Ein hartes Jahr
Wie immer um diese Jahreszeit: das letzte Editorial 2021 ist nicht nur ein Wochen-, sondern auch eine Art Jahresrückblick. Wir haben (Stand heute) 936 Artikel veröffentlicht in diesem Jahr, so dass wir bis Sylvester in Sichtweite der 1000er-Marke landen könnten. Erreicht haben wir damit insgesamt knapp 1,2 Millionen Leser_innen.
Ich habe die Analytics ausgewertet. Das Bild, das dabei entsteht – fast nur Corona, fast alles deutsche Perspektiven –, entspricht offen gesagt nicht wirklich meiner Wahrnehmung dessen, was wir über das Jahr gemacht haben auf dem Verfassungsblog. Dies war das Jahr des Sturms auf das Kapitol in Washington und der Erkenntnis, dass im ältesten und größten demokratischen Verfassungsstaat der Welt die Mehrheit nicht mehr erwarten kann, dass die Minderheit ihr Überstimmtwerden akzeptiert. Dies war das Jahr des Endes der Demokratie in Hongkong, des brutalen Einsatzes des “Maulkorb”-Gesetzes in Polen und des Showdown mit der EU darum, des Konflikts an der polnisch-belarusischen Grenze, des endgültigen Normalwerdens von Pushbacks an den EU-Außengrenzen und des menschenrechtlichen Höllenschlunds, den der sogenannte Westen in Afghanistan zurückgelassen hat. Um nur ein paar der großen Nicht-Corona-Themen zu nennen, die sich in dieser Auflistung nicht abbilden, um die wir uns aber natürlich auch intensiv gekümmert haben.
Welche Texte hatten also besonders viel Resonanz, d.h. mehr als 4.000 Abrufe?
Januar
Um den Jahreswechsel herum ist in Deutschland die große Frage, ob man Geimpfte “privilegieren” darf oder ob sie den Ungeimpften “Solidarität” in der Akzeptanz von Freiheitsbeschränkungen schuldig sind – auch das ist noch kein Jahr her, wobei damals war der Impfstoff noch knapp und die Geimpften noch in der Minderheit waren. LAMIA AMHAOUACH und STEFAN HUSTER kritisieren den “radikalen Egalitarismus” des damaligen Meinungs-Mainstreams (4.796 Abrufe).
FELIX SCHMITTs Text zu landesweiten Ausgangsverboten stammt eigentlich noch aus dem Dezember 2020, wird aber auch im Januar noch 5.217 mal gelesen.
Im Bundestag ist zunehmend Gereiztheit zu beobachten gegenüber Verfassungsrechts-Wissenschaftler_innen und ihrem Input zur Corona-Gesetzgebung. STEPHAN RIXEN tritt dem Vorwurf aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion entgegen, dass diese Expert_innen “immer vielen Querdenkern als Zitatgeber dienen” (6.380).
In Deutschland muss unter Pandemiebedingungen eine Bundestagswahl vorbereitet werden, Parteien müssen ihre Kandidat_innen bestimmen, Parteitage müssen abgehalten werden. Der Bundestag ermächtigt das Bundesinnenministerium, die Bedingungen dafür qua Rechtsverordnung anzupassen, und FABIAN MICHL findet das alles nicht besonders gut gemacht (4.228).
Februar
Im Februar startet unser vom BMBF gefördertes Projekt “Offener Zugang zu Öffentlichem Recht“, in dem wir studieren, wie ein rechtswissenschaftliches Publikationsmedium wie wir sich ohne Paywalls, APCs und anderen Bezahlpflichten refinanzieren und dabei eine Art Türöffnerrolle in der notorisch OA-skeptischen Rechtswissenschaft spielen kann.
Außerdem startet ein weiteres Monster-Blogsymposium, organisiert von JOELLE GROGAN und unterstützt von Democracy Reporting International, zum Thema “Power and the COVID-19 Pandemic” mit insgesamt 84 Länderberichten aus aller Welt.
Auf enorme Resonanz stößt ein Text von HINNERK WISSMANN, der sich sorgt, dass sich die Pandemievorsorge um verfassungsrechtliche Maßstäbe gar nicht mehr zu scheren scheint (26.663)
Der Priorisierung der Impfreihenfolge prophezeien ANDREA KIESSLING, THORSTEN KINGREEN und ANNA LEISNER-EGENSPERGER wenig Erfolgschancen vor den Verwaltungsgerichten (4.012).
In einer arbeitsrechtlichen Zeitschrift des Beck-Verlags erscheint ein skandalöser Kommentar voller rassistischer Stereotype, und der Verlag tut sich längere Zeit schwer damit, damit einen angemessenen Umgang zu finden. Ein offener Brief gegen Rassismus in der Rechtswissenschaft findet 15.381 Leser_innen.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz erklärt die AfD zum Prüffall und stellt Teile von ihr unter Beobachtung. Die Debatte um AfD-Mitglieder im Staatsdienst kommentiert aus verfassungsrechtlicher Sicht JOSEF FRANZ LINDNER (5.227).
März
Im März stellen wir gemeinsam mit MICHAELA HAILBRONNER und ALEXANDER THIELE und unterstützt von der Stiftung Wissenschaft und Demokratie in einem viel beachteten Blogsymposium die Rolle verfassungsrechtlicher Expertise im öffentlichen Raum zur Debatte: Was hat es mit der wachsenden Irritation auf sich, mit der Politik und Rechtswissenschaft in der Corona-Pandemie aufeinander reagieren?
Der deutsche Gesetzgeber stellt das eigentlich auf COVID-19 beschränkte Pandemieregime auf Dauer, und ANNA-LENA HOLLO findet das Gesetz arg mit heißer Nadel gestrickt (4.705). MAURIZIO BACH denkt in der dritten Pandemiewelle über Alternativen zum “Regieren durch Angst” nach (13.555). DIETRICH MURSWIEK ist sicherlich kein Stammautor des Verfassungsblogs, und die Entscheidung, seine Position zu “Defiziten und Fehlgewichtungen in der Lockdown-Judikatur” bei uns zu posten, ist uns nicht ganz leicht gefallen, aber: ganze 4.697 mal ist sie abgerufen worden.
Das BVerfG stoppt vorläufig die Ausfertigung des deutschen Zustimmungsgesetz zum Corona-Aufbaufonds Next Generation EU, was BENEDIKT RIEDL erklärt (5.124), wobei Karlsruhe im Monat darauf den Weg zur Ratifikation dann doch frei macht.
Private Netzsperren ohne Gerichtsbeschluss, wie die die “Clearingstelle Urheberrecht im Internet” gegen angebliche “strukturell urheberrechtsverletzende Webseiten” verhängen kann, sind nach Ansicht von FELIX REDA und JOSCHKA SELINGER ein Rechtsstaatsproblem (4.238).
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Call for Papers – UoP-EUI Conference 2022
On June 9-10, 2022, Gábor Halmai (EUI) and Elif Mendos Kuskonmaz (University of Portsmouth) convene a conference on surveillance systems. New technologies for automated ‘predictive’ surveillance have augmented the questions of transparency, accountability, oversight, and the protection of democratic freedoms. We welcome papers that fit broadly within the theme of the conference.
The deadline for submission of abstracts is 28 February 2022. For more information click here.
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April
Das Bundesverfassungsgericht veröffentlicht seinen Klimabeschluss. Unser Ad-hoc-Onlinesymposium dazu stößt auf große Nachfrage, v.a. die Beiträge von ANDREAS BUSER (4.632), HELMUT AUST (4.483) sowie von KATJA RATH und MARTIN BENNER (4.183).
Enorm viele Leser_innen interessieren sich für den Beitrag von HOLGER GEFRATH zu den formellen verfassungsrechtlichen Problemen der Gesetzgebung zur Bundesnotbremse (32.791)
Das Bundesverfassungsgericht kippt den Berliner Mietendeckel. TIM WIHL ist mit dem Urteil überhaupt nicht einverstanden (8.316). Die Kritik von SELMA GATHER und FLORIAN RÖDL an der Entscheidung wird 4.224 mal abgerufen.
Mein Editorial zu Ferdinand von Schirachs Büchlein “Jeder Mensch” wird 5.192 mal gelesen.
Mai
Die Analyse des epochalen Urteils des kenianischen High Court zur “Basic Structure Doctrine” von YANIV ROZNAI findet vor allem, aber nicht allein in Kenia große Beachtung (9.190, davon 6.888 aus Kenia). Der Text zum gleichen Thema von AMBREENA MANJI ist kaum weniger erfolgreich (5.486, 3.814 aus Kenia).
SASCHA WOLFs Text zum Kulturkampf von Rechts und der Kunstfreiheit wird 4.921 mal gelesen.
Juni
Im Rahmen unseres OZOR-Projekts starten wir ein Blogsymposium zum Thema “Zugang im Lockdown“. Wie verändert die Pandemie die deutsche Rechtswissenschaft? Was tut sich beim wissenschaftlichen Publizieren, in der Lehre und im akademischen Alltag, wenn Universitäten und Bibliotheken geschlossen bleiben? Rechtswissenschaftler_innen berichten dazu von ihren vielfältigen Erfahrungen.
Juli
STEPHAN RIXEN ist einer der ersten, der sich mit dem Thema Impfpflicht auseinandersetzt; er hält sie in der damaligen Situation für unverhältnismäßig (29.100). Dass sich auch vollständig Geimpfte nach der Rückkehr aus sog. “Virusvariantengebieten” einer Quarantäne unterziehen müssen, hält PATRICK ZIMMERMANN für bedenklich (4.355).
In Berlin wird eine Frau im Park von der Polizei aufgefordert, ihre Brüste zu bedecken, was ANJA SCHMIDT als rechts- und gleichheitswidrige Sexualisierung des weiblich gelesenen Körpers brandmarkt (4.310).
August
Gemeinsam mit HEIKO RICHTER und dem Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb starten wir ein Blogsymposium zum DSA/DMA-Paket der EU und der Frage, ob die Macht der Plattformbetreiber besser durch Zerschlagung oder durch Regulierung in den Griff zu kriegen ist.
JOACHIM WIELAND tritt der These von Paul Kirchhof entgegen, dass Negativzinsen in das Grundrecht auf Eigentum eingreifen (8.740).
WERNER SCHIFFAUER verortet den Ursprung des Ortskräfte-Debakels in Afghanistan im Bundesinnenministerium (7.639)
September
Deutschland wählt einen neuen Bundestag, und Berlin ein neues Abgeordnetenhaus. CHRISTIAN WALDHOFF kann über die haarsträubenden Zustände in Berliner Wahllokalen aus eigener Anschauung berichten, wird damit in der Presse breit zitiert und trägt maßgeblich dazu bei, dass die Landeswahlleiterin ihr Amt räumen muss (23.508).
JOACHIM WIELAND hält die Durchsuchung der Staatsanwaltschaft Osnabrück in Olaf Scholz’ Finanzministerium mitten in der heißen Phase des Bundestagswahlkampfs für rechtlich problematisch (11.580), was andere allerdings anders sehen.
Gleichzeitig mit der Bundestagswahl stimmt Berlin über den Volksentscheid “Deutsche Wohnen & Co Enteignen” ab. Wir haben zu den faszinierenden verfassungsrechtlichen Fragen, die die Vergesellschaftung großer Wohnungskonzerne in der Bundeshauptstadt aufwirft, einen Podcast-Dreiteiler produziert: Teil I findet 6.457, Teil II 3.802 und Teil III 4.011 Hörer_innen.
Die Probleme, unter Bedingungen der Pandemie eine Bundestagswahl abzuhalten, analysiert JOSEF FRANZ LINDNER (5.142). JOHANNES GALLON beklagt, dass sich der Bundestag bei der Steuerung der Epidemiebekämpfung selbst aus dem Spiel nimmt (4.262). In Hamburg wird 2G ausprobiert, und wie sich das auf die Grundrechte auswirkt, untersucht CHRISTIAN ERNST (4.937).
9/11 ist in diesem Jahr 20 Jahre her, und aus diesem Anlass haben wir mit Unterstützung der Bundeszentrale für politische Bildung eine Reihe von Blogsymposien zu den Auswirkungen dieses Ereignisses in verschiedenen Bereichen gestartet – auf die Völkerrechtsordnung, auf Migration und Staatsbürgerschaft und auf die Überwachung im öffentlichen Raum. Weitere Blogsymposien werden bis Mai 2023 folgen.
Oktober
Das polnische “Verfassungstribunal” verkündet, dass die EuGH-Rechtsprechung zur Unabhängigkeit der Justiz in Polen mitsamt den Normen des EU-Primärrechts, auf die sich der EuGH dabei stützt, mit der polnischen Verfassung unvereinbar sei. ALEXANDER THIELE nimmt das BVerfG vor dem Vorwurf in Schutz, dafür mit dem PSPP-Urteil die Vorlage geliefert zu haben (6.944 in der englischen, 4.874 in der deutschen Version).
Der scheidende Bundesgesundheitsminister lässt die “epidemische Lage von nationaler Tragweite” auslaufen, was THORSTEN KINGREEN gut findet (4.374).
November
Die entstehende Ampel-Koalition einigt sich auf eine Cannabis-Legalisierung, und ROBIN HOFMANN erläutert, welche rechtlichen Hürden dabei in Deutschland und Europa zu überwinden sind (6.096).
Die beginnende Diskussion um die Impfpflicht dreht sich um die Frage, wie und in welchen Grenzen sich die Ungleichbehandlung von Geimpften und Ungeimpften rechtfertigen lässt. UTE SACKSOFSKYs Beitrag dazu findet 6.006 Leser_innen.
Das Auslaufen der pandemischen Notlage sorgt im November für eine heiße Kontroverse: FRANZ MAYER kritisiert die Ampel-Koalition für diese Entscheidung scharf (4.380). THORSTEN KINGREEN reagiert auf Franz Mayers Kritik (5.349). Die Stellungnahme von UWE VOLKMANN zum gleichen Thema wird 5.010 mal gelesen.
Dezember
Gemeinsam mit der Zeitschrift Verfassung und Recht in Übersee (VRÜ) veranstalten wir ein Blogsymposium zum Thema Korruption und Demokratie.
Den absoluten Jahresrekord von sagenhaften 64.435 Abrufen schafft die sehr ausführliche und eigentlich ziemlich technische Analyse der verfassungs- und arbeitsrechtlichen Implikationen der einrichtungsbezogenen Impfpflicht von STEPHAN RIXEN und ADAM SAGAN.
So viel zum Jahr 2021. Nicht aufgeführt sind übrigens bemerkenswert viele Posts, die aus 2020 oder noch früheren Jahren stammen, aber trotzdem auch in diesem Jahr teilweise viele Tausend Aufrufe hatten, viele davon, aber nicht alle zu Corona.
Damit aber zu der…
Woche auf dem Verfassungsblog
Unser Online-Symposium zu der Frage, wie die vereinigte Opposition in Ungarn im Fall ihres Wahlsiegs mit der Orbán-Verfassung umgehen soll, geht in die zweite Woche mit äußerst lesenswerten Beiträgen von CSABA GYŐRY, RENÁTA UITZ, GÁBOR HALMAI, MARK TUSHNET und ANDRÁS JAKAB. Die regierende Fidesz-Partei sorgt unterdessen vor, dass es dazu gar nicht erst kommt, und hat am 9. November ein neues Gesetz verabschiedet, das Wählertourismus legalisiert. ANNA UNGER sieht darin den legalen, aber unfairen und undemokratischen Versuch, die Chancen von Fidesz zu verbessern, die am stärksten umkämpften Abgeordnetenbezirke zu gewinnen.
Das ungarische Verfassungsgericht hätte dem Vorbild des polnischen folgen und mit einem auf volle Konfrontation mit dem EuGH schalten und dessen Urteil zu den berüchtigten Asyl-Transitzonen zu einem Verstoß gegen die ungarische Verfassungsidentität erklären können. Doch zur großen Überraschung von NÓRA CHRONOWSKI und ATTILA VINCZE hat es das nicht getan.
Auch den dritten Teil unseres VerfassungsPod zur Rechtsstaatskrise in Polen haben wir nun veröffentlicht. Es geht um die Zuspitzung des Konflikts seit 2019 und die immer krasseren Repressalien der PiS-Regierung.
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Das Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht sucht zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine
Teamleitung IT (m/w/d)
in Vollzeit. Der Tätigkeitsbereich umfasst neben der Leitung des IT-Teams mit derzeit vier Mitarbeitenden u.a. die Sicherstellung des IT-Betriebs und Weiterentwicklung einer forschungsorientierten und zukunftsfähigen IT. Nähere Infos finden sich hier.
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WEYMA LÜBBE beendet ihre Reihe zu den ethischen Fragen der Corona-Triage und begründet, warum Impfunwillige im Triage-Fall nicht schlechter behandelt werden sollten. TATJANA HÖRNLE nimmt die Gegenposition ein und plädiert dafür den Impfstatus bei Auswahlentscheidungen mit einzubeziehen. Die oben bereits erwähnte Analyse von STEPHAN RIXEN und ADAM SAGAN beschäftigt sich mit dem kürzlich vom Bundestag beschlossenen Gesetz zur „einrichtungsbezogenen Impfpflicht“ und dessen arbeitsrechtlichen Folgen. Zur Frage von Schulschließungen plädiert ANDREA KIESSLING dafür, das Infektionsschutzgesetz erneut zu ändern und Distanzunterricht unter engen Voraussetzungen möglich zu halten, anstatt einfach die Schulferien zu verlängern, wie dies manche Länder überlegen.
Unter den Gegnern der Corona-Politik radikalisieren sich viele immer weiter, und einige drangsalieren mittlerweile Politiker_innen bis hin zu Demonstrationen vor ihren Privathäusern. Diese Demonstrationen zielten allerdings nicht auf Teilhabe am demokratischen Meinungsbildungsprozess, sondern auf Einschüchterung im privaten Rückzugsbereich. Nach aktuellem Versammlungsrecht hätten sie verboten werden können, findet EVA MARIA BREDLER.
In einem aktuellen Urteil behandelt der EuGH die Situation von Regenbogenfamilien, die in manchen Mitgliedstaaten rechtlich nicht anerkannt werden. Obwohl die EU für das Familienrecht keine Kompetenz hat, gelingt es dem Gerichtshof zumindest im Bereich der Freizügigkeit Diskriminierungen abzubauen. FABIAN MICHL zweifelt allerdings daran, dass seine Vorgaben umgesetzt werden, da manche Mitgliedstaaten dagegen ihre “nationale Identität” in Stellung bringen. “Gleichgeschlechtliche Paare und ihre Kinder werden so zu Spielfiguren im großen europäischen Sovereignty Game.”
Letzte Woche versammelten sich in Florenz 200 EU-Bürger_innen, um im Rahmen der Konferenz über die Zukunft Europas kontroverse Themen wie den Schutz von Demokratie, Rechtsstaat, Europäische Werte und Identität zu diskutieren. EVANGELOS VENIZELOS hält das für keinen geeigneten Weg, um die strukturellen Probleme der EU zu lösen.
Dabei sind Bürgerräte eigentlich extrem angesagt seit einigen Jahren. Auch im neuen Koalitionsvertrag sind sie vorgesehen. CHRISTINE LANDFRIED hält solche per Los gewählte Bürgerräte für eine gute Idee, um die Rationalität politischen Handelns in der repräsentativen Demokratie zu stärken, aber nur unter gewissen Voraussetzungen.
Die Europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) gilt noch keine vier Jahre, doch schon werden Forderungen nach mehr europäischer Zentralisierung laut. SEBASTIAN BRETTHAUER geht der Frage nach, ob das System der Zuständigkeiten reformiert werden sollte
Den Richtlinienentwurf der Europäische Kommission zu den Arbeitsbedingungen in der Plattform- (oder “Gig-“) Ökonomie finden AISLINN KELLY-LYTH und JEREMIAS ADAMS-PRASSL schon mal ziemlich positiv.
Kann der EuGH Entscheidungen zur Festlegung der Sitze der EU-Agenturen überprüfen? Nein, sagt der Generalanwalt in einem anhängigen Fall, der bald entschieden werden wird. EZIO PERILLO, ehemaliger Richter am Europäischen Gericht, erkennt ein Muster, das er sehr beunruhigend findet: “The Court has the duty to assure the effective judicial protection also in relation to intergovernmental decisions when they do not respect the institutional balance as in the present case.”
Und eine weitere Runde in unserer Onlinesymposiums-Reihe zu 9/11 ist gestartet, zum Thema Überwachung im öffentlichen Raum und Beiträgen von SOFIA RANCHORDAS, JOÃO VICTOR ARCHEGAS und CHRISTIAN PERRONE, MARKUS NAARTTIJÄRVI, MONIKA ZALNIERIUTE, ALBERT FOX CAHN und EVAN ENZER.
Damit verabschiede ich mich erst mal in die Weihnachtspause. Dieses Jahr steckt mir in den Knochen, muss ich ganz ehrlich sagen. Geht Ihnen wahrscheinlich auch nicht anders. Schwierige Zeiten. Wir müssen zusammenhalten. Ihnen schöne und erholsame Feiertage, Ruhe und Erholung und kommen Sie gut ins neue Jahr! Wir sehen uns dann im Januar wieder.
Ihr
Max Steinbeis