Orientierung im Bildungsdschungel
Heute startet mein bislang ehrgeizigstes Projekt – der Politikatlas Schulreform.
Welt und Welt Online hatten vorab am Samstag schon darüber berichtet.
Der Politikatlas Schulreform ist das Pilotprojekt für ein Vorhaben, das über die Schulpolitik hinausreicht: Ich will eine Form des visuellen Politikjournalismus entwickeln, die der Öffentlichkeit einen Zugang zu hoch komplexen politischen Debatten verschafft.
Kartographie statt Storytelling
Klassischer Politikjournalismus schafft es immer weniger, das zu leisten.
Das liegt nicht nur an der Medienkrise und schwindenden Ressourcen, sondern auch an der Politik selbst: Journalisten brauchen Storys. Politische Gestaltung ist aber immer seltener eine Story: Die Zuspitzung auf die eine grundlegende Frage, das große Entweder-Oder, die Spannung zwischen zwei entgegengesetzten Polen – das findet man im Normalfall gar nicht mehr.
Stattdessen findet man komplexe Verhandlungslagen, womöglich auf zwei oder drei Ebenen, auf die alle möglichen Interessen einwirken. Man findet alle möglichen Probleme und Lösungsansätze, die alle miteinander zusammenhängen. Es gibt kein Anfang und kein Ende, kaum ist hier etwas entschieden, geht dort die Debatte schon wieder von vorne los. Politiker werden immer mehr zu Moderatoren, die sich mühen, die vielen auf sie eindringenden Interessen zum Ausgleich zu bringen.
Das ist keine Story.
Was auch der Grund ist, warum man in der Zeitung so wenig über europäische Gesetzgebung liest. Obwohl doch jeder weiß, dass in Brüssel die maßgeblichen Entscheidungen fallen.
Stattdessen quälen sich die Medien damit ab, zu personalisieren und auf Krawall zu bürsten. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich für meinen Teil finde Politiker nur zum allergeringsten Teil als Personen faszinierend. Volker Kauder ist ein mächtiger Mann, aber das ändert nichts daran, dass ich ein Porträt über ihn weder schreiben noch lesen mag. Und diese überspitzten Geschichten über Koalitionskräche und Parteiintrigen kann doch auch keiner mehr sehen.
Das war einer der Gründe, warum ich beim Handelsblatt das Handtuch geworfen habe 2008: das nagende Gefühl, die ganze Zeit sowohl am Thema als auch an den Leserbedürfnissen vorbeizuschreiben.
Expertendiskurse zugänglich machen
Wir wollen einen Politikjournalismus jenseits des Storytelling erproben.
Wir wollen die Probleme, die Lösungsansätze und die Argumente kartografieren. Wir wollen zugänglich machen, was sonst nur geschlossenen Expertenzirkeln vorbehalten bleibt. Wir wollen der Öffentlichkeit ermöglichen, sich eine fundierte Meinung zu bilden.
Politikjournalismus eben.
Unser Pilotprojekt, gefördert von der Vodafone-Stiftung, dreht sich um das Thema Schulreform.
Schulpolitik ist Ländersache. In 16 Bundesländern gibt es auf die gleichen Fragen die unterschiedlichsten Antworten. Diese föderale Meinungslandschaft bilden wir ab.
Wir kartographieren die Schulsysteme, die Probleme, die Reformansätze und wie alles mit allem zusammenhängt.
Meine Bitte an die Leser des Verfassungsblogs: Schauen Sie sich den Politikatlas Schulreform an. Seien Sie kritisch. Suchen Sie nach Dingen, die man besser machen könnte.
Und schreiben Sie mir.
[…] gestellt: Er will Politik mit all ihren Wirren verständlich machen. Und zwar nicht, wie er betont, durch langes Geschreibe und sogenannte Storys, sondern durch Kartografie. Der Politikatlas soll so […]