01 September 2021

Privilegierung Geimpfter und faktischer Impfzwang?

Das Hamburger 2G-Zugangsmodell und seine grundrechtlichen Auswirkungen

Vor Beginn der Impfkampagne gegen das Corona-Virus im Dezember letzten Jahres erwogen Stimmen in der Union und SPD, Privaten eine unterschiedliche Behandlung von Geimpften((Genesene sind jeweils mitgemeint.)) und Ungeimpften gesetzlich zu verbieten. Dies könnte zu einer Spaltung der Gesellschaft führen. Um dies zu verhindern, wurde über eine Ergänzung der AGB-Vorschriften im BGB oder des AGG nachgedacht. Aber Zeiten ändern sich.

Mittlerweile stagniert die Impfquote, und es sieht nicht danach aus, als würde sie alsbald wieder neuen Schub bekommen. Angesichts dieser Situation diskutiert die Republik nun, wie den Interessen von Geimpften und Ungeimpften vor dem Hintergrund einer Corona-Pandemie, die nach wie vor nicht überwunden ist, im Alltag Genüge getan werden kann. Daneben wird auch diskutiert, mit welchen, auch staatlichen, Maßnahmen die noch Ungeimpften zu einer Impfung bewegt werden können. Argumentativ stehen sich dabei das Bestreben, die Ausübung grundrechtlicher Freiheiten umfangreich zu ermöglichen, und die Bedrohung ebensolcher Freiheiten durch einen „faktischen Impfzwang“ gegenüber.

Das Hamburger 2G-Zugangsmodell

Der Hamburger Senat hat sich nun aus der Deckung gewagt und bietet seit dem 28. August Gaststätten, Gewerbebetrieben und anderen Einrichtungen, die für den Publikumsverkehr geöffnet sind, die Möglichkeit, von dem bundesweiten 3G-Modell (Zugang für Geimpfte, Genesene und Getestete) zu einem 2G-Zugangsmodell zu wechseln (§ 10j der VO v. 27.August 2021). Interessierte Betreiberinnen und Veranstalter verpflichten sich damit (nach vorheriger Online-Anmeldung), den Zugang nur solchen Personen zu ermöglichen, die entweder geimpft oder genesen sind – ein Zugang für lediglich negativ getestete Personen ist dann ausgeschlossen. Auch andere, private Akteure hatten sich zuvor schon in diesem Sinne positioniert, wie Fußballklubs im Falle von Stadionbesuchen. Die neue Verordnung des Hamburger Senats knüpft nun vielfältige Erleichterungen an einen Wechsel zum 2G-Modell: So besteht u.a. kein Abstandsgebot mehr; alle vorhandene Plätze können besetzt werden; auch sonstige Kapazitätsbeschränkungen sind aufgehoben bzw. für Veranstaltungen erheblich gelockert; und Sperrstunden gelten nicht mehr. Insgesamt ergibt sich für teilnehmende Einrichtungen eine spürbare Annäherung an Vor-Corona-Verhältnisse. Wegen dieser Konsequenz werden Erfolg und Akzeptanz des 2G-Modells auch im Bund und anderen Bundesländern wie z.B. Niedersachsen genau beobachtet. Berlin bereitet die Einführung des 2G-Modells ebenfalls vor, und eine weitere Verbreitung ist keinesfalls ausgeschlossen

Über die Anwendung des 2G-Modells entscheiden die privaten Betreiberinnen. Gleichwohl empfinden manche in der öffentlichen Diskussion den damit verbundenen Ausschluss Ungeimpfter von manchen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens als staatlichen Impfzwang durch die Hintertür, der dadurch noch abgefeimter werde, dass ihn der Staat nicht selbst erklärt, sondern sich der privaten Betreiber und Veranstalterinnen bediene. Damit angesprochen ist die Frage, ob eine etwaige Ungleichbehandlung von Geimpften und Ungeimpften dem Staat zurechenbar ist. Der Hamburger Senat scheint es zwar tunlichst zu vermeiden, die Einführung des 2G-Modell argumentativ mit dem Aufbau eines Impfdrucks in Verbindung zu bringen. Die mögliche Ungleichbehandlung beruht aber zwangsläufig auf Vorgaben des staatlichen Regelungsregimes und ist als solche intendiert. Der zeitliche Zusammenhang zum Stagnieren der Impfquote und dem wieder anziehenden Infektionsgeschehen ist nicht von der Hand zu weisen. Die öffentliche Diskussion erkennt deshalb in nachvollziehbarer Weise in dem 2G-Modell einen erheblichen negativen Anreiz, der dem Staat zurechenbar ist.

Die Ungleichbehandlung und ihre Grundlagen

Schwerer zu beantworten ist die Frage nach der Ungleichbehandlung von Geimpften und Getesteten – und das ist die rechtliche Form, die der mögliche faktische Impfzwang annimmt. Da mit dieser Frage eine Vielzahl von Problemen verbunden ist, welche die Betrachtung der Corona-Pandemie seit Beginn begleiten (insbes. Notwendigkeit und Angemessenheit infektionsschutzrechtlicher Maßnahmen per se), bedarf es einiger Prämissen – auch um sich nicht zu weit von der Betrachtung der spezifischen Umstände des 2G-Modells zu entfernen. Grundlegend soll hier davon ausgegangen werden, dass die infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie nach wie vor zulässig und sachgerecht sind. Hintergrund ist die Dynamik des Infektionsgeschehens und die erhebliche Anzahl ungeschützter Personen. Aus diesem Grund soll auch (noch) nicht davon ausgegangen werden, dass staatliche Maßnahmen wie das 2G-Modell einzig darauf abzielen, Ungeimpfte paternalistisch vor sich selbst zu schützen. Aufgrund der Ansteckungsfähigkeit des mutierten Virus, der absoluten Anzahl ungeimpfter Personen und dem derzeitigen Infektionsgeschehen erscheint es mit dem Einschätzungsspielraum des Regelungsgebers vereinbar, auch die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems als rechtfertigenden Grund heranzuziehen.

Bei dem derzeitigen Wissensstand zeichnen sich darüber hinaus folgende Grundlinien ab: Es hat sich mittlerweile gezeigt und ist durch zahlreiche Studien belegt, dass die verschiedenen in der EU zugelassenen Impfstoffe effektiv gegen das Corona-Virus schützen, weil sich Geimpfte seltener anstecken und mildere Verläufe erleben. Für die Wirkungen von Testverfahren hängt vieles von der eingesetzten Technik und der seit dem Test verstrichenen Zeit ab. Unter Berücksichtigung der möglichen Fehlerquote von Antigen-Schnelltests (v.a. bei symptomlosen Erkrankungen und aufgrund einer Sensitivitätslücke zu Beginn der Infektion) und der momentanen Gültigkeit von 24h dürfte es im Einschätzungsspielraum des Verordnungsgebers liegen, einen wesentlichen Unterschied zwischen Geimpften und (nach den obigen Bedingungen) Getesteten anzunehmen.

Abseits von Fragen der Erforderlichkeit von Maßnahmen gegenüber Geimpften bewegt sich die Situation damit in Richtung des Gebots, wesentlich Ungleiches nicht gleich zu behandeln. Für die öffentliche Diskussion sollte man sich aber vor Augen führen: Selbst wenn eine Gleichbehandlung wegen der wesentlichen Unterschiede nicht geboten ist, werden trotzdem jedes Abweichen von einer Gleichbehandlung und Erschwernisse für Ungeimpfte in der öffentlichen Diskussion (auch) als faktischer Impfzwang bewertet werden. So wurde auch das Ende kostenloser Schnelltests als Versuch angesehen, einen Impfzwang durch die Hintertür einzuführen. Die Grenze unzulässiger staatlicher Einengungen individueller freiheitlicher Entscheidungsräume lässt sich kaum abstrakt bestimmen, doch verlangt die Verfassungsordnung nicht, dass mit der eigenverantwortlichen Ausübung grundrechtlicher Freiheiten stets und ausnahmslos positive Konsequenzen verbunden sind, insbesondere wenn, wie im Falle von Corona, Impfstoffe ausreichend vorhanden sind. (Für Personen, die sich nicht impfen lassen können, erscheint es angezeigt, eine Ausnahme zu machen. Dies würde zwar den Verwaltungsaufwand erhöhen, eine solche Differenzierung ist aber sowieso schon für die Kostenübernahme von Schnelltests ab dem 11. Oktober vorgesehen.)

Der blinde Fleck in der Diskussion: die Betreiber und Veranstalterinnen und ihre Berufsfreiheit

Für die Bewertung des optionalen 2G-Modells, wie es in Hamburg praktiziert wird, ist daneben noch ein anderer Aspekt maßgeblich, der in der öffentlichen Diskussion weitgehend ignoriert wird. Vornehmlich werden Geimpfte und Getestete gegenübergestellt, doch existiert mit den Betreiberinnen und Veranstaltern eine dritte Personengruppe, die nicht außer Acht gelassen werden darf. Diese sind im 2G-Modell nicht nur bloßes Mittel zur Realisierung staatlicher Regelungsstrukturen, sondern vielmehr Träger grundrechtlicher Freiheiten, die ebenfalls erheblichen staatlichen Beschränkungen ausgesetzt sind. Auch ihnen gegenüber ist der Staat verpflichtet, sich dabei auf ein notwendiges Mindestmaß zu beschränken. Das bislang maßgebliche 3G-Modell beinhaltet Kapazitätsbeschränkungen, Regeln für den Alkoholausschank und Sperrstunden, die es Betreibern und Veranstalterinnen mitunter unmöglich machten, auf ihre Kosten zu kommen. Wenn Regelungen denkbar, praktikabel und infektionsrechtlich vertretbar sind, die dies zulassen, gebietet es die Berufsfreiheit, diese auch umzusetzen. Eine unzulässige Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der Betreiber und Veranstalterinnen ist dabei nicht ersichtlich: Anders als in den Regelungen, die der Nichtraucherschutzentscheidung des BVerfG zugrunde lagen, gibt es innerhalb der erfassten Einrichtungen keine Differenzierung, und es ist auch nicht zu erkennen, dass Geimpfte und Ungeimpfte typischerweise unterschiedliche Kategorien von Betrieben oder Veranstaltungen aufsuchen.

Hinzu kommt, dass die Privaten ihre Gäste auch ohne ein staatliches 2G-Modell ungleich behandeln könnten und eigenmächtig Ungeimpfte bzw. nur Getestete ausschließen könnten. (Der zu Beginn geschilderte politische Vorstoß fand weder in rechtlicher Hinsicht noch in der politischen Diskussion nachhaltig Gefolgschaft.) Sie dürften also selbst eine Situation herstellen, in denen das infektionsschutzrechtliche Risiko (auf Grundlage der obigen Prämissen) erheblich verringert wäre, z.B. aus Gründen des Selbstschutzes. Würde man dem Staat nun untersagen, hierauf mit dem 2G-Modell zu reagieren, würde das bedeuten, es dem Staat zu untersagen, an das geringere Risiko privater Entscheidungen auch geringere staatliche Belastungen zu knüpfen. Tatsächlich handelt es sich beim 2G-Modell um ein gesetzlich geformtes Austauschmittel, das die Betreiberinnen und Veranstalter anbieten können, um dem gewichtigeren Eingriff des 3G-Modells abzuwenden, und damit um einen Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.

Erweiterung der Wahlmöglichkeiten

In der Praxis erscheint es durchaus denkbar, dass der Markt ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Einrichtungen mit 2G- und 3G-Zugangsmodellen hervorbringt. Die Betreiberinnen und Veranstalter können dann frei wählen, wie und wem sie Zugang zu ihrem Angebot gewähren. Die Ungeimpften können frei wählen, Angebote mit 3G-Zugang aufzusuchen oder sich impfen zu lassen. Und die Geimpften und Genesenen können frei zwischen den verschiedenen Angeboten wählen. Bei näherer Betrachtung stellt sich die Einführung des 2G-Modells deshalb als Mittel dar, das unter den derzeitigen Corona-Bedingungen freiheitliche Wahlmöglichkeiten für alle Gruppen von Beteiligten ermöglicht, die zuvor so nicht vorhanden waren.


15 Comments

  1. Henrik Eibenstein Wed 1 Sep 2021 at 18:30 - Reply

    Vielen Dank für den Beitrag.
    Ich tue mich mit einer Formulierung wie „freiheitliche Wahlmöglichkeiten“ im 2G-Kontext ziemlich schwer. Es fehlt m.E. – der klassischen Verhältnismäßigkeitsprüfung folgend – die Frage nach einem milderen aber gleich effektiven Mittel? Weshalb bedarf es im 2G-Modell eines Totalausschlusses Ungeimpfter/-genesener? Ist ein kurz zuvor durchgeführter Test nicht gleich effektiv, aber ersichtlich milder? Nachdem zunehmend Studien darauf hindeuten, dass auch Geimpfte in beträchtlichem Ausmaß an der Weitergabe der (~96% ausmachenden) Delta-Variante beteiligt sind, halte ich einen Negativtest kollektivistisch argumentiert sogar für tauglicher.

  2. Unbekannt Wed 1 Sep 2021 at 22:05 - Reply

    Der Autor macht sich leider nicht die Mühe, die „zahlreichen Studien“ die einen effektiven Schutz „belegen“, zu zitieren. Ist dem Autor der Unterschied zwischen absolutem und relativem Risiko bekannt? Weiß der Autor um die Aussagekraft einer Studie, bei der die Impfgruppe um ihre Impfung weiß und die Kontrollgruppe nicht? Hier werden offenbar ungeprüft populärwissenschaftliche Floskeln übernommen.
    Weiterhin heißt es: „Der zeitliche Zusammenhang zum Stagnieren der Impfquote und dem wieder anziehenden Infektionsgeschehen ist nicht von der Hand zu weisen.“ Der zeitliche Zusammenhang zwischen Strandurlaub und Sonnenbrand ist auch nicht von der Hand zu weisen. Kausal ist aber die Sonne, eine Drittvariable. Woher kennt der Autor das Infektionsgeschehen? Er möge bitte die entsprechenden repräsentativen Stichproben oder systematischen Massentestungen hier zitieren.
    Außerhalb der Rechtswissenschaft zählt nicht Demokratie („herrschende Meinung“), sondern die beste Messung.
    Sofern der Autor hier auf interdisziplinäres Wissen zurückgreift, was sehr zu begrüßen ist, sollte auch mit der entsprechenden Sorgfalt eines Wissenschaftlers gearbeitet werden.
    Da hier nicht zitiert wird, kann keine kritische Überprüfung erfolgen.
    Ich würde mir von der Redaktion wünschen, dass zumindest auf die Einhaltung eines wissenschaftlichen Minimalstandards gepocht wird, so wie es von jedem Erstsemester verlangt wird.

    • Prof. Dr. M. Droste Fri 10 Sep 2021 at 22:39 - Reply

      Die Schutzwirkung durch die Impfungen wurde bereits durch die klinischen Studien natürlich mit Placebo-Gruppen belegt und durch zahlreiche nachfolgende umfangreiche Studien z.B. von Physical Health England bestätigt, auch durch die in England laufende umfangreiche Zufallstestung. Siehe zusätzlich die RKI-Berichte mit diversen Referenzen.

      • Se Sat 11 Sep 2021 at 21:35 - Reply

        Wie soll ich Ihre Aussagen zur Wirksamkeit überprüfen können wenn Sie mir keine konkrete Quelle nennen bei inzwischen weit über 100.000 Publikationen zum Thema? Zitieren Sie doch bitte die Studien oder eine konkrete Publikation auf die Sie sich beziehen und lassen Sie Ihr Publikum an der Grundlage ihrer Schlussfolgerungen teilhaben. Auf das RKi verweisen kann nicht zählen, dessen Autorität ist für eine Nutzenbewertung unerheblich. Ein Verweis auf einen Verweis ist kein Nachweis.

        Mir liegen die Zulassungsstudien der grossen Hersteller vor, Biontech und astrazeneca. Festzustellen ist dabei, dass sich die Annahme der Wirksamkeit weitläufig auf “schwere Verläufe” und relative Risikoreduktionen stützt. Absolute Risikoreduktionen werden von der (juristischen) Fachwelt nur unzureichend zur Kenntnis genommen. Diese liegen durchgehend unter 3% laut den Originaldaten. Wer ein wenig Verständnis vom Wissenschaftsbetrieb hat, wird keinesfalls nach wenigen Monaten Beobachtungsdauer und extrem geringer Anzahl von Verstorbenen in beiden Gruppen von belegtem Nutzen zu sprechen, zumal wir es hier mit Herstellerangaben und eben nicht mit unabhängiger und ergebnisoffener Forschung zu tun haben. Eine seriöse Risikommunikation findet aber leider nicht statt. Trotzdem werden Verhältnismäßigkeitsprüfungen angestellt, aber keiner der Juristen weiß, was 90% Risikoreduktion eigentlich bedeutet. Der Autor ist der Leserschaft m.M.n. immernoch Quellenangaben schuldig. Offenbar scheint die Sache aber schon dermaßen klar zu sein, das es nicht mehr als nötig erachtet wird, Quellen anzugeben.

    • MR Mon 20 Sep 2021 at 22:35 - Reply

      Wie bereits an anderer Stelle angemerkt: Die teils hervorragenden Ausführungen hier in dem Blog zur rechtlichen Bewertung rund um Corona kranken meist mehr oder weniger an der zu Grunde gelegten medizinischen Bewertung, die meist unkritisch vom RKI oder PEI übernommen wird. Man muss sich hierbei immer vor Augen halten, dass es sich hier um Bundesoberbehörden handelt, die nicht vom BMG unabhängig sind. Trotzdem erhalten die Einschätzungen offenbar den Status von neutralen Sachverständigengutachten.

  3. Alexander Thu 2 Sep 2021 at 17:08 - Reply

    You argue that based on to date knowledge the legislator may assume a significant difference between the vaccinated and the tested.

    Even if one assumes this to be correct from a generalising viewpoint, there is still a significant portion of the population for which said difference does not exist. Take for example people who have quarantined together with and cared for Covid-positive flatmates, partners, children without distance without catching the disease. The phenomenon is described amongst others in this article:

    https://www.abendblatt.de/ratgeber/wissen/article229123150/corona-virus-infektion-raetsel-covid-19-coronavirus-krise-patienten-impfstoff-immunitaet.html.

    Such people know on an individual level that they have an immunity which may even be better than the one of the vaccinated, and if they regularly self-test negative do not risk to endanger their fellow citizens.

    Would such individual factors change the outcome of your assessment or would you argue that based on a generalising apporach vaccination pressure is justified even if exerted on citizens with a natural immunity?

  4. Dr. René Sternke Tue 7 Sep 2021 at 11:48 - Reply

    Da im konkreten Fall nicht ausgeschlossen werden kann, dass geimpfte und genesene Personen als Verbreiter des Virus und der Pandemie auftreten, besteht kein sachlicher Grund, die Freiheit einer ungeimpften Person stärker einzuschränken als die einer geimpften oder genesenen. Bei der Impfung handelt es sich um einen Eingriff in körperliche Unversehrtheit und in Einzelfällen kann es sich sogar um eine schwere Körperverletzung bis hin zur Tötung handeln. Ich empfinde es als bedenklich, dass die Bundesregierung vorsätzlich Stimmung gegen Ungeimpfte macht und gezielt Ressentiments gegen diese Gruppe erzeugt, um einen starken sozialen Druck auf sie auszuüben und sie zur Impfung zu zwingen. Zu diesem Behuf wird Geimpften ein Teil ihrer Freiheiten mit der Begründung vorenthalten, dass es Bürger gebe, die nicht geimpft sind. Für den Laien ist es schwierig, einzuschätzen, wie diese Art des Einwirkens der Exekutive auf die Bürger rechtlich und verfassungsrechtlich zu bewerten ist. Ich wünschte, dass Prof. Dr. Christian Ernst seine gründlichen Überlegungen noch weiter vertiefte.
    Dr. René Sternke

  5. Johan Filip Lokau Wed 8 Sep 2021 at 15:05 - Reply

    Mir scheint die Interpretation des allgemeinen Gleichheitssatzes hier an eine die politische Freiheit gefährdende Grenze geführt zu werden. Art. 3 I GG heißt schließlich, trotz der Rechtsprechung, nicht: “Gleiches soll gleich, Ungleiches ungleich behandelt werden”, sondern “Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich”. Letzteres impliziert aber, dass es eine abstrakt-rechtliche Ebene gibt, auf der alle Menschen, unabhängig von Anschauung ihrer individuellen Eigenschaften, als gleich gelten sollen – also gerade unabhängig von “wesentlich Ungleichem”. Es scheint mir nun ein bedrohlicher Biologismus, wenn der Gesetzgeber – aus welchen Gründen auch immer -, es dauerhaft für sich herausnimmt, beurteilen zu können, was an Menschen “wesentlich” sei, das sie ungleich machen kann. Als Ausnahmeregelung mag dies vielleicht zulässig sein, wenn sich eine gemeinsam menschliche Öffentlichkeit nicht zu erhalten vermag ohne die Aufhebung dieses Gleichheitsgebots, das sie erst konstituiert. Als dauerhafte Regelung aber ist eine Differenzierung von Menschen anhand ihres vermeintlich “wesentlich” Ungleichem aber doch nichts als die dauerhafte Abschaffung politischer Freiheit, weil der Staat jedem seine “wesentliche” Fähigkeit zu dieser Freiheit immer erst bescheinigen muss, bevor der einzelne sie ausüben kann.

  6. Prof. Dr. M. Droste Sat 11 Sep 2021 at 16:50 - Reply

    Vielen Dank für diese juristische Beurteilung.

    Die Beschreibung der medizinischen Situation ist, wie man den leicht zugänglichen entsprechenden Gesamtbeurteilungen des RKI und diverser anderer nationaler Gesundheitsbehörden wie z.B. des amerikanischen CDC, englischen PHE, schottischen PHS, u.a.m. sowie diversen Fachpublikationen entnehmen kann, zutreffend.

    Die Betonung am Ende, dass das Modell “2G oder 3G” eine dreifache Wahlmöglichkeit bedeutet — anstatt dass der Staat bzw. die Bundesländer nur das einschränkende 3G vorschreiben — finde ich genau zutreffend. Es ist doch gut (und in der Tat besser), wenn hierdurch ein umfangreicheres Angebot besteht und der Bürger und die Gewerbetreibenden eine Wahlmöglichkeit haben. Dieser positive Effekt ist ein Wert, den man auch bei juristischen Beurteilungen nicht vergessen sollte.

  7. Manfred Droste Sat 11 Sep 2021 at 18:33 - Reply

    Ihren Gedanken der Berufsfreiheit von Betreiberinnen und Veranstaltern möchte ich noch etwas weiterführen. Diese haben bereits das Recht, sich nur für 2G-Kunden zu entscheiden. Inwiefern sind dann die 3G-Einschränkungen der staatlichen Verordnungen noch gerechtfertigt? Auf Grund der Verhältnismäßigkeit ist stets das mildere Mittel zu wählen. Zwar hat der Staat einen Entscheidungsspielraum. Aber die absolute Mehrheit der Bevölkerung (über 62%) ist geimpft, der Anteil bei den Kunden ist noch größer, jeder konnte sich inzwischen impfen lassen und die Impfung wird weltweit als das richtige Hauptmittel gegen die Pandemie anerkannt. Daher ist der durch 3G indirekt ausgeübte Zwang, auch (getesteten) Ungeimpften den Zugang zu ermöglichen, um auf möglicherweise vergleichbare Kundenzahlen zu kommen, auf Grund der Fehlerhaftigkeit der Tests unzumutbar. Da die 3G-Einschränkungen erheblich sind und beträchtliche finanzielle Einbußen bedeuten, könnten Betreiberinnen und Veranstalter das mildere Mittel von geringeren Einschränkungen bei 2G fordern.

  8. laubeiter Fri 17 Sep 2021 at 18:06 - Reply

    Wenn ich es richtig sehe, gibt es in manchen Bundesländern eine Impfpflicht gegen Masern für alle Kinder. Was spricht gegen eine Impfpflicht gegen Corona für alle, oder alle Erwachsenen?

  9. Anke Tue 2 Nov 2021 at 21:12 - Reply

    Ich bin Altenpflegerin, bin geimpft und bereue es etwas. Ich stelle mich mittlerweile auf die Seite der Ungeimpften, da die Spaltung der Gesellschaft und der indirekte Impfzwang zu einer Belastung wird. Anfang des Jahres wurde gesagt, Geimpfte seien so gut wie keine Überträger, nun sind wir es doch, dh wir schützen unsere Alten nun doch nicht. Ist nicht langsam die Zeit da, zu sagen, das alle die sich schützen wollen, können es tun und die anderen in Ruhe lassen? Es ging doch um den Schutz der vulnerablen Gruppen? Das Virus werden wir nie mehr los, dafür hat es durch die Überbevölkerung einfach zu viel “Futter”. Wie bei vielen Ausbrüchen in der Tierwelt… Alle die geschützt sein möchten, können es auch tun, aber noch mehr die Gesellschaft zu spalten, wird andere Probleme hervor rufen. “2 G” ist wie “Schwarzund weiss” oder “mannfrau”. Geduldete Diskriminierung.

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