Der Fall Baltasar Garzón: Ein Vertrauenstest für die Justiz
Über den Fall Baltasar Garzón, den spanischen Untersuchungsrichter und Diktatorenjäger, der jetzt von seinen Feinden wegen angeblicher Rechtsbeugung zu Fall gebracht werden soll, hat man in den deutschen Online-Medien bemerkenswert wenig gelesen. Bei FAZ, SZ, taz und Welt habe ich überhaupt nichts gefunden (korrigiert mich, wenn ich mich irre), bei SpON nur diese dünne Meldung. Nur ZEIT Online sticht mit diesem Artikel hervor.
Der Richter und sein Schicksal ist auch in Deutschland eine Nachricht, selbst wenn man sich nicht in besonderem Maße für Spanien und sein Verhältnis zur eigenen Franco-Vergangenheit interessiert.
Im WSJ hat Eric Posner, Chicago-Professor und International-Law-Skeptiker und Sohn des berühmten Ökonomen-Richters Richard A. Posner, ein triumphierendes Op-Ed veröffentlicht, in dem er den Fall Garzón als “Ende des gescheiterten Experiments der Universal Jurisdiction” feiert (der Artikel ist leider hinter der Paywall versteckt, Auszüge hier und hier).
In der Tat: Universal Jurisdiction ist, wie an dieser Stelle bereits beklagt, auf dem Rückzug, und Garzóns Anklage mag als Markierungspfosten für diesen Umstand taugen.
Ein Fall für die Justiz
Andererseits: Garzóns Feldzüge gegen alle möglichen Schurken, ohne sich groß um Staatenimmunität und Amnestien und sonstigen Selbst-Immunisierungs-Tools der Mächtigen zu scheren, fußten auf dem Anspruch, dass die Justiz mit den Mitteln des Rechts mit besagten Schurken fertig werden kann und sollte. Nicht Baltasar Garzón persönlich, so sehr man den Mann auch bewundern mag.
Sondern die Justiz.
Genau die selbe Justiz sitzt jetzt über Garzón zu Gericht. Was, wenn sie ihn schuldig spricht?
Dann steckt dahinter entweder eine illegitime politische Verschwörung. In welchem Falle ich die Universal Jurisdiction nur ungern in die Hände dieser Justiz legen würde.
Oder es geht alles mit rechten Dingen zu. Dann werden wir das um so mehr akzeptieren müssen.
Aber vielleicht sprechen sie ihn ja auch frei.
Update: Kevin Jon Heller kontert Posners Artikel auf Opinio Juris.
I guess Posner’s point is that just as Spain has no business prosecuting other states’ crimes, the ICC doesn’t either. In other words, unless a state prosecutes its own officials for committing crimes against its own citizens, nothing should be done. Other states should just sit idly by, shrug their shoulders, and give pretty speeches about how the offending state should do better.It’s as if the past 60 years simply didn’t exist.
Über den Fall Baltasar Garzón, den spanischen Untersuchungsrichter und Diktatorenjäger, der jetzt von seinen Feinden wegen angeblicher Rechtsbeugung zu Fall gebracht werden soll, hat man in den deutschen Online-Medien bemerkenswert wenig gelesen. Bei FAZ, SZ, taz und Welt habe ich überhaupt nichts gefunden (korrigiert mich, wenn ich mich irre), bei SpON nur diese dünne Meldung. Nur ZEIT Online sticht mit diesem Artikel hervor.
Der Richter und sein Schicksal ist auch in Deutschland eine Nachricht, selbst wenn man sich nicht in besonderem Maße für Spanien und sein Verhältnis zur eigenen Franco-Vergangenheit interessiert.
Im WSJ hat Eric Posner, Chicago-Professor und International-Law-Skeptiker und Sohn des berühmten Ökonomen-Richters Richard A. Posner, ein triumphierendes Op-Ed veröffentlicht, in dem er den Fall Garzón als “Ende des gescheiterten Experiments der Universal Jurisdiction” feiert (der Artikel ist leider hinter der Paywall versteckt, Auszüge hier und hier).
In der Tat: Universal Jurisdiction ist, wie an dieser Stelle bereits beklagt, auf dem Rückzug, und Garzóns Anklage mag als Markierungspfosten für diesen Umstand taugen.
Ein Fall für die Justiz
Andererseits: Garzóns Feldzüge gegen alle möglichen Schurken, ohne sich groß um Staatenimmunität und Amnestien und sonstigen Selbst-Immunisierungs-Tools der Mächtigen zu scheren, fußten auf dem Anspruch, dass die Justiz mit den Mitteln des Rechts mit besagten Schurken fertig werden kann und sollte. Nicht Baltasar Garzón persönlich, so sehr man den Mann auch bewundern mag.
Sondern die Justiz.
Genau die selbe Justiz sitzt jetzt über Garzón zu Gericht. Was, wenn sie ihn schuldig spricht?
Dann steckt dahinter entweder eine illegitime politische Verschwörung. In welchem Falle ich die Universal Jurisdiction nur ungern in die Hände dieser Justiz legen würde.
Oder es geht alles mit rechten Dingen zu. Dann werden wir das um so mehr akzeptieren müssen.
Aber vielleicht sprechen sie ihn ja auch frei.
Update: Kevin Jon Heller kontert Posners Artikel auf Opinio Juris.
I guess Posner’s point is that just as Spain has no business prosecuting other states’ crimes, the ICC doesn’t either. In other words, unless a state prosecutes its own officials for committing crimes against its own citizens, nothing should be done. Other states should just sit idly by, shrug their shoulders, and give pretty speeches about how the offending state should do better.It’s as if the past 60 years simply didn’t exist.
In der FAZ gab es vor einigen Wochen einen kleinen Bericht:
http://www.faz.net/s/Rub5A6DAB001EA2420BAC082C25414D2760/Doc~E2FE1CAFE590B493EBBF98F20241C3F48~ATpl~Ecommon~Scontent.html
In den Tagesthemen kam in den letzten Tagen auch einen Bericht: http://www.tagesthemen.de/ausland/spanien194.html
Garzón ist jetzt von seinem Amt suspendiert worden. In Spanien herrscht große Empörung auf Seiten der Demokraten, und die deutsche Presse, wie sie richtig bemerkt haben, bringt ziemlich wenig darüber.
Im Fall Garzón geht es um juristische Interpretationen. Ein Amnestiegesetz, das vor der Verfassung von 1978 verabschieden wurde, amenestiert alle Verbrechen mit potischer Intention zwischen 1936 und 1975. Andererseits läßt das Internationale Recht nicht zu, dass man Verbrechen gegen die Menschlichkeit amnestiert.
Es geht aber um mehr, denn der Richter Garzón hatte sich vor kurzem um den größten Korruptionsskandal del rechtskonservativen Partei PP gekümmert, und man möchte ihn
wie auch immer vom Amt entfernen. Wichtige Zeugen der Verteidigung werden nicht zugelassen, Entscheidungen werden schneller getroffen, damit der Richter so wenig Chancen wie möglich hat, das jurischtische Prozedere gegen ihn, ist so fraglich und so offensichtlich politisch motiviert, dass viele Spanier das Vertrauen in die spanische Justiz verlieren. Wir hoffen auf mehr Aufmerksamkeit in der ausländischen Presse
Im Fall Garzón geht es um juristische Interpretationen. Ein Amnestiegesetz, das vor der Verfassung von 1978 verabschieden wurde, amenestiert alle Verbrechen mit potischer Intention zwischen 1936 und 1975. Andererseits läßt das Internationale Recht nicht zu, dass man Verbrechen gegen die Menschlichkeit amnestiert.Es geht aber um mehr, denn der Richter Garzón hatte sich vor kurzem um den größten Korruptionsskandal del rechtskonservativen Partei PP gekümmert, und man möchte ihnwie auch immer vom Amt entfernen. Wichtige Zeugen der Verteidigung werden nicht zugelassen, Entscheidungen werden schneller getroffen, damit der Richter so wenig Chancen wie möglich hat, das jurischtische Prozedere gegen ihn, ist so fraglich und so offensichtlich politisch motiviert, dass viele Spanier das Vertrauen in die spanische Justiz verlieren. Wir hoffen auf mehr Aufmerksamkeit in der ausländischen Presse
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