Duftmarken einer Politik der sozialen Kohäsion
Zur Umsetzung der Ergebnisse der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ durch die Bundesregierung
Am 10. Juli 2019 hat das Bundeskabinett zwölf „Maßnahmen der Bundesregierung zur Umsetzung der Ergebnisse der Kommission „‚Gleichwertige Lebensverhältnisse‘“ verabschiedet. Wer das Wort „Maßnahmen“ liest, wird annehmen, es seien spezifische, problemlösende Instrumente vorgestellt worden, mit denen gleichwertige Lebensverhältnisse hergestellt werden. Dem ist indes nicht so. Absichtserklärungen dominieren, wobei die Modalitäten der Zielverwirklichung weithin vage bleiben und Alltagstaugliches für die nahe Zukunft fehlt. Wer im ländlichen Raum an der legendären Milchkanne steht und hofft, dass 5G-Mobilfunkfrequenzen nicht an ihr bzw. ihm vorbeiziehen, wird sich weiter gedulden müssen.
Die Vorarbeiten der Gleichwertigkeitskommission
Im Juli 2018 hatte die Bundesregierung die sog. Gleichwertigkeitskommission eingesetzt, an der Vertreter des Bundes (insbesondere der Bundesministerien), der Länder und der drei kommunalen Spitzenverbände beteiligt waren. Unter dem ambitionierten Titel „Unser Plan für Deutschland. Gleichwertige Lebensverhältnisse überall“ legte die Kommission im Mai 2019 ihre Schlussfolgerungen vor, die laut Organigramm in sechs Facharbeitsgruppen (FAG) vorbereitet worden waren: „Kommunale Altschulden“ (FAG 1), „Wirtschaft und Innovation“ (FAG 2), „Raumordnung und Statistik“ (FAG 3), „Technische Infrastruktur“ (FAG 4), „Soziale Daseinsvorsorge und Arbeit“ (FAG 5) sowie „Teilhabe und Zusammenhalt der Gesellschaft“ (FAG 6) (Anhang FAG-Berichte, S. 27 ff.). Das Maßnahmenpapier der Bundesregierung basiert auf diesen Schlussfolgerungen, ist aber weithin ein Maßnahmenankündigungspapier, das alles Nähere der weiteren politischen Debatte und Verhandlung unter den Bedingungen der föderalen Politikverflechtung überlässt.
„Nicht der große Wurf“ – Die Maßnahmen im Überblick
Die erste Maßnahme, die vorgeschlagen wird, ist die Einrichtung eines gesamtdeutschen Fördersystems für strukturschwache Regionen „in Ost und West“ nach Auslaufen des Solidarpakts II Ende 2019 (der nur die ostdeutschen Länder und Berlin erfasst). Die bestehenden Förderprogramme sollen besser koordiniert werden, die „demografische Komponente“ soll insbesondere bei der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ höher gewichtet werden. Angesichts der zahlreichen Infrastruktursorgen, die gerade auch westliche Bundesländer (erinnert sei nur an NRW) zu bewältigen haben, ist ein gesamtdeutscher Blick sinnvoll. Wie sich das neue Fördersystem zu den Instrumenten des Finanzausgleichs verhält, ist offen.
Die zweite Maßnahme firmiert unter der Überschrift „Arbeitsplätze in strukturschwache Regionen bringen“. Im Wege der Selbstverpflichtung werde der Bund Neuansiedlungen und Ausgründungen von Behörden und Ressortforschungseinrichtungen bevorzugt in strukturschwachen bzw. vom Strukturwandel betroffenen Regionen vornehmen, und zwar vorrangig in Klein- und Mittelstädten. Das ist zu begrüßen, denn es ist eine Binsenweisheit der demografischen Forschung, dass die Ansiedlung im weiteren Sinne öffentlicher Infrastrukturen einen positiven Sogeffekt für darbende Regionen und (Klein-)Städte erzeugen kann (hierzu Jens Kersten/Claudia Neu/Berthold Vogel, Demografie und Demokratie. Zur Politisierung des Wohlfahrtsstaates, 2012). Im Detail warten gerade bei Ausgründungen aber zahlreiche Probleme. Die positiven Anreize für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, mit dem Arbeitsplatz auch den Lebensmittelpunkt zu wechseln, sind überschaubar. Eher drohen eine Zunahme der Pendlerzahlen oder dauernde Ineffizienzen zwischen Behördenhauptsitz und Außenstelle (also Variationen auf das Bonn/Berlin-Problem). Bei Neugründungen sieht es nicht anders aus. Wer um die Probleme weiß, die Verwaltung und Justiz jetzt schon haben, in bestimmten Landstrichen überhaupt noch Personal zu gewinnen, wird handfestere incentives parat haben müssen, als TVöD oder beamtenrechtliche Besoldungsgesetze derzeit zur Verfügung stellen. Hochschulen, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen (also insbesondere jene der Max-Planck-, der Helmholtz- und der Leibniz-Gemeinschaft sowie der Fraunhofer-Gesellschaft) und Unternehmen „sollten […] durch aktive Standortpolitik unterstützt werden, sich dezentral im ländlichen Raum anzusiedeln“. Wer unterstützt wie? Da Wissenschaft im internationalen Wettbewerb um die besten jungen Köpfe steht, dürfte es das Angebot, in, sagen wir, Zittau oder Pirmasens zu forschen, nicht leicht haben.
Die dritte Maßnahme zielt auf den „flächendeckenden“ Ausbau von Breitband und Mobilfunk. Vorgesehen ist u.a. ein „ambitionierter Ausbauplan“ mit Blick auf den Mobilfunk. Ferner soll die Gründung einer staatlichen Infrastrukturgesellschaft „geprüft“ werden, um Aufbau und Betrieb von Mobilfunk-Infrastrukturen zu gewährleisten, in denen private Anbieter dies nicht tun. Insbesondere die rechtlich bedingten Schwierigkeiten bei der Breitbandförderung sind bekannt; insoweit müssten zunächst die Inkohärenzen zwischen Regulierungs- und Förderungsrecht beseitigt werden (hierzu Matthias Cornils, Sicherstellung der technischen Infrastruktur durch Markt und Staat, in: Der Landkreis 2019, S. 246-254).
Die vierte Maßnahme betrifft die Verbesserung von Mobilität, insbesondere öffentlichen Mobilitätsangeboten, und Verkehrsinfrastruktur „in der Fläche“. Verbesserte regionale Mobilitätskonzepte sollen für die Entwicklungsplanung wichtiger werden. Die künftige Gemeindeverkehrsfinanzierung (nach der Änderung des Art. 125c GG) soll dies unterstützen. All das ist zu begrüßen, aber auch hier gilt, dass die Umsetzung in konkrete Schritte eher mittel- bis langfristige Effekte zeitigen wird.
Die fünfte Maßnahme lautet „Dörfer und ländliche Räume stärken“. Einerseits soll eine nicht näher spezifizierte „Grundversorgung“ in ländlichen Räumen, auch durch Bundesfördermittel, gestärkt werden. Andererseits soll die Problematik der sog. „Speckgürtel“, die sich um größere Städte anlagern, genauer betrachtet werden (Stadt-/Umland-Problematik, prominent: Berlin/Brandenburg, Hamburg/Schleswig-Holstein). Dazu, so heißt es etwas kryptisch, „wird die Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern eine räumliche Abgrenzung unter Einbeziehung von Strukturschwäche-Indikatoren vornehmen und die rechtliche Umsetzung besprechen.“ Offenbar geht es um die Effekte, die die „Speckgürtel“-Problematik auf den Finanzausgleich im Allgemeinen und die Umsatzsteuerverteilung im Besonderen hat. Da gibt es gerade aus Sicht der Länder (einschließlich der Kommunen) einiges zu „besprechen“.
Die sechste Maßnahme lautet: „Städtebauförderung und sozialen Wohnungsbau voranbringen“. Der Bund will sich an der Schaffung sozialen Wohnraums „beteiligen“ – Wie? Etwa durch eigene Wohnungsbaugesellschaften? –, und er will auch künftig Bundesmittel für den sozialen Wohnungsbau bereitstellen. Eine große Überraschung ist das nicht.
Die siebte Maßnahme hat allenfalls indirekt mit gleichwertigen Lebensverhältnissen zu tun: „Eine faire Lösung für kommunale Altschulden finden“. Es geht um Kommunen, die regelhaft von Kassenkrediten leben, die eigentlich nicht zur Deckung der haushaltsmäßig vorgesehenen Ausgaben vorgesehen sind. Es geht also um strukturell überschuldete Kommunen. Begriffe wie „Haushaltssicherungkonzept“ (HSK) oder „HSK-Kommune“ zeigen das Problem an (Studie). Die Bundesregierung spricht schamhaft von „den betroffenen Länder[n]“. Es ist ein offenes Geheimnis, dass es insbesondere um Kommunen in NRW, Rheinland-Pfalz und im Saarland geht. Hinzu kommen Wohnungsunternehmen mit hohen Altschulden in einigen Ostländern (ohne Berlin). Der Bund meint, er könne hierzu „einen Beitrag leisten“ – das klingt nicht euphorisch –, denn grundsätzlich sind es in der Tat die Länder, die für die aufgabenadäquate Ausstattung der Kommunen verantwortlich sind. So verhalten der Bund auch klingt, so ist doch zu befürchten, dass die betroffenen Länder großen politischen Druck aufbauen werden, damit der Bund sich stärker als bislang signalisiert engagieren möge. Das wird das grundlegende Problem, wie die Länder für eine dauerhaft stabile Finanzausstattung der Kommunen sorgen können, nicht lösen. Wie sich gewährleisten lässt, dass die betroffenen Kommunen nach der Sanierung nicht schon bald wieder in der Misere landen, in der sie jetzt stecken, bleibt also offen.
Die achte Maßnahme gilt „Engagement und Ehrenamt“, es sei zu „stärken“. Hierzu sollen bereits bestehende Bundesprogramme um eine vom Bund erst noch zu gründende „Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt“ ergänzt werden, um ehrenamtliche Tätige u.a. „bei der Digitalisierung“ zu unterstützen. Was das konkret heißt und worin der Mehrwert einer solchen Stiftung liegt, wird nicht erläutert.
Die neunte Maßnahme („Qualität und Teilhabe in der Kindestagesbetreuung sichern“) zielt auf den Ausbau von Angeboten im frühkindlichen Bereich, in der Grundschule, in der Jugendarbeit sowie in der Jugend- und Schulsozialarbeit, all das soll „ausgebaut und qualitativ weiterentwickelt werden“. Aber von wem, mit welchem Geld und mit welchem Personal? Der Bund werde auch für die Weiterentwicklung der Qualität und Teilhabe in der Kindertagesbetreuung über 2022 (also nach Auslaufen der Mittel des sog. Gute-Kita-Gesetzes) „seine Verantwortung wahrnehmen“. Wie genau? Finanziell oder nur mit warmen Worten? Vielleicht, indem nach dem verfassungswidrigen (siehe Rixen, Ist das Gute-Kita-Gesetz verfassungswidrig?, NVwZ 2019, S. 432-438; Kube, Steuerung der Aufgabenerfüllung von Ländern und Kommunen durch Finanzzuweisungen des Bundes und vertraglich konditionierte, aufschiebend bedingte Umsatzsteuerneuverteilung, in: Der Landkreis 2019, S. 179-184, hier: S. 183-184) „Gute-Kita-Gesetz“ das „Supergute-Kita-Gesetz“ erlassen wird? Auch hier ist nichts Konkretes erkennbar, etwa, woher denn das ganze Personal kommen soll, ohne das qualitativ hochwertige Kinderbetreuung nicht realisierbar ist. Immerhin beziffert die Gleichwertigkeitskommission den Personalbedarf bis 2025 auf ca. 190.000 Erzieherinnen und Erzieher für Kita- und Grundschulkinder („Unser Plan für Deutschland. Gleichwertige Lebensverhältnisse überall“, S. 13).
Die zehnte Maßnahme („Barrierefreiheit in der Fläche verwirklichen“) soll insbesondere in strukturschwachen Regionen „eine inklusive Gesellschaft […] verwirklichen“. Dazu soll zum Beispiel ein „Unterstützungssystem für Länder und Kommunen sowie ein Bundesprogramm für mehr Barrierefreiheit“ aufgebaut werden. Ab wann, durch wen, wie lange – Fehlanzeige.
Die elfte Maßnahme („Miteinander der Bürgerinnen und Bürger in den Kommunen fördern“) zielt auf den Aufbau von „Strukturen des ‚sich umeinander Kümmern’ und der integrierten intelligenten Vernetzung von Dienstleistungen im Sozialraum“. Der Bund will hierbei Kommunen „unterstützen“. Wie, wie lange, unter welchen Voraussetzungen – und wieso ist die Unterstützung der Kommunen eine Aufgabe des Bundes? –, diese Fragen drängen sich auch hier auf.
Die zwölfte Maßnahme („‚Gleichwertige Lebensverhältnisse‘ als Richtschnur setzen“) installiert einen – ausdrücklich so genannten – „Gleichwertigkeits-Check“, anhand dessen der Bund bei seinen Gesetzesvorhaben die Effekte eines Vorhabens auf die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse abschätzen will. Im Übrigen gelte: „Für die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse tragen alle staatlichen Akteure gemeinschaftlich Verantwortung.“ Wo indes Verantwortung nicht klar abgegrenzt und zugeordnet wird, fühlt sich am Ende niemand wirklich verantwortlich.
Was der Deutsche Landkreistag zu den am 10. Juli 2019 verabschiedeten Maßnahmen der Bundesregierung zu sagen hat, bringt es auf den Punkt:
„Das, was hier und heute auf dem Tisch liegt, ist leider nicht der große Wurf. Es handelt sich überwiegend um Programmsätze und Appelle. Eine finanzielle Unterlegung, konkrete Zeitschienen und Umsetzungsschritte werden so gut wie nicht aufgezeigt. Das ist zu wenig, gerade angesichts der Handlungsnotwendigkeiten, die der Bericht vollkommen zutreffend aufbereitet. In den nächsten Wochen und Monaten kommt es daher umso mehr darauf an, eine Konkretisierung der Handlungsempfehlungen zu erreichen.“
Die Bundesregierung hat letztlich nur einige Duftmarken einer Politik der sozialen Kohäsion gesetzt, wobei sich die Bezüge zum Thema „gleichwertige Lebensverhältnisse“ mal mehr, mal weniger aufdrängen. Themen der Reform der kommunalen Finanzausstattung, insbesondere die Verschuldung der Kommunen, gehören eigentlich nicht hierhin. Dass öffentliche Träger Geld benötigen, um ihre Aufgaben zu erfüllen, ist kein spezifisches Problem der „gleichwertigen Lebensverhältnisse“ (vgl. Stellungnahmen des Deutschen Landkreistages im Rahmen der FAG „Kommunale Altschulden“).
Verfassungsrecht und Verfassungswunschrecht
Und das Verfassungsrecht? Weder im Maßnahmenkatalog der Bundesregierung noch in den Schlussfolgerungen der Kommission wird behauptet, dass die Gewährleistung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Sinne eines bestimmten Mindestversorgungsniveaus ein Verfassungsgebot sei – zu Recht. Christian Waldhoff hat jüngst überzeugend dargelegt, dass alle Versuche, einzelne Bestimmungen des Grundgesetzes, die auf die Gleichwertigkeit (oder gar die Einheitlichkeit) der Lebensverhältnisse referieren (Art. 72 Abs. 2, Art. 91a Abs. 1, Art. 105 Abs. 2, Art. 106 Abs. 3 Satz 4 Nr. 2 Var. 3 GG), aus dem jeweilige Kontext zu lösen und in ein auf ein bestimmtes Versorgungsniveau abzielendes ungeschriebenes Verfassungsgebot zu transformieren, Verfassungswunschrecht sind, nicht aber geltendes Verfassungsrecht (Waldhoff, Normative und faktische Gleichheitserwartungen – die magische Formel von den „gleichwertigen Lebensverhältnissen“ im Bundesgebiet, ZG 2019, S. 97-113). Auch der Versuch, die einzelnen grundgesetzlichen Bestimmungen, die Gleichwertigkeitsaspekte benennen, als Konkretionen eines im Sozialstaatsprinzip wurzelnden, auf konkrete Mindestversorgungsniveaus fokussierenden Gleichwertigkeitsgewährleistungsgebots zu begreifen, ist eine juristisch verkleidete verfassungspolitische Forderung, mehr nicht.
Das Ziel, Zusammenhalt und Teilhabe zu ermöglichen – soziale Kohäsion –, ist ohne Zweifel im Sozialstaatsprinzip enthalten. Die Mittel, um dieses Ziel zu erreichen, oder gar bestimmte Minimalversorgungsniveaus sind jedoch nicht vorgegeben, sie müssen in aller Regel politisch ausgehandelt und festgelegt werden. Jedenfalls auf der Basis des derzeit geltenden Grundgesetzes lässt sich das Problem der „gleichwertigen Lebensverhältnisse“ nicht anhand des Sozialstaatsprinzips punktgenau konstitutionalisieren. Sollte es in Zukunft einmal Verhältnisse „evidenter“ (BVerfGE 125, 175 [227, 229 f., 232, 256, 260]) – also notstandsähnliche und durch zumutbare Eigeninitiative nicht gestaltbare – Unterversorgung (insbesondere im Bereich Gesundheitssorge, Mobilität und Kommunikationstechnologie) geben, wird zu prüfen sein, ob das Sozialstaatsprinzip insbesondere in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 GG einmal mehr punktuell vergrundrechtlicht werden muss (erste Ansätze für solche interpretatorisch entwickelten Leistungsgrundrechte gibt es, siehe Rixen, Das Grundrecht auf glaubenskonforme Gewährung von Sozialleistungen – Zugleich ein Beitrag zu den Leistungsgrundrechten des Grundgesetzes, DVBl 2018, S. 906-915).
Aber so weit sind wir einstweilen nicht, auch wenn es genügend populistische Versuche gibt, den sehr vielschichtig motivierten Eindruck des „Abgehängtseins“ infolge „ungleichwertiger“ Lebensverhältnisse alarmistisch zuzuspitzen (differenzierte Analyse am Beispiel der Situation Ostdeutschlands bei Mau, Lütten Klein. Leben in der ostdeutschen Transformationsgesellschaft, 2019). Diese Versuche, die die Diskreditierung der grundgesetzlichen Sozialstaatsidee durch undifferenzierte Kritik in Kauf nehmen (vor dieser Gefahr warnt Cremer, Deutschland ist gerechter, als wir meinen. Eine Bestandsaufnahme, 2018), dürften umso mehr Erfolg haben, je länger die Umsetzung der Maßnahmen auf sich warten lässt und die Untätigkeit der Bundesregierung für die Menschen im Alltag spürbar bleibt. Nur eine Politik der sozialen Kohäsion (in Anlehnung an Kersten, Sozial gerecht oder selbstgerecht? Für eine Politik des sozialen Zusammenhalts, in: Rodenstock/Sevsay-Tegethoff (Hrsg.), Werte – und was sie uns wert sind. Eine interdisziplinäre Anthologie, 2018, S. 131-148), die nicht zu spät kommt, wird das Vertrauen in den Sozialstaat stärken.