01 August 2013

Französischer Verfassungsrat akzeptiert Liberalisierung der Stammzellenforschung

Auch in Frankreich gibt es ein Verfassungsgebot, die Menschenwürde zu schützen. Es folgt aus der Präambel der Verfassung von 1946, auf die die Präambel der aktuellen Verfassung Bezug nimmt und die besagt, dass jeder Mensch “des droit inaliénables et sacrés” besitzt. Daraus hat der Verfassungsrat 1994 geschlussfolgert, dass der “Schutz der Würde des Menschen vor jeder Unterwerfung und Erniedrigung” ein Prinzip von Verfassungsrang ist.

Anlass dieser Entscheidung war ein Gesetz, das die Forschung an Embryonen unter eng begrenzten Ausnahmen verboten hat. Jetzt gibt es wieder ein Gesetz zu diesem umstrittenen Thema, und diesmal geht der gesetzgeberische Wille in die andere Richtung: Das Verbot wird gelockert, Forschung insbesondere an Stammzellen ist jetzt unter allerhand Vorbehalten und Regularien erlaubt. Das hat die gegenwärtige linke Mehrheit im Parlament Mitte Juli beschlossen. Eine Anzahl rechter Oppositionsabgeordnete riefen daraufhin den Verfassungsrat an, u.a. mit dem Argument, dass die Lockerung des Verbots der Stammzellenforschung die Menschenwürde des Embryos beeinträchtige.

Zu den vielen Dingen, die in Frankreich in punkto richterliche Gesetzeskontrolle anders laufen als in Deutschland, gehört die Geschwindigkeit, mit der der Verfassungsrat arbeitet. Kaum vierzehn Tage war das Verfahren anhängig, und schon ist das Urteil da. Ergebnis: Der Verfassungsrat kann keine konstitutionellen Gründe erkennen, warum der Gesetzgeber das Verbot der Stammzellenforschung nicht auf die besagte Weise lockern können sollte.

Wie immer hat der Verfassungsrat einen Kommentar veröffentlicht, indem er erklärt, wie er zu seinen knapp formulierten Urteilen kommt – eine Art Pendant zu den ausführlichen Urteilsbegründungen, die wir vom BVerfG kennen. Aber der scheint mir im aktuellen Fall nicht sehr ergiebig. Allenfalls lässt er den Willen erkennen, die Bedeutung der Menschenwürde als juristische Kategorie nicht allzu hoch zu hängen. Im Ergebnis sagt er, dass die gesetzlich vorgesehenen Beschränkungen und Regularien ausreichen, um dem Prinzip der Menschenwürde genüge zu tun.


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