Die Presse versagt
Ich lese ziemlich viel, aber natürlich nicht alles. Ich habe jedenfalls noch keinen Bericht der Mainstream-Medien gefunden, in dem die Folgen und Hintergründe der CSU-Forderung, eine einschränkende Zusatzerklärung zum Lissabon-Vertrag abzugeben, einigermaßen adäquat erklärt worden wäre.
Aber vielleicht irre ich mich. Ich bin da um Hinweise dankbar.
Besonders traurig ist, dass einige bekannte Protagonisten dieser Mainstream-Medien auf diesen Zug aufgesprungen sind, ohne zu wissen, was ein völkerrechtlicher Vorbehalt bedeutet. Was möchten eigentlich die Prantl’s dieser Welt? Eine EU ohne Deutschland? Ein Europa ohne die EU? Eine EU nach dem Vorbild der WTO?
Sie fordern “Transparenz”, “Demokratie”, “Verantwortlichkeit” – und im nächsten Leitartikel, dass die EU – böse böse – weder föderal noch Staat sein darf. Können oder wollen sie nicht nachvollziehen, dass Komplexität und Intransparenz der EU gerade darauf basieren, dass sie diesem Gebilde die staatlichen Attribute – “echtes Parlament”, “Regierung”, “Präsident” etc. verweigern?
Ein mir von einem Freund gerade übersandter ängerer Leserbrief (von dessen Wiedergabe ich hier natürlich absehen muss) beginnt wie folgt – den Rest kann man sich denken.
“Sehr geehrter Herr Prantl,
ich habe mit Unbehagen Ihren Kommentar in der heutigen Ausgabe der SZ gelesen. Darin drängen Sie nachdrücklich darauf, die Bundesregierung solle die Ratifizierung des Lissabon-Vertrags mit einem völkerrechtlichen Vorbehalt versehen, gemäß dem die Bundesrepublik Deutschland an den Vertrag nur nach Maßgabe der Rechtsprechung des BVerfG gebunden sei. Dabei ist weniger interessant, was Sie Ihren Lesern sagen, als was Sie ungesagt lassen…”
Meinerseits habe ich die SZ vor knapp 15 Jahren abbestellen müssen, als eben erwähnter Journalist aus dem Nichteinschreiten der EU-Kommission gegen die französischen Atomtests an irgendeinem Atoll folgerte, die Kommissare spekulierten offenbar selbst auf die Atomwaffen um aus der EU eine Atomstreitmacht zu machen. Gut, dass dieser Mann, der zweifellos große Verdienste in Bayern hat, kein Staatsanwalt geworden ist. Das wäre ein noch mächtigerer Knaller geworden.
Die Zentralisierung von Macht in großen politischen Gebilden wie der EU bedeutet immer den Tod für Demokratie und Freiheit – egal, wie gut es die Beteiligten meinen könnten. Es führt automatisch in totalitäre Verhältnisse – siehe z.B. USA. Daher sollte die EU auf keinen Fall staatliche Attribute erhalten, wenn man denn meint, sie hätte noch keine.
Vielmehr sollte die EU zu einem Bündnis souveräner Staaten zurechtgestutzt werden. Ein solches Staatenbündnis wäre letztendlich auch handlungsfähiger, wenn es um die gemeinsamen Interessen der Mitgliedsstaaten geht. Die EU schwächt Europa und ist eine Katstrophe für die überwältigende Mehrheit der Bürger in den Mitgliedsstaaten. Mir fällt es schwer irgendetwas Positives bezüglich der EU zu nennen – abgesehen von den “Brot-und-Spiele”-Aktionen, versteht sich.
Nun, die meisten Menschen lernen leider nicht aus der Geschichte und wiederholen daher die Fehler. So wird es wohl über kurz oder lang in Europa wieder krachen.