26 February 2016

Grenze zu, dank Art. 20 Abs. 4 Dublin-III-VO? Eine Replik

Darf Deutschland Flüchtlinge an seiner Grenze (jetzt doch) zurückweisen? In diesem Blog wurden die europa-, verfassungs- und asylrechtlichen Vorgaben, die dem entgegenstehen, hinreichend ausgebreitet (hier, hier, hier und hier). Trotzdem reißt die Debatte, ob Deutschland sich zu Recht für zuständig hält, aus Österreich kommende Flüchtlinge auf ihre Asylberechtigung zu überprüfen, nicht ab. Zuletzt haben vier Juraprofessoren in der FAZ die These aufgestellt, es gebe sehr wohl eine Rechtsnorm, die diese Verantwortung Österreich zuweist – nämlich Art. 20 Abs. 4 Dublin-III-VO. Doch bei näherem Hinsehen zeigt sich: Die Norm gibt das nicht her.

Noch mal zur Rekapitulation: Wird an der deutschen Staatsgrenze ein Antrag auf Asyl gestellt, muss Deutschland nach Art. 3 Abs. 1 Dublin-III-VO ein Verfahren durchführen (Art. 20 Abs. 1 der VO), um festzustellen, ob ein anderer Staat für das Asylverfahren zuständig ist und der Flüchtling in diesen überstellt werden muss. Fällt jedoch der an sich zuständige Staat – zumeist Griechenland als Ersteinreisestaat, Art. 13 I der VO – infolge systemischer Defizite im Asylsystem aus, wird ex lege der zuständigkeitsprüfende Staat zuständig (Art. 3 Abs. 2 UAbs. 3 der VO).

Allenfalls könnte noch ein weiterer Staat asylzuständig sein (UAbs. 2), zu denken wäre an den Zweiteinreisestaat (Ungarn oder Kroatien), der, hätte er das Feststellungsverfahren ordentlich betrieben, seine eigene Zuständigkeit hätte erkennen müssen. Selbst dann aber müssten die Schutzsuchenden dorthin i.R.d. Wiederaufnahmevorschriften der VO überstellt werden. Wie Daniel Thym kürzlich aus aktuellem Anlass wieder betont hat, geht aber nach Art. 29 Abs. 2 der VO nach einem halben Jahr die Zuständigkeit auf Deutschland über, sofern bis dahin nicht überstellt wurde. Vor diesem Hintergrund erscheint ein deutscher Selbsteintritt (Art. 17 Abs. 1 der VO) auch über Einzelfälle hinaus gar nicht wie ein Fremdkörper im Dublin-System. In jedem Fall führen die so begründeten deutschen Zuständigkeiten nach §26a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AsylG zur Rücknahme des Drittstaatsausschlusses, weswegen § 18 Abs. 2 Nr. 1 AsylG leerläuft, ohne dass es eines Rückgriffes auf Abs. 4, insbesondere auf dessen Nr. 2 (die berühmte Ministeranordnung), bedürfte. Felix Austria?

Art. 20 Abs. 4 Dublin-III-VO: die Norm, die alles ändert?

Mitnichten, meinen nun Alexander Peukert, Christian Hillgruber, Ulrich Foerste und Holm Putzke. Zur Begründung führen sie Art. 20 Abs. 4 Dublin-III-VO in die Diskussion ein und betonen zu Recht, dass diese Vorschrift bislang in der Debatte keine Rolle gespielt hat. Abs. 4 UAbs. 1 lautet:

„Stellt ein Antragsteller bei den zuständigen Behörden ei­nes Mitgliedstaats einen Antrag auf internationalen Schutz, wäh­rend er sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats auf­hält, obliegt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet sich der Antragsteller auf­hält. Dieser Mitgliedstaat wird unverzüglich von dem mit dem Antrag befassten Mitgliedstaat unterrichtet und gilt dann für die Zwecke dieser Verordnung als der Mitgliedstaat, bei dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde.“

Nun wissen die Autoren natürlich selbst, dass die Situation an der deutsch-österreichischen Grenze nicht so beschaffen ist, dass die seit September 2015 einstweilen wieder systematisch kontrollierenden deutschen Grenzbeamten auf deutscher Seite am (nicht vorhandenen) Zaun stehen und darauf warten, dass Flüchtlinge von österreichischem Territorium aus das Wörtchen „Asyl“ herüberrufen. Tatsächlich erfolgt die Grenzkontrolle regelmäßig auf deutschem Gebiet, bei deren Gelegenheit dann der Flüchtling „bei einer mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörde (Grenzbehörde) um Asyl nachsucht”, wie es in § 18 Abs. 1 AsylG so schön heißt.

Um Art. 20 Abs. 4 Dublin-III-VO trotzdem fruchtbar zu machen, argumentieren die Autoren nun im Wesentlichen aus zwei Richtungen. Erstens folge aus Art. 13 Abs. 4 des Schengener Grenzkodexes, dass im Fall einer Einreiseverweigerung „das Hoheitsgebiet des betreffenden Staats“ noch nicht betreten sei. Und zweitens habe die Kommission in ihrer Entwurfsbegründung für die Dublin-II-VO zur relevanten Norm (Art. 4 Abs. 4 Dublin-II = Art. 20 Abs. 4 Dublin-III) ausgeführt, dass ebensolche ‚Grenzsituationen’ von ihr erfasst sein sollten:

„Der Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet sich der Asylsuchende befindet, ist verpflichtet, das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchzuführen, auch wenn der Asylbewerber seinen Antrag bei einer Behörde eines anderen Mitgliedstaats, beispielsweise einer diplomatischen oder konsularischen Vertretung oder an der Grenze stellt.“

Wenn also ein Schutzsuchender sich auf österreichischem Boden befindet und dort noch keinen Asylantrag gestellt hat, soll er nicht erwirken können, dass deutsche Behörden mit der Zuständigkeitsfeststellung zu befassen, indem er sich in die deutsche Botschaft begibt (wo nach deutschem Recht indes ohnehin kein solcher Antrag wirksam gestellt werden kann) oder eben an die deutsch-österreichische Staatsgrenze. Nach Art. 20 Abs. 4 Dublin-III-VO müsste dann Österreich selbst das Feststellungsverfahren betreiben und die o.g. zuständigkeitsbegründenden Umstände gingen zu seine Lasten. Infelix Austria?

Entstehung der Dublin-II-VO: Was wurde wirklich geregelt?

Die Autoren haben einen sehr klugen Gedanken in die Debatte gebracht, der Anlass gibt, sich die Entstehungsgeschichte von Art. 20 Abs. 4 und Art. 3 Abs. 1 Dublin-III-VO bzw. deren Vorgängernormen in der Dublin-II-VO ins Gedächtnis zu rufen. Dann stößt man allerdings darauf, dass ihre Argumentation einen Schönheitsfehler aufweist. Die in den Zeugenstand gerufene Kommissionsauffassung betraf nämlich nicht Art. 4 Abs. 4 Dublin-II-VO sondern dessen Entwurf (in diesem noch Abs. 5), der just an diesem Punkt so nicht vom Rat beschlossen wurde.

Zwar wurde von dem Wortlaut, den die Kommission vorschlug und der bereits Art. 12 des Dubliner Übereinkommens entsprochen hatte (Art. 12 DÜ) nicht abgewichen. Jedoch muss der Vorschlag im Kontext zu der Entwurfsfassung des Art. 3 I Dublin-II-VO gesehen werden. Dieser sollte lauten:

„Ein Asylantrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft. Dabei handelt es sich um den Mitgliedstaat, der nach den Kriterien in Kapitel III als zuständiger Staat bestimmt wird.“

Art. 3 I der realen VO lautete dann (und lautet in der Dublin-III-Fassung noch):

„Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Asylantrag, den ein Drittstaatsangehöriger an der Grenze oder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.“

Diese Fassung entsprach und entspricht im Wesentlichen Art. 3 Abs. 1 und 2 DÜ, und dass das Merkmal „an der Grenze“ auch in Art. 3 Abs. 1 der Dublin-Verordnungen aufgenommen wurde, beruhte übrigens auf einem deutschen Vorschlag im Rechtsetzungsverfahren (Ratsdokument 12501/01, S. 7), dass man den alten Wortlaut doch beibehalten wolle. Was ja dann auch geschah.

Liest man Art. 3 Abs. 1 ohne das Merkmal „an der Grenze“, so bekommt man in der Tat den Eindruck, Asylanträge könnten nur in einem Mitgliedstaaten gestellt werden, und in den Dublin-Verordnungen wird diese Wendung verschiedentlich benutzt, genauso allerdings die Formulierung bei einem Mitgliedstaat. Die Kommission wird dies seinerzeit wohl auch so gemeint haben. Ihre Auffassung zum Entwurf kann jedenfalls nicht losgelöst vom seinerzeitigen Vorschlag des Art. 3 Abs. 1 interpretiert werden.

Indes: In den realen Dublin-Verordnungen wurde das Grenzkriterium dann doch in dieser Norm verarbeitet, weswegen eine schematische Übernahme des Kommissionsarguments bezüglich der Auslegung von Art. 4 Abs. 5 Dublin-II-VO-E. (= Art. 4 Abs. 4 Dublin-II-VO = Art. 20 Abs. 4 Dublin-III-VO) heikel ist. Mathias Hermann hat bereits in Hailbronners „EU Immigration and Asylum Law“ im Jahr 2010 auf die Einfügung des Grenzkriteriums in Art. 3 Abs. 1 Dublin-II-VO (Komm. zu Art. 3, Rn. 1) und diesbezüglich auch auf den Zusammenhang zum Non-Refoulement-Grundsatz (Art. 33 GFK) hingewiesen; auf die GFK wurde überdies in EG Nr. 4 der Dublin-II-VO Bezug genommen. Demnach gilt, dass das Dublin-Regime greift, „if he or she [the asylum seeker; Anm. d. Verf.] applies at the border or in the territory of a Dublin Member State.“ (Hermann, ebd.). Vor diesem Hintergrund erhellt dann auch der Gehalt von Art. 4 Abs. 4 Dublin-II-VO (= Art. 20 Abs. 4 Dublin-III-VO). Hermann in seiner Kommentierung zu Art. 4 Dublin-II-VO (Rn. 3) hierzu: „Regarding the principle of territorial asylum, a Dublin Member State only has to conduct a Dublin procedure if the person concerned is physically present at its border or in its territory.“

Ausgeschlossen werden sollen also wirksame Antragstellungen bei den Behörden eines Staates (z.B. Deutschland) nur in den Fällen, in denen sich der Betreffende in einem anderen Staat (z.B. Österreich) aufhält, ohne an der Grenze des zum erstgenannten Staat physisch präsent zu sein. Dies ist im Wesentlichen denkbar durch Botschafts-/Konsulatskontakt oder durch Übersendung eines schriftlichen Antrags. Anträge an der Grenze fallen dann aber unter Art. 3 Abs. 1 und nicht unter Art. 20 Abs. 4 Dublin-III-VO, eine lex specialis-Auslegung zugunsten der letzten Vorschrift aus dem diesbezüglich veränderten Kommissionsentwurf bzw. dessen Begründung abzuleiten, überzeugt nicht.

Die Konsequenz wäre denn auch, dass Art. 3 Abs. 1 nur an Außengrenzen gelten könnte, was zum faktischen Zusammenfallen der Asylzuständigkeit nach Art. 13 Abs. 1 Dublin-III-VO und jener zur Zuständigkeitsfeststellung führte. Beriefen sich auch Österreich, Slowenien usf. auf Art. 20 Abs. 4, wäre am Ende Griechenland auch hierfür stets zuständig und dass, obwohl nach Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin-III-VO (derzeit) hierhin nicht rücküberstellt werden kann und darf.

Wer kontrolliert wo?

Überdies greift die von den Autoren vorgeschlagene Argumentation ja nur, wenn – wie geschehen – Grenzkontrollen an einer Binnengrenze temporär wiedereingeführt werden. Abgesehen davon, dass es damit jeder Staat in der Hand hätte, sich seiner Dublin-Verantwortlichkeiten zu entledigen, beruht das Argument auch auf einer zweifelhaften Fiktion.

Dass nämlich bei Asylantragstellung auf deutschen Staatsgebiet (bei der deutschen Grenzbehörde) sich der Antragsteller noch in österreichischem Hoheitsgebiet (so Art. 20 Abs. 4 Dublin-III-VO) befinde, erscheint überaus konstruktivistisch, Art. 13 Abs. 4 des Grenzkodexes auferlegt den Mitgliedstaaten (in der Regel den Außengrenzstaaten) die Pflicht, bei Nichtvorliegen der Einreisevoraussetzungen dafür zu sorgen, dass der Drittstaatsangehörige „das Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats nicht betritt.“ Man könnte auch sagen: ‚nicht weiter‘ oder ‚nicht endgültig‘ betritt, denn die mitgliedstaatlichen Gebietsgrenzen werden sicher nicht durch EU-Sekundärrechtsakte festgelegt und dass der deutsche Kontrollposten sich auf deutschem Territorium befindet, kann, wenn es im Einzelfall so ist, nicht ernsthaft bestritten werden.

Es ist überhaupt seltsam, dass die Autoren einerseits Art. 28 des Grenzkodexes ins Feld führen, um die Anwendbarkeit des Art. 13 dieses Kodexes auf eine Binnenstaatsgrenze zu begründen, dann aber nicht mal erwägen, hieraus den Rechtsgedanken abzuleiten, dass dann auch Art. 3 Abs. 1 Dublin-III-VO gelten müsste (dessen Anwendungsbeschränkung auf Außengrenzen ja aus dem lex-specialis-Gedanken bzgl. Art. 20 Abs. 4 Dublin-III-VO folgt ,s.o.).

Jürgen Bast hat es in einem Kommentar vom 27. Januar 2016 zu o.g. Beitrag von Daniel Thym auf den Punkt gebracht: „Paradoxerweise führt die Einführung von Grenzkontrollen an den deutschen Grenzen dazu, dass für Asylanträge ‚an der Grenze‘ Art. 3 I einschlägig ist und damit Deutschland für die Durchführung des Dublin-Verfahrens zuständig – was zu einem Einreiseanspruch führt.“ Daraus lässt sich natürlich nicht der Umkehrschluss ziehen, dass ohne Einführung von Grenzkontrollen Art. 3 Abs. 1 nicht eingreifen würde (denn dann käme es ja zu einer Antragstellung in Deutschland), insofern handelt es sich nur um eine halbe Paradoxie. Genau genommen gilt Art. 3 Abs. 1 also stets und Art. 20 Abs. 4 ist im Grenzkontext nur einschlägig, wenn sich ein Grenzbeamter des einen Staates auf dem Gebiet des anderen befindet (so auch Filzwieser/Sprung, Komm. zur Dublin-III-VO, 2014, Art. 20, Rn. K.13), also wenn deutsche und österreichische Grenzer gemeinsame Kontrollen auf österreichischem Gebiet durchführen.

Dass der Geist von Dublin, der nun beschworen wird, vorrangig oder gar allein darin bestünde, Antragsteller stets und strikt abzuweisen, auf dass sie ihren Antrag im zuständigen Staat stellen, widerspricht dem kooperativen Charakter des Systems und legt die unilaterale Drittstaatsfolie einfach darüber, wie es schon mehrfach betont wurde (hier und hier).

Wenn es einen Geist von Dublin gibt, dann dürfte er vielmehr in dem Gesichtspunkt liegen, den Agnès Hurwitz dereinst (JIRL 11 (1999), 646 (647)) bereits zum DÜ herausgearbeitet hat: „[…] the ‚Dublin system‘ is […] based on a conventional mechanism rather than on the unilateral decision of one State. An asylum seeker will only sent back after the responsible State has agreed to his or her transfer and to examine his or her application.“

Und dass die von den Autoren vorgeschlagene Lösung „keine menschenunwürdige Härte” darstellt, wie sie betonen, macht diese noch lange nicht zu der Lösung, die der europäische Verordnungsgeber gewählt hat. Deutschland und Österreich sitzen im selben Boot wie alle übrigen Mitgliedstaaten auch. Leider wird das immer seltener so gesehen. Infelix Europa!

 


29 Comments

  1. Gerold Keefer Fri 26 Feb 2016 at 10:36 - Reply

    27 europäische Unrechtsstaaten und ein Rechtsstaat namens Deutschland, der gegen die überwältigende Mehrheit seiner Bürger auf Geheiß einer Kanzlerin dabei ist sich selbst abzuschaffen.

    Wenn das mal nicht als größter Schildbürgerstreich aller Zeiten in die Geschichtsbücher eingeht … so wird dann auch Merkel unsterblich.

  2. Petra Parker Fri 26 Feb 2016 at 11:00 - Reply

    Sagen sie mal Herr @Keefer, merken sie eigentlich, wenn sie immer der einzige und erste im Raum sind, der den Mund aufmacht? Selbst wenn sie überzeugt davon sind, etwas relevantes zu sagen zu haben, halten sie es für strategisch günstig alle anderen und bei fast jedem Thema mit ihrer Agenda zuzudecken? Wäre es nicht sinnvoller, sich zuerst einmal auf das jeweils angesprochene Problem im Detail einzulassen, zu schauen ob nicht sogar Verbündete und Proargumente für ihre Meinung im Raum stehen? Stattdessen provozieren sie von Beginn an mit Polemik und antizipieren entsprechend, dass eh niemand auf ihrer Seite stehen wird. Der Witz ist: Wenn sie mal die Hoheit über ihre Themen aufgeben würden, dann fänden sie vielleicht gerade hier ergänzende und befruchtende Diskussionen. Wohlgemerkt – Diskussionen, nicht Lobhuldigungen.

  3. Prof. Dr. Christoph Herrmann Fri 26 Feb 2016 at 11:05 - Reply

    #Keefer: ah, zurück im Flüchtlings”recht”… keine Lust mehr auf Währungsrecht?

    #Roman Lehner: Lieber Herr Lehner, danke für diese gründliche und notwendige Erläuterung. Leider konnten Sie im Dezember ja nicht mehr mit zur Clearing-Stelle der BPol in Passau, wo die Einreiseformalitäten der von den österreichischen Behörden übergebenen Flüchtlinge durchgeführt werden. Entfernung von der Grenze hier jedenfalls zwischen etwa 1 km (Luftlinie zum Inn) bzw. mehrere Kilometer Straße (ca. 15 von Neuhaus a. Inn, wo die Hauptübergabe stattfindet). Interessant in diesem Zusammenhang aber auch die Diskussion um die “Vorverlegung” der Grenzkontrollen auf der A3, die bislang einige Kilometer in Deutschland stattfinden (Rastplatz Rottal Ost), weil Österreich bislang der Wiedernutzung des Grenzkontrollpunkts Suben (auf österreichischem Gebiet) nicht zugestimmt hat. Hauptgrund dafür ist allerdings, dass es immer wieder zu schweren Auffahrunfällen auf der A3 kommt wg. der täglichen Staubildung (inkl. schon mehrerer Verkehrstoten).

    Eine Unterscheidung danach, ob die Kontrolle diesseits oder jenseits der Grenze stattfindet scheint mir iE nicht sinnvoll durchführbar zu sein, weil sie zu willkürlichen Ergebnissen führt, je nachdem auf welchem Staatsgebiet die Grenzkontrollstellen eingerichtet sind (in Passau wären es jenseits des Inns allein fünf Übergänge, für die die Bayerische Landespolizei gerade schon Planungen anstellt, um diese – nach dem erhofften oder eingeklagten Einverständnis des Bundes – wieder in Betrieb nehmen zu können. An der grünen Grenze funktioniert die Überlegung natürlich doppelt nicht (also etwa im Gebiet um Wegscheid). Von daher scheint es mir iE am sinnvollsten, bei der Zuständigkeit der deutschen Behörden zu bleiben, wenn der Antrag bei diesen gestellt wird, gleich wo – wenn kein Antrag auf Asyl o.ä. gestellt wird werden die Flüchtlinge ohnehin nach Österreich zurücküberstellt, dort von den österreichischen Behörden (nach Registrierung) allerdings weitgehend allein gelassen (und tauchen oftmals ein, zwei Tage später wieder bei der BPol auf).

  4. Gerold Keefer Fri 26 Feb 2016 at 11:22 - Reply

    > … keine Lust mehr auf Währungsrecht?

    Doch. Ein fundierter Kommentar ist seit gestern abend vorhanden. Leider mit folgender Meldung blockiert:

    “Your comment is awaiting moderation.”

    Ich versuche es mal hier nochmal:

    Gerold Keefer, Do 25 Feb 2016 / 19:39

    Oha, in Niederbayern war das Sandmännchen heute aber schon sehr früh unterwegs.

    Was wollen Sie uns mit diesem Konglomerat denn bitte mitteilen?

    Im Raum steht der ANFA Elefant mit einem Umfang von 575 Milliarden EUR. (Quelle: http://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Themen/2015/2015_12_10_nagel_interview_boez_anfa.html?startpageId=Startseite-DE&startpageAreaId=Teaserbereich&startpageLinkName=2015_12_10_nagel_interview_boez_anfa+357550)

    Das ist mehr als das doppelte der EZB Bilanzsumme zum 31.12.2015. (Quelle: http://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Presse/EZB_Pressemitteilungen/2016/2016_02_18_jahresabschluss_2015.pdf?__blob=publicationFile)

    Sage und schreibe zwei Prozent der 575 Milliarden EUR davon werden von der Bundesbank gehalten. Was werden die relevanten NZBs der Pleitstaaten mit diesen Summen wohl getan haben? Haben die sich eine Pensionskasse eingerichtet, die den Fall der Unsterblichkeit der eigenen Mitarbeiter berücksichtig?

    Ich würde mal vermuten, die haben ihrem Pleitestaat das bequeme finanzielle Überleben gesichert und die Bundesbank darf entsprechend ANFA dazu ihre Bonität rüberreichen.

    Im übrigen kann ich das Wort „Sekundärmarkt“ in diesem Zusammenhang nur noch mit Mühe ertragen. Glauben Sie Herr Draghi ist nicht fähig dazu einen passende Sekundärmarkt-Karussell zu schaffen, bei der die Staatsanleihe meinetwegen mit Kredit von der Zentralbank kurz bei den üblichen Verdächtigen landet und nach kurzer Schamfrist bei der EZB bzw. bei den Satelliten-NZBs als Bilanzschrott endgelagert wird?

    Auch eine noch so nett verzierte Präambel kann die evidente Staatsfinanzierung hier nicht mehr übertünchen.

    Einen gewissen Humor kann man ja Herrn Draghi durchaus nicht absprechen: „Outright Monetary Transactions“ …

    Und natürlich hätte die Pleite Zyperns das gesamte Euro-System gefährdet und einige Zeit später wollte Schäuble sogar ganz Griechenland aus dem Euro werfen …

    Und die griechischen Banken waren zu jedem Zeipunkt „ELA-solvent“ …

    Wissen Sie, dieser ganze Unfug duftet auch unter einem noch so großen Stapel von zu Fachveröffentlichungen stilisiertem Altpapier ganz einfach zum Himmel.

    Habe die Ehre

    Gerold Keefer

  5. Gerold Keefer Fri 26 Feb 2016 at 11:30 - Reply

    > … keine Lust mehr auf Währungsrecht?

    Doch. Ein Kommentar ist seit gestern abend vorhanden. Leider ist er mit folgender Meldung blockiert:

    „Your comment is awaiting moderation.“

  6. Prof. Dr. Christoph Herrmann Fri 26 Feb 2016 at 11:41 - Reply

    Tja, “Mäßigung” tut halt manchmal ganz gut…

  7. Gerold Keefer Fri 26 Feb 2016 at 11:49 - Reply

    Hallo Frau Parker,

    gerne gehe ich auch auf Details (siehe die Diskussion zu OMT) ein, wenn diese Details denn zusätzliche Erkenntnisse bringen.

    Das gegenwärtige Tun und Lassen unserer Regierung ist aber seit geraumer Zeit so absurd, dass man wahrlich nicht mehr ins Detail zu gehen braucht. Man brauch es nur noch mit dem Verhalten von ausnahmslos allen anderen westlichen Staaten zu vergleichen und man weiß woran man ist.

    Und nun versuchen einige Juristen die rechtliche Notwendigkeit dieses Regierungshandelns nachzuweisen, das absehbar zuerst den Rechtsstaat und dann den Staat selbst abschaffen wird.

    “Fiat iustitia, et pereat mundus.”

    Im übrigen fühle ich mich keineswegs alleine. Vernunft bleibt nie alleine.

    Habe die Ehre

    Gerold Keefer

    PS: “Wenn sie mal die Hoheit über ihre Themen aufgeben würden, dann fänden sie vielleicht gerade hier ergänzende und befruchtende Diskussionen.” Wer sagt’s Merkel?

  8. Gerold Keefer Fri 26 Feb 2016 at 12:12 - Reply

    > Tja, „Mäßigung“ tut halt manchmal ganz gut…

    Sie meinen wohl Zensur?

  9. Absurdistaner Fri 26 Feb 2016 at 12:15 - Reply

    #Keefer: Absurd ist allenfalls der Hass, die Wut und die Menschenverachtung, mit der Sie und Ihre zahlreichen Freunde von AfD, Pegida und NPD Menschen, die knapp dem Tod durch Bomben, Verhungern oder Ertrunken entronnen sind, zurückweisen, zurückschicken oder gleich verbrennen wollen. Und kommen Sie mir jetzt nicht damit, Sie hätten mit Brandanschlägen auf Flüchtlingsheime nichts zu tun. Sie schaffen den geistigen Nährboden, auf dem die Täter glauben, handeln zu können, weil sie viele hinter sich zu wissen glauben. Und entscheiden Sie sich jetzt mal: wollen Sie juristische mitdiskutieren (“Fiat iustitia”) oder ist ihnen das egal? Bisher versuchen Sie doch hier immer mit Ihrer Küchenjuristterei die Rechtswidrigkeit aller möglichen Dinge zu behaupten. Wenn es darauf eh nicht ankommt (“pereat mundus”), dann lassen Sie das doch? Hier geben sich viel zu viele Klügere als Sie ständig Mühe, Ihre verfehlten und schiefen Rechtsbehauptungen zu widerlegen. Die haben alle eigentlich Wichtigeres zu tun. Sie nicht? Ach ja, ich vergaß: Sie versuchen ja hier, ihre kleinbürgerliche “so schön deutsche” Welt zu retten und den Lebensraum zu sichern.

  10. Gerold Keefer Fri 26 Feb 2016 at 13:03 - Reply

    > die knapp dem Tod durch Bomben, Verhungern oder Ertrunken entronnen sind

    Zitat +++ “Ganz, ganz ehrlich – also ich glaube, meine persönliche Einschätzung, weil seit der Krise wie gesagt bin ich hier, tagtäglich: Minimum ein Viertel dieser Leute, denen ich begegnet bin, sind keine Flüchtlinge.

    Gestern zum Beispiel sind zwei Ägypter zu mir gekommen. Dann hab’ ich denen gesagt: Ihr seid aber keine Syrer, was macht ihr da? – Ja, es ist jetzt oder nie, nach Europa gratis zu kommen. Es ist jetzt oder nie. +++ Zitat Ende

    Quelle: http://www.deutschlandfunk.de/wiener-westbahnhof-ein-viertel-sind-gar-keine-fluechtlinge.1773.de.html?dram:article_id=330884

  11. Maximilian Steinbeis Fri 26 Feb 2016 at 13:30 - Reply

    @C. Herrmann, Absurdistan, P. Parker: Bitte, BITTE hören Sie auf, den Troll zu füttern! Ich habe genauso wenig Freude daran, dass Herr Keefer hier auf und abhüpft, wie Sie. Aber das einzige, was hilft, ist ihn zu ignorieren. Ehrlich! Dutzendfach bestätigte Erfahrung. Wenn er merkt, dass er hier in den schalltoten Raum hineinposaunt, wird er bald den Spaß dran verlieren und weiterziehen zu Welt Online oder wo auch immer.
    Merken Sie nicht, dass Sie ihm keinen größeren Gefallen tun können, als sich mit ihm möglichst ad personam und auf möglichst hohem Erregungsniveau herumzubalgen? Da steht er doch drauf. Und die Folge ist, dass hier die Kommentarspalten volllaufen mit dem gleichen todlangweiligen hocherhitzten Zeug wie bei allen Online-Zeitungen auch, so dass kein vernünftiger Mensch mehr Lust hat, sich das anzutun. Davon ist der Verfassungsblog bisher weitgehend verschont geblieben, und ich habe ein großes Interesse daran, dass das so bleibt. Also, wer immer sich über Herrn Keefer ärgert: zusammenreißen, sich auf die Lippe beißen und eisern schweigen. Ok?

  12. Gerold Keefer Fri 26 Feb 2016 at 13:54 - Reply

    Auweia, Meinungsfreiheit in Deutschland 2016: Wenn die Argumente ausgehen, dann schreitet die Gedankenpolizei zur Tat …

  13. KurtBehemoth Fri 26 Feb 2016 at 17:05 - Reply

    Nach meinem Gefühl werden hier allzu zu rasch juristische Folgerungen gezogen, noch bevor der Sachverhalt voll in den Blick genommen wurde.

    Die Flüchtlinge stellen nicht aufgrund ihrer eigenen Eintscheidungs- und Handlungsmöglichkeiten einen Asylantrag “an der deutschen Grenze”, sondern die Transitstaaten organisieren und “befördern” (im doppelten Wortsinn) erst ihren Transport dorthin. Die Antragstellung an der deutschen Grenze kann deshalb gar nicht den Flüchtlingen, sondern muss den Transitstaaten zugerechnet werden, in deren Hoheitsgewalt, in der sich die Flüchtlinge befinden, dies gezielt organisiert und durchgeführt wird. Den Flüchtlingen wird von diesen Staaten die Einreise ja durchaus meist auh nur deshalb gestattet, weil sie ein anderes Zielland (meist Deutschland) angeben (obwohl ihnen gerade deshalb die Einreise zu verweigern wäre).

    Das scheint mir doch ein recht beispielloser Vorgang zu sein, der wohl kaum durch die Dubliner Verordnungen bedacht und geregelt werden sollte. Diesen Vorgang an seinem Endpunkt, etwa der Antragstellung an der deutschen Grenze, in das Dublin-System durch eine Zuweisung der Zuständigkeit an Deutschland wieder “einhegen” zu wollen, scheint mir dann doch noch einen wesentlich größeren Begründungsaufwand zu erfordern, als es in obigem sowie früheren Blogbeiträgen dazu versucht wurde.

    Art 20 Abs. 4 VO scheint mir für diesen Vorgang eher zu passen, bringt er doch den Rechtsgedanken zum Ausdruck, dass Flüchtlinge sich den zuständigen Staat nicht selbst beliebig aussuchen können – und erst recht nicht die Mitgliedstaaten – und hier die Antragstellung auf Asyl in Deutschland tatsächlich nicht erst an der deutschen Grenze, sondern bereits an den Grenzen der Transitstaaten ausdrücklich oder konkludent beginnt: um eine Durchreisemöglichkeit zur duetschen Grenze zu erhalten.

    Aus meiner Sicht wird auch zu wenig der allgemeine Grundsatz der “Einzigkeit” von Zuständigkeiten beachtet, der hier in Art. 3 Abs. 1 S. 2 VO sogar ausdrücklich geregelt ist. Mit Art. 3 Abs. 1 S. 1 VO lässt sich m.E. daher die Zuständigkeit von EU-Binnenstaaten für Antragstellungen “an der Grenze” deshalb nicht ohne weiteres begründen, weil nach Satz 2 nur ein “einziger” Staat zuständig ist, den es auch angesichts der Möglichkeit mehrfacher Anträge in verschiedenen Staaten erst noch zu bestimmen gilt. Daraus ergibt sich ein Verweis auf Art. 20 VO als spezieller Zuständigkeitsnorm.

    Nach der in obigem Blogbeitrag vertretenen Auffassung könnten die Flüchtlinge dagegen die Zuständigkeit aller EU-Staaten jeweils begründen, deren Grenze – oder Hoheitsgebiet – sie zu erreichen vermögen. Gerade das soll aber durch das Dublin-System verhindert werden. Sonst käme es zu einer Vervielfachung der Verfahren mit womöglich widersprüchlichen Entscheidungen.

    Wenn ein Staat für die Zuständigkeitsprüfung nach Art. 20 VO bereits zuständig geworden ist, kann diese Zuständigkeit nicht erneut für einen anderen Staat begründet werden. Bei Asylanträgen an den Binnengrenzen kann Deutschland also nicht mehr für die Zuständigkeitsprüfung zuständig werden, weil ein anderer Staat bereits zuständig sein muss; es muss daher auch dem betreffenen Flüchtling nicht die Einrese zu diesem Zweck gestatten.

  14. Gerold Keefer Fri 26 Feb 2016 at 23:04 - Reply

    > Sie versuchen ja hier, ihre kleinbürgerliche „so schön deutsche“ Welt zu retten und den Lebensraum zu sichern.

    Ja, im Grunde haben Sie recht. Es war immer so langweilig und verschlafen hier. Jetzt haben wir endlich vom Steuerzahler finanzierte und durch EU-Recht gut begründete Jagdszenen auf Schulmädchen.

    http://www.kn-online.de/News/Nachrichten-aus-Kiel/Sophienhof-Kiel-Frauen-wurden-massiv-belaestigt

  15. Dr.Marc Mewes Sat 27 Feb 2016 at 14:17 - Reply

    siehe Jürgen Schwabe, NJW 8/2016

  16. Ralf Kissel Sat 27 Feb 2016 at 22:34 - Reply

    Ich bin halt “nur” Politikwissenschaftler und kein habilitierter Asyslexperte. So wenig wie 80 Millionen andere Menschen hier im Land. Also versuche ich es mit gesundem Menschenverstand. Wenn Dublin faktisch gescheitert ist, was ja unstrittig ist, denn es kümmert in Griechenland, Ungarn, Italien niemand, landet man mit die Fabio und Seehofer automatisch bei Jellinik. Der Rest ist polotisch irrelevant.

  17. Ralf Kissel Sat 27 Feb 2016 at 22:34 - Reply

    di Fabio und Seehofer sorry

  18. Ralf Kissel Sat 27 Feb 2016 at 22:35 - Reply

    politisch noch mal sorry

  19. Ralf Kissel Sat 27 Feb 2016 at 22:35 - Reply

    letztes sorry : jellinek

  20. Ralf Kissel Sat 27 Feb 2016 at 22:42 - Reply

    Dublin als Rechtsgrundlage ist ja gar nicht mehr existent. Wer kann das ernsthaft bestreiten? Politikwissenschaftler jedenfalls nicht. Die Sachlage hat Dublin erledigt. Das mag man bedauern. Aber das ist so. Zumal die Volkssouveränität des GG ja die demokratielegitimatorische Grundnorm ist. Di Fabio hat dazu wirklich alles gesagt.

  21. Weichtier Sun 28 Feb 2016 at 07:40 - Reply

    …. Wenn es einen Geist von Dublin gibt, dann dürfte er vielmehr in dem Gesichtspunkt liegen, den Agnès Hurwitz dereinst (JIRL 11 (1999), 646 (647)) bereits zum DÜ herausgearbeitet hat: „[…] the ‚Dublin system‘ is […] based on a conventional mechanism rather than on the unilateral decision of one State. An asylum seeker will only sent back after the responsible State has agreed to his or her transfer and to examine his or her application.“

    Die Verfassungsrichterin Sibylle Kessal-Wulf hat in der Verhandlung zum OMT-Programm gefragt, ob in Karlsruhe acht Rechtsmediziner sitzen, die sich über einen toten Körper beugen? Bei den Ausführungen zum Geist von Dublin von Roman Lehner und den vier FAZ-Autoren frage ich mich, ob ich einer Séance teilhaftig werde. Da bin ich (Volkswirt und Steuerberater) wie Ralf Kissel erstaunt, wieviel juristischer Honig noch aus Dublin gesaugt werden kann. „Strukturelles Vollzugsdefizit“ ist nach der Berichterstattung in den Medien zu den Zuständen an den Grenzen noch ein Euphemismus für Dublin.

  22. Gerold Keefer Sun 28 Feb 2016 at 09:36 - Reply

    > Die Sachlage hat Dublin erledigt.

    Es darf dann aber schon noch mal gefragt werden, wer diese “Sachlage” denn geschaffen hat.

    Auch eine mit Brief und Siegel vereinbarte Sperrstunde muss scheitern, wenn das größte Gasthaus am Ort um Mitternacht zum Freibier einlädt.

    Und wenn wir denn schon mal das Thema Exitus streifen:

    Berlin und Karlsruhe haben das deutsche Requiem deutlich zu früh angesetzt. Der Patient ist noch bei Bewußtsein, was man nun wahrlich nicht von allen Akteuren dieser Tage in den genannten Orten behaupten kann.

    Bei einer Tötung auf Verlangen soll es ohne Nachfrage beim Patienten ab und an zur heftigen Gegenwehr kommen … Das Recht darauf ist im Grundgesetzt sogar verfasst. Man denke nur an GG §20 Absatz 4.

    Was für ein Jammer, das es solche Gesetze gibt, die ein humanes Sterben zu verhindern trachten!

  23. Gerold Keefer Sun 28 Feb 2016 at 13:04 - Reply

    Gerüchtehalber wird die Verfassungsbeschwerde von Schachtschneider nicht zur Verhandlung angenommen.

    Sollte es sich bewahrheiten, dass sich das BVerfG davor drückt die rechtswidrige Migrationspolitk der Bundesregierung zu bewerten, dann stellt das die nächste Stufe dieser Staatskrise dar und friedlicher Widerstand nach Artikel 20 Absatz 4 ist geboten.

  24. Bernd D. Mon 29 Feb 2016 at 02:23 - Reply

    Herr Lehner missversteht Art. 3 vollkommen. Sinn des Dublin-Systems ist es ganz sicher nicht, Asylbewerber bis zu dem Staat durchzuwinken, in dem sie ihren Asylantrag stellen wollen. Si tacuisses, philosophus mansisses… Von einem abhängig Beschäftigten von Frau Langenfeld war allerdings auch nicht zu erwarten, dass er die Dinge kritisch reflektiert und so seiner Chefin in den Rücken fällt.

  25. Gerold Keefer Mon 29 Feb 2016 at 08:30 - Reply

    Vernunft bleibt nie allein.

    > Sinn des Dublin-Systems ist es ganz sicher nicht, Asylbewerber bis zu dem Staat durchzuwinken, in dem sie ihren Asylantrag stellen wollen.

    Gleiches gilt für die GFK.

    Hoffentlich fällt den Herren und Damen, die im Grunde nichts anderes proklamieren als ein neues Grundrecht, nach dem 13.03. auf, dass es die sogenannt “Flüchtlingskrise” nur in Deutschland und den Transitländern existiert.

    Ihr neu geschaffenes “Grundrecht auf Wohlstand” lässt sich leider nur in einem Schlaraffenland verwirklichen.

    Einige Zitate vom September aus Ungarn:

    1. “Diese Menschen fliehen also nicht vor der Gefahr, sie sind bereits geflohen und mussten nicht mehr um ihr Leben fürchten.”

    2. “Es gibt kein Grundrecht auf ein besseres Leben, nur ein Recht auf Sicherheit und Menschenwürde.”

    3. “Die europäischen Spitzenpolitiker leben in einer Traumwelt. Sie haben keine Ahnung von der tatsächlichen Gefahr, die die Einwanderer für uns bedeuten.“

    Und jeder vergleiche diese mal im Hinblick auf den Vernunftgehalt mit den Aussagen unserer Kanzlerin bei ihrem gestrigen, exklusiven Wahlkampfspot, nach Paris, nach Köln und nach schätzungsweise 150 000 Migranten in den ersten 9 Wochen dieses Jahres:

    1. “Ich sehe nichts, was das [Eine Kursänderung] hervorrufen könnte.”

    3. “Wer an den Erfolg glaubt, kann Berge versetzen.”

    2. “Das ist eine ganz wichtige Phase unserer Geschichte.”

    Wann haben wir Deutschen solche Worte zum letzten mal gehört?

    Herzliche Grüße

    Gerold Keefer

  26. Gerold Keefer Mon 29 Feb 2016 at 10:47 - Reply

    “Bewunderungswürdig kann man Politiker durchaus finden, die bei ihrer Linie bleiben und nicht alle fünf Minuten ihren Standpunkt wechseln. Doch sollte man das nicht mit Ignoranz verwechseln und nicht mit einer Haltung, die Kritik an konkreten politischen Schritten und den Hinweis auf negative Folgen mit einer Moralpredigt abfertigt, die bei Angela Merkel in dem Statement gipfelt, dass sie bei all dem die „ureigensten Interessen Deutschlands“ vertrete und der Glaube Berge versetzen könne. Damit muss wohl ihr Glaube gemeint sein.”

    Quelle: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/angela-merkel-bleibt-bei-anne-will-beim-wir-schaffen-das-14096459.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2

  27. Gerold Keefer Mon 29 Feb 2016 at 11:45 - Reply

    Die Überlegenheit unseres demokratischen Systems offenbarte sich an diesem Wochenende wieder einmal in besonders anschaulicher Weise:

    Die Schweizer “Diktatur der Mehrheit” löst ihre Konflikte in der Wahlkabine.

    Im heillos überlegenen deutschen System setzte man z.B. in Stuttgart auf Straßenschlachten und die Hofberichterstattung aus der Traumwelt einer Kanzlerin – Rückfragen ausgeschlossen!

    Die ARD hat für nächsten Sonntag eine weitere Sendung mit Angela Merkel angekündigt:

    Diesmal eine Direktübertragung aus Schloss Neuschwanstein!

  28. Gerold Keefer Wed 2 Mar 2016 at 10:20 - Reply

    > Deutschland und Österreich sitzen im selben Boot wie alle übrigen Mitgliedstaaten auch. Leider wird das immer seltener so gesehen.

    Es wird wohl nur noch im Büro der Kanzlerin und an einem Lehrstuhl in Göttingen so gesehen. Österreich will seit gestern nicht einmal mehr Warteraum für dieses “eine Boot” sein …

    Frau Langenfeld hatte heute morgen in einem Radio-Interview die Gelegenheit nochmals von der “Europäischen Lösung” und dem “Europäischen Grenzschutz” zu phantasieren. Auch die als “Europäische Solidarität” maskierte, moralische Erpressung durfte nicht fehlen. Leider hat Herr Juncker nur als Steuer-Fluchthelfer einschlägige Erfahrung … Schuster bleib bei deinen Leisten!

    In ihrer gestrigen Volte hat nun die Kanzlerin selbst die Länder-Wahlmöglichkeit von Migranten bestritten. Nun müssten alle zukünftigen Verfassungsrichter im Forum ja eigentlich aufschreien, weil das ja gegen die GFK und die EU-Verträge verstößt. Bisher höre und lese ich davon nichts.

    Jetzt müssen die Flüchtlinge im griechischen Bombenhagel ausharren, nur weil in 10 Tagen Landtagswahlen sind. Das ist der Unterschied zu Budapest im September 2015.

    Merkels Humanität zeigt sich in neuer Blüte.

    Was hätte man damals anders machen sollen? Schlicht das, was man nun sechs Monate und eine Million Migranten später auch macht.

    Das ist alles nicht schön. Es ist auch nicht alternativlos:

    Die Alternative ist die Abschaffung unserer Staatlichkeit, ganz im Sinne von Frau Langenfeld.

    Herzliche Grüße

    Gerold Keefer

  29. Henning Tabbert Mon 12 Feb 2018 at 09:14 - Reply

    Ich finde Ihre Ausführungen wirklich interessant. Gleichzeitig frage ich mich, weshalb Sie sich abstrakt mit diesen Fragen auseinandersetzen und nicht konkret die Rechtsansicht und –praxis der Bundesregierung analysieren.

    Staatsekretärin Haber führte aus: „Die Regelungen in § 18 Absatz 2 bis 4 AsylG sind im Kontext des europarechtlichen Regelungsgefüges zu betrachten. Zurückweisungen an der Grenze sind im Rechtsrahmen der Dublin-III-Verordnung und des § 18 AsylG zulässig. (…) Die Entscheidung, den betreffenden Personenkreis nicht zurückzuweisen, wurde im Zusammenhang mit der vorübergehenden Wiedereinführung von Grenzkontrollen an den deutschen Binnengrenzen im Rahmen der bestehenden Zuständigkeiten innerhalb der Bundesregierung getroffen (BT-Drs. 18/7510, S. 29; http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/18/075/1807510.pdf)“

    Staatssekretär Krings erläuterte: „Das europäische Recht in Gestalt der Dublin-Verordnung zwingt nicht dazu, von Zurückweisungen abzusehen (…) (BT-PlPr 18/154, S. 15166 A; http://dipbt.bundestag.de/dip21/btp/18/18154.pdf#P.15165)

    Die Bundesregierung führte auch an anderer Stelle aus: „Eine Zurückweisung ist im Rechtsrahmen der Dublin-III Verordnung und des § 18 AsylG zulässig (BT-Drs. 18/7311, S. 3; http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/18/073/1807311.pdf).“

    Da drängt sich doch die Frage auf, auf welcher Rechtsgrundlage dann seit über zwei Jahren von der in § 18 Abs. 2 AsylG ausdrücklich vorgesehenen Zurückweisung von Asylbewerbern an deutschen Landgrenzen – die die Bundesregierung schließlich selbst jederzeit für rechtlich zulässig hält – abgesehen wird. Meine Ansicht dazu finden Sie in der ZAR 2017, S. 429 ff. bzw. hier: http://henning-tabbert.de/veroeffentlichungen/zar-2017/.

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