09 November 2009

Lässt der US Supreme Court Softwarepatenten die Luft ab?

Noch ein extrem spannender Fall, der heute vor dem US Supreme Court verhandelt wurde: Darf man sich jeden Blödsinn patentieren lassen oder hört der Spaß irgendwo auf?

Es geht um Patente auf Geschäftsmethoden, nah verwandt den auch hierzulande so heiß umstrittenen Softwarepatenten. Die sind seit 1998 in den USA in breitem Umfang möglich: Man muss also nichts mehr erfunden haben, im Daniel-Düsentrieb-Sinne, um einen staatlich garantierten Schutz vor Copycats oder auch einfach nur ganz normaler Konkurrenz zu erhalten. Eine clevere Idee reicht vollauf. Über diese Entwicklung und die ersten Versuche, sie auch in der EU nachzuvollziehen, hab ich schon vor sechs, sieben Jahren beim Handelsblatt geschrieben, ebenso wie über die Problematik, Ideen monopolisieren zu können.

Der heute verhandelte Fall Bilski et.al. vs. Kappos betrifft eine Idee zweier Geschäftsleute, wie man sich mit Hilfe komplexer mathematischer Formeln besser gegen das Risiko schwankender Rohstoffpreise absichern kann. Dafür bekamen sie selbst im laxen US-Patentwesen kein Patent. Aber sie klagten. Und jetzt hat der Supreme Court Gelegenheit, die Monopolisierbarkeit bloßer Geschäftsideen neu zu bewerten.

SCOTUS Blog sieht nach bisherigem Verlauf der Verhandlung keinerlei Sympathie unter den Justices, in diesem speziellen Fall den Patentschutz zu gewähren. Richter Antonin Scalia habe sogar laut drüber nachgedacht, wie es mit der Patentierbarkeit von Dale Carnegies Dauer-Bestseller “How to Win Friends and Influence People” von 1936 bestellt sei. Sonia Sotomayor habe gefragt, ob man auch Speed-Dating patentieren könne. Stephen Breyer habe gefragt, was mit einer Methode wäre, Kartellrecht zu lehren, bei der die Studenten nicht einschlafen. John Roberts habe sich erkundigt, ob man auch den Ratschlag “billig kaufen, teuer verkaufen” patentieren könne. Es scheint eine lustige Stimmung geherrscht zu haben.

Die SCOTUS-Watcher fürchten allerdings, dass gerade weil die Richter so klar der Meinung seien, das Ding sei nicht patentierbar, ein klärendes Grundsatzurteil ausbleiben könnte. Wozu grundsätzlich werden, wenn das geltende Patentrecht im vorliegenden Fall ausreicht?

Zum Hintergrund mehr dazu hier, hier und hier, mit weiteren Links.

Update: Gerald Magliocca auf Concurring Opinions notiert:

I don’t think that the Court will take down software patents in this case, but I think the odds went from about 5% to about 20%.


2 Comments

  1. […] im konkreten Fall wird zwar gebilligt, aber das Votum von Justice Kennedy unternimmt keine neue Abgrenzung von patentierbaren Prozessen und nicht patentierbaren Ideen. var addthis_pub = 'verfassungsblog'; […]

  2. Dieter Stauder Tue 27 Jul 2010 at 10:59 - Reply

    Lieber Herr Steinbeis,

    auf Ihren Blog bin ich durch die FAZ 17. Juli 2010 aufmerksam geworden. Alles neu für mich!

    Ich bin rechtsvergleichend im Patentrecht spezialisiert.

    Wie versende ich Ihre Seite?

    Dieter Stauder

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