27 August 2020

Corona Constitutional #46: Diktatoren haben es auch nicht immer leicht

In Belarus kämpft Alexander Lukaschenka mit ungezügelter Brutalität um seine Macht. Und ob es ihm gelingt, sie zu behalten, davon hängt auch für den russischen Präsidenten Vladimir Putin ungeheuer viel ab. Im gleichen Moment wird Putins schärfster Kritiker Alexei Navalny mit einer akuten Vergiftung ins Krankenhaus eingeliefert und dann nach Deutschland ausgeflogen. Wie hängt das zusammen? Ist der Anschlag ein Zeichen von Stärke oder von Schwäche? Diese Fragen diskutiert Max Steinbeis mit der Politikwissenschaftlerin und Russland-Expertin Silvia von Steinsdorff von der Humboldt-Universität zu Berlin.


One Comment

  1. Max Gutbrod Sun 30 Aug 2020 at 13:02 - Reply

    Mit der beste Kommentar, den ich gesehen habe, weil er weiter denkt, und dennoch geht er m. E. nicht weit genug.
    In autoritären Staaten geht es im wesentlichen auch um den Kampf von Gruppen innerhalb der Staaten. Die weißrussische Opposition sieht besonders schön aus, ihre Reichweite in die Macht- und insbesondere Sicherheitseliten ist aber sehr gering. Deshalb sind ihre Chancen auch weit geringer als die des Maidan.
    Die Machteliten geben daher Warnschüsse ab. Darunter zählen m. E. die Vorgänge um die Wagner-Gruppen in Weißrussland und die um Nawalny. Nawalny und Skripal eignen sich dafür besonders gut, weil der Kreml sich durch das Agieren nach den Anschlägen zwar den Eindruck erweckt, er habe alles geplant, und damit Gegner verschreckt, aber die Nachweise gegen ihn so indirekt sind, dass die üblichen Verdächtigen (AfD, RT, Lawrow, Peskov) sich darüber lächerlich machen können. Zudem lenkt das Theater um Nawalnij davon ab, dass sich Russland in den letzten Tagen ganz konsequent für Eingreifen positioniert hat und die Infiltration der Sicherheitskräfte wahrscheinlich schon erfolgt ist. Diese können, je länger, desto mehr, gar nicht mehr zurück, weil sie ja Schuld auf sich geladen haben. Möglicherweise ist die Kreml-Strategie sogar, Lunkashenko erst einmal zum Überlegen zu verhelfen, ihn nach einigen Jahren abzuräumen und Weissrussland in absehbarer Zeit nach Russland einzugliedern. Die Strategie in Khabarovsk wird ähnlich sein und ist im Zusammenhang mit den Kommunalwahlen letztes Jahr erprobt worden: Lasst sie demonstrieren, gegen Herbst-Winter werden sie drangsaliert und dann teilweise gekauft, teilweise eingelocht.
    Gegen das alles sind die üblichen westlichen Sanktionen kontraproduktiv: Wenn die jeweils Sanktionierten nicht mehr in Baden-Baden, der Schweiz oder Courchevel feiern können werden sie sich Feiergelegenheiten im sowjetischen Raum oder in Asien aufbauen und noch abhängiger von der jeweils herrschenden Macht. Wenn aber Wirtschaftsverbindungen allgemein wegen Sanktionen nachlassen ist auch die Chance geringer, dass es Leute wie die derzeit in Weißrussland Handelnden versuchen. Was der Westen tun könnte wäre Amnestiemodelle bereit stellen, um die mafiotische Spirale der Sicherheitskräfte zu unterbrechen. Ansonsten kann er nur so viel echte (der Petersburger Dialog ist m. E. wohl nciht wirklich echt in diesem Sinne) Foren für den Dialog herstellen.

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