14 March 2012

Assistententagung 2012: Kollektives zum Auftakt

Von (dem Autorenkollektiv) HANNAH BIRKENKÖTTER, ANN-KATRIN KAUFHOLD, MICHAEL VON LANDENBERG-ROBERG, SABINE MÜLLER-MALL, ALEXANDER TISCHBIREK und TIM WIHL

Einmal im Jahr versammelt sich der wissenschaftliche Nachwuchs im Öffentlichen Recht zur traditionsreichen Assistententagung. In diesem Jahr ist der Tagungsort Hamburg, und das Tagungsthema lautet „Kollektivität“ – womit bereits allerhand vorweggenommen ist: In Hamburg wird an drei Orten juristisch geforscht und gelehrt, an der Universität Hamburg, der Helmut-Schmidt-Universität und der Bucerius Law School.

Man darf also bereits hinsichtlich des Umfelds und der Form der Tagung einiges zur Frage der Konstitution von Kollektiven erwarten: Drei Universitäten bzw. Hochschulen sehr unterschiedlicher Ausrichtungen und Traditionen, 16 Organisatorinnen und Organisatoren, 250 akkreditierte und einige nichtakkreditierte Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Nicht alle, die teilnehmen wollen, dürfen nämlich, die Zahl der Plätze ist begrenzt. Damit stellt sich die Frage: konstituieren Grenzen Kollektive? Und wenn ja: wer oder was setzt diese Grenzen, sind es Innen- oder Außengrenzen? Oder genügt schon ein innerer Zusammenhalt, um aus einer Gruppe ein Kollektiv zu machen? Lassen sich Gruppen und Kollektive überhaupt unterscheiden? Was ist eigentlich Kollektivität?

Am Eröffnungsabend gestern in der Universität Hamburg boten die Organisatorinnen und Organisatoren bereits in ihren Begrüßungsworten eine erste Beschreibung an: Kollektivität sei ein soziales Phänomen, keine rechtswissenschaftliche Kategorie. Wolfgang Hoffmann-Riem dagegen maß in seinem Festvortrag mit dem Titel „Neue Kollektivität – wie das World Wide Web das Recht durcheinander wirbelt“ dem Begriff der Kollektivität immerhin eine heuristische Funktion auch für die Rechtswissenschaft zu. Entsprechend suchte Hoffmann-Riem im World Wide Web nach alten oder neuen Formen der Kollektivität, zu denen er schließlich soziale Netzwerke oder Wikipedia zählte. Dabei stellte er die Frage, ob diese Strukturen (z.B. Netiquette), welche diese Kollektive im Netz entweder erhalten oder entwickeln, überhaupt rechtlich fassbar oder gar selbst Recht sind. Eindeutig war er jedenfalls in der Bewertung dieser „Regeln“, ihnen fehle die Legitimation und eine angemessene Berücksichtigung aller betroffenen Interessen sei ihnen nicht zuzutrauen. Wie steht es sodann um individuelle Rechte, wie das allgemeine Persönlichkeitsrecht, in einem Raum, in dem „Privatheit kollektiviert“ wird? Wir sind gespannt, welche Antwort der erste Vortrag des wissenschaftlichen Programms heute hierauf findet: Benjamin Rusteberg wird über Grundrechtsdogmatik als Schlüssel für das Verhältnis von Individuum und Gemeinschaft referieren.


One Comment

  1. Ano Nym Sat 17 Mar 2012 at 22:23 - Reply

    “Die” Nettiquette ist doch nicht dehalb kein Recht, weil ihr die “Legitimation” fehlt. Sie ist deshalb kein Recht, weil es niemanden gibt, der “Verstöße” gegen sie nachhaltig ahnden kann.
    Zumindest ist das dort, wo sie entstand – nämlich im Usenet -, so.

Leave A Comment

WRITE A COMMENT

1. We welcome your comments but you do so as our guest. Please note that we will exercise our property rights to make sure that Verfassungsblog remains a safe and attractive place for everyone. Your comment will not appear immediately but will be moderated by us. Just as with posts, we make a choice. That means not all submitted comments will be published.

2. We expect comments to be matter-of-fact, on-topic and free of sarcasm, innuendo and ad personam arguments.

3. Racist, sexist and otherwise discriminatory comments will not be published.

4. Comments under pseudonym are allowed but a valid email address is obligatory. The use of more than one pseudonym is not allowed.