Warum nicht als “Grand Débat sur la Difference Européenne”?
Frankreichs Immigrationsminister Eric Besson beraumt eine “Grand Debat sur l’Identité Nationale” an, lässt allerhand Leute mit oder ohne Migrationshintergrund ihre Gefühle beim Absingen der Marseillaise beschreiben, verballert einen Haufen Geld, und am Ende, so hofft er, bekommt er eine gültige Antwort auf die Frage, was Franzose sein heute bedeutet.
Das Ding ist ziemlich aufwändig aufgezogen: Foren, Videos, lokale Veranstaltungen in allen Départements und Arrondissements des Landes, und am 2. Februar will der Minister die französische Identität in einem Abschlusscommuniqué zusammenfassend beschreiben. Es ist im Übrigen dafür gesorgt, dass das Ganze nicht außer Kontrolle gerät: Bei dem Youtube-Kanal sind die Kommentare deaktiviert und Embedden ist auch nicht – die Grand Débat ist nach zentralistischer Manier eine Veranstaltung, die die Regierung fest im Griff zu behalten wünscht.
Na, immerhin: Den republikanischen Zusammenhalt per Deliberation zu stärken versuchen – das ist immer noch besser als irgendwelche essenzialistischen Leitkulturdefinitionen oder der Wunsch, die “certaine idée de la France” aus dem Munde einer väterlichen Führungsfigur zu empfangen.
Aber wieso Nationale? Am Dienstag tritt Lissabon in Kraft – wie provinziell, genau zum gleichen Zeitpunkt dem Franzosentum hinterherzusentimentalisieren. Und wieso Identität? Deliberation ist nicht dazu da, dass wir alle zu Brüdern werden. Deliberation ist nicht gut im Schaffen von Identität, sondern im Management von Differenz. Genau wie die EU, übrigens…
Frankreichs Immigrationsminister Eric Besson beraumt eine “Grand Debat sur l’Identité Nationale” an, lässt allerhand Leute mit oder ohne Migrationshintergrund ihre Gefühle beim Absingen der Marseillaise beschreiben, verballert einen Haufen Geld, und am Ende, so hofft er, bekommt er eine gültige Antwort auf die Frage, was Franzose sein heute bedeutet.
Das Ding ist ziemlich aufwändig aufgezogen: Foren, Videos, lokale Veranstaltungen in allen Départements und Arrondissements des Landes, und am 2. Februar will der Minister die französische Identität in einem Abschlusscommuniqué zusammenfassend beschreiben. Es ist im Übrigen dafür gesorgt, dass das Ganze nicht außer Kontrolle gerät: Bei dem Youtube-Kanal sind die Kommentare deaktiviert und Embedden ist auch nicht – die Grand Débat ist nach zentralistischer Manier eine Veranstaltung, die die Regierung fest im Griff zu behalten wünscht.
Na, immerhin: Den republikanischen Zusammenhalt per Deliberation zu stärken versuchen – das ist immer noch besser als irgendwelche essenzialistischen Leitkulturdefinitionen oder der Wunsch, die “certaine idée de la France” aus dem Munde einer väterlichen Führungsfigur zu empfangen.
Aber wieso Nationale? Am Dienstag tritt Lissabon in Kraft – wie provinziell, genau zum gleichen Zeitpunkt dem Franzosentum hinterherzusentimentalisieren. Und wieso Identität? Deliberation ist nicht dazu da, dass wir alle zu Brüdern werden. Deliberation ist nicht gut im Schaffen von Identität, sondern im Management von Differenz. Genau wie die EU, übrigens…
Ohne die Kampagne im Einzelnen zu kennen, geschweige denn sie oder generell den Stil Sarkozys und seiner Mitstreiter billigen zu wollen, muss man zur Verteidigung Frankreichs doch hervor heben, dass “national” in der französischen politischen Rhetorik (wie im Übrigen auch – auf noch mal andere Weise – in den USA oder manchen weiteren Ländern) eine ganz andere Bedeutung hat als in Deutschland. Konnotationen gerade im linksliberalen Milieu, dass “national” ja schon fast Richtung “nationalistisch” oder noch schlimmer gehe, sind im französischen Kontext bei Weitem nicht so ausgeprägt. Dass man auch als “Linker” ein ganz ausgeprägter Nationaler sein kann, hat nicht zuletzt Mitterrand vorgeführt.
In Frankreich steht das “Republikanische”, die Verbindung zu republikanischen Werten im Vordergrund (u.a. deshalb braucht Frankreich keinen “Verfassungspatriotismus” deutschen Stils). Was uns als Föderalismus-geprägten Deutschen fremd erscheint, ist zudem das Zentralistische und Etatistische an der Initiative.
Freilich brauchen Initiativen zur Integration von Migranten auch ihren symbolischen Ausdruck in Ritualen und (wenn auch gelenkt erscheinenden) Diskursen, obwohl im vorliegenden Fall doch die Gefahr zu bestehen scheint, als handele es sich um Symbolpoltik im Sinne Murray Edelmans (d.h. Symbol als Surrogat, als Ersatz für die “richtige”, “reale” Politik).