This article belongs to the debate » Der Klimabeschluss des BVerfG
30 April 2021

Ok, Boomer

In Deutschland, so scheint es, werden die richtig wichtigen Sachen vom Bundesverfassungsgericht entschieden. In den USA mag es der Präsident sein, der dem Klimaschutz jetzt endlich mit Nachdruck Beine macht. Und bei uns gab es mal eine Zeit, wo man das politische System des Grundgesetzes als Kanzlerdemokratie beschrieben hat. Wäre Karlsruhedemokratie mittlerweile nicht angebrachter? Das mag sich mancher fragen nach dem von vielen zu Recht als epochal bezeichneten Beschluss des Ersten Senats zum Klimaschutzgesetz. Hat hier das Verfassungsgerichte mal wieder übergriffig die Gestaltungsspielräume der Politik eng gemacht? Hat es sich wieder einmal als Ersatzgesetzgeber und Philosophenkönig aufgespielt?

Mir scheint, das Gegenteil ist der Fall.

Der Senat rekonstruiert, im Einklang mit dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis, die Klimasituation als Regelkreis: Ein Thermostat tut, wenn es zu kalt wird, mehr Energie ins System. Der Klima-Gesetzgeber tut, wenn es zu heiß wird, mehr Einschränkung der Freiheit zum CO2-Konsum ins System. Wie viel genau, ist variabel. Das hängt davon ab, was halt nötig ist, um die Regelgröße einzuhalten, denn die ist fix: 1,5° C, jedenfalls deutlich unter 2° C über dem vorindustriellen Temperaturniveau. Die darf nicht überschritten werden, so wenig wie beim Thermostat der Gefrierpunkt, jenseits dessen die Rohre platzen und alles unter Wasser steht und man das ganze Haus mitsamt der Heizung und dem meisten, was darin ist, nur noch wegschmeißen kann.

Wenn es heißer wird als diese Regelgröße, dann sind mit einiger Wahrscheinlichkeit die Bedingungen der Möglichkeit, frei zu leben, auf diesem Planeten für die meisten Menschen nicht mehr gegeben. Auf sie als konkrete Zahl hat der Gesetzgeber sich selber festgelegt, geleitet durch das Pariser Klimaschutzabkommen. Die Pflicht, dann auch an ihr orientiert den Regler zu bedienen, erlegt ihm aber das Grundgesetz auf, nämlich durch Artikel 20a. Diese sonst eher selten beachtete Norm verpflichtet den Staat, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen. Umwelt- und Klimaschutz ist keine Frage der politischen Opportunität, auszuhandeln zwischen denen, die von ihm etwas haben, und denen, die er etwas kostet, sondern aller Politik als Pflicht von Verfassung wegen vorgegeben. Diese Norm berechtigt zwar keine Individuen, ist aber auch nicht einfach nur ein unverbindlicher Programmsatz. Sie ist eine Pflicht und als solche justiziabel. Wenn der Gesetzgeber sie versäumt, dann macht das sein Tun bzw. Unterlassen verfassungswidrig, und das wird das BVerfG dann gegebenenfalls auch so beschließen.

Wie der Gesetzgeber diese Pflicht erfüllt, bleibt seinem Einschätzungsspielraum überlassen. Wann genau er den Regler wohin schiebt, bleibt seine Verantwortung, solange er nur dafür sorgt, dass die Regelgröße nicht überschritten wird. Heißt das, dass er auch sagen kann: Heute und morgen droht mir politisch nur Ärger, wenn ich den Regler hochfahre; da lasse ich ihn lieber schön weit unten und schiebe ihn dafür übermorgen um so weiter nach oben? Nein. Das kann er nicht.

Wir wissen hinreichend gut, wie viel CO2 die Menschheit im Allgemeinen und Deutschland im Besonderen noch verballern kann, bevor die Temperatur die Regelgröße notwendig übersteigen wird. Dieses CO2-Restbudget bis 2030 zu großen Teilen zu verfrühstücken und für die Zeit danach entsprechend wenig übrig zu lassen, ist – das ist die wohl spektakulärste Innovation dieses Beschlusses – eine Grundrechtsverletzung. CO2 einsparen heißt Freiheiten einschränken. Wenn wir heute und morgen wenig CO2 einsparen, müssen wir übermorgen um so mehr CO2 einsparen. Wenn wir heute und morgen wenig Freiheiten einschränken, müssen wir uns übermorgen um so drastischere Dinge zumuten – und zwar bei entsprechend immer schwächerem Grundrechtsschutz: Denn je näher wir an die Regelgröße 1,5-bzw.-<2°C herankommen, desto massivere Grundrechtseingriffe rechtfertigt dann der besagte Art. 20a, die Pflicht zur Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen.

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Call for application – 12 doctoral research positions

The International Doctorate Program „Business and Human Rights” (IDP B&HR) invites applications for 12 doctoral research positions (4-year contracts) starting 1 Nov 2021. Funded by Elite Network of Bavaria the IDP B&HR establishes an inter- and transdisciplinary research forum for excellent doctoral projects addressing practically relevant problems and theoretically grounded questions in the field of business and human rights. Research in the IDP B&HR will focus on four distinct areas:

  • Global value chains and transnational economic governance
  • Migration and changing labour relations
  • Digital transformation
  • Environmental sustainability

The IDP B&HR will be affiliated with the Universities of Erlangen-Nürnberg, Bayreuth and Würzburg.

Applicants need an excellent university degree at master’s level in a relevant discipline (law, management, sociology, political, or information science) and are expected to have very good English proficiency.

Applications must be sent in a single PDF document by 15 June 2021 to humanrights-idp@fau.de. The full call can be found here.

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Das bedeutet: Die Freiheitseinschränkungen von übermorgen, zu denen uns unser heutiger CO2-Konsum in der Zukunft nötigen wird, die fügen wir uns nicht erst übermorgen zu. Die fügen wir uns heute zu. Deshalb entfalten die Jahresemissionsmengen bis 2030, die das Klimaschutzgesetz formuliert, eine “rechtlich vermittelte eingriffsähnliche Vorwirkung” und bedürfen insoweit bereits heute einer Rechtfertigung. Sonst verletzen sie die Grundrechte der Kläger_innen – selbst, unmittelbar und gegenwärtig.

Das ist einerseits weniger, als sich viele erhofft hatten: Der Senat sagt dem Gesetzgeber nicht, dass die Reduktion von CO2-Emissionen, die er sich bis 2030 vorgenommen hat, nicht ausreicht, um seine Schutzpflichten zu erfüllen, auch wenn viel dafür spricht, dass es so ist. Er sagt im Wesentlichen nur, dass der Gesetzgeber sich festzulegen und Verantwortung dafür zu übernehmen hat, wie das verbleibende CO2-Budget sich auf die Zukunft verteilt, anstatt einfach zu sagen, jetzt verbrauchen wir mal fast alles bis 2030, und das bisschen Spielraum, das dann noch verbleibt, soll der Gesetzgeber des Jahres 2030 oder sonst jemand verantworten, aber jedenfalls nicht wir.

Es ist andererseits aber auch mehr: Denn damit muss der Gesetzgeber für die Zukunft Verantwortung übernehmen, nicht nur als billige Sonntagsphrase, sondern als verfassungsrechtlich einklagbare Pflicht. Er muss sich gegenüber denen, die nach 2030 die Folgen seines heutigen Handelns zu tragen haben werden, rechtfertigen. Das ist es, was Verfassung tut: Sie öffnet den Raum für die Vielfalt politischer Meinungen und Interessen, indem sie Verfahren und Institutionen bereit stellt, mittels derer diese dann miteinander um Kompromisse und Mehrheiten ringen können. Damit das aber überhaupt funktionieren kann, begrenzt sie diesen Raum auch und räumt den Überstimmten und vom politischen Prozess Ausgeschlossenen gegen die Mehrheit Rechte ein, auf dass diese nicht einfach über jene drüber latscht und die Kosten ihrer Entscheidungen an sie auslagert. Das gilt ab jetzt auch für die Auslagerung von Kosten auf die Zukunft. Wer in dieser Weise den Regler betätigt, greift damit womöglich in Grundrechte ein und schuldet dafür Rechtfertigung. Und wenn er die nicht liefern kann oder will, dann handelt er verfassungswidrig.

Rechtfertigung ist es, was der Senat dem Gesetzgeber abverlangt. Das ist kein Übergriff in die Sphäre der Politik, sondern ein Beitrag dazu, demokratische Politik lebendig zu erhalten. Die Politik bleibt in der Verantwortung, zu definieren, wie sie ihre Schutzpflichten für die Grundrechte auf Leib, Leben und Eigentum und die natürlichen Lebensgrundlagen zu erfüllen gedenkt. Aber das muss sie halt tun. Sie muss Verantwortung dafür übernehmen, wie das verbleibende CO2-Budget ausgegeben werden soll. Sie muss die stufenweise Reduktion der CO2-Emissionen bis zur Klimaneutralität hinreichend rechtzeitig, hinreichend differenziert und hinreichend weit in die Zukunft planen, dass sich alle auf das einstellen können, was auf sie zukommt. Sie muss das im Wesentlichen per Gesetz regeln und darf das nicht alles dem Verordnungsgeber überlassen. Sie muss das öffentlich tun, im Bundestag, in Rede und Gegenrede zwischen Regierungsmehrheit und Oppositionsminderheit. Das ist es, was das Bundesverfassungsgericht fordert. Und genau das ist sein Job.

Die Idee für den Titel verdanke ich Matthias Goldmann.

Die Woche auf dem Verfassungsblog

Schon am Tag des Klima-Beschlusses hat ANNA-JULIA SAIGER für uns eingeordnet, was das BVerfG da im Einzelnen entschieden hat und was daran so neu und aufregend ist. ANDREAS BUSER analysiert den Beschluss des Ersten Senats weiter und hebt unter anderem hervor, dass das Gericht “allen vom Klimawandel betroffenen natürlichen Personen den Gang nach Karlsruhe” öffnet und so “die vielbeschworene ,Popularklage’ für den Bereich des Klimaschutzes” schafft. MATTHIAS GOLDMANN nimmt die kunstvolle Art, mit der der Senat internationales Recht für sein Argument heranzieht, in den Fokus und kontrastiert diese mit dem “zero sum approach” des Zweiten Senats gegenüber internationalen Verpflichtungen.

Das weitere große Thema dieser Woche: die “Bundesnotbremse” im Corona-Abwehrkampf. Verwaltungsakt, Verordnung oder Gesetz scheinen bei den Pandemie-Maßnahmen völlig austauschbar geworden zu sein. Trotzdem verstößt das neue Infektionsschutzrecht weder gegen die Gewaltenteilung noch stellt sie ein unzulässiges Einzelfallgesetz dar, meint SEBASTIAN KLUCKERT. Warum der Eingriff in die Freiheit der Person jedoch trotzdem nicht „durch“, sondern nur „auf Grund“ eines Gesetz erfolgen kann und die Ausgangssperren deshalb verfassungswidrig sind, erläutert TRISTAN WISSGOTT. In formeller Hinsicht weist HOLGER GREFRATH auf die fehlende Zustimmung des Bundesrats hin, weshalb das Gesetz bereits formell verfassungswidrig sei.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Berliner Mietendeckel hört ebenfalls nicht auf, uns zu beschäftigen: STEFAN SCHLEGEL vergleicht die Entscheidung mit einem Schweizer Verdikt und schlägt eine Kombination von Lösungsansätzen vor.

Zum Eilbeschluss des BVerfG zum Eigenmittelbeschluss von letzter Woche noch ein Nachtrag: HANNO KUBEs Analyse liegt jetzt auch auf englisch vor.

Das Deutsche Bundesverfassungsgericht behält sich bekanntlich vor, europäische Rechtsakte mittels der “ultra-vires”-Kontrolle und dem Konzept der Verfassungsidentität zu überprüfen. JACQUES ZILLER freut sich über ein am selben Tag gefälltes Urteil des französischen Conseil d’Etat, welches anders als das Bundesverfassungsgericht die letztverbindliche Autorität des Europäischen Gerichtshofs anerkennt. Die gleiche Entscheidung bewerten indessen SHAHIN VALLÉE und ein pseudonymer Mitautor diametral entgegengesetzt: Das französische Gericht gehe noch weiter als das BVerfG, indem es im Namen der französischen Verfassungsidentität eine Art nationalen sicherheitspolitischen Solange-Vorbehalt errichtet.

In Finnland droht ein europapolitischer Verfassungskonflikt: Am 27. April hat der Verfassungsausschuss des Parlaments die Zustimmung zum EU-Eigenmittelsystem an eine Zweidrittelmehrheit geknüpft. Die besitzt die ohnehin wackelnde Regierung nicht und erwägt daher, die Grenzen der Bindungswirkung dieser Entscheidung auszutesten. Für viele finnische Abgeordnete ergibt sich daraus ein Dilemma zwischen ihrem Engagement für Europa und dem Respektieren der finnischen Verfassung, argumentiert PÄIVI LEINO-SANDBERG.

In Polen hat das von der PiS-Partei gekaperte “Verfassungsgericht” den ganz großen Konflikt mit der EU-Rechtsordnung vertagt und wird jetzt wohl erst am 15. Mai das von der Regierung bestellte Anti-EuGH-“Urteil” abliefern. Gefallen sind dafür die Würfel über den Bürgerrechtsbeauftragen Adam Bodnar: Das Przyłebska-“Gericht” hat der PiS den freigemacht, den Posten mit ihrem Kandidaten zu besetzen. So ist es der Partei wieder einmal gelungen, den politischen Prozess zu umgehen, um zum erwünschten Ziel zu gelangen, schreibt JAN MUSZYŃSKI und legt dar, weshalb außer PiS alle dabei verlieren. TOMASZ TADEUSZ KONCEWICZ zieht eine rundum pessimistische Bilanz: Seiner Ansicht nach verabschieden sich die europäischen Institutionen, allen voran die Kommission, selbst aus der EU-Rechtsordnung, indem sie nach politischen Opportunitäten handeln und das Spiel der Autokraten mitspielen. 

2022 stehen in Ungarn Wahlen an, die Orbán und die Fidesz-Partei entthronen könnten. Danach stellt sich die Frage, wie eine demokratische Regierung innerhalb der Verwüstung einen Wandel zurück zur Rechtsstaatlichkeit vollbringen kann. Für ZOLTÁN FLECK gibt es nur eine Lösung: Eine neue Verfassung muss her.

Eine ebenfalls epochale Gerichtsentscheidung zum EU-Verfassungsrecht ist in all der Aufregung etwas untergegangen: das Repubblika-Urteil des Europäischen Gerichtshofs. Aus einer Verbindung von Art. 49 EUV (EU-Erweiterung) und Art. 2 EUV (EU-Werte) hat der EuGH ein neues “non-regression”-Prinzip hergeleitet. DIMITRY VLADIMIROVICH KOCHENOV und ALEKSEJS DIMITROVS führen aus, warum das “Rückschrittsverbot” ein wichtiger Schritt im Kampf um die Sicherung der EU-Grundwerte und eine mögliche Lösung des “Kopenhagen-Dilemmas” ist.

Das europäische Polizeirecht befindet sich inmitten eines Paradigmenwechsels. Inzwischen lässt sich eine zunehmende Vereinheitlichung des mitgliedstaatlichen Sicherheitsrechts beobachten, was nicht nur für den Grundrechtsschutz weitreichende Folgen, findet KRISTIN PFEFFER.

Mit gesteigerter Intensität versucht die EU zurzeit, endlich einen seit Jahren verhandelten Vertrag zum Abschluss zu bringen, der die Assoziation der Schweiz an die Rechtsordnung der Union in einen institutionellen Rahmen stellen soll. Die angestrebte Dynamisierung und Institutionalisierung wäre ein bedeutender Integrationsschritt, so BENEDICT VISCHER.

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Wie bei der DSGVO zuvor wird im Digital Services Act der Europäischen Kommission die tatsächliche Durchsetzung eine zentrale Hürde sein. DANIEL HOLZNAGEL schlägt einen Lösungsweg vor, der das „Country of Origin“-Prinzip ablöst und alle Mitgliedsstaaten, nicht nur Irland, in die Aufsicht mit einbezieht.

China wird von verschiedenen Staaten beschuldigt, einen Völkermord an den Uiguren in Xinjiang zu begehen. JULIA EMTSEVA über die Frage, warum gezielte Sanktionen allein nicht ausreichen könnten, um den Opfern Gerechtigkeit zu verschaffen

Kürzlich hat die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte eine Resolution zum Thema „Covid-19 Impfstoffe und interamerikanische Menschenrechtsverpflichtungen“ veröffentlicht. MARIELA MORALES ANTONIAZZI argumentiert, dass die Resolution die Pflicht der Staaten verdeutlicht, einen interamerikanischen Standard für den gerechten Zugang zu Impfstoffen zu entwickeln.

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Aus der „Super League“ im europäischen Fußball wird erst einmal nichts – aber die damit verbundenen Rechtsfragen bleiben im Raum. Nach Ansicht von CHRISTOPHER UNSELD steht und stand das europäische Kartellrecht den Verbänden jedenfalls nicht dabei im Wege, die „Super League“ zu blockieren.

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Ihnen alles Gute, vielen Dank und bis bald,

Ihr

Max Steinbeis


3 Comments

  1. Weichtier Sat 1 May 2021 at 07:19 - Reply

    Der inspirierende und inspirierte Titel des Editorials „Ok, Boomer“ verdient eine Erwiderung. Um Jim Morrison von den Doors und die Lyrics zu „Five to One“ zu paraphrasieren:
    „They got a court decision
    Well, but we got the numbers
    Gonna win, yeah
    We’re takin’ over
    Come on!”

    Und dabei wird es demographisch noch eine Weile bleiben.

  2. Ellen Porsché Mon 3 May 2021 at 15:16 - Reply

    Muss angesichts diese Urteils der Gesetzgeber jetzt nicht auch noch mal den Ausstieg aus der Atomenergie verfassungsfest machen? Sofern CO2 durch den Einsatz von Atomenergie vermieden wird (kann man drüber streiten, ja), könnte also der Gesetzgeber im Lichte von 20a GG nun verpflichtet sein, auch noch einmal den Ausstieg aus der Atom-Energie verfassungsrechtlich zu rechtfertigen? Denn damit wird ein Weg, CO2 zu vermeiden, nicht beschritten. Insofern freuen sich vielleicht insbesondere die Grünen und die SPD zu früh über dieses Urteil, denn wenn der Klimawandel immer schlimmer wird, könnte das Verfassungsgericht daraus auch eine Pflicht lesen, wirklich alle Energiequellen zu erschließen, die weniger CO2 emittieren als fossile Brennstoffe. Gehört Kernenergie dazu? Ich hoffe nicht, aber man darf gespannt sein, weil das Bundesverfassungsgericht in diesem Bereich nun bestimmt nicht das letzte mal tätig wurde.

    • Jens Wed 5 May 2021 at 08:53 - Reply

      Vermutlich kann man aus so einem Urteil keine direkte Pflicht für eine bestimmte Art der Energieumwandlung ableiten. Aber das ist ja auch gar nicht notwendig, weil gerade bei elektrischer Energie das Greenwashing sehr einfach und quasi systemimmanent möglich ist und geschieht. Man wird mehr “Strom” zukaufen aus dem Ausland und das wird – direkt oder indirekt – die Atomstromerzeugung dort fördern. Das wird zwar vielen nicht gefallen, aber so einfach ist es nicht dagegen was zu tun. Bzw. da ist dann die nächste Baustelle. Es wird aber interessant sein, ob es in der Reaktortechnik tatsächlich Fortschritte gibt oder ob man bei den alten Meilern die Laufzeiten ad ultimo verlängert (was z.B. in Frankreich geplant ist).

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