker? Vielleicht ein juristisches Staatsexamen? Dann packen Sie mal Ihren Standesdünkel beiseite, ist ja unerträglich.
… und Sie unterstellen, daß ich etwas unterstelle! Unfaßbar! Wie kann man überhaupt auf so eine Idee kommen? Meine Posts haben Sie anscheinend nicht gelesen, geschweige denn, verstanden.
Diese Art Verhalten ist genau das, wovor ich warne, wenn ich von politischen Folgen spreche – nur eben in die andere Richtung!
Und eines noch: Als Deutscher mit z.T. polnisch-jüdischen Vorfahren muß ich mir derart geschmacklose Vergleiche und Unterstellungen absolut nicht bieten lassen. Die Zahl der in Yad Vashem gedachten Opfer, die den Geburtsnamen meiner Großmutter trugen, sind Legion!
Eine tolle fruchtbare Diskussion hier (ganz überwiegend). Es wurde m.E. noch nicht ausreichend beleuchtet, dass vermutlich die AfD durch die Direktmandate sogar über 30 Sitze kommen wird, selbst wenn es bei der Entscheidung des Wahlausschusses bleibt, so dass teilweise angenommene demokratische Probleme (@Erik Freid) voraussichtlich nicht ergeben wird (siehe hier: https://www.tagesspiegel.de/politik/afd-muss-kandidatenliste-drastisch-kuerzen-was-die-entscheidung-fuer-die-rechtspopulisten-in-sachsen-bedeutet/24529230.html)
“…dass vermutlich die AfD durch die Direktmandate sogar über 30 Sitze kommen wird …”
Das weiß man nicht, und es ist auch fraglich, weil nicht unwahrscheinlich ist, dass viele Wähler der anderen Parteien mit der Erststimme CDU-Kandidaten wählen.
Nach dieser vorläufigen Entscheidung wäre es jetzt folgerichtige, dass in der endgültigen Entscheidung auch die Plätze bis 60 erlaubt werden.
Das wird garantiert nicht geschehen.
@Erik Fried – Haben es dafür auch eine Begründung?
Wenn ich es richtig verstehe, wurde der Verfahrenswechsel deshalb als rechtswidrig angesehen, weil er vor Beginn der Wahlen nicht angekündigt wurde. Das steht m. W. auch so in der Satzung der AfD (§6 Abs. 3, Satz 1 der AfD-Bundeswahlordnung).
Der Wechsel des Wahlverfahrens wurde überhaupt nicht als rechtswidrig angesehen. Nach Meinung des Verfassungsgerichts besteht nur nicht mit “””hoher””” Wahrscheinlichkeit die Rechtswidrigkeit, um eine einstweilige Anordnung zu erlassen. In der Hauptsacheentscheidung am 18.8.2019 wird dann auch darüber entschieden und es ist meines Erachtens wegen so gut wie allen Rechtsauffassungen von “neutralen” Verfassungsrechtlern davon auszugehen, dass auch die Restliste ohne Platz 54 und 60 genehmigt wird.
“… allen Rechtsauffassungen von “neutralen” Verfassungsrechtlern”
Wen außer dem Ehepaar Schönberger haben Sie denn noch im Sinn? Das ist eine ernst gemeinte Frage.
Die erste Hälfte Ihres Beitrags ist korrekt.
Dass sich das Gericht am 18. August zur Rechtmäßigkeit der Streichung der Plätze 31-61 äußern wird, halte ich aber für sehr unwahrscheinlich. Nach der Argumentation in der Pressemitteilung des Gerichts greift bezüglich dieser Plätze die Sperrwirkung des Wahlprüfungsverfahrens. Das Gericht wird über die Rechtmäßigkeit der Streichung ab Platz 31 also erst im Nachgang zur Wahl entscheiden.
“Das Gericht wird über die Rechtmäßigkeit der Streichung ab Platz 31 also erst im Nachgang zur Wahl entscheiden.”
Falls das Wahlprüfungsverfahren vor dem Landtag keinen Erfolg hat.
@ Wilko Zicht Also meinen Sie, dass der Verfassungsgerichtshof trotz Befassung vor der Wahl durchaus eine Wahlwiederholung in Betracht zieht, weil auch der Wechsel des Wahlverfahrens durchaus rechtens gewesen sein könnte.
Das lese ich so wie Sie, Herr Zicht.
Die Begründung des Sächsischen Verfassungsgerichtshof überzeugt mich jedoch nicht recht.
Nach der letzten mir bekannten Umfrage vom 2.7. (vor der Entscheidung des Wahlausschusses!) käme die Afd auf 33-34 Mandate. Das würde u.a. für ein Quorum zur Einberufung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses reichen.
Mit 30 Abgeordneten wäre dieses Quorum gerade erfüllt – jedoch nicht, wenn es zu Überhangmandaten kommen würde, die die AfD nicht besetzen kann.
Da könnte man durchaus schon der Meinung sein, daß auch der Wegfall der hinteren Listenplätzen mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer ungültigen Wahl führen würde.
Ich denke, der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, dass die 30er-Liste ausreichend wird, um alle Sitzansprüche der AfD zu befriedigen. Falls dann im Wahlprüfungsverfahren festgestellt würde, dass auch die Plätze 31 ff. zugelassen hätten werden müssen, wäre dieser Fehler jedenfalls nicht mandatsrelevant und könnte somit nicht zu einer Wiederholungswahl führen.
Mit dieser Einschätzung dürfte der VerfGH Recht haben. Selbst wenn der AfD am Ende mehr als 30 Sitze zustehen sollten, wird sie diese vermutlich durch Direktmandate von Personen, die nicht unter den ersten 30 standen, kompensieren können. Schaut man auf die Ergebnisse der Europawahl am 26. Mai, dann dürften zumindest die Wahlkreise Bautzen 4 und Görlitz 1 für die AfD sicher sein: https://twitter.com/Wahlrecht_de/status/1154467798451544064
Und selbst wenn tatsächlich 1-2 AfD-Sitze unbesetzt blieben, würde sich immer noch die Frage stellen, ob deswegen der Fortbestand des Landtags tatächlich „unerträglich“ wäre.
Naja, es könnte ja durchaus zu Überhangmandaten aufgrund der CDU-Ergebnisse kommen, was ich für wahrscheinlicher halte.
Ich hoffe nicht, daß es zu so einem Ergebnis kommt, jedoch ist das ein Ritt auf der Rasierklinge.
Sorry, 1. Satz von eben bitte streichen… stand gerade auf einer Leitung.
@Wilko Zicht: „Dass sich das Gericht am 18. August zur Rechtmäßigkeit der Streichung der Plätze 31-61 äußern wird, halte ich aber für sehr unwahrscheinlich.“
Angesichts der Tatsache, dass die AfD wohl juristisch gegen die Vorsitzende des Wahlausschusses vorgehen will, denke ich schon, dass sich der Verfassungsgerichtshof auch zu dieser Frage äußern wird, um den Mutmaßungen über Fahrlässigkeit und Rechtsbeugung, die ja auch hier in den Kommentaren geäußert werden, den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Die zitierte Äußerung der Richterin sagt aber nichts darüber aus, ob dies für beide Punkte gilt, die der Wahlausschuss moniert hat oder nur für einen von beiden. Ich gehe davon aus, dass der Verfassungsgerichtshof alle 61 Kandidaten zu Wahl zugelassen hätte, wenn er beide Punkte für rechtswidrig hielte. Die Feststellung, dass Entscheidung des Landeswahlausschusses „mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig“ sei, würde schließlich auch noch zutreffen, wenn der Ausschuss im zweiten Punkt richtig gelegen hätte.
Zur Frage, ob der Verfahrenswechsel hätte vorher angekündigt werden müssen, steht im obigen Text gar nichts geschrieben.
Der Termin ist übrigens für den 16.8. geplant, nicht für den 18.8. Der 18.8. ist ein Sonntag.
Natürlich muss eine Wahlversammlung immer am Anfang einer Versammlung das Wahlverfahren bestimmen. Sonst könnte man mit dem Wählen ja gar nicht anfangen. Es steht der Wahlversammlung jedoch auch jederzeit frei, das Wahlverfahren mit Mehrheitsentscheidung der Versammlung zu wechseln.
Wieso heißt es dann in der Bundeswahlordnung der AfD: „Vor dem Beginn der Wahlen beschließt die Versammlung, ob und ggf. welche Positionen in einem oder mehreren Blöcken gewählt werden“?
Die Frage ist doch eine andere: Darf die Versammlung während der Versammlung mit demokratischer Mehrheit eine Änderung eines früheren Beschlusses herbeiführen?
Nein, die Frage ist keine andere. Sie weichen aus!
Es heißt nicht “Vor dem Beginn der Wahlen” sondern “vor der Wahl”. Das ist ein eklatanter Unterschied.
Nein, in §6 Abs. 3, Satz 1 steht „Vor dem Beginn der Wahlen“.
Etwaige Satzungsverstöße spielen in dieser Sache wahrscheinlich überhaupt keine Rolle, für die Beurteilung auf Wahlrechtsverletzungen dürfte allein das übergeordnete Chancengleichheitsprinzip iVm §§21,27 SächsWahlG entscheidend sein.
Soweit waren wir doch schon einmal, wenn ich mich recht erinnere.
Vgl. BVerfG 89,243, Rn.48: “Die demokratische Grundlage der Bundestagswahl wird nicht allein dadurch verfälscht, daß eine Partei bei der Kandidatenaufstellung die Vorschriften ihrer Satzung, die sie aufgrund ihrer Autonomie zur Regelung ihrer inneren Ordnung aufgestellt hat, nicht einhält oder daß eine Satzungsbestimmung, nach der die Partei verfahren ist, vereinsrechtlich nicht wirksam geworden ist.”
@Anonymer Politoholiker – Ich verstehe das Urteil in diesem Punkt anders. Denn es sagt keinesfalls, dass Satzungen generell nicht eingehalten werden müssen. M. E. müssen die Abschnitte in den Satzungen eingehalten werden, die den Kernbestand „an Verfahrensgrundsätzen [berühren], ohne den ein Kandidatenvorschlag schlechterdings nicht Grundlage eines demokratischen Wahlvorgangs sein kann.“
Die entsprechende Stelle wurde hier bereits mehrfach zitiert (z. B. von Philipp Mützel, Fr 12 Jul 2019).
Nicht zitiert wurde der Satz: „Diese Abgrenzung entspricht der Nahtstelle zwischen parteiinternen Angelegenheiten und staatlicher Wahlvorbereitung.“
Dieser Satz verdeutlicht nach meinem Verständnis, dass Satzungsvorschriften, die lediglich parteiinterne Angelegenheiten klären, für die Wahlvorbereitung in der Tat unerheblich sind, aber jene, die die Wahlvorbereitung betreffen, durchaus eine Rolle spielen.
Korrektur: Nicht Urteil, sondern Beschluss.
@Pedroleum: Deswegen geht es ja auch ums Chancengleichheitsprinzip.
Jedenfalls ist es müßig, darüber zu diskutieren, ob die Satzung den Wechsel des Wahlverfahrens erlaubt oder nicht, das wirkt sich nicht auf die Frage aus, ob Chancengleichheit gegeben war oder nicht. Nur die Tatsache, daß dieser Wechsel stattfand, wirkt sich u.U. bei dieser Bewertung aus.
Einzufügung: “… ohne Vorankündigung …”
Da steht:
“(3“ Herkömmliche GruppenwahlVor dem Beginn der Wahl beschließt die Versammlung, ob und ggf. welchePositonen in einem oder mehreren Blöcken gewählt werden.”
Da steht “Wahl” und nicht “Wahlen”. Außerdem gilt diese Vorschrift nur für die Gruppenwahl.
„Da steht ,Wahl‘ und nicht ,Wahlen‘.“
Stimmt, ich habe mich in der Zeile geirrt. Entschuldigen Sie bitte.
„Außerdem gilt diese Vorschrift nur für die Gruppenwahl.“
Das verstehe ich allerdings so, dass es um eine Wahl von mehreren Positionen geht. Nach meinem Verständnis ist dies bei einer Landesliste der Fall. Und dazu sagt dieser Satz eben genau das, was wohl vom Wahlausschuss moniert wurde: Der Beschluss, „ob und ggf. welchePositonen in einem oder mehreren Blöcken gewählt werden“, muss vorher getroffen werden und darf nicht im Nachhinein erfolgen.
@Petroleum:
“Gruppenwahl” meint offenbar Blockwahlen und es ist ja unbestritten zulässig, das Wahlverfahren während der Wahlen zu ändern. Fraglich ist (nur), ob der Zeitpunkt der Änderung vor Beginn der Wahlvorgänge feststehen muss.
@Philipp Mützel Da dort “Wahl” und nicht “Wahlen” steht, muss der Zeitpunkt der Änderung vor Beginn des einzelnen Wahlvorgangs und nicht aller Wahlvorgänge feststehen.
@Philipp Mützel Da dort “Wahl” und nicht etwa “Wahlen” steht, muss der Zeitpunkt der Änderung vor Beginn des einzelnen Wahlvorgangs und nicht aller Wahlvorgänge feststehen.
@Erik Fried
Das wäre doch unlogisch, wenn man für die Wahl von nur einer Position beschließt, ob man die Kandidaten im Block oder einzeln wählt.
@Philipp Mützel
Zitat: „,Gruppenwahl‘ meint offenbar Blockwahlen und es ist ja unbestritten zulässig, das Wahlverfahren während der Wahlen zu ändern. Fraglich ist (nur), ob der Zeitpunkt der Änderung vor Beginn der Wahlvorgänge feststehen muss.“
Das verstehe ich anders: Eine Gruppenwahl ist eine Wahl zur Vergabe mehrerer Positionen.
Eine Blockwahl ist eine von zwei Optionen für den Wahlprozess in einer Gruppenwahl. Die andere Option ist die Abstimmung über einen einzelnen Kandidaten.
Vor der Beginn der Gruppenwahl soll dem zitierten Paragraphen zufolge festgelegt werden, über welche Positionen einzeln und über welche Positionen im Block abgestimmt wird.
Korrektur: Die andere Option ist die Abstimmung über eine einzelne Position.
@pedroleum:
Benutzer Erik Freid hat oben § 6 Abs. 3 der AfD-Wahlordnung zitiert, aus dem sich ergibt, dass mit “Gruppenwahl” Blockwahl gemeint ist.
@Erik Freud.
Ob ein späterer, nicht von vornherein feststehender Wechsels des Wahlverfahrens wahlrechtsrelevant ist und zur Streichung von Kandidaten führen kann, ist offenkundig umstritten. Der Wahlausschuss hat dies bejaht, und Martin Morlok scheint ihm darin zu folgen (welt.de, 26.7.19: „So etwas hat noch kein Gericht in Deutschland gemacht“):
“Wenn nun das Gericht vorläufig die 30 ersten Kandidaten anerkennt, nicht aber die auf den hinteren Plätzen, dann deutet alles darauf hin, dass das Gericht von Parteien verlangt, das oder die Wahlverfahren von Beginn an festzulegen und an dieser Festlegung nichts mehr im Laufe eines Parteitags zu ändern.
Dafür spricht, dass Regeln von Anfang an klar sein und Bestand haben müssen. Denn nur wenn sie das sind, können Kandidaten ganz frei und nach ihrem taktischen Dafürhalten entscheiden, wann sie für welchen Platz kandidieren. Diese Freiheit ist bei einer Änderung des Verfahrens während der Wahlvorgänge zumindest theoretisch nicht mehr gegeben. Ob das dann Auswirkungen in der Praxis hat, mag dahingestellt bleiben. Aber den Grundgedanken, dass die Regeln für die Kandidatenaufstellung von Anfang an klar sein müssen, halte ich für völlig richtig.”
@Philipp Mützel: „Fraglich ist (nur), ob der Zeitpunkt der Änderung vor Beginn der Wahlvorgänge feststehen muss. […] Der Wahlausschuss hat dies bejaht, und Martin Morlok scheint ihm darin zu folgen“
Nicht nur Martin Morlok folgt dem, sondern auch Jörn Ipsen (bei ZDF*) und Jochen Rozek (bei mdr**). Das einzige, was diese beiden Juristen Zurückhaltung hinsichtlich einer Entscheidung über die Zulässigkeit der Listenplätze 31 bis 61 wahren lässt, ist die Frage, ob der Beschluss bei der 2. Versammlung vor der Wahl getroffen wurde oder erst später. Dies müsse laut Ipsen (der übrigens auf Bestimmungen der „Satzungen der Partei“ verweist) aus den Protokollen hervorgehen.
*Staatsrechtler zur AfD Sachsen – Zu früh für ein Urteil
**Verfassungsrechtler: “Landeswahlausschuss hat keine Willkürentscheidung getroffen”
@pedroleum:
“Eine Gruppenwahl ist eine Wahl zur Vergabe mehrerer Positionen.
Eine Blockwahl ist eine von zwei Optionen für den Wahlprozess in einer Gruppenwahl.”
Beinahe richtig, im 2. Satz aber “in einer Gruppenwahl” zu streichen.
Bei einer Blockwahl stehen ein oder mehrere feste Blöcke von Bewerbern für einen Block von Listenplätzen gleicher Länge zur Wahl. Ein Einzelbewerber hat daher keine Möglichkeit zur Kandidatur bzw. wenn, keine reelle Chance – insbesondere diesen Umstand hat das HH-VerfG damals beanstandet.
Bei einer Gruppenwahl steht eine beliebige Anzahl von Einzelbewerbern (“Gruppe”) für einen Block von Listenplätzen zur Wahl, die dann innerhalb des Listenblockes idR nach Stimmenanzahl geordnet werden.
Also “Gruppe” -> lose Elemente, “Block” -> fixe Elemente.
@Anonymer Politoholiker – danke für die Erläuterung. So ergibt die Sache Sinn.
Zitat: „Bei einer Gruppenwahl steht eine beliebige Anzahl von Einzelbewerbern (,Gruppe‘) für einen Block von Listenplätzen zur Wahl, die dann innerhalb des Listenblockes idR nach Stimmenanzahl geordnet werden.“
Der letzte Punkt ist m. E. ein Grund, weswegen die Chancengleichheit beeinträchtigt ist, wenn das Wahlverfahren ohne vorherige Ankündigung von Einzelwahl auf Blockwahl geändert wird. Denn im Unterschied zur Einzelwahl können sich die Kandidaten bei einer Blockwahl nicht sicher sein, welchen Listenplatz sie erhalten. Somit ist das Risiko größer, einen der hinteren Positionen der im Block vergebenen Listenplätze zu erhalten.
Ergänzung: Wenn das Wahlverfahren nicht von vorneherein feststeht, können die Verantwortlichen hypothetisch das Wahlverfahren beliebig ändern, wenn sie die Chancen unliebsamer Bewerber schmälern möchten. Wenn die Vorankündigung allerdings unveränderlich feststeht, sind solche Tricks ausgeschlossen.
Welchen Listenplatz ein Bewerber erhält, wird er auch im Einzelwahlverfahren nicht wissen – das weiß er tatsächlich nur im echten Blockwahlverfahren…
Üblicherweise kandidiert man im EWV für den angestrebten Listenplatz, scheitert man, versucht man es beim nächsten usw.
Im GWV ist es im Prinzip genauso, der Bewerber kann sich bei Scheitern auf den nächsten Listenblock bewerben, innerhalb eines Blockes wird üblicherweise nach demokratischen Gesichtspunkten geordnet. Alle Bewerber für jeden Block haben die gleichen Chancen.
Inwieweit nur durch das unterschiedliche Verfahren eine Benachteiligung gegenüber bereits im EWV gewählte Bewerber besteht, ist wohl noch offen, aber mir persönlich fehlt dazu die Phantasie, wieso das so sein sollte. Der Hamburger Entscheid gibt dazu auch nichts her. Jedoch kann man diesen Unsicherheitsfaktor gering halten, indem man den Wechsel des WV auf die weniger aussichtsreichen hinteren Listenplätze beschränkt und die Blockgrößen möglichst klein hält – was die AfD Sachsen nach eigenem Bekunden getan hat. Dann blieben etwaige Verletzungen des Chancengleichheitsprinzip einigermaßen unerheblich.
NB: Grundsätzlich wird bei jedem Wahlverfahren IMMER in einen Block hinein gewählt! Der kann die Extreme n=1 und n=N (N:= Länge der Gesamtliste) annehmen, bleibt aber fix. Schon deshalb ist die entstandene Begriffsverwirrung so grotesk, daß man schreien möchte. Man kann nur spekulieren, wie die entstanden ist: Entweder hat die AfD hier einen Protokollfehler gemacht, oder sogar tatsächlich satzungswidrig eine echte Blockwahl durchgeführt (was sie bereits bestritten hat), oder die LWL hat das falsch dargestellt. Ohne Kenntnis der Protokolle nicht möglich zu entscheiden.
@Anonymer Politoholiker
Zitat: „Welchen Listenplatz ein Bewerber erhält, wird er auch im Einzelwahlverfahren nicht wissen – das weiß er tatsächlich nur im echten Blockwahlverfahren…
Üblicherweise kandidiert man im EWV für den angestrebten Listenplatz, scheitert man, versucht man es beim nächsten usw.“
Gut, dann präzisiere ich meinen obigen Standpunkt: Denn im Unterschied zur Einzelwahl können sich die Kandidaten bei einer Blockwahl nicht sicher sein, welchen Listenplatz sie erhalten, sofern sie siegen.
Ich bleibe dabei, dass die ungewisse Reihenfolge bei Blockwahlverfahren dazu führt, dass die Festlegung, ob und wann eine Blockwahl erfolgt, vor dem Beginn der Wahl aller Listenplätze erfolgen muss. Sonst könnten die Wahlleiter nämlich taktische Verfahrenswechsel durchführen um die Chancen unliebsamer Bewerber zu mindern.
Zitat: „NB: Grundsätzlich wird bei jedem Wahlverfahren IMMER in einen Block hinein gewählt! Der kann die Extreme n=1 und n=N (N:= Länge der Gesamtliste) annehmen, bleibt aber fix.“
Aus der Bundeswahlordnung der AfD geht ziemlich deutlich hervor, dass mit Blockwahl n=1+x gemeint ist, z. B. in §8 Abs. (1) b) i 1. heißt es, „in mehreren Wahlblöcken und/oder Einzelwahlgängen“. Auch an anderer Stelle wird dies in diesem Satzungsdokument deutlich.
@Erich Fried (26.07.2019 – 13.18)
“Da steht “Wahl” und nicht “Wahlen”. Außerdem gilt diese Vorschrift nur für die Gruppenwahl.”
“Wahl” kann nach meinem Sprachverständnis eine Art “Kollektivum/Sammelbegriff” sein.
Bundestagswahl 2017 und Bundestagswahlen 2017 ist für mich fast dasselbe (mit unterschiedlichem Schwerpunkt des beschriebenen Gegenstandes: Gesamtheit der Wahlen zum Bundestag in Wahlkreisen, Ländern, Bund vs. Gesamtergebnis der Wahl zum Bundestag)
Da Gegenstand der Entscheidung die Frage ist, ob überhaupt und welche Positionen in Blöcken zusammengefasst werden = es um mehrere Wahlen geht, würde ich “Wahl” hier als Sammelbegriff für mehre Wahlen von Positionen verstehen. Dann würde § 6 Abs. 3 der AfD-WahlO tatsächlich eine Entscheidung ganz zu Beginn der Listenwahl fordern.
Das benatwortet aber nicht die Folgefrage, inwieweit die AfD-Wahlordnung hier Außenrechtsrelevanz hat bzw. welche rechtlichen Maßstäbe überhaupt an den Wahlmodus und dessen Wechsel von dem Landeswahlausschuss und den Gerichten anzulegen sind. Die Argumentation von Elicker finde ich persönlich überzeugend (Herrschaft der Mitgliederversammlung über das Verfahren [ähnlich der Herrschaft der Ratsversammlung über deren intern wirkende Geschäftsordnung] und noch gewahrte Chancengleichheit). Am 16. August 2019 um 16:00 will ja der VerfGH in Sachsen seine Entscheidung in der Hauptsache verkünden.
@Pedroleum: Ich habe Ihren Einwand schon verstanden, aber das werden weder Sie noch ich entscheiden.
In der AfD-Satzung ist das Wort “Blockwahl” m.W. nicht erwähnt, die AfD hätte auch keine definitorische Hoheit über diesen Begriff. Mein Beispiel mit dem Listenblock z.B. der Länge 1 hat anscheinend zur Verwirrung geführt, vergessen Sie das bitte. Aussage war, daß, wenn man die Bezeichnung nicht aus der Ausgangsmenge (die Kandidaten), sondern aus der Zielmenge (die Listenplätze) entlehnt, jedes Wahlverfahren ein Blockwahlverfahren wäre. Vielleicht habe ich das zu mathematisch formuliert, aber das macht keinen Sinn.
Vorsitzende Richterin LVerfG Sachsen Birgit Munz:
“Die Entscheidung des Landeswahlausschusses zur Streichung dieser Listenplätze ist nach vorläufiger Bewertung mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig.”
Martin Morlok: „Dass diese Entscheidung des Ausschusses keinen Bestand hatte, ist absolut richtig. Der Ausschuss behauptete ja, es müsse eine einzige Versammlung geben und bei einer Fortsetzung an einem späteren Wochenende dann denselben Versammlungsleiter, sonst wären es zwei unterschiedliche Versammlungen mit zwei getrennten Listen. Das aber steht nicht im Wahlgesetz und konnte daher keinen Bestand haben.“ (WELT-Online, 27.07.19)
Bei allen noch offenen Detailfragen scheint mir folgender Aspekt zu kurz zu kommen:
Frau Munz sagt, „die Streichung der Listenplätze ist nach vorläufiger Bewertung mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig.” Rechtswidrigkeit ist allgemein der Verstoß eines Rechtssubjekts gegen das geltende Recht.
Darüber hinaus sagt der Rechtswissenschaftler Morlok: „Der Ausschuss behauptete ja, es müsse eine einzige Versammlung geben und bei einer Fortsetzung an einem späteren Wochenende dann denselben Versammlungsleiter, sonst wären es zwei unterschiedliche Versammlungen mit zwei getrennten Listen. Das aber steht nicht im Wahlgesetz und konnte daher keinen Bestand haben.“
Damit stellt sich die Frage, warum der Landeswahlausschuss einen Sachverhalt als Ablehnungskriterium heranzog, der gar nicht im Wahlgesetz steht. Irrtum? Unvorstellbar, bei den Juristen, die beteiligt waren. Also bleibt nur der Verdacht der Rechtsbeugung.
Es ist infam, wie hier von einigen eine Rechtsbeugung herbeigeredet wird. Haben Sie noch nie etwas davon gehört, dass zwei Juristen fünf verschiedene Meinungen haben können und Justizirrtümer auch im öffentlichen Recht möglich sind?
Ich zitiere den Blog-Gründer Max Steinbeis, der oben in einem Kommentar geschrieben hat: „Von Rechtsbeugung ist in diesem Blogpost nirgends die Rede, und jeder, der auch nur ein bisschen was von Strafrecht versteht (und nicht anderweitig Interesse daran hat), wird sich hüten, hier mit solchen Tatbestände um sich schmeißen.“
Über den Rechtsirrtum, der jedem mal unterlaufen kann, geht die Fehlentscheidung des Landeswahlausschusses wohl hinaus.
Jörg Urban (AfD) spricht nach Verkündung der Entscheidung des Landesverfassungsgerichtshofs von grob fahrlässiger Rechtswidrigkeit (in Bezug auf vom Gericht nunmehr vorläufig zugelassenen Teil der Liste mit den Plätzen 19-30).
Thomas Seitz (MdB AfD und Staatsanwalt a. D.) findet mit seinen Worten von der “möglicherweise allzu willfährigen Landeswahleiterin” wohl den passenden Ausdruck.
Dazu müssten die Herren von der AfD aber erst einmal nachweisen, dass es erstens völlig eindeutig falsch war und diese eindeutig falsche Auslegung vorsätzlich erfolgte.
Falls dies nicht so ist, haftet m. W. in der Regel der Staat. Bei Gerichtsurteilen, die von höheren Instanzen aufgehoben werden, ist es auch eher selten, dass den verantwortlichen Richtern Rechtsbeugung vorgeworfen wird.
Ich kann das nicht erkennen. Siehe Kommentare unter diesem Artikel, die auf entsprechende Literatur verweisen.
Im Übrigen hat der können.
Dass die AfD jetzt gegen die Vorsitzende des Wahlausschusses hetzt, obwohl der Verfassungsgerichtshof bei dem zweiten Einwand hinsichtlich der Verfahrensänderung anscheinend keinen Fehler erkennen konnte, ist an Impertinenz nicht zu überbieten!
Die Herren von der AfD sprechen gerade nicht von Vorsatz, sondern von grober Fahrlässigkeit bzw. einer möglicherweise allzu großer Willfährigkeit und bezogen dies auch gerade nicht auf beide Begründungen des Landeswahlausschusses, sondern allein auf die Nichtzulassung der Plätze 19-60, gestützt auf die angeblich geforderte und angeblich nicht gegebene Einheitlichkeit der Aufstellungsversammlung.
Für die Nichtzulassung aller Plätze ab 19 wegen der angeblich geforderten Einheitlichkeit der Versammlung, fehlt eine gesetzliche Grundlage (siehe Artikel). Daher ist hier der Vorwurf von wenigstens grober Fahrlässigkeit durchaus gerechtfertigt, zumal Frau Schreck durchaus Expertise auf dem Gebiet mitbringt (u. a. aus einer Tätigkeit von 1997-2001 als Kreiswahlleiterin im Landratsamt Bautzen). Mit einem sicher auch politisch motivierten und vielleicht überspitzten Bonment drückte das Krah (AfD) in der Pressekonferenz vom 12.07.2019 aus als er davon sprach, dass die Entscheidung des Landeswahlausschusses – gestellt in einer Examensprüfung – zu einer Wiederholung der Prüfung qualifziere.
Der zweite Punkt, die (hilfsweise) auf auf den Wechsel des Wahlverfahrens gestützte Nichtzulassung der Plätze 31-60, war gerade nicht Gegenstand der Äußerungen der AfD.
Leider 2x falsch:
@ius m.e.a.: Die AfD hat sehr wohl auf der PK eine Klage wg. “Verdacht auf Rechtsbeugung” gegen “Unbekannt” angekündigt! Wieviel davon Drohung, wieviel Propaganda und wieviel ernstgemeint ist, wird man sehen.
@Pedroleum: “…der Verfassungsgerichtshof bei dem zweiten Einwand hinsichtlich der Verfahrensänderung anscheinend keinen Fehler erkennen konnte…”
Der Verfassungsgerichtshof hat inhaltlich noch nichts entschieden, er hat noch nicht einmal über die Zulässigkeit der Beschwerde entschieden, sondern über eine einstweilige Anordnung die Listenplätze 19-30 – vorläufig! – zugelassen.
Lediglich in der Pressemitteilung gibt er die Hinweise, daß die Beschwerde zulässig sei, die Entscheidung des Wahlausschusses bzgl. der Einheitlichkeit der Liste sich “mit hoher Wahrscheinlichkeit [als] rechtswidrig erweist und einen voraussichtlichen Wahlfehler von außerordentlichem Gewicht begründete”, während sie bzgl. des Wahlverfahrens keinen “derartigen Fehler” erkennen kann – also keinen Fehler von “außerordentlichem Gewicht”!
Pressemitteilung: https://www.verfassungsgerichtshof.sachsen.de/content/1660.htm
Urteil: https://www.justiz.sachsen.de/esaver/internet/2019_077_IV/2019_077_IV.pdf
Die AfD hat aber doch um den 12. Juli herum den Vorwurf der Rechtsbeugung in den Raum gestellt. Der Vorwurf der Fahrlässigkeit ist jetzt die abgeschwächte Variante davon.
Überdies ist es nicht abwegig, die Einheitlichkeit anzunehmen, da man nicht nur die Formulierung im Gesetz, der Landeswahlordnung und den Formularen so verstehen kann, sondern auch in der entsprechenden Literatur.
Selbst die Passagen von Hr. Behl, die Elicker in seinem Gutachten zitiert, sind nicht eindeutig, denn sie lassen sich auch so interpretieren, wie es unter Frauke Petry 2017 gehandhabt wurde, dass die Abstimmung über die bereits gewählten Kandidaten für die Listenplätze bei der zweiten Aufstellungsversammlung pro Forma wiederholt wird.
Zuguterletzt musste der Wahlausschuss auch deshalb misstrauisch werden, da die AfD beim ersten Termin zwei Landeslisten samt eigener Niederschriften mit Angabe unterschiedlicher Vertrauenspersonen etc. und Unterlagen mit „Entwurfscharakter“ eingereicht hat.
Zitat von Jochen Rozek: „Fest steht, dass sich die AfD sicherlich ungeschickt verhalten und die zumutbare Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten vernachlässigt hat.“
“den Vorwurf der Rechtsbeugung in den Raum stellen” trifft es sicher gut; denn eine Intention zur Rechtsbeugung lässt weder ausschließen noch beweisen – so hörte es sich auch in der Pressekonferenz vom 12.07.2019 an. Persönlich denke ich, dass angesichts des zu erwartenden Erfordernisses zur Begründung wie auch der zu erwartenden Überprüfung durch die Gerichte und wohl auch angesichts der aufgrund der Bedeutung der Entscheidung von der AfD in der Pressekonferenz vermuteten Rücksprache mit höheren Stellen die Landeswahlleiterin sich noch auf dem Boden der Legalität glaubte.
In den Medien war von den erst angedachten Strafanzeigen auch nichts mehr zu hören.
Die Entscheidung zur Streichung der Plätze ab 16 war aber für mich schon nach dem ersten Lesen des Gesetzes nicht nachvollziehbar.
Es geht um die Auslegung folgender Stelle im Gesetz:
“Als Bewerber einer Partei kann (…) nur benannt werden, wer in EINER Mitgliederversammlung gewählt worden ist.”
Im juristischen Schrifttum, Rechtsprechung gibt es dazu nicht, wird seit Langem die Auffassung vertreten, dass das Wort “eine” im Sinne von “eine einzige” zu verstehen ist.
Vermutlich rührt daher die vom Landeswahlausschuss vertretene Rechtsauffassung.
Dieser Hintergrund schließt aus, dass es sich bei der Entscheidung des Landeswahlausschusses tatbestandlich um Rechtsbeugung handelt.
Nicht jede fehlerhafte Rechtsanwendung durch ein Gericht oder eine andere öffentliche Stelle ist Rechtsbeugung – zumal sich bei gerichtlich nicht entschiedenen Fragen oft ja erst im Nachhinein herausstellt, welche Rechtsansicht von den Gerichten als maßgeblich angesehen wird.
Überdies geht es auch um folgende Stelle im Gesetz (§21 Abs. 5 Satz 2): „Hierbei haben der Leiter der Versammlung und zwei von der Versammlung bestimmte Teilnehmer gegenüber dem Kreiswahlleiter an Eides statt zu versichern, dass die Anforderungen gemäß Absatz 3 Satz 1 bis 3 beachtet worden sind.“
In der Medieninformation des Landeswahlausschusses heißt es: „Ebenso wurde darauf hingewiesen, dass auch die Benennung von mehr als zwei Vertrauenspersonen nicht den Anforderungen des SächsWahlG entspricht.“
(vgl. https://www.wahlen.sachsen.de/download/Medieninformation/LWL-17-2019.pdf)
Wobei die Vertrauenspersonen etwas anderes sind als die zwei Teilnehmer, welche die. eidesstattliche Versicherung abzugeben haben. Die Vertrauenspersonen sind nicht von der Versammlung zu bestimmen, sondern von den drei Vorstandsmitgliedern, die den Wahlvorschlag unterzeichnen. Die Vertrauenspersonen können auch jederzeit abberufen und durch andere Personen ersetzt werden. Darum konnte die AfD diesen Mangel noch vor Ende der Frist heilen. Hätten tatsächlich noch bei Fristende zwei Listen der AfD mit unterschiedlichen Vertrauenspersonen vorgelegen, hätte der Landeswahlausschuss beide Listen zurückweisen müssen. Einen Link zu einer entsprechenden Entscheidung des Berliner Verfassungsgerichtshof hatte ich weiter oben in den Kommentaren bereits gepostet.
@Wilko Zicht: „Wobei die Vertrauenspersonen etwas anderes sind als die zwei Teilnehmer, welche die. eidesstattliche Versicherung abzugeben haben.“
Stimmt.
Glaubt man dem Beitrag von Landeswahllausschuss_ich_war_vor_Ort weiter oben, wurden die Personen zur Versicherung an Eides statt neu gewählt.
Es geht mir um die Frage, ob hier die Zahl „zwei“ im Gesetzestext nicht schon aussagekräftig ist hinsichtlich der Einheitlichkeit der beiden Veranstaltungen.
Die Reaktion von Mohrlok ist jetzt schon etwas überraschend, da er bis vor kurzem den Landeswahlausschuss immer wieder verteidigt hat.
Beispiel:
https://www.dnn.de/Nachrichten/Politik/AfD-verliert-Listenplaetze-in-Sachsen-Das-sagt-ein-Parteienrechtler-zu-dem-Fall
Es ist doch soo einfach, finde ich. – Es hätte im Gesetz heißen müssen, “In einer einzigen Versammlkung”,wäre es numerisch zu verstehen. Hier aber bedeutet “in einer” lediglich, daß zB nicht anstelle “auf einer Versammlung” die Festlegung / Aufstellung der Landeswahlliste per Ordre Mufti, Merkels Alternativlosigkeit zB, also per “Führerbeschluß” erfolgen kann.
Das Urteil ist soeben gefallen: Die Plätze 19 bis 30 der Wahlliste werden zugelassen, die restlichen Plätze nicht.
Einen Satz in der Presseerklärung des sächsischen Verfassungsgerichtshofs verstehe ich nicht, denn er ist zu verschwurbelt: „Denn der Landeswahlausschuss hat den Gesichtspunkten, die für eine Einheitlichkeit sprechen, nicht das erforderliche Gewicht beigemessen und nicht beachtet, dass bei gewichtigen Anhaltspunkten für eine statthafte Unterbrechung eine auf Zulassung der Liste gerichtete Würdigung verfassungsrechtlich geboten ist.“
Was wollen die Verfassungsrichter damit sagen? Dass eine Einheitlichkeit der Aufstellungsversammlung eigentlich eine Voraussetzung ist, aber die Zulassung wegen des passiven Wahlrechts der Kandidaten höher zu werten ist als diese Formalie? Das würde doch bedeuten, dass der Landeswahlausschuss nicht ganz falsch lag, oder?
(siehe https://www.verfassungsgerichtshof.sachsen.de/content/1660.htm#article1683 )
Ob eine Einheitlichkeit der Versammlung notwendig ist, haben sie ausdrücklich offen gelassen, aber deren praktische Relevanz würd dann gegen null gehn.