Gefaselt wird auf eigene Gefahr
Ich schaffe es nicht länger als fünf Minuten, mich für Eva Herman zu interessieren, deshalb muss es jetzt schnell gehen: Fernsehgesicht und Nachrichtenvorleserin, offenbar von unstillbarem Drang nach Prominenz beseelt, schreibt Romane und besingt Swing-CDs, wollte sich aus wilhelminischem Familienbild, bevölkerungspolitischen Sarrazinereien, Anti-68er-Ressentiments und Blondheit ein publizistisches Profil zusammenstecken, hat sich bei einer Pressekonferenz in punkto Nazis und Mutterschaft um Kopf und Kragen gefaselt und dann versucht, das Hamburger Abendblatt wegen angeblicher Falschzitate zu verklagen.
Das hat vor der Kölner Justiz sogar geklappt. Aber beim BGH war Schluss. (Wenngleich die so sehr um Wahrhaftigkeit der Medien besorgte Frau Herman auf ihrer Website immer noch so tut, als habe sie den Prozess gewonnen.)
Jetzt hat das Bundesverfassungsgericht in einer knappen Kammerentscheidung beschlossen, dass von einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts von Frau Herman keine Rede sein kann.
Anders als der BGH legt sich die 1. Kammer des Ersten Senats dabei gar nicht fest, ob die Äußerung von Frau Herman nun eindeutig auf die zitierte Weise verstanden werden musste oder nicht. Der Kammer zufolge muss es möglich sein, auch mehrdeutige Aussagen in Form einer “ironisch pointierten” bzw. “verkürzenden und verschärfenden Zusammenfassung” zu paraphrasieren. Die Entscheidung schließt mit folgendem wunderbaren Satz:
Die Beschwerdeführerin, der es nicht gelungen war, sich unmissverständlich auszudrücken, muss die streitgegenständliche Passage als zum „Meinungskampf“ gehörig hinnehmen.
Das BVerfG hat einen Seitenausgang in einem Fall gefunden, das in einem Milieu spielt, das ihm sicher nicht angenehm war (man beachte auch die Person des Prozeßvertreters von Herman vor dem BVerfG).
Siehe auch http://blog.delegibus.com/2011/06/23/eva-herman-entscheidung-eine-zeitbombe-fur-das-presserecht/ , einschließlich heutigem Nachtrag.
Wann geht es denn endlich um den EuGH?
Immerhin schreibt er Dinge wie:
“Würde Art. 125 AEUV jede finanzielle Unterstützung der Union oder der Mitgliedstaaten für einen anderen Mitgliedstaat verbieten, hätte in Art. 122 AEUV klargestellt werden müssen, dass er eine Ausnahme von Art. 125 AEUV darstellt.”
Wir haben ernstere Probleme als Nazi Entgleisungen…