Syndicus: Zugelassen ja, aber Anwalt noch lange nicht
Was ein Mandant seinem Anwalt erzählt, ist geheim. Ihr Gespräch ist vertraulich und muss es sein. Und darüber wachen die EMRK, die EU-Grundrechtecharta und das Grundgesetz.
Was ein Vorstandschef seiner Sekretärin erzählt, ist nicht geheim. Jedenfalls nicht in der gleichen Weise.
Und was ein Vorstandschef seinem Syndikus erzählt?
Die Bedeutung der unternehmensinternen Rechtsabteilung wächst. Das hat mit der Entwicklung im europäischen Kartellrecht zu tun, die darauf setzt, rechtswidrige Unternehmensabsprachen gar nicht erst entstehen zu lassen. Damit von vornherein jeder weiß, was man darf und was nicht, installieren die Unternehmen Compliance-Programme. Die Funktion, diese Compliance-Programme zu erstellen und vor allem ihre Einhaltung zu überwachen, kann man keinem externen Anwalt übertragen. Da braucht man jemand im eigenen Haus.
Ob Syndikusanwälte deshalb auch dem Anwaltsgeheimnis unterfallen müssen, ist auf europäischer Ebene seit längerem umstritten. Jetzt ist vor dem EuGH ein Verfahren Akzo-Nobel anhängig, das Klärung bringen soll. Generalanwältin Juliane Kokott hat Ende letzter Woche ihre Schlussanträge vorgelegt. Fazi: Es sieht nicht gut aus für die Syndici.
Berufsrecht hin oder her
Das Anwaltsgeheimnis gilt nach dem EuGH-Urteil AM&S aus dem Jahr 1982 unter zwei Voraussetzungen: 1. Es geht um spezifisch anwaltliche Dinge zwischen dem Berater und dem Beratenen. 2. Der Berater ist unabhängig.
Voraussetzung Nr. 2 sieht Kokott bei Syndici nicht gegeben. Als Angestellte des beratenen Unternehmens sind Syndici nicht unabhängig. Zu dem Argument, die Syndici seien ggf. berufsrechtlich in ihrer Unabhängigkeit geschützt, sagt die Generalanwältin lapidar:
Papier ist geduldig.
Der Syndicus sei wirtschaftlich viel abhängiger von seinem Arbeitgeber als jeder Anwalt jemals von jedem noch so großen Mandanten sein könne. Außerdem gebe es bei Syndici
eine sehr viel stärkere persönliche Identifizierung mit dem betreffenden Unternehmen sowie mit dessen Unternehmenspolitik und Unternehmensstrategie, als dies bei externen Rechtsanwälten im Hinblick auf die Geschäftstätigkeit von deren Mandanten der Fall wäre.
“Hausinterne Kommunikation”
Die gestiegene Bedeutung der Syndici kann daran nichts ändern:
Wendet sich ein Unternehmen an seinen Syndikusanwalt, so kommuniziert es letztlich nicht mit einem neutralen Dritten, sondern mit einer Person, die zu seinen eigenen Angestellten gehört, trotz aller standesrechtlichen Bindungen aufgrund ihrer Anwaltszulassung. Eine solche „hausinterne“ Kommunikation verdient nicht den Schutz des Anwaltsgeheimnisses, gleichviel, wie häufig sie vorkommt und wie groß ihre Bedeutung und ihr Nutzen für das Unternehmen sind.
Update 13. September 2010: Das Urteil ist da und folgt den Schlussanträgen der Generalanwältin.
Sehr gute Post
Brasilien
[…] Artikel auf Verfassungsblog zum Thema “legal privilege” in Akzo, den es hier zu lesen gibt. Dem Autor auch ein Dankeschön für die wohlwollende Erwähnung im Mai-Heft des […]