Wird ein unabhängiges Schottland EU-Mitglied bleiben?
In weniger als zwei Wochen wird sich herausstellen, ob Schottland Teil des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland bleiben wird oder nicht. In den Umfragen liegen die Gegner der Unabhängigkeit zwar noch vorne, aber nur noch knapp und ihr Vorsprung schrumpft. Es könnte also wirklich passieren, was es bisher noch nie gab: Aus einem EU-Mitgliedsstaat werden zwei. Oder, werden sie?
Die Frage, ob und wie Schottland nach einem erfolgreichen Unabhängigkeitsreferendum weiter in der EU bleiben kann, gehört zu den heikelsten und umstrittensten in der gegenwärtigen Auseinandersetzung zwischen dem Yes- und No-Lager in Schottland. Das ist aber keine Frage, die nur die Schotten bzw. Briten etwas angeht. Mit ihr sind Fragen verknüpft, mit denen sich die EU als ganzes – und damit wir alle – auseinandersetzen müssen. In Schottland gilt (wenn mir mal von den UK-Opt-Outs absehen) der gesamte Bestand des Europarechts – was wird daraus? Was wird aus unseren Rechten und Grundfreiheiten in und gegenüber Schottland? Was wird aus der Unionsbürgerschaft der Schotten? Was verlangt uns der nötige Respekt vor der demokratischen und (anders als im Fall Kataloniens) verfassungsrechtlich über jeden Zweifel erhabenen Entscheidung der Schottinnen und Schotten ab?
Die bisherige EU-Kommission und das Gros der Regierungen der Mitgliedsstaaten haben wenig Neigung erkennen lassen, die schottischen Wählerinnen und Wähler durch die Perspektive einer unproblematischen EU-Mitgliedschaft zu ermutigen, den Weg in die Unabhängigkeit zu wählen.
Sionaidh Douglas-Scott, Europarechtsprofessorin in Oxford, hat kürzlich ein beredtes Plädoyer veröffentlicht, warum dieser Standpunkt europarechtlich keineswegs zwingend ist. Wir werden Sionaidh Douglas-Scotts Position in der kommenden Woche in einem Online-Symposium zur Diskussion stellen. Viele renommierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben ihre Beteiligung zugesagt. Als Co-Host des Symposiums haben wir den fabelhaften UK Constitutional Law Blog gewinnen können, was mich auch deshalb glücklich macht, weil ich mir von einer stärkeren Vernetzung der Verfassungsblogs in Europa viel erhoffe.
Diese Debatte gehört auf europäischer Ebene geführt und nicht nur auf britischer. Ich bin sehr gespannt.
Der Vergleich zwischen Volksabstimmungen (Schottland und Ostukraine) zeigt, dass Volksabstimmungen, die den Expansionsinteressen von USA und Nato widersprechen, von den westlichen Führungen als Verbrechen eingestuft werden und wer dabei (wie Russland) hilft, auch als Verbrecher gilt und am liebsten vernichtet werden soll.
„Führungskräfte mit Macht verhalten sich tendenziell wie Menschen mit einem Hirnschaden“ – vgl. http://www.leadion.de/artikel.php?artikel=0901.
Um es frei nach einem James Bond-Film zu sagen: “There are referenda and referenda. Scottland is the latter.”
Grundsätzlich halte ich ja die Diskussion um die EU-Mitgliedschaft eines unabhängigen Schottlands für politisches Getöse, um sich bei der Westminster-Regierung einige Pluspunkte zu holen und die Beziehung zum UK nicht weiter zu strapazieren sowie um die Spanier ruhig zu halten, die das Schottland-Referendum ja auch Sorgenfalten auf die Stirn treibt.
Wenn Schottland tatsächlich unabhängig werden sollte, sähe das Bild aber wohl ganz anders aus: Denn es wäre doch in niemandes Interesse – insbesondere nicht in dem der ja in letzter Zeit besonders relevanten “Märkte” -, einen bisherigen EU-Bestandteil aufgrund formalistischer Argumentationen für einige Jahre aus der EU zu werfen, nur um ihn dann in einem komplexen und in diesem Falle völlig überflüssigen Verfahren wieder aufzunehmen…
Ich bin also mal auf die Gegenmeinungen gespannt, die die Argumente von Prof. Douglas-Scott halte ich schon für einigermaßen überzeugend.
@Anarchist: Herzlich willkommen! Endlich verbreiten die Russland-Trolle ihre Weisheit bei passender oder unpassender Gelegenheit auch in diesem Forum!
Zunächst wäre zu fragen, aus welchem Rechtsgrund das Vereinigte Königreich Mitglied der Europäischen Union bleibt, wenn ein größerer Teil des Landes und der Bevölkerung nicht mehr zu Großbritannien gehört.
Wenn dieser Rechtsgrund gefunden worden ist: Warum gilt er nicht auch für Schottland?