Schafft den Bundespräsidenten ab!
Soeben ist Bundespräsident Wulff zurückgetreten, und da ist es Zeit für eine Bitte: schafft das Amt ab! Warum? Weil es ebenso überflüssig wie gefährlich ist, ein dummer Anachronismus und hochnotpeinlich schon in guten Zeiten.
Peinlich ist mir der Bundespräsident immer schon gewesen. Wenn er im Fernsehen auftrat (wer schaut da eigentlich heute noch hin?) schaltete ich ab oder verließ den Raum. Wie da jemand so unbedingt der bessere Mensch sein musste, mit den Anständigen paktieren und auf die böse Politik oder die faulen Deutschen (Ein Ruck, zwei-drei) schimpfen musste, peinlich! Das Amt trägt diese Peinlichkeit immer schon in sich: jemanden nicht mehr zu geben als eine ebenso pompöse wie bedeutungslose Plattform, gewählt als Hanswurst der Politik – eine grauenhafte Lage, in der man niemanden gerne sieht. Fremdschämen als notwendige Konsequenz. Auch das Herumreisen. Was ist das mehr als anderen die Zeit zu stehlen? Ein Grüßaugust, der scheinbar bedeutungsschwer daher kommt und dann doch nichts Substantielles zu bieten hat.
Ein dummer Anachronismus ist das Amt so lange es besteht: ein nach den historischen Erfahrungen zu Recht vollkommen entmachteter (Reichs-)Präsident, ein Ersatz-Ersatz-Monarch, auf den man dennoch nicht verzichten mochte, weil man Volk und Parlament erneut nicht vertraute.
Überflüssig ist das Amt, weil die Repräsentation nach außen auch und besser durch die Kanzlerin und ihre Minister geleistet wird. Die Diplomaten möge jemand anderes empfangen und auf die Unterschrift des Bundespräsidenten unter den Gesetzen verzichte ich gerne. Mit ihr verschwände dann auch das unsägliche Prüfungsrecht des Bundespräsidenten, das ohnehin beim Bundesverfassungsgericht monopolisiert sein sollte. Bleibt die viel beschworene Repräsentation nach innen, von der allerdings nach Köhler und Wulff ohnehin nur noch ruinenhafte Umrisse stehen. Aber auch in besseren Zeiten: brauchen wir eine (vermeintlich!) überparteiliche Institution? Wir leben im Pluralismus und das ist gut so! Wenn es uns an etwas fehlt, dann ist es das Bekenntnis zu diesem offenen Wettstreit der Ideen und Interessen. Sonntagreden und Sonntagredner haben wir auch so schon genug.
Gefährlich ist das Amt deshalb auch, wenn auch nur ein wenig: es fordert zur Desavouierung von Politik und Politiker permanent heraus, es trägt ein pseudo-monarchisches Element in die Republik und seine Ohnmacht provoziert immer wieder den Ruf nach ganz falschen Stärkungen (Stichwort: Direktwahl), die das Amt in eine Opposition zum gut funktionierenden Teil der Institutionen unserer parlamentarischen Demokratie bringen würden.
Also: schafft das Amt des Bundespräsidenten ab! Auch wenn ich keine Hoffnung habe, das dieser Ruf erhört wird: verfassungsrechtlich wäre es möglich und ein Gewinn.
es geht vielleicht ein wenig unter, aber der präsi repräsentiert nicht nur. er übt das gnadenrecht aus, muss gesetze gegenzeichnen… und mir ist schon wohler dabei, dass verfassungswidrige gesetze nicht einfach so durchgewunken werden können. gab ja schon fälle, wo der präsi die unterschrift verweigert hat weil er bedenken hatte.
Faufu, das Gnadenrecht ist ein ebenso unangenehmes Überbleibsel einer Monarchie. Ob und unter welchen Vorrausetzungen ein Mensch eingesperrt werden darf oder nicht, sollte keine Frage von Gnade sein, sondern anhand von vernünftigen, nachvollziehbaren, einklagbaren und damit auch rechtlichen Kriterien entschieden werden. Ebenso denke ich nicht, dass wir einen demokratisch deutlich weniger legitimierten BPr brauchen, der dem legitimierteren Parlament verweigert, dessen Gesetze auszufertigen. (Daß Karlsruhe diese wieder beseitigen kann, ist eine andere Frage. Dort wird wenigstens von Fachleuten geprüft und entschieden) Und die bloße Formalie des Ausfertigens könnte auch Herr Lammert machen.
Schachtschneider for President!
Ein Kandidat aus dem Volk und für das Volk
Mehr dazu: http://www.euro-konferenz.de
Word.
(Und Herr Wegener, wir kennen uns sogar persönlich, auch wenn Sie sich vermutlich nicht einmal dann an mich erinnern könnten, wenn hier mein Klarname stünde. Nein, ich weiß auch nicht, warum ich das erwähne. Vielleicht, damit mein Kommentar nicht nur aus einem Wort besteht.)
Ach Wegener! Kann heutzutage denn jeder Jura-Professor werden, wenn er es schafft, ein paar Schnipsel aus der Bild-Zeitung aneinanderzureihen?
Genau, das Amt weg, die Merkel zur Kaiserin gekrönnt un ein Platz für den Hofnarren wird frei!
ich hab dem nichts hinzuzufügen, was rainald grebe nicht schon gesagt hätte: http://www.youtube.com/watch?v=_t9EWcubkEM
Soo , Was haben wir jetzt davon ….er war doch sowieso nicht des Volkes Präses …. ein Jungrentner der nun dem gemeinen Volk ganz schön auf der Tasche liegt ….und die nächste Unwahl mit den entsprechenden Millionen-Kosten … doch das gemeine Volk hat es ja …deshalb um Kosten zu sparen sollte der jeweilige Bundesrats – Präses auch dieses fürchterliche Amt betreuen…. baut der nämlich einmal was Unfreundliches …. so wartet schon der Nächste und das ohne Große Kosten ..! Doch auf uns hört ja keiner …
Gewiss lassen sich die Funktionen, die der Bundespräsident hat, auf andere Organe aufteilen, und gewiss auch lässt sich auf einige dieser Funktionen verzichten. Das Problem dieses Amtes ist aber damit nicht aus der Welt. Denn die Hoffnungen auf seine Überparteilichkeit sind vorhanden und ihre Erfüllung wird von weiten Teilen der Gesellschaft erwartet. Eher als eine Abschaffung des Amtes könnte daher eine Amtsausübung helfen, die der Gesellschaft aufzeigt, dass diese Hoffnung ein Irrtum ist und das Fahrenlassen dieser Hoffnung nicht schlimm, sondern eine erwachsene Haltung ist. Aber das ist auch eine Hoffnung …
Danke für diesen wohltuenden Beitrag. Ich bin ganz Ihrer Meinung. Die Vorstellung, dass Gauck seine prononcierten Positionen künftig nicht mehr als gleichberechtigte Beiträge in den öffentlichen Diskurs geben wird, sondern sie von der “Würde des Amtes” weitgehend vor Kritik geschützt sein werden, schreckt mich.
Dieses Amt ist in der Tat ein Relikt der Monarchie. In Staaten mit originär republikanischer Tradition (Schweiz, USA) gibt es nichts Vergleichbares. Und im spezifisch Deutschen Kontext bedient es den antipolitischen Affekt und die Sehnsucht nach Autorität. Eine offene Gesellschaft von Citoyens sollte eigentlich keinen moralischen Führer benötigen.
[…] nun machte Schramm Aschermittwoch und sagte ab. Stattdessen schlägt er vor, das Amt abzuschaffen, wie kürzlich der Kollege Wegener. Ein Königsmacher bin ich also doch nicht … . Die Linkspartei hat indes einen schönen […]
Das Pruefungsrecht des Bundesverfassungsgerichts ist aber doch nicht vor Inkrafttreten? Entweder Karlsruhe muesste dann jedes Gesetz vor Veroeffentlichung durchsehen, womit die Exekutive gewissermassen unter Generalverdacht gestellt wird, oder auf eine Pruefung vor Inkrafttreten wird ganz verzichtet. Scheint mir beides schlechter als den BP zu behalten.
[…] sieht auch dieser Verfassungsrechtler die Geschichte mit dem Bundesgrüßonkelamt. This entry was posted in DE, Gedanken. Bookmark the […]
Enttäuschender Post. Enttäuschende Comments. Die wichtigste Aufgabe des BuPrä wird total vergessen. Er ist der Plan B wenn nix mehr geht. Wenn der Bundestag keine Kanzlerwahl hinbekommt etc. Dann gibt es keinen Staatsnotstand, sondern Plan B, den BuPrä. DAS ist seine eigentliche Aufgabe und für die muss vor seiner Abschaffung erst eine Regelung getroffen werden. Das Amt ist schon in Ordnung. Nur sein Zustandekommen kritisierbar.
Professor Wegener stimme ich zu. Das Amt des Bundespräsidenten in der Nachfolge des Reichspräsidenten ist heute ohne notwendige Funktion. Der Bundesratspräsident (mit einer verlängerten Amtszeit) und der Präsident des Bundesverfassungsgerichtes könnten dessen Aufgaben in Teilung übernehmen.Einen “Thronbewahrer” oder “Reichsverweser” benötigt Deutschland nicht! Hindenburg und Weizsäcker sind durchaus als “Ersatzkaiser” angesehen worden.Sollte sich das deutsche Volk für die Wiederherstellung der Monarchie in einer Volksabstimmung aussprechen, dann wäre ein “Staatsoberhaupt” notwendig und damit legitimiert.
[…] halten manche Verfassungsrechtsexperten das Amt des Präsidenten in einer modernen pluralistischen Demokratie […]