19 June 2015

Richter als Soziologen, Soziologie als Entschuldigung

 

Am 18. Mai 2015 hat das Strafgericht in Rennes zwei Polizisten freigesprochen, die im Zusammenhang der Vorgänge von Clichy-sous-Bois angeklagt waren. Damit wurde ein strafrechtlicher Schlussstrich unter ein Ereignis gesetzt, das vor zehn Jahren, im Herbst 2005, zu den größten städtischen Unruhen Europas geführt hatte.

Am 27. Oktober 2005 wird die Polizei von einem Anrufer alarmiert, der glaubt, Jugendliche beim Diebstahl von Baumaterialien zu beobachten. Ortsfremde Polizisten werden in den Einsatz geschickt und verfolgen Jugendliche, die sich ohne Papiere, mit denen sie sich auszuweisen könnten, auf dem Heimweg von einem Fußballspiel befinden. Drei Jugendliche flüchten in ein Umspannwerk der Elektrizitätsbetriebe und werden Opfer eines 20.000 Volt starken Stromschlags. Zwei Jugendliche im Alter von 15 und 17 Jahren kommen dabei zu Tode, der dritte überlebt schwerverletzt. Der Vorfall löst eine Welle von Unruhen aus, die 300 Kommunen in ganz Frankreich über zwei Wochen in Atem halten. Nach zehn Jahren und einer wendungsreichen juristischen Aufarbeitung werden zwei Polizisten wegen unterlassener Hilfeleistung verurteilt. Eine der beiden Beamten befand sich in der Zentrale, wo ihr von ihrem vor Ort befindlichen Kollegen folgender Funkspruch übermittelt wurde: „Wenn sie ins Umspannwerk flüchten, gebe ich nicht viel auf ihr Leben.“

Der vorsitzende Richter gab sich gegenüber den Nebenklägern am ersten Verhandlungstag äußerst gereizt. Seiner Aussage nach sei dies kein Prozess gegen die Polizei. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass das Gericht in dem einige Wochen später verkündeten Urteil soziologisch argumentiert, um die auf den Angeklagten lastende Verantwortung zu relativieren. Und diese soziologische Argumentation hat es in sich:

Da ist zunächst die Beurteilung der individuellen, strafrechtlichen Verantwortung von Stéphanie Klein, jener Polizistin, die in der Zentrale am Funkgerät saß. Hier verweigerte das Gericht schlichtweg jegliche Schuldzuweisung. Denn, so lässt das Gericht verlauten, Frau Klein sei „eine junge, noch in Ausbildung befindliche Beamtin, die nur über wenig Einsatzerfahrung verfügte“. Die Besetzung der Funkstelle würde „spezielle Kompetenzen […] in Koordination, Kontrolle und Einsatzleitung“ vor Ort erfordern. „Die Untersuchung erbringe“ nun aber, dass „sie vorab keine Ausbildung für diese Tätigkeit erhalten hat“. Zudem „ist unbestreitbar“ (man achte auf die Bestimmtheit der Formulierungen), dass sich das Geschehen in der Kommune von Clichy-sous-Bois zugetragen habe. Frau Klein sei aber mit den Gegebenheiten dieser Stadt nicht vertraut gewesen: Es gab damals kein Polizeirevier in Clichy, obwohl die Bewohner die Einrichtung eines solchen seit 35 Jahren fordern, und die Kommune „gehörte nicht in den Zuständigkeitsbereich des Polizeireviers“ von Frau Klein, die ohnehin „aus der Provinz“ stamme und in der Region „lediglich seit einigen Monaten“ eingesetzt und nicht hier wohnhaft sei.

Der soziologische Scharfsinn des Gerichts ist löblich. Es berücksichtigt alles, was die Polizeisoziologie seit Jahrzehnten herausarbeitet. So z.B. die einschneidenden Auswirkungen der Zentralisierung der französischen Polizei, deren Kräfte nunmehr in ihnen unbekannten Regionen eingesetzt werden, die sie nicht kennenlernen, sondern vielmehr schnellstmöglich wieder verlassen wollen. Zudem hält das Gericht die Konzentration von Personal und Infrastruktur in Paris, im Herzen der Macht, und das geringe Interesse für die Sicherheit in den Städten im Umland für „unbestreitbar“. Und durch das Zusammenspiel unterschiedlicher Bestimmungen des öffentlichen Dienstes und der Polizei im Besonderen seien die jüngsten Beamten mit der geringsten Erfahrung in den schwierigsten Gebiete eingesetzt und dabei zudem von ihren Vorgesetzten sich selbst überlassen. Frau Klein „war eine junge, noch in Ausbildung befindliche Beamtin“. Über Herrn Gaillemin, den zweiten, verurteilten Polizisten, der seine Kollegin Stéphanie Klein wissen ließ, dass er nicht viel auf das Leben der Jugendlichen gäbe, „wenn sie ins Umspannwerk flüchten“, urteilt das Gericht, dass er „ein junger Ordnungshüter [sei], der über lediglich fünf Jahre Berufserfahrung in der Polizei verfügt“. Zudem hält das Gericht fest, dass er in Begleitung von zwei nicht verbeamteten Polizisten gewesen sei. Herr Gaillemin leistet seinen Dienst ebenfalls im Polizeirevier von Livry-Gargan, denn, wie wir bereits festgestellt haben, ein Polizeirevier gibt es in Clichy nicht.

Ferner finden wir eine scharfsinnige Soziologie der Änderung im Organisationsablauf, hier der Funktätigkeiten der Kräfte vor Ort. Aufgrund von Sparvorgaben hat die Polizei ihre Funker auf Stellen außerhalb der lokalen Polizeireviere abgeschoben und diesen Stellen vorrangig mit v.a. weiblichen „Neuzugängen aus der Polizeiakademie“ besetzt (im vorliegenden Fall sogar mit einer noch in Ausbildung befindlichen Beamtin). So beschweren sich die Polizisten vor Ort ohne Unterlass, von Kollegen „geleitet“ zu werden, die das Gelände nicht kennen, was bisweilen zu komischen bzw. in diesem Fall zu dramatischen Situationen führt: Frau Klein nimmt an, dass „die Anlage der EDF [Électricité de France]“ ein einfaches Verwaltungsgebäude sei. Man könne ihr schlecht einen Vorwurf daraus machen, zumal ihre Vorgesetzten sie nicht einmal mit einem Plan der Kommune, für die sie zuständig gewesen sei, ausgestattet hätten! Seit nunmehr fünfzig Jahren hat die amerikanische Soziologie, die über umfangreiches Datenmaterial zu Opfern von Polizeigewalt verfügt, gezeigt, dass einer der entscheidenden Gründe für den nicht gerechtfertigten Einsatz von Schusswaffen die schlechte Anweisung durch die Einsatzzentrale ist. Der Polizist, der kürzlich in Cleveland ein zwölfjähriges Kind erschossen hat, wurde ebenfalls schlecht per Funk angewiesen und illustriert damit die entscheidende Bedeutung dieser scheinbar randständigen und untergeordneten Aufgabe in der Einsatzzentrale. Organisations- und Techniksoziologie kommen hier zusammen und dem Soziologen bleibt gar nichts anderes übrig, als sich Darstellung des Gerichts anzuschließen.

Aber damit ist die Geschichte noch nicht vorbei. Die Polizei ist nicht nur eine Institution, sie ist auch ein Bündel von Praxen, Wechselwirkungen und Austauschbeziehungen – die Summe ihrer Verhältnisse zur Öffentlichkeit. In dieser Hinsicht gibt der zweite angeklagte Polizist, Herr Gaillemin, in den Anhörungen eine bemerkenswerte Beobachtung zu Protokoll: Auch wenn er die Jugendlichen angewiesen hätte, nicht in eine lebensgefährliche Anlage zu fliehen, „hätten sie ihm nicht gehorcht, wie [er] es schon mehrfach bei der Arbeit in Seine St Denis erlebt hat“. Von allen vorgebrachten Beobachtungen ist diese sicherlich die zutreffendste. Sie ist zugleich die abstoßendste. Sie besagt, dass die Polizisten es als ausgemacht betrachten, dass Jugendliche sich heutzutage mehr denn je den Anweisungen der Polizei widersetzen und dass jegliche Anstrengung, sie zu überzeugen, von vorneherein zum Scheitern verurteilt ist. Damit aber sind wir bei einem grundlegenden Begriff der Polizeiarbeit angelangt: Vertrauen. Häufig ließt man in Frankreich und anderswo, dass „das Vertrauen zwischen Polizei und Bevölkerung wieder hergestellt“ werde müsse. Das Vertrauen des Polizisten in sich selbst, in die Kraft seines Wortes und in seine Überzeugungsfähigkeit. Das Vertrauen der Jugendlichen in die Polizei: Die Jugendlichen hätten die Warnung der Polizei vor Lebensgefahr erhört, wenn sie doch nur ein Minimum an Vertrauen in die Polizei gehabt hätten. Aber die Polizei weiß aus Erfahrung, dass es vergeblich ist. Am Ende muss man einen Toten verzeichnen.

Die Richter sind mit ihrer Verdichtung eines halben Jahrhunderts von Polizeisoziologie nicht darauf aus, Punkte in den Sozialwissenschaften zu machen. Es geht ihnen vielmehr darum, Verantwortung zu relativieren. Die strukturellen Gründe einer nachlässigen Organisation der Polizei können nicht Frau Klein individuell angelastet werden. Wer der Argumentation zustimmt, muss auch vorbehaltlos die Schlussfolgerung teilen.

Allerdings sollte man dieses Versteckspiel von Recht und Soziologie klar ermessen. Die Soziologie untersucht Strukturen. Das Strafrecht dagegen kennt nur Individuen. Für das Gericht sind die Strukturen verantwortlich, damit aber der Staat. Zwar ist es möglich, den Staat zu belangen, aber dafür muss man vor einem Verwaltungsgericht Beweise für eine „schwere Verfehlung“ beibringen und keines der entlastenden Elemente, die das Gericht heraufbeschworen hat, erfüllt diese Anforderung: Es ist die jahrzehntelange Ansammlung, die die Bedingungen der Möglichkeit des Umfalls schafft, im vorliegenden Fall des Todes. Auch die „Ansammlung kleiner Fehler“, die 1992 in die Verwaltungsgerichtsbarkeit eingeführt wurde, kommt hier nicht in Betracht.

Angesichts der Unmöglichkeit, einen Verwaltungsfehler geltend und eine individuelle Verantwortung greifbar zu machen, ruft uns die Strafjustiz in Erinnerung, dass sie nicht der Ort moralischer oder politischer Wiedergutmachung ist.

Dieses mit Soziologie hantierende Versteckspiel ist sehr wohl parteilich. Die auf eine Entschuldigung der beiden Polizeibeamten hinauslaufenden Argumentation wird von dem vorsitzenden Richter vorgetragen, der die Anhörungen mit folgender Vorwarnung beginnt: Dieser Prozess sei keinesfalls „der Prozess der gesamten Polizei“. Ob nun mittels Beweisen oder Falschaussagen geführt, schlussendlich hat ein Prozess der gesamten Polizei stattgefunden. Und dieser hat es ermöglicht, sie von jeglicher Verantwortung freizusprechen.

Ist nicht der Rechtsbegriff des Freispruchs von Verantwortung genau das, was Politiker von Ronald Reagan über Tony Blair bis hin zu Nicolas Sarkozy „soziologische Entschuldigung“ nennen? Das Gericht besänftigt: Über Individuen kann in der Soziologie nicht gerichtet werden. Wer aber richtet über die Polizei?

Aus dem Französischen von Kolja Lindner


2 Comments

  1. Martin Herrnkind Sat 27 Jun 2015 at 06:54 - Reply

    Eine sehr gute, treffende Analyse!

    Die juristische “Nichtverfolgung” illegalen Polizeihandelns in den strukturellen Gegebenheiten von Gesellschaft und Polizei angelegt.

    Einerseits erscheint es aus der Perspektive des Strafgerichts verständlich, wenn es nicht die kleinen Leute (in der Polizei) “hängen” möchte, während Polizeimanagement und Innenpolitik “verwaltungsgerichtlich “laufen” gelassen werden.

    Andererseits fördert eine solche Entscheidung die “Immunitätskultur” innerhalb der Polizei: Das Gefühl, juristisch für sein Handeln nicht belangt werden zu können; die Vorfälle “gerade schreiben zu können”; mit Lügen vor Gericht “durch zu kommen”. Amnesty International nennt das: Culture of Impunity.

    An dieser Stelle trägt der Rechtsstaat einen blinden Fleck. Und er wird ihn weiter tragen, wenn aus solchen Gerichtsentscheidungen in Polizei und Gesellschaft keine Konsequenzen gezogen werden.
    Martin Herrnkind

  2. Fritz Sack Sat 18 Jul 2015 at 11:14 - Reply

    Lieber Fabien: leider komme ich erst jetzt dazu, deine interessante Analyse zu kommentieren.
    1. Mir ist nicht ganz klar, ob du die Soziologie auf den Prüfstand heben willst oder das Recht – oder beide?
    Die (fehlende) “accountability” polizeilichen Handelns steht ja seit Jahren auf der Tagesordnung der Soziologie, jedenfalls der englisch sprachigen. Dass die vom Gericht eingesetzten “Techniken der Neutralisierung” von Verantwortung große soziologische Erkenntnisse verraten, sehe ich nicht – sondern: vielmehr polizeieigenes Wissen und Immunisierungsstrategien, wie es sich in den gesellschaftlichen Institutionen und Legitimationen zu entwickeln prägt: die Soziologie hat darüber aufgeklärt, nicht dazu beigetragen.
    2. Ich fände es aufregend, das französiche Gerichtsurteil mit der gerade in Deutschland erfolgten Verurteilung des Auschwitz-Buchhalters Görgen zu vergleichen: dieser ist wegen “Beihilfe” zum Mord an mindestens 300.000 KZ-Häftlingen verurteilt worden. Hätten deutsche Gerichte dieses strafrechtliche Konzept der “Beihilfe” bereits vor Jahrzehnten so angewendet wie die jungen Richter im Görgen-Prozess, wäre die deutsche Justiz in Notstand geraten – und viele Deutsche dem wirtschaftlichen Wiederaufbau entzogen worden: zugegeben, etwas zynisch, aber nicht ganz an der “Zwölf” vorbei.
    Es würde mich interessieren, was du zu meinen Überlegungen sagst – vielleicht mal wieder bei einem Kaffee.
    Schöne Grüße – Fritz..

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19 June 2015

Zyed et Bouna: Un verdict sociologique

La décision rendue le 18 mai 2015 par le Tribunal correctionnel de Rennes portant sur la responsabilité pénale des deux policiers poursuivis dans l’affaire de Clichy-sous-Bois est, aussi étonnant qu’il soit, un verdict sociologique.

Lorsqu’il s’agit de juger la responsabilité pénale personnelle de Stéphanie Klein, la policière qui occupait la fonction d’opérateur au poste radio, la Cour refuse de retenir de grief à son encontre, estimant en lieu et place la responsabilité structurelle de la Police nationale. Car, dit la Cour, Mme Klein « était une jeune fonctionnaire stagiaire ne disposant que d’une brève expérience de terrain ». Son affectation au poste radio appelait « des compétences particulières (…) de coordination, de contrôle et de guidage des effectifs » sur le terrain ; or « l’enquête démontre » qu’elle « n’avait reçu aucune formation préalable à cette mission ». De surcroît, « il est incontestable » (cette profusion de tournures affirmatives…) que l’action se déroulait sur la commune de Clichy-sous-Bois, or Mme Klein ignorait tout de cette ville : il n’y a alors pas de commissariat à Clichy, réclamé par les habitants depuis 35 ans, et la commune qui « n’appartenait pas au ressort habituel du commissariat » de Mme Klein, laquelle de toutes façons est « originaire de province » et n’est alors en fonction en Seine-St-Denis que « depuis quelques mois seulement », et n’y réside pas.

La perspicacité sociologique du tribunal est digne d’éloge. Tout y est : tout ce que la sociologie de la police souligne depuis des décennies. Ainsi l’effet lancinant de l’acte de 1941 de centralisation de la Police nationale, qui voit des effectifs affectés dans des régions qu’ils ne connaissent pas, ne veulent pas connaître et aspirent à quitter au plus vite. La concentration des effectifs et infrastructures à Paris, cœur de l’agglomération et cœur du pouvoir, et le désintérêt pour la sécurité urbaine, sont pour le tribunal « incontestables ». Et par le jeu des différents dispositifs de la fonction publique et de la Police nationale en particulier, les zones les plus difficiles sont confiées aux fonctionnaires les plus jeunes et les moins expérimentés, qui se trouvent sur ces terrains dans une situation d’encadrement moins maîtrisée encore par le jeu spécifique de la réforme « corps et carrière » de 2004 et les mouvements contraires de déflation et de gonflement des différents corps et grades. Mme Klein était « une jeune fonctionnaire stagiaire ». De M. Gaillemin, le 2e policier jugé, celui qui disait à sa collègue Stéphanie Klein ne pas donner cher de la peau des enfants « s’ils rentrent sur le site EDF », le tribunal dira qu’il est « un jeune gardien de la paix titulaire ne totalisant que 5 années d’ancienneté dans la police », et relèvera qu’il est accompagné de deux agents non titulaires, deux « adjoints de sécurité ». M. Gaillemin aussi est en poste au commissariat de Livry-Gargan ; car de commissariat à Clichy, nous l’avons dit, il n’en est point.

À cela s’ajoute une sociologie fine du changement organisationnel, en l’espèce de la gestion des communications radio des effectifs sur le terrain. Pour des raisons de rationalisation budgétaire, la Police nationale a concentré les opérateurs-radios sur des plate-formes extérieures aux commissariats locaux, et y a en priorité affecté « les sortis d’école », surtout féminins (ici, il s’agissait même d’une fonctionnaire stagiaire). Les policiers de terrain ne cessent eux-mêmes de se plaindre d’être « guidés » par des collègues qui ne connaissent pas la topographie des lieux, ce qui donne parfois lieu à des situations cocasses, ici dramatiques : Mme Klein a supposé que « le site EDF » était un bâtiment administratif. Nul ne saurait lui en faire grief, d’autant que sa hiérarchie, comme pour ajouter une touche de son cru aux causes structurelles de défaillance de la police urbaine, ne lui avait même pas mis à disposition de plan de la commune qu’elle couvrait ! Depuis maintenant 50 ans, la sociologie américaine, qui dispose d’un stock volumineux de données sur les homicides policiers, a établi que l’une des causes les plus déterminantes de l’usage illégitime de l’arme à feu par les policiers est la mauvaise information par le standard. J’ai par exemple fait écho à ces travaux il y a 20 ans, y compris dans un rapport au Ministère de l’Intérieur, et la mort récente à Cleveland d’un enfant de 12 ans sous les balles d’un policier mal aiguillé par un opérateur radio est récemment encore venue illustrer le caractère crucial de cette fonction apparemment périphérique et subalterne qu’est le standard. Sociologie des organisations, sociologie des techniques : le sociologue ne peut que valider l’exposé du tribunal.

Mais ce n’est pas tout : la police, ce n’est pas qu’une institution, c’est aussi une somme de pratiques, d’interactions, d’échanges, et on ne peut la comprendre sans la restituer dans son environnement propre, qui est la sommes des relations avec le public. A ce titre, le deuxième policier prévenu, M. Gaillemin, aura avancé durant les audiences une belle observation : quand bien même il aurait enjoint les enfants de ne pas courir vers un site présentant un danger mortel, ces derniers « ne l’auraient pas écouté : (il) en a eu l’expérience plusieurs fois en travaillant en Seine St Denis ». De toutes les observations formulées, celle-ci est sans doute sinon la plus juste, assurément la plus sordide. Elle nous informe que les policiers considèrent comme acquis que plus jamais des enfants n’écouteront la police, et que l’effort de celle-ci de convaincre est par avance frappé d’impuissance. Nous voilà au cœur d’un concept fondamental de la police : la confiance. On lit souvent qu’il faut « restaurer la confiance entre police et population », en France et ailleurs.Confiance du policier envers lui-même, envers la force de sa parole, sa force de conviction. Confiance des enfants envers la police : si celle-ci avait crié de ne surtout pas s’exposer à un danger de mort, ils auraient écouté ce qui leur restait de confiance envers la police. Or le policier estime, d’expérience, qu’il ne leur en reste rien. La mort est au bout de ce bilan comptable.

Les juges ne donnent pas le condensé d’un demi-siècle de sociologie de la police pour le plaisir des sciences sociales. Ils le font aux fins d’exonération de la responsabilité. Toutes ces raisons structurelles de turpitude de l’organisation de la police ne sauraient être portées par la seule Mme Klein. On a souscrit au raisonnement, on souscrit sans réserve à la conclusion.

Mais il faut être lucide sur ce jeu de cache-cache entre droit et sociologie. La sociologie s’adresse aux structures, le droit pénal ne connaît que des individus. Pour le tribunal, le responsable, c’est la structure ; le responsable, c’est l’Etat. Il n’est pas impossible de poursuivre l’Etat, mais alors il faut réunir devant une juridiction administrative les éléments établissant une « faute lourde », et aucun des éléments exonératoires évoqués par le tribunal n’en est une. Arguer du cumul de fautes légères mène également à l’impasse, car ce ne sont pas seulement des petites négligences qui sont en cause ici, mais au long de décennies entières une multitudes d’effets latéraux, collatéraux, pervers, ou voulus, qui produit les conditions de probabilité de l’accident, et de la mort. Entre l’impossible faute lourde et l’insaisissable responsabilité individuelle, la justice pénale rappelle qu’elle n’est pas le lieu de la réparation morale ou politique.

Il y a bel et bien partie de cache-cache dans ce recours à la sociologie. Le raisonnement exonératoire en faveur d’au moins l’un des deux fonctionnaires est signé par le même président qui ouvrait les audiences de cette mise en garde : ce procès ne serait pas « le procès de la police dans son ensemble ». L’évidence des faits, ou la mauvaise foi, se sont finalement imposés au terme des débats : c’est bien le procès de la police dans son ensemble qui a été tenu, et qui a permis l’exonération.

L’exonération de responsabilité, ce terme de droit, n’est-ce pas celui que le politique, de Reagan à Sarkozy en passant par Blair ou Bartolone, appellent « l’excuse sociologique » ? Le tribunal nous réconciliera : la sociologie ne peut juger des individus. Mais alors, qui jugera la police ?

Cet article est d’abord paru sur Vacarme et republié ici avec permission de’l auteur.


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