01 June 2012

Eurobonds, Episode III: Don’t underestimate the Force – Eurobonds und Verfassung

Von FRANZ C. MAYER und CHRISTIAN HEIDFELD

Zur verfassungsrechtlichen Dimension lassen sich allerlei mehr oder weniger vorläufige Überlegungen zu einer Reihe von Fragen anstellen, die von Art. 23 GG bis zu Art. 146 GG reichen.

„The fear of loss is a path to the dark side.“ (Master Yoda zu bestimmten Aspekten der Grundgesetz/EU-Debatte in Deutschland)

Wir haben das an anderer Stelle vertieft (NJW 2012, S. 422). Zentral dürfte sein, inwieweit der Bundestag in die Emission von Eurobonds eingebunden wird, so auch Äußerungen aus den Reihen des BVerfG (vgl. etwa BVR Peter Huber in der SZ v. 19.11.2011, S. 6).

„Good, I can feel your anger.“ (Der Imperator zum Lissabon-Urteil des BVerfG in Episode VI)

Schon im Lissabon-Urteil hat das BVerfG festgestellt, dass „die Hoheit über den Haushalt der Ort konzeptioneller politischer Entscheidungen über den Zusammenhang von wirtschaftlichen Belastungen und staatlich gewährten Vergünstigungen [ist]“ und eine „Blankettermächtigung“ in diesem Bereich nicht erteilt werden darf. Dementsprechend genügt die einmalige parlamentarische Befassung (mit einem Gesetz nach Art. 115 GG bzw. nach Art. 23 GG) im vorliegenden Kontext nicht.

Das BVerfG folgert aus der demokratischen Verankerung der Haushaltsautonomie, „dass der Bundestag einem intergouvernemental oder supranational vereinbarten, nicht an strikte Vorgaben gebundenen und in seinen Auswirkungen nicht begrenzten Bürgschafts- oder Leistungsautomatismus nicht zustimmen darf, der – einmal in Gang gesetzt – seiner Kontrolle und Einwirkung entzogen ist“. Haushaltsbedeutsame Belastungen und die Festlegung über Art und Höhe der den Bürger treffenden Abgaben müssten vielmehr der Dispositionsbefugnis des Bundestags unterliegen – und zwar anhaltend und kontinuierlich, nicht nur zu Beginn.

“Control, control, you must learn control!“ (Master Yoda in Episode V zu Fragen der Parlamentsbeteiligung bei der Eurorettung)

Eurobonds sind damit aber nicht von vornherein verfassungsrechtlich unzulässig. Ihre konkrete Ausgestaltung muss allerdings strikten Vorgaben unterliegen: Sie müssten so ausgestaltet werden, dass der Bundestag dauerhaft über die Übernahme von haftungs- und haushaltsrelevanten Gewährleistungen der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen dieser Bonds entscheiden kann.

Anders formuliert: Das Verfassungsrecht steht nicht im Wege, soweit jede einzelne Disposition, das heißt jede einzelne Haftungsübernahme durch die Neu-Emission von Eurobonds, der Zustimmung des Bundestags unterliegt. Diese Zustimmung könnte der Bundestag auch von Voraussetzungen abhängig machen, so dass gesichert wäre, dass weiterhin hinreichender parlamentarischer Einfluss auf die Art und Weise des Umgangs mit den zur Verfügung gestellten Mitteln bestehen würde.

„Size matters not. Judge me by my size, do you?“ (Master Yoda in Episode V zu quantitativen Grenzen der Rettungsschirme)

Setzt das GG quantitative Grenzen für ein solches Konzept? Die prinzipielle quantitative Begrenzung des Umfangs von Gewährleistungsermächtigungen hat das BVerfG im Eurohilfen-Urteil aus dem Demokratieprinzip hergeleitet. Auf einen bestimmten Umfang zu konkretisieren hat es diese Begrenzung aber nicht vermocht. Mit den Griechenlandhilfen in Höhe von 22,4 Milliarden Euro und dem Euro-Rettungsschirm in Höhe von 147,6 Milliarden Euro waren die Grenzen nicht überschritten.

Denkbar ist hier, nach der hinter den Anleihen stehenden Ausfallwahrscheinlichkeit zu differenzieren. Das war übrigens ein Argument für die zwischenzeitlich diskutierten „Elitebonds“ (beschränkt auf AAA-Länder). Eine mögliche Variante von Eurobonds wie sie die Europäische Kommission in einem Grünbuch zum Thema Ende 2011 auflistet ist die vollständige Ablösung von nationalen Anleihen durch Eurobonds.

Dies impliziert, dass auf längere Sicht eine gemeinschaftliche Haftung für die Staatsschulden des gesamten Euro-Währungsraums besteht. Die damit verbundene Übernahme von Gewährleistungen in Höhe von etwa 9000 Milliarden Euro dürfte dann die quantitative Grenze in jedem Fall überschreiten – erst recht, wenn man bedenkt, dass darunter Staatsschulden mit hoher Ausfall­wahr­scheinlichkeit sind. Nationale Staatsanleihen komplett durch Eurobonds zu ersetzen, ist aber ohnehin ein Extremszenario. Es käme also darauf an, um welche Größenordnungen es konkret geht.

(Fortsetzung folgt. In der nächsten Episode: Schuldentilgungsfonds)

Von FRANZ C. MAYER und CHRISTIAN HEIDFELD

Zur verfassungsrechtlichen Dimension lassen sich allerlei mehr oder weniger vorläufige Überlegungen zu einer Reihe von Fragen anstellen, die von Art. 23 GG bis zu Art. 146 GG reichen.

„The fear of loss is a path to the dark side.“ (Master Yoda zu bestimmten Aspekten der Grundgesetz/EU-Debatte in Deutschland)

Wir haben das an anderer Stelle vertieft (NJW 2012, S. 422). Zentral dürfte sein, inwieweit der Bundestag in die Emission von Eurobonds eingebunden wird, so auch Äußerungen aus den Reihen des BVerfG (vgl. etwa BVR Peter Huber in der SZ v. 19.11.2011, S. 6).

„Good, I can feel your anger.“ (Der Imperator zum Lissabon-Urteil des BVerfG in Episode VI)

Schon im Lissabon-Urteil hat das BVerfG festgestellt, dass „die Hoheit über den Haushalt der Ort konzeptioneller politischer Entscheidungen über den Zusammenhang von wirtschaftlichen Belastungen und staatlich gewährten Vergünstigungen [ist]“ und eine „Blankettermächtigung“ in diesem Bereich nicht erteilt werden darf. Dementsprechend genügt die einmalige parlamentarische Befassung (mit einem Gesetz nach Art. 115 GG bzw. nach Art. 23 GG) im vorliegenden Kontext nicht.

Das BVerfG folgert aus der demokratischen Verankerung der Haushaltsautonomie, „dass der Bundestag einem intergouvernemental oder supranational vereinbarten, nicht an strikte Vorgaben gebundenen und in seinen Auswirkungen nicht begrenzten Bürgschafts- oder Leistungsautomatismus nicht zustimmen darf, der – einmal in Gang gesetzt – seiner Kontrolle und Einwirkung entzogen ist“. Haushaltsbedeutsame Belastungen und die Festlegung über Art und Höhe der den Bürger treffenden Abgaben müssten vielmehr der Dispositionsbefugnis des Bundestags unterliegen – und zwar anhaltend und kontinuierlich, nicht nur zu Beginn.

“Control, control, you must learn control!“ (Master Yoda in Episode V zu Fragen der Parlamentsbeteiligung bei der Eurorettung)

Eurobonds sind damit aber nicht von vornherein verfassungsrechtlich unzulässig. Ihre konkrete Ausgestaltung muss allerdings strikten Vorgaben unterliegen: Sie müssten so ausgestaltet werden, dass der Bundestag dauerhaft über die Übernahme von haftungs- und haushaltsrelevanten Gewährleistungen der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen dieser Bonds entscheiden kann.

Anders formuliert: Das Verfassungsrecht steht nicht im Wege, soweit jede einzelne Disposition, das heißt jede einzelne Haftungsübernahme durch die Neu-Emission von Eurobonds, der Zustimmung des Bundestags unterliegt. Diese Zustimmung könnte der Bundestag auch von Voraussetzungen abhängig machen, so dass gesichert wäre, dass weiterhin hinreichender parlamentarischer Einfluss auf die Art und Weise des Umgangs mit den zur Verfügung gestellten Mitteln bestehen würde.

„Size matters not. Judge me by my size, do you?“ (Master Yoda in Episode V zu quantitativen Grenzen der Rettungsschirme)

Setzt das GG quantitative Grenzen für ein solches Konzept? Die prinzipielle quantitative Begrenzung des Umfangs von Gewährleistungsermächtigungen hat das BVerfG im Eurohilfen-Urteil aus dem Demokratieprinzip hergeleitet. Auf einen bestimmten Umfang zu konkretisieren hat es diese Begrenzung aber nicht vermocht. Mit den Griechenlandhilfen in Höhe von 22,4 Milliarden Euro und dem Euro-Rettungsschirm in Höhe von 147,6 Milliarden Euro waren die Grenzen nicht überschritten.

Denkbar ist hier, nach der hinter den Anleihen stehenden Ausfallwahrscheinlichkeit zu differenzieren. Das war übrigens ein Argument für die zwischenzeitlich diskutierten „Elitebonds“ (beschränkt auf AAA-Länder). Eine mögliche Variante von Eurobonds wie sie die Europäische Kommission in einem Grünbuch zum Thema Ende 2011 auflistet ist die vollständige Ablösung von nationalen Anleihen durch Eurobonds.

Dies impliziert, dass auf längere Sicht eine gemeinschaftliche Haftung für die Staatsschulden des gesamten Euro-Währungsraums besteht. Die damit verbundene Übernahme von Gewährleistungen in Höhe von etwa 9000 Milliarden Euro dürfte dann die quantitative Grenze in jedem Fall überschreiten – erst recht, wenn man bedenkt, dass darunter Staatsschulden mit hoher Ausfall­wahr­scheinlichkeit sind. Nationale Staatsanleihen komplett durch Eurobonds zu ersetzen, ist aber ohnehin ein Extremszenario. Es käme also darauf an, um welche Größenordnungen es konkret geht.

(Fortsetzung folgt. In der nächsten Episode: Schuldentilgungsfonds)


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