Profs und Richter – wie Hund und Katz
Dass Wissenschaft und Oberstes Gericht überkreuz liegen, kommt auch hier zu Lande vor. Nach dem Lissabon-Urteil gab es manches aus staats- oder europarechtswissenschaftlichem Munde zu hören und zu lesen, das in Karlsruhe die Ohren zum Glühen und die Hälse zum Schwellen gebracht haben dürfte.
Aber wie ein richtiger Clash zwischen Akademie und Justiz aussieht, kann man derzeit in den Philippinen studieren.
Dort hatte der Supreme Court ein Urteil über die Rechte von im II. Weltkrieg sexuell versklavten Frauen gefällt und dabei offenbar derart hanebüchenen Unsinn über internationales Recht und die Position der Wissenschaft dazu in die Begründung hineingeschrieben, dass diese sich zu lautstarkem Protest genötigt sah. Außerdem, so die Beschuldigung der Rechtsprofessoren, hätten die Richter passagenweise aus wissenschaftlichen Veröffentlichungen abgeschrieben, ohne die Quelle anzugeben.
Die Richter reagierten äußerst empfindlich und verhängten gegen fast die Hälfte der Jurafakultät der University of the Philippines eine Contempt-of-Court-Order, die jetzt um ihre Zulassung und um ihre Lehrstühle fürchten.
Die ganze ebenso groteske wie furchterregende Story nebst Links bei Opinio Juris.
Update: Das ist ja nicht zu fassen. Die gleiche Konstellation, wenngleich mitteleuropäischer temperiert, gibt es auch in Deutschland – Prof Volker Rieble bezichtigt Verfassungsrichter Reinhard Gaier des Abschreibens bzw. falsch Zitierens, der schleift dafür Rieble vor Gericht (immerhin spricht er ihn nicht, wie die Phillipinos, gleich selber schuldig…).
Naja, ist alles schon deutlich ziviler. Aber die Koinzidenz ist schon irre.
Update: Die Philippino-Story versetzt die Völkerrechtler zunehmend in Aufruhr. Auf EJIL-Talk ruft Christian Tams seine Wissenschaftskollegen zu den Waffen und beobachtet zu Recht:
the whole episode seems to have spiralled quite out of control.