10 February 2022
Ein Verfassungsverstoß? Nicht unbedingt
Der bayerische Ministerpräsident hat angekündigt, dass der Freistaat Bayern den Vollzug der durch Bundesgesetz im Dezember 2021 beschlossenen einrichtungsbezogenen Impfpflicht vorerst aussetzen werde. Dies hat in Politik und Medien zu einem empörten Aufschrei geführt. Die Rede vom Verfassungsbruch oder der Gefährdung des Rechtsstaats geht jedoch jedenfalls derzeit an der Sache vorbei. Continue reading >>
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13 December 2021
Schulschließung ist nicht gleich Schulschließung
Mit ihrer ersten Änderung des IfSG im November hat die Ampel-Koalition Schulschließungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie für die Zukunft ausgeschlossen. Vor dem Hintergrund steigender Infektionszahlen haben einige Bundesländer in den letzten Tagen jedoch angekündigt oder überlegt, dieses Jahr die Weihnachtsferien um einige Tage vorzuziehen oder im Januar zu verlängern. Damit sind Folgen verbunden, die ein Überdenken der aktuellen Regelung im IfSG notwendig machen: Denn während Schulschließungen nach dem IfSG in der Sache Distanzunterricht bedeuten, fällt der Unterricht in den „Corona-Ferien“ aus. Continue reading >>12 November 2021
Besser Gesetze nicht ändern als schlecht ändern
Mitte November 2021. Die Inzidenzzahlen steigen wieder dramatisch an. Regierungswechsel mitten in der Pandemie. Der Gesetzgeber macht sich daran, das Infektionsschutzgesetz (IfSG) zu ändern. Das erfolgt nunmehr in der Pandemie zum wiederholten Mal. Man sollte meinen, dass das Gesetz dabei immer besser wird. Nein. Diesmal nicht. Es droht in einem hastigen Gesetzgebungsverfahren der Rückbau von möglichen Maßnahmen gegen das Infektionsgeschehen. Die Feuerwehr wirft mitten im Einsatz Teile ihrer Ausrüstung ins Feuer. Continue reading >>09 November 2021
Die Pandemie war nie weg
Während die vierte Welle der Coronavirus-Pandemie in Deutschland tobt, hat die zukünftige Ampelkoalition in der vergangenen Woche ein Eckpunktepapier vorgestellt, wie die rechtliche und politische Pandemiebekämpfung in den nächsten Monaten erfolgen soll. Der neu gewählte 20. Deutsche Bundestag wird am Donnerstag erstmalig über den seit gestern Abend verfügbaren Gesetzentwurf „zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze anlässlich der Aufhebung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ debattieren. Die politische und journalistische Debatte ist dabei von erheblicher Unkenntnis über den verfassungs- und infektionsschutzrechtlichen Rahmen geprägt, die insbesondere die verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Bekämpfungsmaßnahmen in einer nur teilweise geimpften Bevölkerung fast vollständig verkennt. Continue reading >>03 September 2021
Wie sich das Parlament in der Pandemie mal wieder selbst aus dem Spiel nimmt
Kurz vor der Bundestagswahl am 26. September 2021 diskutiert der Deutsche Bundestag eine weitere Änderung des Infektionsschutzgesetzes. Bemerkenswert ist nicht nur der Inhalt der vorgeschlagenen Änderung, sondern vor allem der bisherige Verfahrensverlauf im Deutschen Bundestag: Er zeigt exemplarisch, mit welcher Priorität die Koalitionsfraktionen die legislative Steuerung der Epidemiebekämpfung als Aufgabe des Bundestags behandeln – nämlich mit überhaupt keiner. Damit nimmt sich das Parlament in der Pandemiebekämpfung selbst aus dem Spiel, wie die folgende Chronologie zeigt. Continue reading >>27 April 2021
Infektionsschutzmaßnahmen in der Schnittmenge von Verwaltungsanordnung und Gesetzesbefehl
Dem rechtswissenschaftlichen Beobachter bietet sich bei infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen mittlerweile das Bild einer völligen Austauschbarkeit der Handlungsformen Verwaltungsakt (Allgemeinverfügung), Rechtsverordnung und Parlamentsgesetz. Anordnungen, die als (konkret-generelle) Einzelfallregelungen beurteilt werden, wenn sie in einer Allgemeinverfügung stehen, finden sich inhaltlich identisch in Rechtsverordnungen und nunmehr auch im IfSG. Trotzdem liegt mit § 28b IfSG weder ein unzulässiger Übergriff des Bundesgesetzgebers in reservierte Exekutiv- oder Länderkompetenzen noch ein unzulässiges Einzelfallgesetz vor. Continue reading >>
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26 April 2021
Die ‘Bundesnotbremse’ ist nicht zustande gekommen
Aller Orten war in den letzten Tagen von der mutmaßlichen materiellen Verfassungswidrigkeit des neuen § 28b IfSG, der „Bundesnotbremse“ zu lesen und zu hören. Angesichts der großen Aufmerksamkeit muss verwundern, dass die offenkundige formelle Verfassungswidrigkeit der Norm bislang nicht thematisiert wurde. Bei der „Bundesnotbremse“ handelt es sich um ein gleich in zweifacher Hinsicht zustimmungsbedürftiges Gesetz, dem die Zustimmung des Bundesrats fehlt und das daher nicht gemäß Art. 78 GG zustande gekommen ist. Continue reading >>24 April 2021
Keine ‘self-executing’ Ausgangssperre
Mit der jüngsten Reform des Infektionsschutzgesetzes gilt in Landkreisen, sobald die „Notbremse“ greift, eine Ausgangsbeschränkung von 22 Uhr bis 5 Uhr des Folgetags. Anders als bei den bisher erlassenen, gleichgerichteten Verordnungen auf Landesebene stellt sich die Frage, ob ein Gesetz eine solche Beschränkung unmittelbar anordnen kann. Denn das IfSG vollzieht den Eingriff selbst, als self-executing Maßnahmegesetz. Art. 2 II 3 und Art. 104 I GG erlauben allerdings eine Einschränkung des Grundrechts der Freiheit der Person nur auf Grund eines Gesetzes, nicht durch Gesetz. Continue reading >>09 February 2021