02 October 2009

Richterwahlen sind Politik

Zuerst einmal: Der britische Supreme Court, formerly known as House of Lords, hat gestern seine Arbeit aufgenommen. Herzlichen Glückwunsch und Willkommen!

Der Grund für die Reform – sie geht noch auf Tony Blair zurück – waren Zweifel an der Gewaltenteilung: Einen Ausschuss des Gesetzgebungsorgans House of Lords (wenn auch mit professionellen und meist eigens geadelten Richtern besetzt) als Spitze der Gerichtsbarkeit zu installieren, schien unzeitgemäß und obendrein in hohem Maße intransparent.

Apropos intransparent: Künftig wird wohl auch bei der Benennung der Richter genauer hingeguckt. Das erwartet zumindest Lord Philips, der Präsident des Supreme Court. Die Times zitiert ihn mit den Worten, es sei

“inevitable that there will be more interest in who is appointed to the Supreme Court — and I am bound to say that that is a perfectly legitimate state of affairs”.

You bet it is. Da könnten wir was lernen: Bei uns wird bekanntlich (bekanntlich?) die Besetzung des Bundesverfassungsgerichts zwischen Bundesregierung und Bundesrat, zwischen Union und SPD in einer Weise ausgekartelt, die jeder Transparenzerwartung spottet. Wer mit der Macht, zwölf Jahre lang unkontrolliert über die Fundamente unseres Rechts- und Gemeinwesens zu wachen, ausgestattet wird, das erfahren wir ohne jede Diskussion und Begründung als fait accompli, als kleine Personalie in den hinteren Seiten des Politikteils. Warum ich das für einen Skandal halte, habe ich hier in aller Ausführlichkeit beschrieben.

Dann kommt immer das Argument, wir wollten das doch nicht so haben wie in den USA, wo sich jeder Kandidat im Kongress unter die Bettdecke gucken lassen muss, bevor er lebenslang Justice am Supreme Court werden kann. Auch Lord Philips scheint laut Times davor zu grausen, dass seinen Nachfolgern dergleichen blüht:

Lord Phillips said, however, that he would be totally opposed to any change in selection of the judges, now to be called justices, that went down the American road. “I am not in favour of the type of appointments process they have in the States, which tends to politicise the Supreme Court.”

Da wäre ich nicht so ängstlich. Lieber stärker legitimiert und politicized als weniger legitimiert und mit eigener political agenda unterwegs.


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