05 April 2012

Saubere Wahlen werden einklagbar

Wenn bei einer Bundestagswahl etwas schief läuft, gibt es kaum Möglichkeiten, sich zu beschweren. Man kann zwar ein so genanntes Wahlprüfungsverfahren anstrengen, indem man Einspruch beim Bundestag einlegt. Aber da wird nur geprüft, ob der Fehler so krass ist, dass deswegen der Bundestag falsch zusammengesetzt ist – und zwar von dem nämlichen Bundestag selbst, um dessen Zusammensetzung es geht. Erst wenn dieser alles in bester Ordnung befunden hat, kann man nach Karlsruhe ziehen, und auch das nur, sofern man 99 Mitstreiter findet, die die Beschwerde mit unterschreiben. Und bis man dort Bescheid bekommt, ist im Regelfall schon der nächste Bundestag gewählt.

Dass das nicht recht zufriedenstellend ist, wissen wir schon lange. Eine neue Qualität hat das Problem aber bei der letzten Bundestagswahl erreicht, als zwei Parteien – die “Freie Union” der mittlerweile wieder in der Obskurität versunkenen einstigen CSU-Rebellin Gabriele Pauli und die “Partei” des grinsenden Martin Sonneborn – vom Bundeswahlleiter bescheinigt bekamen, dass ihre Wahllisten nicht akzeptiert wurden.

Das scheint sich jetzt zu ändern. Der Bundestag bereitet eine Grundgesetzänderung vor, um Parteien, deren Wahllisten abgelehnt wurden, die Möglichkeit zu geben, die Entscheidung des Bundeswahlleiters gerichtlich überprüfen zu lassen. Dazu gibt es einen interfaktionellen Entwurf. Das habe ich aus der Unionsfraktion heute bestätigt bekommen.

Dazu kommt aber, dass das Wahlprüfungsverfahren künftig nicht mehr nur der objektiven Sicherung der Gültigkeit der Wahl dienen soll, sondern auch dem Schutz subjektiver Rechte.

Was immer das im Detail heißt: Es sieht so aus, als fände die bisherige Praxis, das Wahlverfahren als überprüfungsfreie Zone auszugestalten, demnächst ein Ende.

Das scheint mir auch höchste Zeit zu sein: Wenn der Wahlakt das grundlegendste Partizipationsrecht des Bürgers und die Wahlrechtsgleichheit die wesentliche Grundlage des demokratischen Staatswesens sind, dann darf man nicht denjenigen, der sich in diesen Rechten administrativ beschnitten fühlt, einfach achselzuckend nach Hause schicken. Dann muss es die Möglichkeit geben, sich Recht zu verschaffen. Wenn es irgendwo einen zwingenden Grund gibt, schon dem bösen Anschein zu wehren, es könne nicht mit rechten Dingen zugehen, dann bei der Bundestagswahl.

Ob das jetzt gleich heißen muss, dass jeder, der sich im Wahllokal schief angeguckt fühlt, die ganze Wahl zu einem quietschenden Halt bringen darf, ist damit ja noch lange nicht gesagt.

Ich bin sehr gespannt, wie das in dem Entwurf konkret geregelt sein wird. Sobald ich ihn habe, werde ich berichten.

Foto: BernieCB, Flickr Creative Commons


2 Comments

  1. sic! Thu 5 Apr 2012 at 14:53 - Reply

    Es kann ja fast nur besser werden nach der “Show”, die Bundeswahlleiter Egeler ’09 abgeliefert hatte.

    Auch wenn es da teilweise um die PARTEI ging, die durchaus einen gewissen unernster Hintergrund aufweist, waren auch andere Entscheidungen in diesem Rahmen durch ihn mehr als umstritten, und juristisch eben nicht mehr angreifbar.

    Jedwede Form einer Überprüfungsinstanz für die Entscheidungen des Bundeswahlleiters kann ja nur eine Verbesserung sein.

  2. […] lichtet sich der Nebel, was die im letzten Post beschriebene Wahlrechts-Problematik angeht. Mir ist ein Gesetzentwurf zugespielt worden. Der ist […]

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