12 February 2021

Pinochet reloaded

Zur Entscheidung des BGH über die Immunität eines staatlichen Hoheitsträgers bei Kriegsverbrechen

Das britische House of Lords hat im Jahr 1998 mit seiner Pinochet-Entscheidung einen Stein ins Wasser geworfen. Die Ausläufer der hierdurch ausgelösten Welle haben jetzt auch den Bundesgerichtshof erreicht (Urteil vom 28. Januar 2021 – 3 StR 564/19). Die beiden Verfahren stimmen darin überein, dass es jeweils um die strafrechtliche Immunität bei im Ausland verübter Folter ging. Sie unterscheiden sich allerdings insofern, als im BGH-Verfahren nicht ein ehemaliges Staatsoberhaupt, sondern ein „einfacher“ Staatsbediensteter (der Angeklagte war Oberleutnant der afghanischen Armee) strafrechtlich belangt wurde.

Die Pressemitteilung des BGH erklärt hierzu lapidar, dass „einer Strafverfolgung des Angeklagten in Deutschland bei Anwendung der Regeln des Völkerrechts nicht das Verfahrenshindernis der Immunität eines staatlichen Funktionsträgers entgegensteht“. Das lässt Interpretationen in zwei Richtungen zu: Der BGH könnte (1.) davon ausgegangen sein, dass nach Völkerrecht einfachen Staatsbediensteten im Unterschied zu höchsten Repräsentanten des Staates (wie Staatsoberhäuptern oder Außenministern) in Strafverfahren vor ausländischen Gerichten schon von vornherein keine Immunität zusteht. Er könnte aber auch (2.) angenommen haben, dass die Immunität zwar auch für solche Personengruppen grds. gelte, dass beim Vorwurf der Folter aber eine (völkerrechtlich anerkannte) Ausnahme von der Immunität greife. Da die Urteilsgründe noch nicht vorliegen, erscheint ein Blick in die mündliche Urteilsbegründung durch den Vorsitzenden Richter des 3. Strafsenats, Dr. Jürgen Schäfer, umso lohnender (die Ausführungen zum „geltenden Völkergewohnheitsrecht“ finden sich ab 12‘53‘‘).

Staatenimmunität als Ausgangspunkt

Der Senat nimmt seinen Ausgangspunkt bei der Immunität, die ein Staat – nicht ein Individuum – vor den Gerichten anderer Staaten für hoheitliches Handeln (sog. acta iure imperii) in Anspruch nehmen kann. Die Staatenimmunität entspringt dem Grundsatz der souveränen Staatengleichheit, wie sie in Art. 2 Ziff. 1 der UN-Charta ihren Ausdruck findet. Dahinter steht die Überlegung, dass ein Gleicher über einen Gleichen nicht zu Gericht sitzen darf („par in parem non habet imperium“). Daraus, so der Senat weiter, könne sich auch eine Immunität für natürliche Personen ergeben, da ein Staat regelmäßig nur durch solche handeln könne. Diese argumentative Weichenstellung erscheint mir bedeutsam. Sie macht deutlich, dass es sich bei der im Folgenden diskutierten funktionalen Immunität von (einfachen) Staatsbediensteten immer um eine vom Staat selbst abgeleitete Immunität handelt. Wir werden hierauf später zurückkommen.

Keine funktionale Immunität für den Angeklagten

Zutreffend weist der Senat darauf hin, dass es im vorliegenden Fall nicht direkt um ein Urteil über einen fremden Staat gehe, sondern allein um die individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit des Angeklagten. Im Ergebnis erklärt der Senat, dass der Angeklagte sich nicht auf eine vom Staat abgeleitete, d.h. funktionale, Immunität berufen kann. Zu diesem Ergebnis gelangt der Senat durch eine eigentümliche Verquickung einer möglichen tatbestandlichen Beschränkung der Immunitätsregel für bestimmte Kategorien von Staatsbediensteten und der möglichen Statuierung von Immunitätsausnahmen für bestimmte Verbrechenskategorien. Symptomatisch hierfür erscheint z.B. die Formulierung bei 15‘42‘‘, es gehe um „die individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit einer natürlichen Person für Kriegsverbrechen, die sie als allgemeiner, in der Staatsorganisation nicht besonders herausgehobener Hoheitsträger eines fremden Staates begangen hat“. Durch diese Formulierung wird in der Schwebe gehalten, warum genau sich der Angeklagte aus Sicht des Senats nicht auf Immunität berufen kann – etwa deswegen, weil es sich nur um einen „einfachen“ Staatsbediensteten handelte, oder aber, weil ihm Folter vorzuwerfen ist und für diese Form von Kriegsverbrechen eine Immunitätsausnahme anzunehmen sei.

Als Beleg für seine These, dass im Fall des Angeklagten keine Immunitätsausnahme greife, beruft sich der Senat u.a. auf die Arbeiten der Völkerrechtskommission der Vereinten Nationen (International Law Commission/ILC). Aus den Arbeiten der Kommission lasse sich „eine allgemeine, funktionelle Immunität auch bei Kriegsverbrechen gewährende Regel gleichfalls nicht herleiten“ (ab 23‘05‘‘). Der BGH thematisiert dabei allerdings nicht den grundlegend anderen dogmatischen Zugriff der ILC: So geht die ILC in ihren vorläufig angenommenen Draft articles on immunity of State officials from foreign criminal jurisdiction im Ausgangspunkt davon aus, dass grds. alle Staatsbediensteten für in amtlicher Eigenschaft begangene Taten funktionale Immunität genießen. So heißt es in Art. 5 der Draft articles: „State officials acting as such enjoy immunity ratione materiae from the exercise of foreign criminal jurisdiction“. Unter „State official“ ist gem. Art. 2 lit. e der Draft articlesany individual who represents the State or who exercises State functions“ zu verstehen. Erst im Art. 7 werden Ausnahmen von der funktionalen Immunität für bestimmte Verbrechenskategorien formuliert, und zwar sowohl für Kriegsverbrechen (Abs. 1 lit. c) als auch für Folter (Abs. 1 lit. e). Die ILC unterscheidet also klar zwischen der grds. funktionalen Immunität auch einfacher Staatsbediensteter, welche bejaht wird, und der Ausnahme bei bestimmten, gravierenden völkerrechtlichen Verbrechenstatbeständen. ILC und BGH gelangen damit zwar zum gleichen Ergebnis, allerdings über jeweils unterschiedliche dogmatische Ansätze.

Unabhängig von diesen Unterschieden in den dogmatischen Zugängen erscheinen die grundlegenden völkergewohnheitsrechtlichen Regeln alles andere als geklärt. Das beginnt schon bei der Frage, ob ein „einfacher“ Staatsbediensteter für Handeln in amtlicher Eigenschaft überhaupt funktionale Immunität genießt. Ein Blick in die gängigen Völkerrechtslehrbücher zeigt, dass dort zwar regelmäßig die Immunität bestimmter Kategorien von Staatsorganen wie Staatsoberhäuptern, Außenministern, Diplomaten oder Konsuln behandelt wird. Nähere Ausführungen zur etwaigen Immunität „einfacher“ Staatsbediensteter sucht man jedoch regelmäßig vergebens. Das scheint durchaus symptomatisch zu sein. Die Frage der Immunitätsgewährung stellte auch im vorliegenden Verfahren erstmalig der Bundesgerichtshof, vor dem OLG München spielte sie keinerlei Rolle. Offenbar gehen nationale Gerichte bei einfachen Staatsbediensteten oftmals gar nicht davon aus, dass diesen Immunität zustünde. So wird etwa auch in der Urteilsbegründung des Senats auf ein Urteil des spanischen Tribunal Constitucional verwiesen, in dem zwar das Problem der universellen Gerichtsbarkeit, nicht aber dasjenige der Immunität thematisiert worden sei.

Nicht weniger unklar als der Grundtatbestand der funktionalen Immunität für einfache Staatsbedienstete ist die von der ILC befürwortete Ausnahme. Art. 7 der Draft articles war in der ILC derart umstritten, dass hierüber namentlich abgestimmt wurde – eine in der ILC absolut unübliche Vorgehensweise, dominiert dort doch ansonsten das in den Vereinten Nationen übliche sog. consensus-Verfahren. Das Ergebnis der Abstimmung (21 Ja-Stimmen, 8 Nein-Stimmen, eine Enthaltung) kann auf der Webseite der ILC eingesehen werden. Bemerkenswerterweise hat Georg Nolte, seit wenigen Tagen frisch gekorener deutscher Richter am IGH, 2017 in der ILC gegen die Immunitätsausnahme gestimmt. Zwar tat er das nicht als Vertreter der Bundesrepublik Deutschland, sondern in seiner Eigenschaft als international anerkannter Völkerrechtsexperte. Doch lässt dieser Umstand wie auch die Tatsache, dass nicht weniger als 20 ILC-Mitglieder ihr Abstimmungsverhalten meinten begründen zu müssen, erkennen, dass wir uns mit der Art. 7-Ausnahme alles andere als auf gesichertem Terrain bewegen. Um nur eine Stellungnahme, die des britischen Völkerrechtlers Sir Michael Wood, zu zitieren: „He was of the firm view that the text did not reflect existing international law or a trend, was not desirable as new law and should not be proposed to States. If it was nevertheless proposed, the Commission must make it clear that it was a proposal for new law, and not codification or progressive development of existing law.“ Gewiss, auch das ist nur eine Einzelmeinung, aber sie belegt, dass von einer weithin akzeptierten Rechtsüberzeugung in diesem Punkt nicht die Rede sein kann.

Vermag es vor diesem Hintergrund zu überzeugen, dass der Senat auf die von ihm erwogene Anrufung des Bundesverfassungsgerichts gem. Art. 100 Abs. 2 GG verzichtet hat? Zwar muss nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts das entscheidende Gericht nicht selbst Zweifel hegen – was der Senat ersichtlich nicht tat –, doch kann man vor dem vorstehend geschilderten Hintergrund wirklich davon ausgehen, dass keine „ernstzunehmenden Zweifel“ über die in Rede stehende allgemeine Regel des Völkerrechts existierte (ab 28‘45‘‘)?

Keine Relevanz der IGH-Rechtsprechung zum Spannungsverhältnis von Immunität und Folter?

Ein letzter Punkt verbleibt, und hier kommen wir auf die eingangs angesprochene Materie der Staatenimmunität zurück. Der Internationale Gerichtshof, Hauptrechtsprechungsorgan der Vereinten Nationen (Art. 92 UN-Charta), hatte sich mehrfach mit dem Spannungsverhältnis von Immunitätsfragen einerseits und Folter oder Kriegsverbrechen andererseits auseinanderzusetzen. Er hat dieses Spannungsverhältnis jeweils zugunsten der Immunität und zulasten der Grund- und Menschenrechte aufgelöst. Man mag das rechtspolitisch bedauern, rechtliche ignorieren kann und darf man es nicht.

Ignoriert hat dies auch nicht der Bundesgerichtshof. Allerdings bedient sich der Senat des klassischen Stilmittels des distinguishing, um die Relevanz der einschlägigen internationalen Judikatur für den eigenen Fall zu minimieren. Einzuräumen ist, dass die vom IGH entschiedenen Fälle jeweils nicht die hier einschlägige Fallkonstellation (einfache Staatsbedienstete und Vorwurf der Folter) betrafen. Im Fall Kongo gegen Belgien ging es um die strafrechtliche Immunität eines amtierenden Außenministers, im Fall Deutschland gegen Italien um die Immunität des deutschen Staates in Zivilsachen wegen im Zweiten Weltkrieg von der Deutschen Wehrmacht begangener Kriegsverbrechen. In den Worten des Senats (ab 27‘50‘‘): „Dass in anderen Sachzusammenhängen eine Immunität staatlicher Hoheitsträger angenommen wurde, betrifft nicht die hier entscheidungserhebliche Frage. Eine ggf. auch in Strafverfahren wegen Kriegsverbrechen bestehende persönliche Immunität bestimmter herausgehobener Hoheitsträger wie Staatsoberhäupter und ähnliche berührt das gegen den Angeklagten angeführte Strafverfahren ebenso wenig wie eine etwaige Immunität in Zivilverfahren. Diese Bereiche sind zu trennen und jeweils gesondert zu bewerten.“

Und doch: Wenn es (1.) so ist, dass die funktionale Immunität einfacher Staatsbediensteter gleichsam nur die gedanklich-logische Fortsetzung der Immunität des Staates ist, für den der Staatsdiener gehandelt hat, und wenn es (2.) so ist, dass sich der Staat selbst auch im Angesicht gravierender Menschenrechts- oder Kriegsverbrechen auf seine Immunität berufen kann – wie lässt es sich dann begründen, dass für Staatsbedienstete die Immunität gerade nicht gilt? Durch die Differenzierung zwischen Zivil- und Strafrecht wird der Umstand vernebelt, dass hinter der funktionalen Immunität des Staates letztlich immer derselbe Grundsatz „par in parem non habet imperium“ steht. Wenn man also den einfachen Staatsbediensteten an der funktionalen Immunität des Staates partizipieren lassen möchte, müsste man aus meiner Sicht konsequenterweise auch die Immunitätsausnahme verneinen.

Plädoyer für eine Neuausrichtung der Debatte

Nach alledem: Viel Lärm um nichts? Wohl kaum, eher eine verpasste Chance des Bundesgerichtshofs, den Ball an das Bundesverfassungsgericht zu spielen (anders aus strafrechtlicher Perspektive freilich Safferlink hier). Dieses freilich dürfte nicht unglücklich darüber sein, von der undankbaren Aufgabe der Klärung des einschlägigen Völkergewohnheitsrechts (einstweilen?) verschont geblieben zu sein. Man erinnere nur daran, dass das IGH-Urteil im Fall Deutschland gegen Italien den Widerstand der italienischen Corte costituzionale auf den Plan rief, welche in gut Triepel’scher Manier dem völkerrechtlichen Befund des IGH die italienischen Grundrechte entgegensetze.

Doch hierzu müsste es nicht kommen. Aus meiner Sicht böte es sich an, beim ersten Schritt – der „Verlängerung“ der staatlichen Immunität auf den einfachen Staatsbediensteten – anzusetzen. Dazu abschließend noch einige Überlegungen: Die völkerrechtliche Immunität ist ein sehr altes Rechtsinstitut. Es stammt aus einer Zeit, da zwischen der Person des Monarchen und dem Staat als juristischer Person noch nicht klar geschieden wurde – eine (Spät-)Folge absolutistischen Gedankenguts („L’état, c’est moi“). Zugleich fehlte damit zum damaligen Zeitpunkt das Zurechnungssubjekt, um rechtswidriges Handeln einfacher Staatsbediensteter dem Staat zuzurechnen. Stattdessen galt die Maxime „The king can do no wrong“, also die Lehre von der Unrechtsunfähigkeit des Staates, bzw. der Leitsatz „Si excessit, privatus est“ – ein rechtswidrig handelnder Beamter „trat in den Privatstand“, so dass sein Handeln dem Staat (oder besser: seinem Dienstherrn als der Verkörperung des Staates) nicht zugerechnet werden konnte. Mir scheint, dass die Differenzierung zwischen obersten, den Staat nach außen hin repräsentierenden Staatsorganen und einfachen Staatsbediensteten bereits hier angelegt war.

Wenn das der historische Ausgangspunkt ist, dann bedarf es für die Erstreckung der Immunität auf einfache Staatsbedienstete des positiven Nachweises völkergewohnheitsrechtliche Anerkennung. D.h. der Fehlschluss in der heutigen Debatte könnte sein, dass man ohne weiteres von der Immunität des Staates auf die funktionale Immunität des für den Staat handelnden einfachen Staatsbediensteten schließt. Sicher spricht für diese Sichtweise, dass in einem Verfahren über staatlich veranlasste Folter indirekt auch über den Staat geurteilt wird – aber eben nur indirekt, es ist ja nicht der Staat selbst, der auf der Anklagebank sitzt, sondern ein Individuum. Und unter dem Aspekt „par in parem non habet imperium“ mag es eben doch einen Unterschied ausmachen, ob Folter von höchster Stelle autorisiert war oder ob ein einzelner Staatsbediensteter fehlsam gehandelt und seine Kompetenzen überschritten hat.


One Comment

  1. Matthias Fahrner Sat 13 Feb 2021 at 08:10 - Reply

    Der ebenso sehr bereichernde wie spannende Ansatz hinterlässt mir als völkerrechtlichem Laien, jedoch im Bereich der internationalen strafrechtlichen Zusammenarbeit Interessierem (https://www.beck-shop.de/fahrner-handbuch-internationale-ermittlungen/product/20246521) weitere Fragen, jedoch auch – hoffentlich richtig verstandene? – Lösungsdenkansätze:

    Muss man nicht doch Formen der Staatsrepräsentanten (i.S.v. Habermas, Kehlsen, Smend u.a.) klarer unterscheiden – solche der symbolischen Repräsentation und Integration wie Staatsoberhäupter, der realen “Integration” (allerdings nicht eines fiktiven identitären Willens) im Sinne der Selbstbestimmung, also der verliehenen staatlichen Selbstentscheidungsfindung (oberste Staatsorgane aller -gewalten) und jene spezifisich im internationalen Verkehr stellvertretenden Repräsentanten?

    Ulpian Dig. 4.8.3.4, 36.1.13.4, Paulus Dig. 4.8.3 rekurrieren wohl auf die Konkurrenz der innerstaatlichen höchsten Amtsträger nur untereinander bei der Ausformulierung des par in parem non habet imperium, wobei Prätoren und Konsuln auf gleicher Stufe stehen, nicht aber alle anderen Amtsträger nur mit potestas, an irgendeinem Amt allein liegt es wohl nicht. Im Gründungsmythos der Republik nach dem Übergriff des Tarquinius Superbus bzw. Sexuts werden beide höchsten Ämter zusammen gefasst, nicht nur wegen des ansonsten unbeschränkten Coercii, sondern gerade zur Verhinderung der Tyrannis. Wenn ich in der Schnelle die Digestenstellen richtig verstehe (und das wäre aus ihrem Compilat erst nach der Rechtsvereinigung Italiens aus den Civitates in der Kaiserzeit plausibel), sind nicht dort, sondert erst tatsächlich bei Bartolus die Gleichheit verschiedener Gemeinden (civitates) adressiert, dem vor allem das Schutzinteresse der oberitalienischen Stadtstaaten gegen kaiserliche Juristdiktion nachgesagt wird.

    Daher darf die Ausdehnung “non enim una civitas potest facere legem super alteram, quia par in parem non habet imperium” des Bartolus, wie im Beitrag völlig überzeugend, wohl IMHO nicht zu allgemein verstanden werden… Auch modern besteht Art 2 UNCh nicht aus Souveränität, sondern der souveränen Gleichheit und anderen Prinzipien wie Gewalt- und Interventionsverbot, die jedenfalls die Absolutheit von ersterem fraglich sehen.

    Entscheidungsvollstreckung und Entscheidungsfindung scheinen doch immer unterschieden, ein umfassendes schützendes Personalitätsprinzip hat es nie gegeben, allenfalls aut iudicare aut dedere als friedensschützende Zuständigkeitsregel. Auch für rein ausführende Bedienstete, zivil wie militärisch. Der Armee des Gegners lässt sich etwas entgegensetzen, dem Eindringen z.B. seiner Polizei in acta imperii ebenfalls, und zwar nicht nur legibus silent inter arma. Die Folgen eines “Staatswillens” scheinen im Rahmen anderer Kollisionsregeln justitiabel, nicht aber dessen “Träger” bzw. “Fassung”.

    Die Selbstbestimmung scheint die Möglichkeit des Fassens repräsentativer Entscheidungen, aus Friedensfunktion des Staates mit Bodin dort klar einer Spitze, jedoch nicht einer Einzelperson sondern im Rechtsstaat getrennten Gewalten anvertraut.

    Nicht aber ist die Durchsetzung der Selbstbestimmung und getroffener Entscheidungen schrankenlos, hier gilt dann außerhalb von Leviathan und De Cive eine andere, grundsätzlich auch außerhalb des Kriegs frei konkurrierende Faktizität. Sie einzuschränken, ist auf dem Weg von Koexistenz über Kooperation und Koordination zur Kodifikation ohne weiteres möglich und nötig. Par solum in parem non habet iperium. Die Absolutheit ist, beginnend vielleicht mit Bartolus, jünger, aber auch vergänglicher. Der Rechtskreis der Peers untereinander kann Regeln setzen und über Verstöße übereinander richten. Insoweit handelt es sich wohl um Feinheiten des Völkerrechts auch zur Abgrenzung von Territorialsouveränität, Personalhoheit und allgemeinen Regeln des ius in bello ac pace.

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