Corona Constitutional #19: Wie die Krise in der Verwaltungs- und Verfassungsjustiz aufschlägt
Zweitwohnungsverbot, Ladenöffnung, Versammlungsfreiheit: die Verwaltungs- und Verfassungsgerichte haben in der Coronakrise unter hohem zeitlichen Druck eine enorme Masse an Fällen und Fallkonstellationen zu bewältigen. Wie kommen sie zurecht? Max Steinbeis spricht in der heutigen Folge mit THOMAS SMOLLICH, Präsident des niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts und des Staatsgerichtsgerichtshofs von Niedersachsen, unter anderem über die Frage, warum es in Niedersachsen keine Verfassungsbeschwerde gibt.
Corona Constitutional #18: Zu wenig, zu spät?
Die EU-Kommission hat bekannt gegeben, Polen wegen des sog. "Maulkorbgesetzes" gegen die unabhängige Justiz mit einem Vertragsverletzungsverfahren zu überziehen – endlich, wie viele sagen würden. Ob das reicht, ob das zu spät kommt angesichts der gnadenlosen Politik der geschaffenen Fakten, die die polnische Regierung an den Tag legt, darüber spricht Max Steinbeis in der heutigen Folge unseres Krisenpodcasts mit dem Demokratie-Aktivisten MARTIN MYCIELSKI von der Open Dialogue Foundation.
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Corona Constitutional #17: Grundrechte, Datenschutz und andere Missverständnisse
In der Datenschutz-Community ist ein erbitterter Grundsatzstreit darüber ausgebrochen, ob die Kontaktdaten von COVID-Infizierten zentral oder dezentral gespeichert werden sollten. Ist es tatsächlich besser für die Grundrechte, den Zugang zu den Kontaktdaten Google und Apple anzuvertrauen als dem Staat? Ist die Situation tatsächlich mit der Vorratsdatenspeicherung vergleichbar, wenn das Robert-Koch-Institut für begrenzte Zeit die Kontaktdaten zentral auswertet? Darüber spricht Max Steinbeis mit dem Informationsrechtsexperten und Associate Editor des Verfassungsblogs NIKOLAUS MARSCH.
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Corona Constitutional #16: Scheidung auf Europäisch
Wenn Polen und Ungarn sich erkennbar nicht mehr an das EU-Recht gebunden fühlen – was ist das dann anderes als eine Erklärung, nicht mehr Mitglied in der Europäischen Union sein zu wollen? Der Weg zum Polexit bzw. Hungrexit geht über Artikel 50 des EU-Vertrags, und CHRISTOPHE HILLION schlägt dem Rat vor, diesen Weg notfalls auch ohne das Einverständnis von Polen und Ungarn zu beschreiten. Ob und wie das europarechtlich genau funktionieren würde, bespricht Max Steinbeis mit dem Professor für EU-Recht in unserer heutigen Podcast-Folge.
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Polen und Ungarn hatten in der Vergangenheit andere Ansichten über ihre EU-Verpflichtungen als viele Autoren im Verfassungsblog oder die EU-Kommission. Ist es aber nicht letzten Endes Sache des EuGH festzustellen, welche Ansicht zutreffend ist. Solange Polen und Ungarn die Entscheidungen des EuGH umsetzen, die sie unmittelbar betreffen: wo ist das Problem? Oder missachten Polen und Ungarn die sie unmittelbar betreffenden Entscheidungen des EuGH?
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Die fingierte Austrittserklärung könnten Polen und Ungarn jederzeit während der 2-Jahresperiode mit einem Brief an den Rat zurückziehen.
Das einzige Druckmittel sind derzeit Vertragsverletzungsverfahren. Allerdings müssten endlich die Sanktionsgelder massiv erhöht werden, z.B. auf die Nettozahlungen Länder erhöht werden, damit sie richtig wehtun. Polen würde dann ein jährliches Sanktionsgeld von ca. 10 Mrd. € dergestalt erhalten, dass es keinerlei EU-Subventionen mehr bekommt.
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Corona Constitutional #15: Polen, die EU und das letzte Wort
Unser heutiges Thema hat mit Corona unmittelbar gar nicht so viel zu tun, mit Krise dafür um so mehr: Es geht um Polen, um das polnische Verfassungsgericht, das in dieser Woche ein Urteil gefällt hat, das, sagen wir mal, erklärungsbedürftig ist. Dieses Urteil, um das Ergebnis vorweg zu nehmen, springt nicht nur mit dem polnischen Verfassungsrecht, sondern auch und vor allem mit dem Europarecht auf beispiellos brachiale Weise um. Darüber spricht Max Steinbeis mit einem Europarechtler, der sich sowohl mit dem Verhältnis von nationaler Verfassungsgerichtsbarkeit zum EU-Recht als auch mit dem speziellen Fall Polen viel beschäftigt hat und obendrein ein langjähriger Freund und Autor des Verfassungsblogs ist, nämlich FRANZ MAYER von der Uni Bielefeld.
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Danke, danke, danke für diesen Podcast.
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Corona Constitutional #14: Chaos, und wem es nützt
Heute geht es um Wahlen, genauer um Wahlen in den USA, wo sich im November herausstellen wird, ob Donald Trump eine zweite Amtszeit bekommt. Wahlen in der Coronakrise, das ist auch anderenorts ein außerordentlich haariges Thema, und in Amerika ganz besonders: Im Bundesstaat Wisconsin haben die Demokraten kürzlich ihre Vorwahlen abgehalten. In den Streit darüber, wie diese Wahlen ablaufen sollen, hat sich der Supreme Court eingeschaltet, und zwar auf eine Weise, die bei vielen den ohnehin schon vorhandenen Zweifel daran, dass das oberste Gericht politisch unparteiisch unterwegs ist, noch mal massiv verstärkt hat. Was es mit diesen Zweifeln auf sich hat und was das für die Präsidentschaftswahl bedeuten könnte, darüber spricht Max Steinbeis mit DAVID DRIESEN, Professor an der Syracuse University im Bundesstaat New York.
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Corona Constitutional #13: In Hongkong wird es dunkel
Erinnern Sie sich? In grauer Vorzeit, vor der Krise, im Jahr 2019 gab es eine riesige Protestbewegung in Hongkong. Hunderttausende gingen auf die Straße, um ihre Freiheitsrechte und die Unabhängigkeit ihrer Verfassungsinstitutionen gegen den Zugriff der Zentralregierung in Peking zu verteidigen. Die nutzt jetzt die Coronakrise, um mit ihren Gegnern abzurechnen. Übers Wochenende wurden viele prominente Regimekritiker in Hongkong verhaftet, die Protestbewegung klemmt im Lockdown fest, die Weltöffentlichkeit hat etwas anderes zu tun, als sich über Hongkong aufzuregen. Können wir uns das leisten, in Zeiten, wo ohnehin schon autoritäre Regimes ihr Krisenmanagement als Vorbild anpreisen, das den liberalen Demokratien angeblich überlegen ist? Darüber spricht Max Steinbeis mit der Verfassungsrechtsprofessorin CORA CHAN von der Hong Kong University, die direkt vor Ort von ihrer Einschätzung der Lage berichtet.
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Corona Constitutional #12: Netanyahu widerstehen
Die Bilder aus Tel Aviv vom letzten Sonntag haben viele beeindruckt: Eine Massendemonstration mitten in der Coronakrise, Tausende von Menschen, die ihren Protest gegen die Regierung Netanyahu mit ihrer physischen Präsenz unterlegen und dabei – das ist das besondere,
– social distancing wahren. In Israel ist vieles besonders in diesen Tagen, die Pandemie trifft auf eine politische und eine Verfassungskrise, dem Regierungschef droht die Anklage und um ihr zu entgehen, nimmt er immer größere Schäden an der Verfassung in Kauf. Wie sich Demokratie und Rechtsstaat schlagen in diesem Konflikt, darüber spricht Max Steinbeis mit TAMAR HOSTOVSKY BRANDES.
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Corona Constitutional #11: Zusammengesperrt durch die Seuche
Description: Im Strafvollzug sind Menschen auf engstem Raum zusammen eingesperrt. Viele Gefangene gehören zu Risikogruppen. Der Staat, der ihnen die Freiheit entzieht, muss sie schützen – das ist er ihren Grundrechten schuldig. Wie geht das? Wie kann er den Virus draußenhalten und trotzdem die Menschenwürde, das Recht auf Resozialisierung und das Recht auf Ehe und Familie der Insassen wahren? Wie kriegt man auf rechtsstaatliche Weise die Gefängnisse leer, wenn es gesundheitspolitisch nötig ist? Darüber spricht Max Steinbeis mit JAN FÄHRMANN von der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin.
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Corona Constitutional #10: Risikogebiet Zuhause
Den ganzen Tag lang zusammen eingepfercht auf engem Raum, geschlossene Schulen, Stress und finanzielle Sorgen… Viele Expert*innen befürchten, dass mit der Corona-Krise weltweit häusliche Gewalt zunimmt und insbesondere Frauen akut in Gefahr schweben. Während das malaysische Frauenministerium Frauen in der Ausgangssperre nahelegte, sich zu schminken, um gewalttätige Partner zu besänftigen, richtete Frankreich Notrufstellen in den Apotheken ein. Was der deutsche Staat tut und tun sollte, um Betroffene vor häuslicher Gewalt zu schützen, besprach Marie Detjen mit der Anwältin und Autorin CHRISTINA CLEMM.
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Corona Constitutional #9: Bildschirm-Justiz
Wie wirkt sich der Lockdown auf die Justiz aus? Wie muss man sich eine Justiz im Lockdown überhaupt vorstellen? Ist das ein Problem, wenn die Exekutive plötzlich die Judikative herunterfährt? Sind digitalisierte Gerichtsverhandlungen möglich, und könnte die Krise insoweit sogar eine Chance sein? Darüber spricht Max Steinbeis mit dem Sprecher des Bundesvorstands der Neuen Richtervereinigung CARSTEN LÖBBERT.
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Corona Constitutional #8: Kein Mensch auf der Straße
Auf die Straße gehen dürfen ist nicht nur ein Ausdruck der allgemeinen Handlungsfreiheit, sondern auch ein politisches Grundrecht – für seine Meinung gemeinsam mit anderen zu demonstrieren, „friedlich und ohne Waffen“, wie es in Artikel 8 Grundgesetz heißt. Mit diesem Grundrecht wird aus Anlass der Coronakrise im Augenblick in vielen Bundesländern auf eine Weise umgesprungen, die – vorsichtig gesagt – zu Fragen Anlass gibt. Über diese Fragen redet Max Steinbeis mit dem langjährigen Associate Editor des Verfassungsblogs MATHIAS HONG:
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Eine aktuelle Entscheidung zu Art. 8 GG:
Versammlung in Gießen zum Thema „Gesundheit stärken statt Grundrechte schwächen – Schutz vor Viren, nicht vor Menschen!“ bleibt verboten
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Diese begrüßenswerte Entscheidung des BayVGH (9.4.) wurde mir erst nach Aufnahme des Podcast bekannt: https://bayrvr.de/2020/04/14/corona-pandemie-versammlungsrechtliche-ausnahmegenehmigung-nach-%c2%a7-1-abs-1-satz-3-bayifsmv-auf-grund-einer-entscheidung-des-bayvgh-erteilt/.
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Corona Constitutional #7: Der Virus und Trump
Kaum ein Land ist zurzeit so hart getroffen von der Corona-Pandemie wie die USA. Ist es Unfähigkeit , dass Trump und die US-Republikaner ihre Möglichkeiten zum Krisenmanagement weitgehend ungenutzt lassen? Oder ist es Strategie? Die Rechtssoziologin und Verfassungsrechtlerin KIM LANE SCHEPPELE kennt sich mit dem autoritären Populismus aus wie kaum sonst jemand, und ihre – ziemlich düstere – Antwort auf diese Frage verrät sie Max Steinbeis in der heutigen Folge unseres Krisenpodcasts.
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Corona Constitutional #6: Der englische Patient
Boris Johnson liegt mit Corona in der Intensivstation. Was passiert, wenn der Premierminister stirbt oder sein Amt nicht mehr ausüben kann? Wie regelt man das ohne geschriebene Verfassung? GAVIN PHILLIPSON ist einer der besten Kenner des britischen Verfassungsrechts. Im Interview mit Max Steinbeis gibt er Auskunft über die Rechte und Möglichkeiten des Parlaments, über die ungeheure Machtfülle der Regierung und über die Zukunft der Grund- und Menschenrechte im Vereinigten Königreich.
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Corona Constitutional #5: Schrumpfparlamente
Muss in Zeiten der Pandemie der Deutsche Bundestag auf ein Notparlament zusammenschrumpfen können? Bundestagspräsident Schäuble fordert das. Dabei gibt es bessere und weniger demokratieschädlichere Möglichkeiten, etwa die der Zuschaltmöglichkeit für Abgeordnete in Quarantäne zur Plenardebatte, die das Problem genauso lösen. Darüber diskutiert Max Steinbeis mit ANNA VON NOTZ in der heutigen Folge unseres Krisen-Podcasts.
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Vielen Dank für die Ausführungen!
Zum Notausschuss/virtuellen Parlament:
Das Ziel muss sein, auch in Zeiten von Corona die Handlungsfähigkeit des Bundestags und damit die parlamentarische Kontrolle der Regierung sicherzustellen. Soweit sind sich alle Stimmen einig.
Die letzte Sitzung des Bundestages hat m.E. aber gerade NICHT gezeigt, dass das derzeit funktioniert. Allein, dass nicht die Bundesregierung, sondern der Bundestag die “Epidemische Lage von nationaler Tragweite” ausgerufen hat, genügt nicht. Die Formulierungshilfe zur Änderung des IfSG, die das BMG erarbeitet hat und die sich die Koalitionsfraktionen dann zu eigen gemacht haben, beinhaltet massive Kompetenzverschiebungen zugunsten des BMG (§ 5 IfSG). Die von der Regierung erarbeiteten Lösungen wurden vor der Verabschiedung kaum – bzw. in der Unionsfraktion nahezu gar nicht (“Schweigen gilt als Zustimmung”..) – debattiert. Diese wurden auch in den Medien und der Fachöffentlichkeit (einschließlich Verfblog) erst parallel zum Verfahren im BT näher ausgeleuchtet. Auch wenn die Situation keine Verzögerungen von sinnvollen Maßnahmen duldete und duldet, darf das Gesetzgebungsverfahren in Bundestag und Bundesrat und die Prüfung durch den Bundespräsidenten nicht nur als eine Verzögerung wahrgenommen werden. Es ist gerade deren Aufgabe die Sinnhaftigkeit der von der Regierung anvisierten Maßnahmen und Regelungen nicht nur unter Infektionsschutzaspekten, sondern mit Blick auf Grundrechte, Rechtsstaats- und Demokratieprinzip zu prüfen.
Auch ohne Verfassungsänderung wäre eine Auseinandersetzung in den Fraktionen mittels Telekommunikationstechnik möglich gewesen; dies gilt nun nach der GO-Änderung auch für die Ausschüsse. Wie kann also sichergestellt werden, dass diese Art von Auseinandersetzung tatsächlich stattfindet?
Anders als die bloße Änderung der Beschlussfähigkeit in der GO-BT würde ein Notausschuss jedenfalls die körperliche Präsenz von Abgeordneten, der auch das BVerfG für die Art der Debatte im Parlament großes Gewicht beimisst, unter Einhaltung von Infektionsschutzstandards unter Wahrung der Mehrheitsverhältnisse im Bundestag sowie im GG vorgesehener besonderer Quoren ermöglichen. Die Zahl der Abgeordneten würde dabei jedoch sehr stark verringert; gleichzeitig wären für den Fall steigender Infektionsrisiken mehrere Stellvertreter pro Mitglied des Notausschusses erforderlich. Der Bundestag könnte den Notausschuss selbst einsetzen; ist dieser nicht mehr beschlussfähig, könnte dies auch der Notausschuss. Der Bundestag kann aber die Wahrnehmung seiner Rechte jederzeit wieder an sich ziehen, sobald er wieder beschlussfähig ist, ohne dass der Notausschuss dies blockieren könnte.
Sitzungen mit einer geringeren Anzahl körperlich präsenter Abgeordneter und der Möglichkeit für abwensende Abgeordnete, sich virtuell zu beteiligen und abzustimmen, dürften rechtlich auf Grundlage einer Änderung der Verfassung und der GO-BT ebenfalls zulässig sein. Aber kann die erforderliche Infrastruktur technisch in ausreichender Zeit und mit hinreichender Sicherheit der Datenübertragung bei Abstimmungen und Wahlen eingerichtet werden? Und können sich die Fraktionen und Ausschüsse inhaltlich schnell auf solche Verfahren umstellen, ohne ihre Auseinandersetzung und mithin die Rechte des gesamten Parlaments zu verkürzen?
Und generell stellt sich die Frage,ob in den nächsten Sitzungen des Bundestages überhaupt genügend MdB für eine Verfassungsänderung teilnehmen können werden?
Unabhängig von der rechtlich-technischen Art neuer Handlungsoptionen für das parlamentarische Verfahren, bedarf es auch einer Selbstvergewisserung der Parlamentierer bezüglich der Wichtigkeit der Funktion und Rechte der Parlamente – auf Bundes- wie auf Landesebene. Die letzte Sitzungswoche vor Ostern kann und sollte keine Blaupause für das parlamentarische Verfahren für die weiter andauernde Coronazeit darstellen. Allein die GO-Änderung hinsichtlich der Beschlussfähigkeit genügt nicht. Und auch wenn die derzeitige Osterpause wichtig ist, um auch Infektionsketten, die durch Arbeit und Sitzungen im Parlament entstehen, zu unterbrechen und die Kurve vorerst abzuflachen, darf weiteres Zuwarten ebenfalls keine Lösung der dringenden Fragen vereiteln.
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Ihren Appell an die Selbstvergewisserung der Parlamentarier kann ich nur unterstützen! Gerade weil der Bundestag die Kerninstitution unserer Demokratie ist und die Abgeordneten ihre Elementarteilchen sind, muss der Bundestag selbstbewusst auftreten und darf sich nicht selbst kleiner machen, als er ist.
Das würde aber passieren, wenn es zu einem Notparlament käme. Noch dazu ohne Not, denn es ist momentan bei aller Drastik und Dynamik der Situation nicht zu erwarten, dass weniger als 178 Abgeordnete tatsächlich im Plenum zusammenkommen könnten. Und wegen der Bedeutung der Institution finde ich es auch verfehlt zu argumentieren, wie es z.T. geschieht, dass die Abgeordneten mit gutem Beispiel vorangehen und daher zu Hause bleiben müssten.Ich wage einmal die These, dass die Zuschaltung einzelnen Abgeordneter bei gleichzeitig präsentem Plenum sogar ohne GG-Änderung ginge, da sie das Leitbild der Präsenzversammlung nicht generell aufgibt. Zu klären wäre dann aber natürlich etwa, wie das Verhältnis von physisch anwesenden und zugeschalteten Abgeordneten sein muss.
In Sachen Technik bin ich zuversichtlich, v.a. weil es sich in aller Regel um öffentliche Abstimmungen handelt, bei denen eine Überprüfbarkeit möglich ist. Und weil es bei dem Vorschlag der Zuschaltung ja auch nicht darum geht, das ganze Parlament ins Netz zu verlegen, sodass es auch um andere Kapazitäten geht.
Die Frage der Handlungsfähigkeit, die Sie am Anfang aufwerfen, scheint mir auf einen materiell angereicherten Begriff von Handlungsfähigkeit zu zielen. Nach dem Motto: Ist der Bundestag in der Lage, in einer solch drängenden Situation gute Gesetze zu beschließen? Das ist eine andere Frage als die nach der formalen/technischen Beschlussfähigkeit. Sicher leidet die Debatte von Gesetzentwürfen und auch ihre kritische Prüfung, wenn schnell und nur in einer Lesung entschieden werden muss. Das hätte aber nicht zwingend zu den Lösungen führen müssen, die jetzt gefunden wurden. Im Vorfeld der Plenumssitzung haben nach meinem Wissen zahlreiche Telefonate und Videokonferenzen stattgefunden, in denen heftig um Lösungen und Alternativen gerungen wurde (wenn auch sicherlich in einigen Fraktionen mehr als in anderen – das ist aber im Grundsatz auch ohne Corona-Pandemie der Fall). Dass das nicht immer erfolgreich war, ist meiner Meinung nach kein Argument gegen die Handlungsfähigkeit des Parlaments. Dass fraktionsinterne und plenumsvorbereitende Debatten vollkommen ausbleiben, darf natürlich nicht sein. Auch das ist m.E. eine Selbstverzwergung der Abgeordneten.
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Corona Constitutional #17: Zu wenig, zu spät?
Corona Constitutional #17: Grundrechte, Datenschutz und andere Missverständnisse
Corona Constitutional #16: Scheidung auf Europäisch
Die Nummerierung stimmt nicht.
sie haben Recht, Verzeihung! (bis 20 zählen, mannmannmann…)