05 March 2010

Unsere Jungs im Verfassungsgericht

Andreas Paulus, seit heute Verfassungsrichter, ist 41 – der jüngste Verfassungsrichter, den wir je hatten. Den Ehrentitel hatte bisher Paul Kirchhof inne, der war 1987, als er sein Amt antrat, 44.

Andreas Voßkuhle, seit heute Präsident des Verfassungsgericht, ist 46 – der jüngste Verfassungsgerichtspräsident, den wir je hatten. Wer sein Vorgänger ist, weiß ich gar nicht, es hat bisher, soweit ich weiß, keine rechte Rolle gespielt.

Jetzt spielt es eine Rolle. Andreas Paulus heute im Deutschlandfunk-Interview:

Aber es bedeutet eben auch, dass Themen wie die Vorratsdatenspeicherung natürlich für mich eine große Rolle spielen, weil diese Technologie gerade auch bei meinen Altersgenossen eine größere Rolle spielen als bei einigen Älteren – nicht bei allen, bei einigen Älteren -, und die Internationalisierung macht sich bemerkbar in Lebensläufen und in Erlebnissen.

Im Ersten Senat jedenfalls sitzt künftig einer, der der in Amerika genauso zu Hause ist wie in Deutschland, der sich genauso selbstverständlich online informiert wie aus der Zeitung, der weiß, wie es ist, in einem weltumspannenden und über das Internet kommunizierenden Netzwerk von Beziehungen zu leben.

Einer von uns halt.

Im Zweiten Senat gehen im Herbst Broß und Osterloh, dann geht da richtig was. Gut, die CSU wird ihren Tribut fordern, aber einen Broß 2.0 werden auch die nicht mehr schicken können.

Richter, die besonders jung ins Amt kommen, sind schon was Besonderes. Für andere ist Karlsruhe nach einem langen Juristenleben der ehrenvolle Abschluss einer Karriere, sie dagegen stehen auf dem Höhepunkt ihrer Schaffenskraft und ihres Gestaltungsdrang. Bei Kirchhof war das wahrhaftig nicht zu übersehen. Di Fabio (bei Amtsantritt 45) ist auch so ein Beispiel.

Kirchhof war der Jüngste Verfassungsrichter der Reagan-Ära. Di Fabio der der Bush-Ära. Paulus? Na, ist doch klar. Yes, he can. Okay, die empirische Basis ist verdammt dünn, aber die Vorstellung einer Korrelation von Jüngster-Verfassungsrichter-mit-überproportionalem-Einfluss zu US-Präsidentschaften hat was, oder?


4 Comments

  1. aloa5 Fri 5 Mar 2010 at 17:24 - Reply

    “Einer von uns halt.”

    Ich weiß nicht, ob ich diese Einschätzung teile.

    Ich habe, ebenfalls aus der C64-Generation kommend und die Piratenpartei mit gründend, die “alte Garde” am BVerfG schätzen gelernt. Oder vielleicht habe ich das falsch ausgedrückt. Ich habe die “neue Garde” fürchten gelernt…..

    auf der Sommerakademie im Maritim Kiel 2007 sagte der Generalstaatsanwalt Schleswig-Holstein Herr rx in etwa “Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes sind auch immer personeller Natur … In 5 Jahren wird das Bundesverfassungsgericht anders entscheiden.”
    Lautes Raunen folgte und er korrigierte sich zu in etwa:
    “nein, nein … sie verstehen mich da falsch … das Grundgesetz wurde unter dem Eindruck des 3. Reiches geschrieben und diese Verhältnisse haben wir nicht mehr, also muß man überlegen, ob der Grundgedanke noch aktuell ist. – Eine Gruppe arbeitet daran. – Wenn es dann zu Änderungen kommt, wird das Bundesverfassungsgericht dementsprechend anders urteilen.”

    Das soll kein Pauschalurteil sein. Es ist…. “konservativ”. Man wusste mit Papier, Hassemer und Co. in etwa was man hatte. In etwa das was rx mit dem “Grundgedanken” verbindet.

    Ich hoffe Paulus ist (in der Tat) “einer von uns” – und nicht “nur” einer unseres Alters. :)

    Grüße
    ALOA

  2. Michael Fri 5 Mar 2010 at 18:17 - Reply

    1.

    Zitat:

    “Okay, die empirische Basis ist verdammt dünn, aber die Vorstellung einer Korrelation von Jüngster-Verfassungsrichter-mit-überproportionalem-Einfluss zu US-Präsidentschaften hat was, oder?”

    Dieser Satz gibt leider überhaupt keinen Sinn, was denn nun, Korrelation oder Einfluß (eine irgendwie geartete Kausalität)?

    3.

    Ich habe Zweifel, ob ein “junger” Verfassungsrichter mit Internetaffinität automatisch ein besserer Verfassungsrichter ist.

    2.

    Meine Meinung: Je älter, desto besser!

    In diesem Sinne

    Gruß & angenehmes Wochenende

  3. egal Fri 5 Mar 2010 at 18:31 - Reply

    Seltsam, die Frage, was man wohl als jung berufener Verfassungsrichter nach der Amtszeit so macht, habe ich mir heute morgen auch gestellt. Es ist schon komisch, dass sich das momentan so anhäuft mit den jungen Menschen in den Ämtern. Egal ob Abgeordneter im Bundestag, ob Ministerin oder ob jetzt Verfassungsrichter. Überall verdrängen die “jungen” Menschen die älteren. Ein großer Lebenslauf ist nicht mehr Voraussetzung mehr. Es fällt dadurch die Bewertung über seine Ansichten recht schwer.

    Ich will da nicht skeptisch sein, aber aufällig ist das schon. Sicherlich ist es positiv, wenn wir im höchsten Gremium eine altersdurchmischte Truppe haben (wobei der Frauenanteil recht gering ist), aber nur weil man des selben Alters ist, ist man nicht automatisch gleich ein Freund.

    Ein “Auswahlverschulden” kann man sicherlich nicht der FDP bescheinigen; sie haben wohl das Beste aus ihrem Vorschlagsrecht gemacht. Auf dem Papier sehen die Voraussetzungen erstklassig aus. Hoffentlich bestätigt er durch seine Arbeit die vielen Vorschusslorbeeren.

  4. Kudo Mon 8 Mar 2010 at 12:34 - Reply

    Am Ende kommt es nur auf die Qualität der Entscheidungen an und nicht auf das Alter der Richter, die dahinter stehen. Mir war so ein “frecher” Papier sehr lieb, der den Damen und Herren aus der Politik auch deutlich sagt “So nicht”. Bei den jungen Richtern besteht doch die Gefahr, dass Sie vielleicht noch höhere Ambitionen haben und bei niemandem anecken wollen.

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